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Veröffentlicht am 28.05.2025

Gelungene Umbauten zum Flächenrecycling

Umbauen statt neu bauen
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Caroline Rodlauer ist Autorin, Bau- und Ortsbildsachverständige sowie Architektin. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema des ständig wachsenden Bodenverbrauchs in Österreich. In diesem Buch zeigt ...

Caroline Rodlauer ist Autorin, Bau- und Ortsbildsachverständige sowie Architektin. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema des ständig wachsenden Bodenverbrauchs in Österreich. In diesem Buch zeigt sie an Hand von 25 gelungenen Bespielen, dass es möglich ist, Wohnraum zu schaffen, ohne zusätzlichen Boden zu verbrauchen, sondern auch Flächen wieder zu entsiegeln. Caroline Rodlauer bricht eine Lanze für Umbau im Altbestand sowie für die Weiterverarbeitung von bei Abbruch gewonnenen Material aus dem Bestand. Sie berichtet von der Zusammenarbeit mit den HausbesitzerInnen, den Behörden sowie von der Kreativität und Fachkenntnis der planenden Architekturbüros.

Jedes Projekt wird in einer Art Steckbrief, mit dem Namen des Architekturbüros, Ort, der Wohnfläche, der Anzahl der Bewohner, Fertigstellung, Bodenverbrauch sowie einer Planungsskizze und Fotos von vorher und nachher vorgestellt.
Ein, für mich besonders spannendes Projekt (Nr. 5), trägt den Namen „Wolf im Schafspelz“. Hier hat man ein ganzes Wohnhaus in eine Maschinenhalle gestellt.

Manche der vorgestellten Herzeigeprojekte sind im Verband guter Familienbeziehungen erdacht und umgesetzt worden. Dass drei Generationen friktionsfrei unter einem Dach leben, ist nicht immer selbstverständlich.

Sehr gut gefallen mir auch die beiden Wiener Projekte. Beide nützen kleine urbane, bereits versiegelte Restflächen. Das eine (Nr. 9) ist ein kleines Stadthaus für eine mehrköpfige Familie, das andere (Nr. 11) insgesamt 28 Kleinsthäuschen für temporäre Mieter.

Dass Streckhöfe, wie sie in Niederösterreich und dem Burgenland stehen, umgebaut werden, ist nun nicht ganz so neu. Meine Schwiegereltern haben um 1980 im niederösterreichischen Pulkautal einen ehemaligen Kleinhäuslerstreckhof umbauen lassen. Aus der früheren Rauchkuchl ist das Badezimmer geworden, aus dem Schweine- bzw. Ziegenstall zwei Kinderzimmer, die man über einen verglasten Laubengang betreten hat.

Eine interessante Nachnutzung für ehemalige Supermärkte könnte das Beispiel Nr. 7 sein. Um jedoch zahlreiche Nachahmer zu finden, wird es wohl auf aufgeschlossene Baubehörden ankommen, um die jeweilige Bauordnung gut auszuloten. In Österreich gibt es, trotz vereinfachter OIB-Richtlinien nach wie vor für jedes Bundesland Ortsbild und ähnliche bestimmende Vorschriften, die sich von Bundesland zu Bundesland (9 an der Zahl) unterscheiden.

Wichtig finde ich, dass bei der Aus- und Weiterbildung von Architektinnen und Architekten, den Möglichkeiten des Umbaues eines Bestandsobjektes vertiefend unterrichtet wird. Autorin Caroline Rodlbauer trägt mit diesem Buch der 25 Best Practice Beispiele dazu bei, dass bei EigentümerInnen der Umbau als Alternative zum Neubau auf der viel zitierten grünen Wiese ins Auge gefasst werden kann. Denn Nachverdichtung schont Ressourcen, eine sorgfältige Beratung und Planung von einem geschulten Architektenteam vorausgesetzt.

Am Ende finden sich wertvolle Tipps zu Beratungsstellen im jeweiligen Bundesland.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Buch über Flächenrecycling im Wohnbau 5 Sterne.

Veröffentlicht am 28.05.2025

Ein gelungener hist. Roman

Als im Hotel Messmer der Tee ausging
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Die 17-jährige Klara Butterfass flieht vor der Heirat mit einem wesentlich älteren Bauern, die ihr Vater arrangiert hat, vom elterlichen Hof im Schwarzwald und landet in der Kurstadt Baden-Baden, in der ...

Die 17-jährige Klara Butterfass flieht vor der Heirat mit einem wesentlich älteren Bauern, die ihr Vater arrangiert hat, vom elterlichen Hof im Schwarzwald und landet in der Kurstadt Baden-Baden, in der sich reich und schön treffen. Auch der deutsche Kaiser und seine Gemahlin samt Entourage verbringen ihre Kuraufenthalte in der mondänen Stadt.

