Leserunde zu "Die Bahnhofsmission - Eines Menschen Leben" von Veronika Rusch

Zwei Frauen, ein Traum – und ein Ort, an dem alles neu beginnt
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Veronika Rusch (Autor)

Die Bahnhofsmission

Eines Menschen Leben. Roman

Berlin, 1945. In der Mission am Schlesischen Bahnhof suchen Flüchtlinge, Traumatisierte, Überlebende Zuflucht. Sie werden von Alice in Empfang genommen, der selbst der Krieg mit seinem Elend nichts von ihrem Idealismus hat nehmen können. Und auch Natalie taucht aus dem Exil wieder auf, zusammen mit ihrer Tochter. Als ein Arzt zu den Helfenden stößt, sind sie zunächst dankbar für sein Engagement. Doch nach und nach wird immer deutlicher, dass den angeblich so Selbstlosen ein dunkles Geheimnis umgibt. Natalies Tochter lässt nicht locker, und schließlich stehen die drei Frauen vor einer schweren Entscheidung ...


Timing der Leserunde

  1. Bewerben 08.04.2024 - 28.04.2024
  2. Lesen 13.05.2024 - 02.06.2024
  3. Rezensieren 03.06.2024 - 16.06.2024
    Rezensieren

Schlagworte

Berlin Schlesischer Bahnhof Flucht Flüchtlinge Kriegsverbrechen Kriegsverbrecher Arzt Medizin Mutter und Tochter Frauensolidarität Liebe Wohltätigkeit Freundschaft Zusammenhalt Mut Spannung starke Frau Geschenke für Frauen Anne Gold Anne Stern Saga

Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Abschnitt 1, KW 20, Seite 1 bis 155, inkl. Kapitel 11

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Rebecca1120

Mitglied seit 10.05.2016

Veröffentlicht am 13.05.2024 um 09:38 Uhr

Ich habe mich anfangs etwas schwergetan die Personen aus dem ersten Teil wieder einzuordnen. Immerhin liegt der ja bereits 13 Monate zurück. Zum Glück gibt die Autorin hier dem Leser durch gezielte Rückblicke ausreichend Hilfe.
Alice finde ich wunderbar. Wie mutig sie die Gegenworte gegenüber Oberst Wolkow auswählt. Das hätte auch schiefgehen können. Sie ist eben eine Kämpferin.
Was mich interessiert ist, wer sich hinter "15" verbirgt. Krass, wie sie einfach dem Vergewaltiger die Kehle durchschneidet. Es muss ja auch eine Person aus der ersten Bahnhofsmission sein. Spannend.

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Bookworm_23

Mitglied seit 31.05.2023

Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag!

Veröffentlicht am 13.05.2024 um 11:14 Uhr

Berlin Ende April 1945
Der Einstieg in das Buch war schon mehr als spannend. Ich musste allerdings erst einmal alle Personen im Keller sortieren, bin aber überzeugt, dass nicht alle eine tragende Rolle spielen werden.
Zum Glück haben sie den russischen Soldaten gerettet, was den Frauen ein unsagbares Schicksal erspart hat.
Alice ist eine Tochter aus reichen Verhältnissen, die Angehörigen entweder verstorben oder leben im Ausland. Sie ist auf sich allein gestellt, in einer Zeit, da Einquartierung und Lebensmittelknappheit Alltag ist. Als sie ihr altes Elternhaus aus einem spontanen Impuls heraus aufsucht, erhält sie von der im Kohlekeller lebenden Familie eine ihr gehörende Schachtel. Ich war total gespannt, was wohl darin ist. Doch leider wird sie ihr gestohlen.
Alice trauert um Natalie Castellana aus der Bahnhofsmission. Natalie ist 1908 verschwunden.
Eine Frau, die sich „15“ nennt, kommt in den Besitz eines Buchs aus der Schachtel, darin eine Widmung ihres damaligen Verlobten. Sie macht sich auf die Suche nach Alice, ihrer Vergangenheit und sich selbst. Wer ist sie? Welch schreckliche Gräuel hat sie erlebt?
„15“ tötet einen russischen Soldaten, der eine Frau -Astrid- vergewaltigen wollte.
Der Kreis schließt sich, die Vergangenheit beginnt in der Bahnhofsmission, die Personen und Geschichten sind miteinander verwoben.
Nachdem Alice die unsäglichen Zustände auf dem Bahnhofsvorplatz sieht, beschließt sie, die Bahnhofsmission wieder aufzubauen. Der ehemalige Pfarrer ist verstorben, sein Nachfolger Pfarrer Gellert will nicht helfen. Aber seine Haushälterin, Martha, die damals in der Mission kochte, will sie unterstützen.
Alice hat keine andere Wahl als den russischen Kommandanten Oberst Wolkow um Hilfe zu bitten. Doch sie muss dafür (nur?) mit ihm ausgehen. Sie erinnern sich beide an die Rettung des Soldaten. Mir scheint, dass er auch ein persönliches Interesse an Alice hat.
Natalie Castellana ist mit ihrer Tochter Claire nach Berlin gereist, 37 Jahre war sie nicht mehr da. Sie gesteht ihrer Tochter, dass sie ihre Geschichte (Vergangenheit, Witwe, Auswanderung) erfunden hat. Was steckt wirklich dahinter?
Ich bin einfach nur noch gespannt, wie es weitergeht!

