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Veröffentlicht am 24.04.2018

Ein ausgezeichneter, eindringlicher Roman

Kleine Feuer überall
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INHALT
Shaker Heights, ein wohlhabender Vorort von Cleveland, ist eine idyllische Gemeinde, in der nicht nur der Außenanstrich der Häuser vorgeschrieben ist, sondern auch das Alltagsleben seiner Bewohner ...

INHALT
Shaker Heights, ein wohlhabender Vorort von Cleveland, ist eine idyllische Gemeinde, in der nicht nur der Außenanstrich der Häuser vorgeschrieben ist, sondern auch das Alltagsleben seiner Bewohner festgelegten Regeln folgt. In den Augen von Elena Richardson, einer Kolumnistin für die Lokalzeitung, ist es der ideale Wohnort für ihre Familie, bestehend aus ihrem Mann, Partner einer Anwaltskanzlei und ihren vier jugendlichen Kindern Trip, Moody, Lexie und Izzy. Nun steht das Haus der Richardsons in Flammen. Laut Feuerwehr handelt es sich um Brandstiftung. Mit dem Feuer scheint sich auch Elenas so perfektes Leben in Rauch aufgelöst zu haben.
MEINE MEINUNG
Wie bereits mit ihrem Debüt und Bestseller-Roman «Was ich euch nicht erzählte» konnte mich die amerikanische Autorin Celeste Ng auch mit ihrem grandiosen, zweiten Roman «Kleine Feuer überall» vollauf überzeugen.
Die Handlung des Romans ist angesiedelt in den 1990er Jahren und beginnt mit der Schilderung eines dramatischen Katastrophenszenarios, das mich sofort gefesselt und mit vielen Fragen zurückgelassen hat. Die Familie Richardson muss zusehen, wie ihr luxuriöses Haus einem tosenden Flammenmeer zum Opfer fällt. Zudem ist die jüngste Tochter Izzy, das Schwarze Schaf der Familie, spurlos verschwunden und wird von allen als Brandstifterin verdächtigt.
Mit einem Rückblick auf die Anfänge der verhängnisvollen Ereignisse erzählt die Autorin äußerst behutsam ihre mitreißende, bewegende und äußerst viel schichtige Geschichte. Geschickt hat Ng einen auktorialen Erzählstil gewählt, der Distanz schafft, aber den Leser zugleich zum Augenzeugen der Handlung macht und ihn emotional immer tiefer in die Geschehnisse hineinzieht. Eingestreute Andeutungen über den weiteren Verlauf erzeugen beim Leser ein ungutes Gefühl, und implizierte Vorahnungen steigern ungemein die Spannung.
Im Mittelpunkt steht der aufkommende Konflikt zwischen zwei Familien, die unterschiedlicher nicht sein könnten – auf der einen Seite die wohlhabende Vorzeigefamilie Richardson, im progressiven Shaker Heights etabliert, mit ihren vier Teenagern und auf der anderen Seite die eigenwillige freischaffende Künstlerin und Fotografin Mia mit ihrer 15jährigen Tochter Pearl, die mehrere Nebenjobs hat und ein eher unstetes, unkonventionelles Leben führt.
Sehr langsam entwickeln sich Beziehungen und Freundschaften untereinander, die schließlich an beachtlicher Eigendynamik hinzugewinnen, je mehr die Familienmitglieder miteinander interagieren und ihre Loyalitäten innerhalb des labilen Familiengefüges sich zu verschieben beginnen.
Von Kapitel zu Kapitel enthüllen schrittweise immer neue Details, wie verschiedene, verhängnisvolle Ereignisse und unglückliche Verkettungen in einer Tragödie münden konnten. Schließlich ergibt sich aus den vielen Puzzlesteinchen ein nachdenklich stimmendes Gesamtbild, das erklärt, wie die so wohlgeordnete Welt in Shakers Height aus den Fugen geriet. Hervorragend gelungen sind der Autorin ihre unterschiedlichen Charaktere, die sie sehr vielschichtig, lebendig und mit nuancierten Persönlichkeiten ausgearbeitet hat, so dass ihre Entscheidungen und Handlungen stets sehr nachvollziehbar und glaubwürdig sind. Sehr gut gefallen hat mir insbesondere ihre sehr authentische Darstellung von typischem Teenager-Verhalten und ihren bisweilen irrationalen Verhaltensweisen. Mit außerordentlich gutem, psychologischem Feingespür enthüllt sie menschliche Sehnsüchte, Wunschdenken, fatale Fehleinschätzungen und allzu menschliche Irrtümer.
Ng versteht sich in ihrem Roman meisterhaft darauf, sehr nuanciert Fragen zu Rasse, Identität und Stellenwert von Mutterschaft in der Gesellschaft zu beleuchten, und wirft zudem viele interessante Fragen zu Mutter-Kind-Beziehungen auf.
FAZIT
Ein ausgezeichneter, eindringlicher Roman über verborgene Familiengeheimnisse und menschliche Abgründe. Großartig geschrieben und sehr lesenswert!