Klara ist weder auf den Mund noch auf den Kopf gefallen und bekommt eine Stelle als Dienstmädchen im bekannten Hotel Messmer. Dessen Personal, allen voran Cricri, ihr zu zweiten Familie wird. Sie erweist sich mehrmals als Retterin in der Not, da sie jede Arbeit, wie das Saubermachen des Papageienkäfigs, annimmt, immer in Sorge, dass ihr Vater sie suchen lässt, um sie wieder nach Hause zu bringen. Das Lob, das sie erhält, ruft natürlich Neid hervor.

Als in der Hotelküche, ausgerechnet beim Aufenthalt von Kaiserin Auguste der extra aus Russland importierte Schwarztee ausgeht, wird Klara in die Kolonialwarenhandlung, die der Bruder des Hoteliers Messmer führt, geschickt, um Nachschub zu holen. Dabei lernt sie Otto den Sohn des Besitzers kennen, der für die Kaiserin eine eigene Teemischung kreieren wird.

Als Klara Gerüchte über ein bevorstehendes Attentat auf den Kaiser aufschnappt, heißt es schnell handeln, statt Tee trinken.

Meine Meinung:

Kristina Hortenbach entführt uns nach Baden-Baden, das Ende des19. Jahrhunderts ein beliebter Treffpunkt der Adeligen aus aller gewesen ist. So treffen wir nicht nur die fiktive Klara, sondern auch auf reale Personen und Persönlichkeiten, die in der Maison Messmer absteigen. Neben dem deutschen Kaiserpaar treffen wir auf den Schah von Persien und Bertie, den umtriebigen britischen Thronfolger sowie Kaiserin Sisi. Wie damals üblich, leiht man zwischen befreundeten Hotels die Dienerschaft aus, wenn anderswo Not am Mann oder wie diesmal Not an einer Friseuse ist. So darf Klara, die über ähnlich lange Haare wie Sisi verfügt, deren Haare pflegen.

Der Autorin ist es sehr gut gelungen das Flair der mondänen Kurstadt einzufangen. aber dennoch nicht auf die Lage des Dienstpersonals bzw. der armen Bevölkerung zu vergessen. Geschickt flicht sie ein fiktives Attentat auf Kaiser Wilhelm ein.

Dieser historische Roman lässt sich leicht und flott lesen. Hin und wieder erscheint mir Klara als Retterin in der Not ein wenig zu überzeichnet. Sie ist ja erst siebzehn Jahre alt, wenn auch durch familiäre Schicksalsschläge gereift.

Das Cover passt wunderbar zur Geschichte.

Fazit:

Der Roman eignet sich perfekt für einen verregneten Sommertag und lässt sich am besten bei einer Schale Tee genießen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 28.05.2025

Einblick in ein Sterne-Restaurant

Ein Tisch am Fenster
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Dieses Buch über das Sterne-Restaurant Moissionnier in Köln habe ich sehr gerne gelesen. Es gibt einen sehr persönlichen Eindruck über die Arbeit in der Gastronomie. Das ist allerdings kein Wunder, da ...

Dieses Buch über das Sterne-Restaurant Moissionnier in Köln habe ich sehr gerne gelesen. Es gibt einen sehr persönlichen Eindruck über die Arbeit in der Gastronomie. Das ist allerdings kein Wunder, da der Autor Vincent Moissonnier der Eigentümer ist und gemeinsam mit seiner Frau Liliane seit vierzig Jahren das Restaurant betreibt.

Er erzählt abwechselnd über seinen Werdegang vom Schulabbrecher bis zum erfolgreichen Unternehmer, der alles seinem Traum vom (Sterne)Restaurant unterordnet. Dabei spart er Misserfolge und Rückschläge nicht aus. Neben harter Arbeit haben die Moissonniers immer auch das Quentchen Glück des Tüchtigen gehabt.

Das Buch ist voller Leidenschaft! Leidenschaft für seine Frau Liliane, für die Stadt Köln, für perfektes Ambiente und komplexe Speisen.

Detailreich werden wir in die Haute Cuisine eingeführt. Das kann manchem Leser vielleicht zu detailverliebt sein, streicht aber Moissonniers Liebe zur Kochkunst heraus.

Dazwischen erzählt er Anekdoten über seine Gäste und warum er manchmal den einen oder anderen Gast nicht mehr in seinem Lokal haben will. Wir Leser erfahren alles und ein bisschen mehr über das Restaurant, seine Mannschaft und seine Küche.

Schmunzeln musste ich, als er über einige Küchenutensilien berichtet, die man so nicht in einer Sterneküche erwartet. Zum Beispiel das einfache Küchenmesser Victorinox Nr. 11, das sich auch in unserem Haushalt findet.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Buch, das uns Einblick in ein Sterne-Restaurant bietet, 5 Sterne.

Veröffentlicht am 28.05.2025

Fesselnd bis zur letzten Seite

Bretonisch mit Wind und Wellen
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Als die Buchhändlerin Tereza Berger nach ihrer Rückkehr aus Australien ein behördliches Schriftstück, das sie zur Zahlung einer besonderen Abgabe, weil sie ihren Hauptwohnsitz in der Schweiz, also im EU-Ausland ...

