Leserunde zu "Als wir im Regen tanzten" von Michaela Saalfeld

Liebe und Hoffnung, Mut und Verzweiflung
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Michaela Saalfeld (Autor)

Als wir im Regen tanzten

Roman

1928. Berlin pulsiert, gilt als Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten. Die Schauspielerin Recha und der Regisseur Willi zur Nieden sind das Traumpaar der Metropole und ihrer blühenden Filmwelt. Hinter der Fassade bröckelt es jedoch. Die Nationalsozialisten gewinnen immer mehr an Zustimmung, auch durch die Filme der vom Großindustriellen Hugenberg übernommenen UFA. Als Jüdin ist Recha unmittelbar betroffen. Willi jedoch verschließt die Augen, und das einstige Traumpaar entfremdet sich. Werden die beiden trotz allem neu zueinander finden - oder verlieren sie einander, während die Welt um sie herum ins Wanken gerät?

Liebe und Hoffnung, Mut und Verzweiflung - der große Berlin-Roman zur Weimarer Republik

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 07.05.2019 - 08.07.2019
  2. Lesen 22.07.2019 - 11.08.2019
  3. Rezensieren 12.08.2019 - 25.08.2019

Bereits beendet

Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Veröffentlicht am 12.08.2019

Der 1. Weltkrieg ist in den Köpfen immer präsent

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„Als wir im Regen tanzten“ ist der zweite Teil eines histori-schen Epos über die Zeit nach dem 1. Weltkrieg. Im ersten Band „Was wir zu hoffen wagten“ (den ich allerdings nicht gelesen habe) wird die Zeit ...

„Als wir im Regen tanzten“ ist der zweite Teil eines histori-schen Epos über die Zeit nach dem 1. Weltkrieg. Im ersten Band „Was wir zu hoffen wagten“ (den ich allerdings nicht gelesen habe) wird die Zeit vor Ausbruch des Krieges und die Zeit unmittelbar danach thematisiert. In dieser Fortsetzung stehen die Jahre 1928/29 im Vordergrund.

Zum einen geht es um die Schauspielerin Recha und den Regisseur Willi, die sich als Kollegen wunderbar ergänzen, allerdings als Paar immer mehr entfremden. Zum anderen spielt Felice eine Hauptrolle – sie ist Anwältin und hat sich in einer männerdominierten Zeit als berufstätige Frau durchgesetzt. Sie hat es nicht leicht, sich immer wieder zu behaupten – aber das Hauptaugenmerk liegt in diesem Buch auf ihrer privaten Situation. Sie hat die beiden Töchter ihrer Schwester aufgenommen, als diese nicht in der Lage war, ihre Kinder zu betreuen. Seit mehreren Jahren leben die Kinder bei Felice und sie liebt sie wie ihre eigenen. Ihrer Ansicht nach hat sie die Mädchen gerettet, da ihre Schwester sie nicht angemessen erziehen könnte. Als sich die Situation ihrer Schwester bessert und sie darauf besteht, ihre Kinder wieder zu sich zu nehmen, entbrennt Felices Kampfgeist und sie versucht alles, um die Mädchen wieder zu sich zu holen.

Wer wie ich den 1. Band nicht kennt, wird keine Probleme haben, das Buch als eigenständigen Roman zu lesen. Allerdings wird in diesem 2. Teil unheimlich oft auf einen Film von Willi Bezug genommen, der teilweise das komplette Geschehen im Buch (immernoch) beeinflusst.

Dadurch hatte ich leider auch mitunter das Gefühl, dass sich die Story nicht vorwärts bewegt und es immer und immer wieder um diesen Film und seine Handlung (das Geschehen im belgischen Ypern im 1. Weltkrieg) geht. Sehr oft kehrten die Gedanken der Protagonisten zu diesem Film zurück, immer wieder wurden Szenen ausführlich geschildert und ihre Bedeutung interpretiert… das machte das Buch für mich vor allem in den ersten zwei Dritteln reichlich zäh. Gedanklich habe ich es mitunter mit dem vielbeschriebenen „süßen Brei“ verglichen, der irgendwie immer mehr wird und kaum noch zu bändigen ist.