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Babajaga

Mitglied seit 12.03.2019

Wenn ich nicht lese, plane ich meine Bibliothek

Veröffentlicht am 13.05.2024 um 19:11 Uhr

Ich kenne den ersten Band dieser Serie nicht und dennoch habe ich nicht das Gefühl, dass mir zu viel Hintergrund fehlt, um diesen Teil verstehen zu können. Natürlich wäre es schön, die Geschichten, auf die die Autorin abhebt, zu kennen, aber als wirklich störend empfinde ich es nicht. Dennoch werde ich mir den ersten Band wohl besorgen.

Der Einstieg in die Geschichte ist auch beim zweiten Lesen immer noch verstörend. Jedenfalls habe ich die Szene dort im Kohlenkeller so empfunden. So ging es mir schon beim Lesen der Leseprobe. Ich kann mir jedoch sehr gut vorstellen, dass es am Ende des Krieges so gewesen sein könnte. Gut getroffen fand ich die unterschiedlichen Charaktere, die in diesem Keller miteinander auskommen mussten. Bereits hier gefiel mir der Umstand, dass die Autorin einige ihrer Charaktere stark berlinern lässt. Und auch später, als Alice bei Marthe im Pfarrhaus saß, ließ sie Marthe berlinern. Das passt für mich - als ehemalige Berlinerin - durchaus alles zusammen und gehört irgendwie dazu. Es klingt ein bisschen nach Heimat.

Insgesamt gefällt mir die Geschichte bisher gut. Manche Szenen sind mir etwas zu vorhersehbar, bspw. als Alice beim russischen Kommandanten wegen der Bahnhofsmission vorspricht. Hier hatte ich bereits vorher das Gefühl, dass es sich hierbei um niemand anderen als den Soldaten handeln würde, dem sie schon nach dem Kohlenkeller begegnete. Dennoch bin ich sehr gespannt, wie ihr “Date” mit ihm verlaufen wird. Ein bisschen habe ich das Gefühl, dass sich hier so etwas wie eine Freundschaft entwickeln könnte, die durchaus auf Geben und Nehmen beruhen wird. Immerhin ist Alice eine sehr kluge Frau! Und natürlich wünsche ich mir sehr, dass sie und Marthe zusammen mit dem russischen Kommandanten dem Pfarrer die Leviten lesen können. Den fand ich einfach nur abstoßend!

Wer ist Nummer 15? Zuerst hatte ich den Verdacht, dass es sich vielleicht um Natalie handeln könnte, die ja spurlos verschwunden war. Nachdem diese aber aus Amerika eingereist ist, ist dieser Verdacht hinfällig. Nummer 15 kennt Alice jedoch, also schätze ich, dass sie jemand ist, den man kennen könnte, wenn man den ersten Teil gelesen hat. Vielleicht…
Nachdem diese Frau einen russischen Soldaten umgebracht, ihm die Kehle durchgeschnitten hat, gehe ich davon aus, dass es sich hierbei um kein eben zartes Persönchen handeln wird, sondern eher um eine ebenso resolute Persönlichkeit wie Alice, die zudem - trotz der bitteren Umstände von Hunger und Krieg - körperlich dazu noch in der Lage ist. Auf diese Auflösung bin ich jedenfalls sehr gespannt, zumal sie sich ja schon recht nah an Alices Zuhause befunden hatte.

