Eine Hommage an die Pionierinnen des Frauenfußballs
Ich habe letztes Jahr zum Thema Frauenfußball in Deutschland den historischen Roman „Der Traum vom Tor“ von Juliana Weinberg gelesen. Das Buch handelt von der fiktiven Luise, die unbedingt wie ihre Brüder ...
Ich habe letztes Jahr zum Thema Frauenfußball in Deutschland den historischen Roman „Der Traum vom Tor“ von Juliana Weinberg gelesen. Das Buch handelt von der fiktiven Luise, die unbedingt wie ihre Brüder Fußball spielen will, koste es was es wolle.
Nun ist mit „Wir waren Heldinnen“ ein Sachbuch erschienen, das die Anfänge des deutschen Frauenfußballs, der ja bis 1970 verboten war, fundiert recherchiert, erzählt. Es sind die Mädchen und Frauen, die im Bann des „Wunders von Bern von 1954“ ihre Leidenschaft für das runde Leder (das häufig weder rund noch aus Leder war) entdeckt haben.
„König Fußball regiert die Welt, und der König war stets ein Mann. Jahrzehntelang galt: Frauen gehören an den Herd, nicht auf den Sportplatz. Bei kaum einer Sportart verteidigte die Männerwelt ihr Revier so unerbittlich wie beim Fußball. Bis 1970 war Frauenfußball offiziell in der Bundesrepublik verboten. Doch mutige Pionierinnen ließen sich nicht beirren und spielten trotzdem. Sie setzten sich gegen engstirnige Autoritäten durch, sie eroberten Fußballplätze, selbst wenn man sie davonjagte, mit Steinen bewarf, beschimpfte.“
Doch gibt es nicht Königinnen, die herrschten? Was ist mit Queen Elisabeth, Königin Margarethe, Königin Juliane und deren Tochter Königin Beatrix? Also, von den genannten ist nun nicht bekannt, dass sie Fußball gespielt hätten. Doch die von Königinnen regierten Niederlande sind Jahre lang führend im Frauenfußball und mehrfach die Gegnerinnen der deutschen Frauennationalmannschaft (noch bevor es sie ab 1982 offiziell gibt).
Das Buch ist aber gleichzeitig die Geschichte einer männlich dominierten Sportart, die Frauen das Fußball spielen nicht gönnten und sie lächerlich machten, wenn sie es trotzdem wagten. Die mächtigen (heute sagt frau) alten weißen Männer) haben den Fußballbegeisterten Frauen jeden nur erdenklichen Stein in den Weg gelegt. Sei es, dass man bestehenden Vereinen bei Strafe verboten hat, ihre Infrastruktur wie Platz und Kabinen, den Frauen zur Verfügung zu stellen. Nur ganz wenige haben sie über dieses Verbot hinweg gesetzt, so wie Fortuna Dortmund. Oder sei es, dass man sie lächerlich gemacht, sie Emanzen und/oder Lesbierinnen genannt hat. Manche tun es heute noch.
Deshalb ist Angela Merkels Bemerkung in ihrer Neujahrsansprache 2006 anlässlich der anstehenden Fußball-Weltmeisterschaft der Männer ein echtes Hightlight:
„Die Frauenfußball-Nationalmannschaft ist schon ja schon Fußballweltmeister, und ich sehe keinen Grund, warum Männer nicht das Gleiche leisten können wie Frauen.“
Man muss den Satz allerdings laut vorlesen, um die feine Ironie herauszuhören. Apropos, Weltmeister 2006 wurde Italien.
Autor Torsten Körner hat Archive gewälzt und mit den noch lebenden Pionierinnen Interview geführt, die auch ihre Privatarchive für ihn und sein Buch geöffnet haben. Er fördert amüsantes und schier unglaubliches zutage. Er gräbt die Geschichte von Brigitte „Gitta“ Lettl (Jahrgang 1942) aus, die - welch Ironie - im selben Haus iwie die Brüder Franz und Walter Beckenbauer wohnt. Sie spielt mit ihnen auf der Straße Fußball. Während die Brüder bald zu einem Verein wechseln, gibt es für Gitta keinen.
Oder Helga Faul (1936-2015), die nachdem es keinen Verein gibt, der Frauen aufnimmt, am 3. April 1957 gemeinsam mit einigen Mitstreiterinnen kurzerhand den 1. Damen-Fußballverein Nürnberg gründet.
So finden sich zahlreiche Mädchen, die ihrer Leidenschaft nachzugehen. Doch was auf der Straße unter Kopfschütteln der Passanten gerade noch toleriert wird, ist in der Schule ein No-Go. Mädchen sollen sich im graziösen Geräte Turnen üben, maximal Handball spielen, aber Fußball? Die Gründe, warum es Frauen verboten sein soll, Fußball zu spielen, sind so zahlreich wie abstrus. Es widerspräche der natürlichen Ordnung Mädchen und Frauen schwitzend in kurzen Hosen dem Ball nachjagen zu sehen. Fußball beeinträchtige die Fruchtbarkeit? Müssten da nicht eher die Männer um ihre private parts in Sorge sein? Ein Ball aus 10, 20 Meter Entfernung in die untere Leibesmitte zu bekommen, hat schon öfters einen Fußballer gefällt.
Dass mich die Präpotenz und die Ignoranz der Verantwortlichen (Fußballer, Vereinsfunktionäre, Sportminister, FIFA etc.) ziemlich wütend gemacht hat, brauche ich wohl nicht extra erwähnen.
Torsten Körner erinnert uns mit diesem Plädoyer für den Frauenfußball, dass es für Mädchen und Frauen nach wie vor nicht selbstverständlich ist, den runden Leder nachzulaufen, von Gagen wie bei den Männern ganz zu schweigen. Und ja, diese Mädchen und Frauen waren Heldinnen!
Fazit:
Gerne gebe ich dieser Hommage an die Pionierinnen des deutschen Frauenfußballs 5 Sterne und eine Leseempfehlung.