Das hat mir leider das Lesen dieses Buches nicht wirklich leicht gemacht. Natürlich spielen der 1. Weltkrieg und seine Auswirkungen eine zentrale Rolle in diesem Buch. Dennoch bin ich damit nicht so recht warm geworden. Am Anfang ging mir die Handlung viel zu langsam voran, erst im letzten Drittel empfand ich sie wirklich als mitreißend. Die Figuren konnten mich nicht in ihren Bann ziehen, blieben für mich leider blass und meinem Herzen fern. Deshalb kann ich trotz des wichtigen Themas und der interessanten Epoche nur 3 Sterne vergeben.

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Veröffentlicht am 15.08.2019

Etwas zähflüssiger historischer Familienroman aus der Weimarer Republik

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Berlin 1928-die Kriegsjahre sind vorüber und die Menschen wollen wieder Leben und Spaß haben! Die Filmbranche boomt und die erfolgreiche Schauspielerin Recha und ihr Mann der bekannte Regisseur Willi zur ...

Berlin 1928-die Kriegsjahre sind vorüber und die Menschen wollen wieder Leben und Spaß haben! Die Filmbranche boomt und die erfolgreiche Schauspielerin Recha und ihr Mann der bekannte Regisseur Willi zur Nieden genießen das Leben. Doch so langsam macht sich immer mehr nationalsozialistische Gesinnung breit, auch in der UFA. Die jüdischstämmige Recha spürt es als Erste. Doch Willi, der verzweifelt nach einem neuen Filmthema sucht, um an seinen einstigen Erfolg anzuknüpfen, merkt zunächst gar nicht, was rund um ihn geschieht und wie seine Frau angefeindet wird.
Willis Schwester Felice, die gekonnt zwischen Mutterrolle und taffer Anwältin hin und her wechselt, kann gar nicht fassen das auch ihre Welt ins Wanken gerät und fällt völlig aus der Rolle….

Der historische Roman „Als wir im Regen tanzten“ von Autorin Michaela Saalfeld, ist der Band zwei einer Serie. Thema in diesem Teil ist die Filmbranche in Berlin und die Entwicklung vom Stummfilm zum Tonfilm. Eine große Rolle spielt auch das politische Klima der Zeit und seine Auswirkungen auf die Menschen.
Die Handlung entwickelt sich dabei leider ein wenig zäh, die Protagonisten wirken dabei stark überzeichnet und ihre Aktionen sind für mich teilweise überzogen und recht unglaubwürdig dargestellt. Gerade mit den Hauptprotagonisten kam ich gar nicht zurecht, leider konnte ich ihre Emotionen nicht nachfühlen. Das Lesen der Geschichte gestaltete sich in einigen Abschnitten recht anstrengend, viele Rückblicke und Nebenschauplätze die den Lesefluss störten. Es wäre vielleicht besser gewesen den Vorgängerband zu kennen, um sich besser auf die Protagonisten einzustellen. Hatte mir auch mehr erhofft, was das Thema Film/Ufa anbelangt, das irgendwie am Rande hängen blieb.
Gelungen fand ich dagegen, wie die Gräuel des Krieges hervorgehoben wurden deren Auswirkung auf die Nachkriegszeit mit ihren Überlebenden. Auch die unheilvolle Stimmung der Zeit, die Anfeindungen und der aufkommende Antisemitismus wurden recht gut dargestellt.

Da ich eigentlich sehr gerne historische Romane aus dieser Zeit lese und gerade in letzter Zeit auch sehr viel Stoff im Bereich 20er Jahre, hat mich diese Geschichte jedoch nicht mitreißen können! Es war ziemlich zähe Kost und mir fehlte teils sogar die Lust zum Weiterlesen. Das Ende hat mich dann leider auch nicht mehr versöhnen können, obwohl ich die Auflösung eigentlich ganz in Ordnung fand.

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Veröffentlicht am 12.08.2019

Verspricht leider nicht das, was ich erwartet habe

2

"Als wir im Regen tanzten" ist ein Roman über ein Ehepaar, das in den Zwanziger Jahren in Berlin lebt: Willi, der gefeierte Regisseur und Recha, eine bekannte und beliebte Schauspielerin des Stummfilms. ...