Sehr spannend fand ich auch die Szene, als Alice zu ihrem alten Elternhaus zurück ging und die vertriebene Familie dort traf. Dass sie allerdings noch eine Kiste aus ihrem Besitz hatte, war für mich etwas viel des Zufalls. Dennoch gefiel mir die Szene als solche. Sie beschrieb das Elend der Vertriebenen und dass sie auch in Deutschland äußerst ungern gesehen waren, obwohl sie, ebenso wie die Bevölkerung in Berlin, Opfer dieses Krieges waren.

Das Chaos nach dem Krieg kann man sich ziemlich gut vorstellen. Die Autorin schafft es mit ihrer Schreibweise, Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Jedenfalls geht es mir so. Ich kenne viele der Straßen, die hier erwähnt werden, was es mir vielleicht noch etwas einfacher macht.

Alice empfinde ich als sehr sympathisch, aber irgendwie fehlt es mir noch etwas an Tiefgang. Man erfährt so einiges, aber dennoch habe ich nicht das Gefühl, mit ihren Augen zu sehen. Noch nicht… Ich hoffe sehr, dass sich dies im Laufe der Geschichte noch ergeben wird. Gelegentlich dürften die Konflikte mit anderen etwas ausführlicher sein, bspw. das Gespräch mit dem Pfarrer. Hier war zwar klar, dass er ihr unsympathisch ist und auch mir war er nach seinen Bemerkungen einfach nur widerwärtig, aber dennoch hatte ich das Gefühl, dass der Konflikt mehr an der Oberfläche blieb, obwohl er Potential gehabt hätte… glaube ich.

An mehreren Stellen schafft es die Autorin, mit den Vorahnungen ihrer Leser zu arbeiten und dann eine völlig andere Auflösung zu liefern, wie die Szene nach dem Kohlenkeller. Solche Szenen dürften aus meiner Sicht gern öfter kommen.

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Babajaga

Mitglied seit 12.03.2019

Wenn ich nicht lese, plane ich meine Bibliothek

Veröffentlicht am 13.05.2024 um 19:13 Uhr

Zitat von Rebecca1120

Was mich interessiert ist, wer sich hinter "15" verbirgt. Krass, wie sie einfach dem Vergewaltiger die Kehle durchschneidet. Es muss ja auch eine Person aus der ersten Bahnhofsmission sein.



Ja, das geht mir ganz genauso und auch ich habe die Vermutung, dass sich hinter Nummer 15 jemand Bekanntes aus dem ersten Teil verbirgt. Da ich diesen aber nicht kenne, hatte ich gehofft, dass andere Leser da vielleicht schlauer sind als ich...

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Babajaga

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Wenn ich nicht lese, plane ich meine Bibliothek

Veröffentlicht am 13.05.2024 um 19:15 Uhr

Zitat von Rebecca1120

Alice finde ich wunderbar.



Ich finde Alice auch sehr sympathisch und dass sie den Mut hat, quasi allein die Bahnhofsmission wieder ins Leben zu rufen, erst recht. Ich hoffe sehr, dass in den nächsten Abschnitten noch etwas mehr Tiefe in diesen Charakter kommt, sodass man das Gefühl hat, dabei zu sein.

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Babajaga

Mitglied seit 12.03.2019

Wenn ich nicht lese, plane ich meine Bibliothek

Veröffentlicht am 13.05.2024 um 19:21 Uhr

Zitat von Bookworm_23

Doch sie muss dafür (nur?) mit ihm ausgehen. Sie erinnern sich beide an die Rettung des Soldaten. Mir scheint, dass er auch ein persönliches Interesse an Alice hat.