Veröffentlicht am 23.04.2018

Vielschichtiger, äußerst packender Pharmathriller

Riskante Manöver
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INHALT
Der in Berlin lebende PR-Agent Mats Holm ist ein hoch angesehener, sogenannter „Master of Desaster“, der mit seiner Partnerin Laura May immer dann angeheuert wird, wenn eine fatale Krise und einen ...

INHALT
Der in Berlin lebende PR-Agent Mats Holm ist ein hoch angesehener, sogenannter „Master of Desaster“, der mit seiner Partnerin Laura May immer dann angeheuert wird, wenn eine fatale Krise und einen Image-Schaden von den potentiellen Kunden abgewendet werden muss. In genau einem solchen Notfall wird Holms Krisen-PR-Agentur von dem Pharmaindustriegiganten Wenner Pharma zu Hilfe gerufen. Nach Einnahme ihres erst kürzlich eingeführten Medikaments sind mehrere Kinder lebensbedrohlich erkrankt, ein Mädchen verstirbt plötzlich im Krankenhaus und zu allem Überfluss kommen Gerüchte über unsaubere klinische Studien auf. Kein einfacher Auftrag für Holm, der für die Planung einer perfekten PR-Kampagne vor allem von den Konzernbossen die volle Wahrheit braucht. Nur darüber wollen sich die Auftraggeber natürlich lieber in Schweigen hüllen. Wird es Holm und seiner Partnerin May trotzdem gelingen, den Konzern vor einem Skandal und Mediendesaster größeren Ausmaßes zu bewahren?
MEINE MEINUNG
Mit „Riskante Manöver“ ist dem Autoren Birand Bingül ein vielschichtiger, äußerst packender Spannungsroman gelungen, den man schon bald nicht mehr aus der Hand legen kann.
Dies ist der erste Fall für den Berliner Public Relations-Agenten Mats Holm und seine Kollegin Laura May und wird hoffentlich auch nicht ihr letzter bleiben.
Bereits der Einstieg in diesen sehr nervenaufreibend gestalteten Fall, der in der oft angeprangerten Pharmabranche angesiedelt ist, wurde clever gewählt. Der Autor spielt hier gekonnt mit den schlimmsten Alpträumen von Eltern: ein krankes Kind fällt nach Medikamenteneinnahme in ein Koma, die Ärzte sind machtlos und kurze Zeit später ist das Kind verstorben. Natürlich ein gefundenes Fressen für die Medien und ein klarer Fall für das Genie der Krisenmanagements PR Agent Mats Holm! Doch bei seinem neuem Auftrag wird schnell klar, dass die Konzernchefs nicht bereit sind, mit der vollen Wahrheit zu dem bei Kindern eingesetzten Schmerzmittel und seinen mutmaßlichen Nebenwirkungen rauszurücken, sondern lieber von sich ablenken wollen und eine Rufmordkampagne vermuten. Das plötzliche Verschwinden einer Mitarbeiterin gibt weitere Rätsel auf.
