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Veröffentlicht am 29.08.2019

Eine mitreißende Rock-Star-Romanze!

Idol - Gib mir deine Liebe
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Die VIP-Reihe von NEW-YORK-TIMES-Bestseller-Autorin Kristen Callihan ist eines dieser Guilty Pleasures. Eigentlich ist sie voll von Klischees und oberflächlicher Leidenschaft, aber trotzdem bin ich einfach ...

Die VIP-Reihe von NEW-YORK-TIMES-Bestseller-Autorin Kristen Callihan ist eines dieser Guilty Pleasures. Eigentlich ist sie voll von Klischees und oberflächlicher Leidenschaft, aber trotzdem bin ich einfach süchtig danach und habe schon Band 1 "Idol - Gib mir die Welt" und Band 2 "Idol - Gib mir dein Herz" mit größerer Begeisterung gelesen als mir lieb ist. Nun bin ich der Anziehungskraft wieder erlegen und habe mir auch "Idol - Gib mir deine Liebe", welcher vom Leadgitarrist Jax handelt, den wir aus den vorherigen Bänden schon kennen, angefragt.

"Jeder, der über die Liebe spottet, hat noch nie wahre Leidenschaft erlebt und hat keine Ahnung, wovon er redet.“


Das Cover ist in Farbgebung und Formatierung dem ersten und zweiten Teil angepasst, hat aber meiner Meinung nach eine ganz andere Ausstrahlung. Um es mal vorsichtig zu formulieren: das ist eines dieser Bücher, bei denen ich das Cover in einer U-Bahn sehr gerne verdecken würde, da es doch sehr eindeutig verrät, worum es geht. Während das Cover von Band 1 noch bunt, schillernd, glamourös und sexy war, dabei aber nicht viel verraten hat und wir nur einen dunklen Umriss im hellen Durcheinander aus Nebel, Scheinwerferlicht und Schattenspielen gesehen haben, finde ich das Motiv, der oberkörperfreie Typ hier irgendwie billig. Ich mag es absolut nicht, wenn mir Bilder die Vorstellung eines Charakters verderben. Ich finde alles am Cover schreit: erotischer Milliardärroman - was es streng genommen auch ist, aber da kann man sich im New Adult Genre schon etwas Gehobeneres ausdenken finde ich )

Erster Satz: "Ein Mann verfolgt mich."

Wir steigen in die Geschichte von Stella und John mit einer total absurden Szene in einem Supermarkt ein. New York steht kurz vor einem Schneesturm und Stella will sich gerade mit den überlebenswichtigen Vorräten wie Cookies oder Schoko-Minze-Eis eindecken, als ein fremder, heißer Typ mit genau derselben Idee die letzte Packung unter der Nase wegschnappt. Aus der schicksalshaften Begegnung wird schnell eine enge Beziehung als sich der Minz-Eis-Dieb als Stellas neuer Nachbar herausstellt. Denn der attraktive Minz-Eis-ist kein anderer als Jax Blackwood, Leadsänger und Gitarrist der Rockband Kill John und Stella soll in Killians Abwesenheit dessen Haustiere hüten. Es kommt wie es kommen muss und wir dürfen dabei zusehen, wie sieh zwischen den beiden Protagonisten eine Anziehungskraft entwickelt, die auch beim Leser spürbar wird und dem ein oder anderen amüsanten Wortgefecht beiwohnen...


"Ich schwöre, meine erste Grundschulliebe hatte eine Puppe, die genauso aussah wie du. Ich glaube, sie nannte sie Chucky."
Ich darf den Rockstar nicht treten. Sein Körper ist vermutlich versichert."


Eigentlich ist das ein total typisches, vorhersehbares Buch: ein Mann Typ "sexy, unglaublich gutaussehend, mächtig, reich und mit Problemen belastet" und eine Frau Typ "durchschnittlich aber insgeheim doch wunderschön, offenherzig, gewillt seine Mauern zu durchbrechen und natürlich mit noch mehr Problemen belastet" treffen sich und -booommm- Anziehungskraft, Intrigen und jede Menge Drama. Ja ich kenne dieses Erfolgskonzept und doch falle ich jedes Mal aufs Neue wieder darauf rein. Mit den vielen Wiederholungen ähnlicher Szenen und manchen kleinen Logiklücken ist der Plot keineswegs ein Meisterwerk und auch das Grundgerüst der Geschichte also Stellas Engagement als Haustierhüterin für Killians Kater Stevens und seinen Goldfisch Hawn und ihre erste Begegnung stehen auf sehr wackligen Beinen und gehen nur mit viel Großzügigkeit als glaubwürdig inszeniert durch. Trotzdem habe ich das Prickeln von Anfang an gespürt und konnte nicht mehr aufhören zu lesen. Durch den stetigen Perspektivenwechsel und die vielen spannenden Nebencharaktere (zum Beispiel die elegante Maddy oder der entrückte Künstler Ramon) blieb die Geschichte immer spannend und ich wurde sehr gerne wieder ein Teil der verrückten, düsteren, lockenden Rock-Welt der Band Kill John.