Das denke ich auch. Ich schätze, dass ihr Mut und ihre Intelligenz Eigenschaften sind, die der Oberst zu schätzen weiß. Deshalb glaube ich, dass sich zwischen den beiden eine sehr fruchtbare Freundschaft entwickeln kann. Ob es zu einer Beziehung reichen würde, daran habe ich meine Zweifel. Zu tief sitzt die Abneigung durch den Krieg und ich könnte mir vorstellen, dass deutsche Frauen, die sich mit russischen Soldaten einließen, nicht eben hoch angesehen waren. Hamburg war damals von den Briten besetzt und auch in Hamburg waren Beziehungen zwischen Deutschen und Briten nicht gern gesehen. Deshalb gehe ich davon aus, dass es in Berlin nicht anders war.

Zitat von Bookworm_23

Sie gesteht ihrer Tochter, dass sie ihre Geschichte (Vergangenheit, Witwe, Auswanderung) erfunden hat. Was steckt wirklich dahinter?



Das ist auch etwas, das mich sehr interessiert. Insbesondere, warum Natalie glaubte, dass sie ihrem Mann und später ihrer Tochter nichts davon sagen konnte. Immerhin ist es ihre Vergangenheit und gehört zu ihr dazu.

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Abby1810

Mitglied seit 08.12.2023

Lesen stärkt die Seele

Veröffentlicht am 13.05.2024 um 22:39 Uhr

Rebecca1120 schrieb am 13.05.2024 um 09:38 Uhr

Ich habe mich anfangs etwas schwergetan die Personen aus dem ersten Teil wieder einzuordnen. Immerhin liegt der ja bereits 13 Monate zurück. Zum Glück gibt die Autorin hier dem Leser durch gezielte Rückblicke ausreichend Hilfe.
Alice finde ich wunderbar. Wie mutig sie die Gegenworte gegenüber Oberst Wolkow auswählt. Das hätte auch schiefgehen können. Sie ist eben eine Kämpferin.
Was mich interessiert ist, wer sich hinter "15" verbirgt. Krass, wie sie einfach dem Vergewaltiger die Kehle durchschneidet. Es muss ja auch eine Person aus der ersten Bahnhofsmission sein. Spannend.

Mir gefällt Alice auch sehr, vor allem ihr Mut und ihre Ehrlichkeit.

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Abby1810

Mitglied seit 08.12.2023

Lesen stärkt die Seele

Veröffentlicht am 13.05.2024 um 22:41 Uhr

Bookworm_23 schrieb am 13.05.2024 um 11:14 Uhr

Berlin Ende April 1945
Der Einstieg in das Buch war schon mehr als spannend. Ich musste allerdings erst einmal alle Personen im Keller sortieren, bin aber überzeugt, dass nicht alle eine tragende Rolle spielen werden.
Zum Glück haben sie den russischen Soldaten gerettet, was den Frauen ein unsagbares Schicksal erspart hat.
Alice ist eine Tochter aus reichen Verhältnissen, die Angehörigen entweder verstorben oder leben im Ausland. Sie ist auf sich allein gestellt, in einer Zeit, da Einquartierung und Lebensmittelknappheit Alltag ist. Als sie ihr altes Elternhaus aus einem spontanen Impuls heraus aufsucht, erhält sie von der im Kohlekeller lebenden Familie eine ihr gehörende Schachtel. Ich war total gespannt, was wohl darin ist. Doch leider wird sie ihr gestohlen.
Alice trauert um Natalie Castellana aus der Bahnhofsmission. Natalie ist 1908 verschwunden.
Eine Frau, die sich „15“ nennt, kommt in den Besitz eines Buchs aus der Schachtel, darin eine Widmung ihres damaligen Verlobten. Sie macht sich auf die Suche nach Alice, ihrer Vergangenheit und sich selbst. Wer ist sie? Welch schreckliche Gräuel hat sie erlebt?
„15“ tötet einen russischen Soldaten, der eine Frau -Astrid- vergewaltigen wollte.
Der Kreis schließt sich, die Vergangenheit beginnt in der Bahnhofsmission, die Personen und Geschichten sind miteinander verwoben.
Nachdem Alice die unsäglichen Zustände auf dem Bahnhofsvorplatz sieht, beschließt sie, die Bahnhofsmission wieder aufzubauen. Der ehemalige Pfarrer ist verstorben, sein Nachfolger Pfarrer Gellert will nicht helfen. Aber seine Haushälterin, Martha, die damals in der Mission kochte, will sie unterstützen.
Alice hat keine andere Wahl als den russischen Kommandanten Oberst Wolkow um Hilfe zu bitten. Doch sie muss dafür (nur?) mit ihm ausgehen. Sie erinnern sich beide an die Rettung des Soldaten. Mir scheint, dass er auch ein persönliches Interesse an Alice hat.
Natalie Castellana ist mit ihrer Tochter Claire nach Berlin gereist, 37 Jahre war sie nicht mehr da. Sie gesteht ihrer Tochter, dass sie ihre Geschichte (Vergangenheit, Witwe, Auswanderung) erfunden hat. Was steckt wirklich dahinter?
Ich bin einfach nur noch gespannt, wie es weitergeht!