Schon bald entwickelt sich der über 4 Tage angelegte Fall zu einem äußerst fesselnden Thriller, denn Mats und seine Kollegin Laura haben nicht nur an der PR-Front um Schadensminimierung zu kämpfen, sondern ermitteln auf eigene Faust zudem im Fall der spurlos verschwundenen Wenner-Mitarbeiterin. Kurze Kapitel, die nur mit einer Zeitangabe ähnlich einem News-Ticker überschrieben sind, häufige Perspektivwechsel und unvorhersehbare Wendung bringen ein hohes Tempo in die Geschichte und sorgen zugleich für ungeheure Spannung. Für zusätzlichen Thrill sorgen einige Passagen aus der Perspektive eines mysteriösen Widersachers innerhalb der Wenner-Belegschaft mit offensichtlichen Insiderkenntnissen. Der sehr dialogorientierte Schreibstil des Autors ist kurz, prägnant, packend und passt perfekt zur temporeichen Handlung.
Neben den gut recherchierten Hintergrundinformationen zu klinischen Studien, den internen Verflechtungen, Abhängigkeiten und komplexen Machtspielchen in den obersten Etagen der Pharmakonzerne erfährt der Leser auch sehr interessante Details zur PR-Arbeit und ihren Strategien. Sehr gelungen und durchaus glaubwürdig empfand ich die Schilderungen ihrer schwierigen Arbeit mit den Auftraggebern und den sensationshungrigen Medien. Eine Gratwanderung bei der viel Pragmatismus, ein Abwägen von moralisch-ethischen Entscheidungen, eine gewisse Kaltschnäuzigkeit und das Schmieden von Allianzen das tägliche Geschäft bestimmen. Hier merkt man, dass der Autor, der als Journalist arbeitet, vom Fach ist und fundierte Einblicke hinter die Kulissen hat.
Sehr schön kann der Leser über die Hintergründe des Falls spekulieren und wird gekonnt auf falsche Fähren gelockt. Die mitreißende Handlung gipfelt schließlich in einer dramatisch inszenierten Auflösung des Falls, die in sich schlüssig und nachvollziehbar ist. Brillant ist jedoch eine im Ausklang präsentierte Enthüllung, die einem beinahe zu den Boden unter den Füßen wegzieht, da sie den Fall in einem anderen Licht erscheinen lässt und den Leser äußerst nachdenklich zurücklässt.
Bingül hat die meisten seiner Charaktere sehr lebendig und realitätsnah ausgearbeitet, so dass ihr Verhalten sehr nachvollziehbar und glaubwürdig erscheint. Vor allem die beiden sympathischen Protagonisten Mats Holm und seine clevere Partnerin Laura May haben mir mit all ihren Eigenheiten sehr gut gefallen. Es sind interessante, unkonventionelle Charaktere, deren persönliches Umfeld wir im Laufe der Handlung allmählich besser kennen lernen. Zudem werden einige spannende Aspekte aus ihrer dunklen Vergangenheit enthüllt. Ich bin schon sehr neugierig auf weitere Details aus ihrem Leben und ihre weitere Entwicklung in den nächsten Bänden.
FAZIT
“Riskante Manöver” ist ein vielschichtiger, äußerst packender Pharmathriller, der mich sehr überzeugt hat! Sehr lesenswert!

Veröffentlicht am 14.04.2018

Packende Fortsetzung der großartigen Scythe-Trilogie

Scythe – Der Zorn der Gerechten
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INHALT
Citra hat es geschafft.
Sie wurde auserwählt und als Scythe entscheidet sie jetzt, wer leben darf und wer sterben muss.
Doch als wenn das nicht schon schwer genug wäre, übernehmen skrupellose Scythe ...