"Ich habe Angst." Meine Stimme zittert und ihre Miene wird weich. Sie lehnt sich vor und kommt dichter an mich heran. "Wovor?" Ja, wovor eigentlich? Vo dem heißesten, lustigsten, seltsamsten, unvorhersehbarsten Mann, dem sich je begegnet bin."


Der Schreibstil ist mal wieder sehr flüssig und locker, was mir gut gefällt, an manchen Stellen waren mir die Formulierungen aber wieder viel zu derb (könnte vielleicht an der Übersetzung liegen). Doch trotz dass ich die Ausdrucksweise der Charaktere und die ständigen sexualisierten Gedanken manchmal als störend empfunden habe, hat mir der ehrliche Schreibstil der Autorin grundsätzlich gefallen. Auch der Witz und Humor, der den Umgang der Protagonisten Großteils prägt hat, trägt viel dazu bei, die Lesestimmung zu verbessern. In Zusammenspiel mit der sich leise entwickelnden Beziehung der Protagonisten hat die wilde Mischung aus Verführung, Anziehungskraft, Scheinwerferlicht, Musik, Sinnlichkeit, Reichtum neben den Schattenseiten der Berühmtheit wie Groupies, Drogen, Paparazzi, Abhängigkeit vom Plattenvertrag, die in schnellem Tempo immer wieder gegenüber gestellt werden, die mitreißende Wirkung des Romans ausgemacht. Sehr schön war auch wieder, nebenher etwas von der Band mitzubekommen und liebgewonnene Charaktere wiederzusehen. Besonders Scottie als leicht überforderter Papa des Sonnenscheins Felix hat mein Herz zum Schmelzen gebracht.

Wunderbar ist auch, dass hier die Darstellung der Kraft der Musik wieder in den Vordergrund tritt und wir mit Jax die Kraft des Rhythmus´, die Dynamik der Massen und allgemein die Macht der Musik, die Leidenschaft, die Harmonie, spüren dürfen. Natürlich führt der Titel "Idol" erstmal zur Band Kill John, doch es geht im Hintergrund auch viel um wahre Musikidole der vergangenen Dekaden, allen voran Kurt Cobain, David Bowie und Prince, die auch in der Widmung der Autorin erwähnt sind. Für alle, die sich nicht für die Rockmusik des letzten Jahrhunderts interessieren, werden viele Dinge in der Geschichte wohl unverständlich sein, doch Kristen Callihan hat wohl recht, wenn sie schreibt, dass uns diese Rockidole viel zu früh genommen wurden.


"Er legt seine Finger auf die Gitarrensaiten, öffnet den Mund und die Welt verändert sich. Meine Welt verändert sich. Wer ich war, all meine Probleme, all meine Ängste, alles verschwand und es gab nur noch Klang, Musik und Gefühle. Seine Gefühle, bittersüß und wunderschön und schmerzhaft."


Besonders gut gefallen hat mir aber, dass die Protagonisten hier viel greifbarer als die in den vorherigen Bänden erschienen. Kristen Callihan porträtiert New York hier als schillernde, authentische Metropole voller einsamer Außenseiter und das sind John und Stella beide auf ihre Weise auch: einsam, verloren und orientierungslos. John leidet trotz seines Erfolgs und seines Ruhms unter Depressionen und der Angst zu fallen, sodass sich immer wieder dunkle Gedanken einschleichen und an manchen Tagen die Wände erdrückend naherücken. Aus den vorigen Bänden wissen wir, das er vor einigen Jahren versucht hat, sich umzubringen, leider ist diese Thematik aber nur als nettes Drumherum eingesetzt und viel zu wenig genutzt um sagen zu können, der Roman beschäftige sich mit der Thematik. Dennoch erhält die Geschichte durch Jax´ Leid und Stellas Drang nach Anschluss eine emotionalere Tiefgründigkeit, die in den anderen Bänden nicht spürbar war.


"Ich lebe für diesen Rausch, für die Augenblicke auf der Bühne, in denen ich mich unverwundbar fühle und glaube, alles tun zu können. Nichts auf dieser Welt schlägt dieses Gefühl. Die Musik ist meine Seele und wenn ich spiele, bin ich unsterblich. Aber man kann nicht sein ganzes Leben für einen einzigen Augenblick leben. Und der Absturz aus dieser unmöglichen Höhe schmerzt."