"Als wir im Regen tanzten" ist ein Roman über ein Ehepaar, das in den Zwanziger Jahren in Berlin lebt: Willi, der gefeierte Regisseur und Recha, eine bekannte und beliebte Schauspielerin des Stummfilms. Die beiden straucheln mit ihrer Ehe und mit den Ereignissen und Eigenarten jener Zeit, auch weil Recha Jüdin ist. Sie haben Hürden in ihrem Job und in ihrer Ehe zu meistern.
Auf der anderen Seite erzählt die Geschichte von Felice, die Schwester von Willi, und deren Mann. Die beiden kämpfen mit allen Mitteln darum, ihre Pflegekinder behalten zu können und nicht an die leibliche Mutter und Schwester von Willi und Felice zu verlieren.

Das Cover gefällt mir gut. Es wirkt atmosphärisch, sehnsüchtig, ein wenig verloren. Im Großen und Ganzen spiegelt es Rechas Situation zu der damaligen Zeit wider.

Zu Beginn heißt es:

"Sie waren jung, sie hatten überlebt. Es gab kein Geld, aber auch keine Zensur mehr, und sie würden es schaffen. Sie würden aus der zerstörten Welt eine bessere bauen." (Zitat Prolog)

Dieses Zitat direkt am Anfang hat mir sehr viel Hoffnung auf eine energiereiche, gefühlvolle Geschichte gemacht. Leider wurde ich in dieser Hinsicht enttäuscht.

Gerade im ersten Drittel dieses Buches habe ich mich durch die Seiten gequält und musste mich daran hindern, es nicht einfach zur Seite zu legen.

Ich habe keine Beziehung zu den Figuren aufgebaut. Es fehlt die Nähe, die Charaktere bleiben oberflächlich, etwas unnahbar.

Der Erzählstil der Autorin ist sehr langatmig, sehr verschachtelt und sie schweift oft ab vom eigentlichen Geschehen, sodass ich oft der Handlung nicht gut folgen konnte und mich gelanweilt habe. Dies wird mit der Zeit besser. Im zweiten Teil konnte ich mich zwar noch nicht vollständig, aber ein wenig mehr in diese Zeit hinein versetzen.

Im Nachhinein überlege ich, ob es nicht besser gewesen wäre, den ersten Band zu kennen. Diesen habe ich nicht gelesen. Ich denke, dass man einige Punkte sicher besser verstanden hätte, wenn man die Vorgeschichte der Figuren gekannt hätte. So wirkte alles sehr verworren. Allerdings hätte das wahrscheinlich meine Meinung zu diesem Buch nicht geändert, da sich die Geschichte einfach wirklich zäh hinzieht und einem kein wahres Lesevergnügen bereitet.

Zum Ende hin nimmt die Geschichte mehr Fahrt auf, allerdings kam es mir so vor, dass alles Handlungen schnell zu Ende gebracht werden mussten und zum Teil erscheint mir das Ende nicht logisch. Ich hätte mir ein wenig von dem Schwung des letzten Abschnittes in den ersten Teilen gewünscht. Das hätte das Ganze sicher ein wenig spannender gemacht.

Meiner Meinung nach ist auch die Inhaltsangabe irreführend. Ich habe eine Geschichte rund um Recha erwartet, um ihre Ängste und Sorgen in der Nachkriegszeit. Als ich das Buch zur Hand genommen habe, habe ich erwartet, einiges mehr über die damalige Judenverfolgung zu erfahren. Dies wird nur am Rande angeschnitten. Viel mehr geht es um die Beziehung zwischen Recha und Willi und vor allem auch um Felice und ihren Kampf um die Ziehtöchter. Diese beiden Geschichten wurden nebeneinander her erzählt und wurden mir zu wenig verknüpft.

Alles in allem muss ich leider sagen, dass ich mich nicht richtig in diesem Buch verlieren konnte und etwas enttäuscht wurde. Da ist es natürlich schade, dass ich auch keine Lust verspüre, weitere Bücher dieser Reihe zu lesen.