INHALT
Citra hat es geschafft.
Sie wurde auserwählt und als Scythe entscheidet sie jetzt, wer leben darf und wer sterben muss.
Doch als wenn das nicht schon schwer genug wäre, übernehmen skrupellose Scythe die Macht und stellen neue Regeln auf. Die wichtigste Regel lautet, dass es ab jetzt keine Regeln mehr gibt.
So beginnt Citras Kampf für Gerechtigkeit.
Ein Kampf, den sie nur gemeinsam gewinnen kann mit ihrer großen Liebe Rowan.
(Quelle: Klappentext – FISCHER Sauerländer-Verlag)

MEINE MEINUNG
„Der Zorn der Gerechten“ ist der zweite Band der genialen 'Scythe'-Trilogie des amerikanischen Bestseller-Autors Neal Shusterman und stellt eine äußerst packende Fortsetzung des ersten Teils dar. Die Handlung knüpft mit einem kleinen Zeitsprung von zehn Monaten an die Ereignisse des Vorgängerbands an. Durch den absolut mitreißenden, lebendigen Schreibstil Shustermans dauert es nicht lange, bis man wieder vollkommen in die atemberaubende, atmosphärisch dichte Geschichte abtauchen kann.
Die anschauliche, sehr differenzierte Figurenzeichnung der verschiedenen Charaktere, insbesondere von den beiden äußerst sympathischen Protagonisten Citra und Rowan ist sehr gelungen. Auch wenn sie in diesem Band nicht mehr im Mittelpunkt der Handlung stehen, spielen sie dennoch eine wichtige Rolle in der Geschichte. Sie haben sich charakterlich deutlich weiterentwickelt und gehen auf ihre ganz eigene Weise mit den Geschehnissen um. Zudem werden noch einige neue, interessante Figuren eingeführt, deren Rolle sich erst allmählich offenbart. Die vielschichtige, lebendige Ausarbeitung der vielen Nebenfiguren, hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Bei einigen von ihnen müssen wir uns auf so manche Überraschung gefasst machen.
Ein besonders fesselndes Leseerlebnis sind die zwischen die Kapitel eingeschobenen Einblicke in die Gedankenwelt des Thunderheads, die äußerst aufschlussreich im Hinblick auf seine Rolle als höchste Instanz und Intentionen sind. Einige der ethischen Hintergründe stimmen teilweise sehr nachdenklich, andere hinterließen aber einen unguten Beigeschmack bei mir.
Glaubwürdig und stimmig sind auch die zusätzlichen Informationen und vielschichtigen Aspekte dieser vermeintlich perfekten Welt ausgearbeitet. Es zeigt uns ein insgesamt recht düsteres Bild von einem dystopischen System und seinem vorherrschenden Machtgefüge, das jede Menge Korruption, grausame Machtspielchen und im Verborgenen laufende Intrigen für uns bereithält. So kann man sich sehr gut in die Lebenssituation der einzelnen Figuren hineinversetzen und deren Handlungsweisen und Wunsch nach Veränderungen nachvollziehen.
Shusterman ist es hervorragend gelungen, uns immer wieder mit unvorhersehbaren, sogar schockierenden Wendungen in Atem zu halten. Insgesamt ist die mitreißende, temporeiche Handlung in diesem Band erneut sehr komplex und abwechslungsreich aufgebaut.
Zum finalen Showdown sind die Spannung und Dramatik kaum noch zu überbieten. Sehr aufwühlend ist auch das offene Ende des Buchs gestaltet, bei dem der Autor uns mit einer überraschenden Wendung regelrecht in der Luft hängen und uns voller Ungeduld auf den abschließenden Band der genialen Trilogie warten lässt.
FAZIT
Mit einem mitreißenden Erzählstil, unerwarteten Wendungen und überzeugenden Protagonisten ein sehr gelungener, zweiter Band der großartigen Scythe-Trilogie! Ein Muss für alle Dystopie-Fans!

Veröffentlicht am 07.04.2018

Ein rundum gelungener, historischer Roman

Die Nachtigall
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INHALT
Zwei Schwestern im von den Deutschen besetzten Frankreich: Während Vianne ums Überleben ihrer Familie kämpft, schließt sich die jüngere Isabelle der Résistance an und sucht die Freiheit auf dem ...