Auch Stella ist trotz ihres sonnigen Gemüts und ihrer vielen Bekanntschaften im Grund allein seit sie ihr Vater in einer fremden, riesigen Stadt sitzen gelassen hat. Als sie dann auch noch ihr Heim verliert und an ihrem Job zweifelt, weiß sie nicht mehr wohin sie gehen und was sie machen soll und sehnt sich einfach nach Sicherheit und Geborgenheit. Ob sie diese ausgerechnet beim Frauenheld und Lebemann Jax Blackwood finden wird? Man wünscht den beiden aus vollem Herzen ein Happy End und verfolgt mit Spannung, wie sie durch die wundervolle, heilende Kraft der Musik zueinanderfinden.

Ja und dann kam das Ende. Ich verstehe einfach nicht, warum es Autoren nicht einfach bei einem langsam auslaufenden Ende belassen können, wenn die Handlung nicht anderes hergibt. Aber stattdessen muss nach einem ersten Drittel Anziehung, einem zweiten Drittel Annäherung und einem (meiner Meinung nach zu langen) Sexteil der obligatorische Drop kommen um danach ein übertrieben glückliches Happy-End inszenieren zu können. Ich brauche kein schmalziger Epilog, keine vermeidbare, vorhersehbare Heart-Break-Probleme und auch keine riesige Gesten und Liebeserklärungen wenn das nicht zur Geschichte passt. An alle Autoren da draußen: das nervt, versucht lieber mal was ganz anderes! Mir wären noch etliche Dinge eingefallen, die man noch zu Ende hätte führen können (oder viel mehr müssen) anstatt dieses an den Haaren herbei gezogenen Endes. Zum Beispiel die Sache mit Stellas Vater, die Andeutungen zu Johns Familie, Johns Schreibblockade und so weiter. An Themen für ein Ende hätte es wirklich nicht gemangelt! Ach, ich weiß gar nicht, warum ich dieses Genre überhaupt noch lese, wenn ich mich durchgängig darüber aufrege. Ah ja richtig, wegen des unglaublichen Unterhaltungswerts




Fazit:

Eine mitreißende Rock-Star-Romanze, die sich durch greifbarere Protagonisten, emotionale Tiefgründigkeit und einem schillernden, authentischen Setting von seinen Vorgängern abhebt. Dabei steht das Grundgerüst aber leider auf wackligen Beinen und der vorhersehbare, obligatorische Drop am Ende zerstört den einfühlsamen Eindruck wieder, sodass nur Freunde des Genres voll auf ihre Kosten kommen werden. Wer viel Neues sucht, wird von diesem dritten Teil enttäuscht werden.

Veröffentlicht am 23.08.2019

Eine originelle, mitreißende Dystopie!

Eve of Man (I)
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Auf dieses Buch bin ich vor allem wegen des wundervollen Covers aufmerksam geworden und nach einem prüfenden Blick auf den Klapptext sofort angefragt. Meine hohen Erwartungen konnte dieser Auftaktband ...

Auf dieses Buch bin ich vor allem wegen des wundervollen Covers aufmerksam geworden und nach einem prüfenden Blick auf den Klapptext sofort angefragt. Meine hohen Erwartungen konnte dieser Auftaktband einer Trilogie nicht ganz erfüllen, dennoch erwartet uns hier eine originelle, mitreißende Dystopie, die in eine postapokalyptische Welt mitnimmt und Lust auf mehr macht.


"Lasst Eve frei.
Lasst die Wahrheit frei."



Besonders auffällig am Cover ist das goldene Eve-Logo, das ebenfalls auf dem dunkelblauen Buchdeckel prangt wenn man den Umschlag entfernt. Das geschwungene "e", umrahmt vom Zeichen der Weiblichkeit, dem Venussymbol" passt wunderbar als Hauptsymbol der Geschichte die mit Eve als letzte Frau einen feministischen Touch hat. Die dunkelblaue, mit goldenen Lichtpartikeln versetzte Sphäre um die schlanke Silhouette in Jeansoverall und Boots, die gut zu meiner Vorstellung von Eve passt, wirkt gleichzeitig futuristisch und düster, womit die klinisch-stilisierte Umgebung in der Eve lebt gut wiedergegeben wird. Etwas seltsam fand ich an der Gestaltung nur die sehr dünnen Seiten, durch die die 67 Kapitel sich in der Hand anfühlen wie 20.


Erster Satz: "Eigentlich fiel es am ersten Tag keinem auf."