Ich bin auch sehr gespannt wie es weiter geht und wer fünfzehn ist... Sie scheint stark und mutig zu sein.

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Abby1810

Mitglied seit 08.12.2023

Lesen stärkt die Seele

Veröffentlicht am 13.05.2024 um 22:45 Uhr

Babajaga schrieb am 13.05.2024 um 19:11 Uhr

Ich kenne den ersten Band dieser Serie nicht und dennoch habe ich nicht das Gefühl, dass mir zu viel Hintergrund fehlt, um diesen Teil verstehen zu können. Natürlich wäre es schön, die Geschichten, auf die die Autorin abhebt, zu kennen, aber als wirklich störend empfinde ich es nicht. Dennoch werde ich mir den ersten Band wohl besorgen.

Der Einstieg in die Geschichte ist auch beim zweiten Lesen immer noch verstörend. Jedenfalls habe ich die Szene dort im Kohlenkeller so empfunden. So ging es mir schon beim Lesen der Leseprobe. Ich kann mir jedoch sehr gut vorstellen, dass es am Ende des Krieges so gewesen sein könnte. Gut getroffen fand ich die unterschiedlichen Charaktere, die in diesem Keller miteinander auskommen mussten. Bereits hier gefiel mir der Umstand, dass die Autorin einige ihrer Charaktere stark berlinern lässt. Und auch später, als Alice bei Marthe im Pfarrhaus saß, ließ sie Marthe berlinern. Das passt für mich - als ehemalige Berlinerin - durchaus alles zusammen und gehört irgendwie dazu. Es klingt ein bisschen nach Heimat.

Insgesamt gefällt mir die Geschichte bisher gut. Manche Szenen sind mir etwas zu vorhersehbar, bspw. als Alice beim russischen Kommandanten wegen der Bahnhofsmission vorspricht. Hier hatte ich bereits vorher das Gefühl, dass es sich hierbei um niemand anderen als den Soldaten handeln würde, dem sie schon nach dem Kohlenkeller begegnete. Dennoch bin ich sehr gespannt, wie ihr “Date” mit ihm verlaufen wird. Ein bisschen habe ich das Gefühl, dass sich hier so etwas wie eine Freundschaft entwickeln könnte, die durchaus auf Geben und Nehmen beruhen wird. Immerhin ist Alice eine sehr kluge Frau! Und natürlich wünsche ich mir sehr, dass sie und Marthe zusammen mit dem russischen Kommandanten dem Pfarrer die Leviten lesen können. Den fand ich einfach nur abstoßend!

Wer ist Nummer 15? Zuerst hatte ich den Verdacht, dass es sich vielleicht um Natalie handeln könnte, die ja spurlos verschwunden war. Nachdem diese aber aus Amerika eingereist ist, ist dieser Verdacht hinfällig. Nummer 15 kennt Alice jedoch, also schätze ich, dass sie jemand ist, den man kennen könnte, wenn man den ersten Teil gelesen hat. Vielleicht…
Nachdem diese Frau einen russischen Soldaten umgebracht, ihm die Kehle durchgeschnitten hat, gehe ich davon aus, dass es sich hierbei um kein eben zartes Persönchen handeln wird, sondern eher um eine ebenso resolute Persönlichkeit wie Alice, die zudem - trotz der bitteren Umstände von Hunger und Krieg - körperlich dazu noch in der Lage ist. Auf diese Auflösung bin ich jedenfalls sehr gespannt, zumal sie sich ja schon recht nah an Alices Zuhause befunden hatte.