INHALT
Zwei Schwestern im von den Deutschen besetzten Frankreich: Während Vianne ums Überleben ihrer Familie kämpft, schließt sich die jüngere Isabelle der Résistance an und sucht die Freiheit auf dem Pfad der Nachtigall, einem geheimen Fluchtweg über die Pyrenäen. Doch wie weit darf man gehen, um zu überleben? Und wie kann man die schützen, die man liebt?
Zwei Schwestern: Die eine kämpft für die Freiheit, die andere für die Liebe.
(Quelle: Klappentext - Aufbau Taschenbuch Verlag)
MEINE MEINUNG
Mit ihrem historischen Roman „Die Nachtigall“ hat Kristin Hannah einen großartigen, äußerst berührenden Unterhaltungsroman geschrieben, den man inzwischen zu Recht einen Weltbestseller nennen kann. Das fesselnd und sehr eindrücklich erzählte Schicksal von zwei Schwestern in Frankreich während des Zweiten Weltkriegs ist ein bewegender Roman, der mich unglaublich rasch in seinen Bann gezogen hat. Die Haupthandlung ist aus Perspektive der zwei jungen, französischen Schwestern Vivianne und Isabelle geschrieben. Nach dem frühen Tod ihrer Mutter sind die beiden in recht kaputten Verhältnissen ohne ein richtiges Zuhause aufgewachsen, denn der im 1. Weltkrieg traumatisierte Vater ist mit seiner Rolle völlig überfordert. Die zwei Schwestern könnten kaum unterschiedlicher sein - Vianne sucht Zuflucht in ihrer Familie mit ihrer großen Liebe Antoine und ihrer kleinen Tochter, während die jüngere Isabelle rebelliert und von etlichen Schulen verwiesen wird. Durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges und die Besetzung Frankreichs durch die Deutschen 1939 ändert sich das bisherige Leben der beiden ungleichen Schwestern schlagartig und es wird für sie zunehmend schwieriger, den Alltag zu meistern.
Die Autorin hat ihre vielschichtig angelegten Hauptfiguren sehr plastisch und einfühlsam vor dem historischen Hintergrund charakterisiert, stellvertretend für die vielen Frauenschicksale jener Zeit. Zudem wird sehr glaubwürdig vermittelt, wie jede schließlich über sich hinauswächst und auf ihre Art und Weise ihren Weg durch die schwierige Zeit unter der Nazidiktatur geht.
Die Autorin versteht es, ihre Geschichte mitreißend, atmosphärisch dicht und sehr anschaulich zu schildern und ihre Leser trotz der schwierigen Thematik zu unterhalten. Hierbei ist es ihr hervorragend gelungen, den Lesern aufzuzeigen, dass es trotz aller Ängste, unvorstellbarer Greuel und Unmenschlichkeit durch die Nazis immer auch Hoffnung auf das Gute im Menschen gab. Sehr eindrücklich sieht man, wie sehr der Krieg Menschen verändern, aber auch wie viel Mut, Kraft und Stärke jeder einzelne mobilisieren kann. So fragt man sich bei vielen aufrüttelnden Episoden, wie man sich wohl in einer vergleichbaren Situation verhalten hätte.
Zudem ist es der Autorin außergewöhnlich gut gelungen, viele der recherchierten historischen Details in ihre fiktive Geschichte einzuarbeiten und dem Leser ein anschauliches, facettenreiches und sehr authentisches Bild vom Alltag in jener schwierigen Zeit im besetzten Frankreich zu vermitteln.
FAZIT
Ein rundum gelungener, historischer Roman – bewegend, lehrreich und zudem unterhaltsam geschrieben!
Ein echtes Lese-Highlight und eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 10.03.2018

Ein Muss für Liebhaber des historischen Genres!

Die Revolution des Mondes
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INHALT
Als 1677 in Sizilien der Vizekönig, der als Stellvertreter der spanischen Krone am Hof in Palermo lebt, an Elephantiasis stirbt, reiben sich die königlichen Räte die Hände: Endlich können sie sich ...