Als die Buchhändlerin Tereza Berger nach ihrer Rückkehr aus Australien ein behördliches Schriftstück, das sie zur Zahlung einer besonderen Abgabe, weil sie ihren Hauptwohnsitz in der Schweiz, also im EU-Ausland hat, verdonnert wird, ist zunächst guter Rat teuer. Doch Gabriel Mahon, Freund und Polizist, hat sofort eine Lösung: Er legt ihr ausgefüllte Heiratsdokumente vor, auf denen lediglich Terezas Unterschrift noch fehlt. Sie fühlt sich verständlicherweise überrumpelt und so gibt ihr die tote Surferin, die ihr an der rauen Küste bei Camaret-sur-Mer gespült quasi vor die Füße gespült wird, noch ein wenig Zeit zum Überlegen. Also, es ist ja nicht so, dass sie einem Zusammenleben mit Gabriel abgeneigt wäre, aber fragen hätte er sie schon können ...

Der Tod der Surferin lässt die Konflikte zwischen unterschiedlichen Gruppierungen, die sich in Camaret-sur-Mer seit längerem in den Haaren liegen, eskalieren. Die einen wollen unberührte Natur und freien Zugang zum rauen Atlantik, die anderen gesicherte Bade- und Surfareale. Als sich der Tod der jungen Frau als Mord herausstellt, wird Ayala, Terezas Freundin, die am Strand eine Surfschule betreibt, verdächtigt, die Surferin getötet zu haben. Augenzeugen berichten, die beiden hätten sich gestritten. Da muss doch Tereza einschreiten, diesmal sogar mit Billigung von Gabriel.

Und dann spukt noch eine alte bretonische Legende von einem Piratenschatz in den Köpfen mancher Bewohner.

Meine Meinung:

Autorin Gabriela Kasperksi hat hier wieder einen atmosphärischen Krimi geschaffen, der Tereza Berger - diesmal sogar quasi in Gabriel Mahons Auftrag - ermitteln lässt.

Als dann endlich Braut und Bräutigam vor der versammelten Hochzeitsgesellschaft stehen, wird es noch einmal richtig spannend. Doch das erfahren wir erst das nächste Mal.

Ich mag sowohl den Schreibstil der Autorin, die mit Tereza und Gabriel zwei sympathische Charaktere erschaffen hat, sowie die Beschreibung von Land und Leuten der Bretagne. Schmunzeln musste ich bei der Erwähnung des Fußballspiels Deutschland gegen Frankreich, bei dem sich sogar die Bretonen ausnahmsweise als Franzosen fühlen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden Krimi 5 Sterne.

Veröffentlicht am 23.05.2025

Johann Strauss - abseits der Walzerseligkeit

Der Walzermacher
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Wie schon die Farbgestaltung des Covers andeutet, ist Strauss‘ Stimmung ziemlich depressiv. Er ist zwar nun unbestritten der Walzerkönig, der sowohl den übermächtigen Vater hinter sich gelassen hat als ...

Wie schon die Farbgestaltung des Covers andeutet, ist Strauss‘ Stimmung ziemlich depressiv. Er ist zwar nun unbestritten der Walzerkönig, der sowohl den übermächtigen Vater hinter sich gelassen hat als auch den Fängen der Mutter entkommen ist, sich aber fest in den Klauen seinen eigenen Dämonen befindet. Trotz aller Erfolge und Auftritte ist er menschenscheu, hasst den Rummel um seine Person, kann aber gleichzeitig nicht ohne leben.

So sinniert er:

„Selbst meine Musik war, wie das oft bei schöpferischen Menschen zu sein pflegt, kein Wegweiser zu meinem verschlungenen Eigenen. Kein verschlüsselter Ausdruck meines sprachlosen Ichs. Ich komponierte Walzer, weil das mein Handwerk war, und aus ihnen etwas aus meinem Seelenleben herauszuhören, hätte ähnlicher Phantasie bedurft, wie aus meinem Stehpult die tiefsten Empfindungen des Tischlers herauszulesen.“

Seine sozialen Kontakte sind eingeschränkt, so hat er zu seinen Brüdern Josef und Eduard keine Beziehung. So nennt er sie „Aushilfsmöbel“, gerade gut genug, um ihn, den Walzerkönig zu vertreten.

Dass Johann Strauss Sohn, neben seinen Ehefrauen noch Geliebte gehabt haben soll, verwundert nun nicht wirklich, gilt er doch als Womanizer seiner Zeit. Nicht immer ist ganz klar, was an den Zuschreibungen echt ist oder nur platonische Anhimmelei.

Diesem Essay, der als innerer Monolog angelegt ist, liegt die Entdeckung von rund 100 Liebesbriefen des Walzermachers an die russische Komponistin Olga Smirnitzkaja, die selbst eine Komponistin war, zu Grunde. Ob sie eine Geliebte im herkömmlichen Sinne ist, kann man in Thomas Aigners Buch „Olga Smirnitzkaja - Die Adressatin von 100 Liebesbriefen von Johann Strauss“ lesen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem interessanten Essay, der Johann Strauss, als einem unglücklichen und depressiven Menschen zeigt, 5 Sterne.