Sehr spannend fand ich auch die Szene, als Alice zu ihrem alten Elternhaus zurück ging und die vertriebene Familie dort traf. Dass sie allerdings noch eine Kiste aus ihrem Besitz hatte, war für mich etwas viel des Zufalls. Dennoch gefiel mir die Szene als solche. Sie beschrieb das Elend der Vertriebenen und dass sie auch in Deutschland äußerst ungern gesehen waren, obwohl sie, ebenso wie die Bevölkerung in Berlin, Opfer dieses Krieges waren.

Das Chaos nach dem Krieg kann man sich ziemlich gut vorstellen. Die Autorin schafft es mit ihrer Schreibweise, Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Jedenfalls geht es mir so. Ich kenne viele der Straßen, die hier erwähnt werden, was es mir vielleicht noch etwas einfacher macht.

Alice empfinde ich als sehr sympathisch, aber irgendwie fehlt es mir noch etwas an Tiefgang. Man erfährt so einiges, aber dennoch habe ich nicht das Gefühl, mit ihren Augen zu sehen. Noch nicht… Ich hoffe sehr, dass sich dies im Laufe der Geschichte noch ergeben wird. Gelegentlich dürften die Konflikte mit anderen etwas ausführlicher sein, bspw. das Gespräch mit dem Pfarrer. Hier war zwar klar, dass er ihr unsympathisch ist und auch mir war er nach seinen Bemerkungen einfach nur widerwärtig, aber dennoch hatte ich das Gefühl, dass der Konflikt mehr an der Oberfläche blieb, obwohl er Potential gehabt hätte… glaube ich.

An mehreren Stellen schafft es die Autorin, mit den Vorahnungen ihrer Leser zu arbeiten und dann eine völlig andere Auflösung zu liefern, wie die Szene nach dem Kohlenkeller. Solche Szenen dürften aus meiner Sicht gern öfter kommen.

Auch ich hatte anfangs den Verdacht, dass fünfzehn eventuell Natalie ist. Jetzt bin ich auch echt gespannt wer sie tatsächlich ist.

Profilbild von Abby1810

Abby1810

Mitglied seit 08.12.2023

Lesen stärkt die Seele

Veröffentlicht am 13.05.2024 um 23:02 Uhr

Der Einstieg ist mir sehr leicht gefallen. Ich war sofort mittendrin im Berlin während der letzten Kriegstage. Ich habe mich gefreut, dass das Baby dann doch überlebt hat und Alice, aber auch Trude und Astrid sind mir sympathisch. Was für ein Zufall, dass "15" gerade Trude vor der Vergewaltigung gerettet hat. Ich hatte anfangs den Verdacht, dass Fünfzehn eventuell Natalie sein könnte, nun bin ich aber gespannt wer die starke und mutige Frau tatsächlich ist.

Alice's Vorsprechen beim Pfarrer und bei Oberst Wolkow betreffend ihres Vorhabens die Bahnhofsmission wieder zu eröffnen zeigt wie emanzipiert und zielstrebig sie ist. Sie ist eine gute Seele.
Marthe, die Haushälterin des Pfarrers ist auch so eine liebenswürdige und hilfsbereite Persönlichkeit. Ich bin gespannt wie sie den unguten Pfarrer unter Druck setzen wird damit er Alice hilft.

Natalie ist zurück. Sie hat sich mit ihrer Tochter Claire den langen Weg von Amerika nach Berlin gemacht. Bei ihr habe ich das Gefühl, sie möchte ihre Vergangenheit verarbeiten und ist auf der Suche nach Antworten.

Ich war erst vorletzte Woche in Berlin (ich lebe in Wien) und ich kann mich an einige Straßennamen sogar noch erinnern und wie sie heute aussehen. Das erleichtert mir die bildliche Vorstellung.

Allgemein gefällt mir der Schreibstil sehr gut. Er ist flüssig und atmosphärisch.