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Veröffentlicht am 12.08.2019

Einige Schwächen, wenige Highlights

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Eine Zeit zwischen den Kriegen, eine Zeit voller Konflikt, voller Elend. Gesellschaftlicher Wandel, Antisemitismus, Radikalisierung. Viele Romane widmen sich der grauenvollen Zeit ab Hitlers Machtergreifung, ...

Eine Zeit zwischen den Kriegen, eine Zeit voller Konflikt, voller Elend. Gesellschaftlicher Wandel, Antisemitismus, Radikalisierung. Viele Romane widmen sich der grauenvollen Zeit ab Hitlers Machtergreifung, doch Michaela Saalfeld zeigt in ihrem Roman „Als wir im Regen tanzten“ die schockierenden Entwicklungen vorab.

Die schöne Recha wird als Stummfilmstar langsam von der Leinwand verdrängt und muss sich zunehmend dem Antisemitismus ihrer Kollegen stellen. Ihr Ehemann Willi hat die Ereignisse aus dem Ersten Weltkrieg noch nicht verarbeitet und hat auch als Regisseur seinen Weg noch nicht gefunden. Rückläufige Einnahmen, mittelmäßige Geschichten, der wachsende Druck von Seiten der judenfeindlichen Mitglieder der Filmgesellschaft, der unerfüllte Kinderwunsch. Nach und nach entfernen sich beide nicht nur von ihrem alten Erfolg, sondern auch voneinander.

Willis Schwester Felice, die erste Anwältin der Weimarer Republik, hat derweil mit ganz anderen Sorgen zu kämpfen. Sie soll ihre Pflegekinder nach zehn Jahren an deren Mutter, ihre aus dem Gefängnis entlassene Schwester Ille, zurückgeben und kämpft verzweifelt für Recht, das noch nicht geschrieben ist.

Wohin man tritt stößt man auf Geschichten, hatte Quintus einmal gesagt. Man ist nur meistens zu beschäftigt mit der eigenen, um ihnen nachzuspüren.

Mich hat an diesem Roman allem voraus die außergewöhnliche Auswahl der Zeitspanne begeistert. Zweite Weltkriegs – Romane gibt es wie Sand am Meer und auch der Erste Weltkrieg erfährt viel rückwirkende Aufmerksamkeit, aber hier geht es um die Zeit dazwischen. Mit viel Liebe zum Detail sind der politische und gesellschaftliche Wandel so in die Geschichte verwebt, dass es Spaß macht mehr zu erfahren. Man spürt das Know How der Autorin auf jeder Seite.

Ich brauchte einige Seiten Eingewöhnungszeit, bis ich mich an den etwas umständlichen Schreibstil und die doch recht zahlreichen Ausschweifungen gewöhnt hatte. Je mehr ich las, desto weniger konnte ich das Buch aber zur Seite legen und genoss die nahezu kunstvolle, geistreiche Sprache immer mehr.

Der größte Kritikpunkt liegt für mich aber in der Geschichte selbst. Die Figuren bleiben weitgehend eher farblos, wenig nachvollziehbar und unsympathisch. Schade. Lediglich die leidenschaftliche Kämpferin Felice, ihr charmanter Mann Quintus und deren zuckersüße Kinder, allen voran der kleine Luftschifffanatiker Anton, sind mir ans Herz gewachsen. Die eigentliche Nebenhandlung war für mich daher wesentlich spannender, als die Geschichte um den deutschen Film, die hier groß angekündigt wurde und für mich schlecht umgesetzt war. Es ging kaum um die deutsche Filmgeschichte allgemein, sondern immer wieder nur um einen fiktiven Film, das habe ich anders erwartet und war daher enttäuscht. Recha und Willi sind zu verschlossen und unnahbar um eine Beziehung zu ihnen aufbauen zu können, obwohl ihre persönlichen Erlebnisse trotzdem spannend sind. Hier wäre so viel Potential für eine herzergreifende Story gewesen, aber leider konnte die Autorin die Emotionen nur schlecht vermitteln. Entwickelte sich ein Ereignis in eine spannende Richtung wurde das Ganze zumeist von einer widersprüchlichen Charakterentwicklung und fehlender Logik begleitet.