INHALT
Als 1677 in Sizilien der Vizekönig, der als Stellvertreter der spanischen Krone am Hof in Palermo lebt, an Elephantiasis stirbt, reiben sich die königlichen Räte die Hände: Endlich können sie sich nach Herzenslust bereichern! Doch sie haben nicht mit der jungen, unfassbar schönen Witwe Donna Eleonora di Mora gerechnet die ihnen gewaltig einen Strich durch die Rechnung macht. Zielstrebig besteigt sie den Thron, und einen Monat lang lehrt sie einer durch und durch korrupten Männergesellschaft das Fürchten.

MEINE MEINUNG
In seinem historischen Roman „Die Revolution des Mondes“ hat der sizilianische Schriftsteller Andrea Camilleri eine faszinierende, wahre Begebenheit aus Siziliens bewegter Vergangenheit aufgegriffen. Es handelt sich um die kurze Regentschaft der längst vergessenen, bemerkenswerten Revolutionärin Donna Eleonora di Mori, die im Jahre 1677als „Vizekönigin“ der spanischen Krone am Hof in Palermo lebte und regierte.
Camilleri erzählt eine äußerst unterhaltsame und vielschichtig angelegte Geschichte, mit nachdenklich stimmenden menschlichen Schicksalen und einer mitreißenden Handlung, die sich zunehmend zu einem spannenden Krimi entwickelt. Gerade die politischen Verwicklungen und Intrigen dieser sehr korrupten Männergesellschaft lassen uns Leser zwangsläufig auch gewisse Parallelen zu aktuellen Ereignissen ziehen.
Sehr fesselnd wird geschildert, wie sich mit der wachsenden Beliebtheit Eleonoras beim Volk der anfängliche Unmut der machtgierigen Herren immer mehr zu einem erbitterten Machtkampf entwickelt, bei dem die unliebsame Regentin mit allen Mitteln zu Sturz gebracht werden soll. Die schillernde Persönlichkeit der Protagonistin Donna Eleonora wurde von Camilleri sehr plastisch ausgearbeitet. Sie war eine äußerst mutige und selbstbewusste Frau mit herausragendem Intellekt und bemerkenswerter Durchsetzungskraft und zudem eine geschickte und unnachgiebige Strategin, die der Korruption den Kampf angesagt hat und sich mit dringend notwendigen Reformen für die Schwachen der Gesellschaft einsetzte. Auch die meisten Nebenfiguren sehr lebendig und vielschichtig ausgearbeitet. Vor allem die Mitglieder des Heiligen Königlichen Rats in Palermo, die den mächtigen Adel und Klerus repräsentieren, und ihr scheinheiliges, arrogantes und intrigantes Wirken am Hofe sind von Camilleri sehr treffend beschrieben. Machtlüstern, habgierig und voller Neid schrecken sie nicht vor Korruption, Amtsmissbrauch, persönlicher Bereicherung und Gewalttätigkeiten zurück.
Camilleris Erzählstil ist sehr abwechslungsreich und einfühlsam. Er verwendet eine schöne, leicht altertümliche Sprache, die der damaligen Zeit angemessen erscheint und sich trotzdem flüssig lesen lässt.
Der Autor versteht es hervorragend, Dekadenz und Verlogenheit des prunkvollen höfischen Lebens humorvoll, leicht spöttisch und sehr schonungslos auf den Punkt zu bringen Die Atmosphäre und unterschiedlichen Schauplätze beschreibt er sehr bildhaft und anschaulich, so dass man alles sehr lebendig vor Augen hat. Camilleri hat die historischen Ereignisse und damaligen Zustände auf Sizilien wirklich sehr gut recherchiert. Den Sumpf aus Skrupellosigkeit, kriminellen Machenschaften und menschlichen Abgründen der herrschenden Oberschicht und des Klerus stellt er authentisch und sehr glaubwürdig dar.
Am Ende des Romans finden sich in einer Nachbemerkung noch einige interessante Erläuterungen zu den historischen Hintergründen, den verwendeten Quellen und den fiktiven Anteilen seiner Geschichte.
FAZIT
Ein sehr unterhaltsamer und lesenswerter historischer Roman - mitreißend und humorvoll erzählt.