Wichtig zu erwähnen ist auch, dass es sich hier um den zweiten Teil einer Reihe handelt, deren Bücher auch unabhängig voneinander gelesen werden können. Ich kannte den ersten Teil nicht. Dennoch war das Buch für mich interessant und spannend und auch wenn es seine Schwächen hatte.

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Veröffentlicht am 12.08.2019

Als wir im Regen tanzten

1

Handlung:
Berlin 1928
Die Filmindustrie blüht und noch immer sind die Stummfilmschauspielerin Recha und ihr Mann, der Regisseur Willi, tonangebend in der Branche. Doch so langsam ändert sich das, Recha ...

Handlung:
Berlin 1928
Die Filmindustrie blüht und noch immer sind die Stummfilmschauspielerin Recha und ihr Mann, der Regisseur Willi, tonangebend in der Branche. Doch so langsam ändert sich das, Recha ist Jüdin, erhält immer weniger Angebote. Willi bemerkt davon gar nichts, er will einen Film herausbringen, der an seine früheren Erfolge anknüpft. Das Paar entfremdet sich und leben aneinander vorbei. Werden die Beiden eine Zukunft haben?

Meinung:
Obwohl das Cover mit zurückhaltenden Farben ausgestattet wurde, ist es interessant und gibt stark eine Stimmung wieder, die in Deutschland zu der damaligen Zeit geherrscht haben muss. Von der Autorin habe ich noch kein Buch gelesen, habe sie aber alle schon in Buchhandlungen oder im Internet gesehen. Mir gefällt es, dass die Bücher einen Wiedererkennungswert haben, anhand einer Dame, die vom Betrachter abgewandt ist und ein Bauwerk betrachtet. Diese ist edel und vornehm gekleidet, scheint unsicher zu sein.
Zu der leicht düsteren Stimmung tut der Himmel sein Übriges. Dieser ist dunkel und voller Wolken dargestellt, die kein Licht durchlassen und der Welt einen trüben Anblick geben. Es scheint auf jeden Fall etwas Dunkles auf Berlin und ganz Europa zuzurollen, vielleicht eine Anspielung auf die Nazis?

Der Prolog, im Buch als Vorspann bezeichnet, hat mir richtig gut gefallen. Er gibt ein lebendiges und authentisches Bild auf die Charaktere, sowie auf die Situation in Deutschland wieder. Die Schreibweise war leicht zu lesen, hat das Interesse auf die weitere Geschichte angeregt. Auch die bisher auftretenden Personen, allen voran Recha und Willi wirkten auf den ersten Eindruck sympathisch und freundlich. Nach diesem ersten, positiven Eindruck habe ich mich auf das Lesen und die weitere Handlung gefreut. Leider hielt die Freude nicht lange an...

Schnell wurden viele Aspekte, die ich bisher gut fand, anders. Die Protagonisten haben mir nicht mehr so gut gefallen, sie wirkten plötzlich steif und ohne Gefühle. Auch die Schreibweise ließ zwischendurch nach und hat das Lesen erschwert. Es gab seitenlange Beschreibungen von Ereignissen aus der Vergangenheit, die wohl im ersten Teil der Reihe behandelt wurden. Gut und gerne hätten diese gekürzt werden können, so war mir das zu viel. Lange Zeit gab es kaum Informationen zu der politischen Situation, diese wurden erst später leicht mit einbezogen. Ich konnte mich nicht ganz auf die Handlung einlassen, brauchte viel Zeit, um mich daran zu gewöhnen und habe mich leicht ablenken lassen, weil mich das Buch nicht fesseln konnte.

Ab ungefähr der Mitte des Buches wurde es besser. Die Schreibweise hat mir irgendwann richtig gut gefallen. Sie war immer noch einfach gehalten, ließ sich aber plötzlich flüssiger lesen und wirkte lebendiger. Das hat dem Buch definitiv gut getan und genau das habe ich auch gebraucht, um am Lesen zu bleiben. Trotzdem gab es immer noch einige Längen, die immer mal wieder auftraten. Zum Ende hin wurden glücklicherweise weniger und auch kürzer. Oft plätscherte die Handlung einfach nur vor sich hin, ohne das etwas nennenswertes geschehen ist. Ein wenig mehr Drama hätte mir gut gefallen, es hätte Schwung in den Roman gebracht und würde einen guten Gegensatz zu den Beschreibungen bilden.

Ursprünglich hatte ich angenommen, dass sich das Buch fast ausschließlich um Recha und Willi drehen wird, sie bestimmen den Klappentext und auch der Vorspann hat mir diesen Eindruck vermittelt. Dem war leider nicht so. Viellleicht wären mir die Beiden sympathischer gewesen, wenn sie die klaren Hauptfiguren gewesen wären. Doch gleichzeitig gibt es noch einen Erzählstrang um Willis Schwestern Ille, sowie um Felice, ihrem Mann und den Kindern. Einen großen Bezug zueinander gab es leider nur sehr selten, meistens liefen die Stränge nebeneinander her, ohne Berührungspunkte. Obwohl Ille nur wenig aufgetreten ist, hätte ich auf sie verzichten können. Und auch Felice fand ich ziemlich anstrengend. Sie verkörperte zu stark die moderne Frau, die Job und Familie unter einen Hut bringt. Ich glaube, von den ganzen Charakteren fand ich sie am schwierigsten und kompliziertesten.

Als Setting wurde fast ausschließlich Berlin gewählt, nur wenige Szenen spielen woanders. Wenn dies der Fall ist, hatte ich das Gefühl, dass die Orte nicht so stark beschrieben wurden und etwas untergingen, was vollkommen in Ordnung ist. Dafür ist es der Autorin gelungen, ein lebendiges Berlin mit verschiedenen Seiten zu zeigen. Allen voran fand ich die Beschreibungen der ärmeren Viertel sehr gut beschrieben, sie ließen ein schonungsloses Bild entstehen und gaben dem Roman Ernsthaftigkeit und zeigten auch die Rechercherarbeit, die hinter dem Werk steckt.

Zu guter letzt komme ich noch zu den Protagonisten. Es gibt eine überschaubare Anzahl von Hauptprotagonisten. Dazu kommen noch einige wiederholt auftretende Personen, das wars. Zu keinen einzigen habe ich einen Bezug gefunden oder Sympathie aufbauen können. Die vier Hauptprotagonisten Recha, Willi, Felice und Quintus waren durchweg schwierig. Sie lebten oft einfach nur aneinander vorbei, haben nur wenig miteinander gesprochen und waren teilweise zu karriereorientiert. Es gab keine klärenden Gespräche, wodurch leicht Missverständnisse entstanden sind. Gefühle und Probleme wurden nur selten ausgesprochen, meist wirkten besonders Willi und Felice gefühlslos, fast schon roboterhaft.
Lediglich Rechas Bruder Gabriel hat sich aus der Masse etwas herausgehoben. Er war auch nicht komplett gelungen in seinem Auftreten, aber er war eine ehrliche Seele, die freundlich war und für seine Mitmenschen, allen voran für Recha, nur das Beste will. Wenn ich eine Lieblingsfigur nennen müsste, dann wäre es definitiv Gabriel.

Fazit:
Nach einem richtig guten Anfang anhand des Vorspanns wurde die Handlung für mich schnell langatmig. Ich wurde mit den Protagonisten durchweg nicht sonderlich warm, sie waren für mich meist zu egoistisch, unerreichbar, nicht lebendig genug.
Auch die Geschichte fand ich nicht perfekt, es gibt zu viele und ausführliche Beschreibungen, die die Handlung nicht weitertreiben. Dadurch hatte ich oft nicht wirklich Lust, weiterzulesen und ließ mich ablenken. Glücklicherweise ließ das irgendwann ab der Mitte des Buches nach und ich die Handlung wurde etwas interessanter und das Buch ließ sich besser lesen.
Am Ende fand ich die Schreibweise recht gut, sie war einfach gehalten, wurde mit der Zeit lebendiger und gab schonungslose Einblicke in die politische Situation. Dazu hat mir auch die Beschreibung des Settings gefallen, es zeigte wahre Ecken von Berlin.
Alles in allem hat mich das Buch aber leider enttäuscht. Es wurde eine interessante Handlung mit politischen Ereignissen versprochen, was nicht eingehalten wurde.

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