So beginn der Prolog der Dystopie, die auf den ersten Blick an "Der Report der Magd" von Margaret Atwood erinnert, auf den zweiten Blick jedoch mit vielen originellen, eigenen Ideen aufwarten kann. Wir lernen die 16jährige Eve kennen, die als einziges Mädchen in 50 Jahren geboren wurde und auf deren Schultern nun das Schicksal der ganzen Menschheit liegt. Recht langsam und zaghaft leben wir uns mit ihr in ihrer Wohnkuppel an der Spitze eines riesigen Turms ein, der bis in die Wolken ragt und Eve weit weg von der überfluteten, verseuchten Erdoberfläche voller wütender Männer aufwachsen ließ, bis sie alt genug ist, die Menschheit zu retten. Eigentlich hat sie alles was sie braucht - viele Mütter, die ihre Familien verlassen haben, nur um sich um sie zu kümmern, eine beste Freundin namens Holly, Sport, Unterricht, ein Garten, ein Ausblick in die Wolken, Obst zum Frühstück und absolute Sicherheit. Doch als sie den ersten von drei Kandidaten trifft, von denen einer ihr Partner werden soll, geht alles schief und alles, was sie über ihr Leben gewusst hat, beginnt zu wanken...


"Es war geschehen.
Entgegen aller Erwartungen hatte sie überlebt.
Das erste Mädchen seit 50 Jahren.
Sie wurde Eve genannt.
Sie verkörpert die Wiedergeburt der Menschheit
Sie war die Antwort auf all die Gebete
Nur die zählte - sie war ihre letzte Hoffnung.
Eve war zur Retterin der Menschheit bestimmt.
Ich bin Eve."


Eves Rolle als letzte Frau der Welt, die für den Fortbestand der Art zur Gebärmaschine werden soll ist keine unbedingt neue Idee. Auch ihre vollkommene Isolation an der Spitze ihres Turms kommt einem bekannt vor. Doch wieder macht´s hier die Mischung. Dass ein bisschen "The Handmaid’s Tale", ein bisschen Rapunzel, ein bisschen Teenie-Lovestory im Rahmen einer Post-Apokalyptische-Dystopie so gut funktioniert hätte ich nicht gedacht - doch die Facetten der Handlung greifen wunderbar ineinander und machen eine spannende, vielseitige Geschichte daraus! Dabei merkt man auch gar nicht, dass hier zwei Autoren am Werk waren. Die Geschichte des Ehepaares Fletcher liest sich absolut flüssig und ohne jede Brüche, was ich so noch nie bei einer Geschichte erlebt habe, die aus der Kooperation mehrerer Autoren entstanden ist. Großes Lob!

Durch die zwei Perspektiven von Bram und Eve bekommen wir Einblick in Eves stilistische, perfekte Welt, in der sich alles nur um sie und ihre zukünftigen Kinder dreht und erkennen gleichzeitig, dass ihre gesamte Realität auf einer einzigen Lüge beruht. Denn die wahre Welt, die sie retten soll besteht nicht aus den computergesteuerten Sonnenuntergängen und paradiesischen Gärten, die Eve täglich zu sehen bekommt sondern aus Gewalt, Rebellion und Verfall am Boden des Turms im überfluteten Central, das Brams Heimat war, bevor er von der AFM als Pilot angeheuert wurde. Er steuert jedoch kein Flugzeug, wie sein Titel es vielleicht annehmen lässt. Er ist einer von drei Piloten, die regelmäßig im Studio in die Rolle von Eves bester Freundin Holly schlüpfen und auf dem schmalen Grat zwischen Einfluss und Manipulation tanzen, um sie dazu zubringen, nicht aus ihrer Rolle als Retterin der Welt auszufallen. Und das ist nur eins von tausend Geheimnissen, die sich außerhalb der perfekten Kuppel verbergen, eins der etlichen Dinge, die Eve nicht über ihr Leben weiß, eine der traurigen Wahrheiten, die man bislang für sie geschönt hat. Doch wer ist besser im Geheimnisse entdecken als ein neugieriges Teenager-Mädchen, das noch nichts von der Welt gesehen hat...?


"Was Eve wohl von all dem halten würde, wenn sie es sehen könnte? Wie muss das für sie sein, wo sie das alles noch gar nicht kennt, jetzt dort oben in der Kuppel unter dem vollkommenen Sternenhimmel? Schon bald wird sie einer von tausend vorprogrammierten Sonnenaufgängen wecken, und wie wird über einen duftig weißen Wolkenteppich hinausblicken. Sie wird weiter glauben, dass die Welt friedlich und wundervoll ist; ihr Glaube an die Menschheit, die sie erretten soll, wird für einen weiteren Tag am Leben erhalten werden."


Dass Eve und Holly bald eine innige Freundschaft aufbauen ist natürlich klar, da sie die einzige Kontaktperson ist, die einer Gleichaltrigen am nächsten kommt. Und auch wenn Eve durchaus bewusst ist, dass Holly nicht echt sein kann, hat sie keine Vorstellung, wer wirklich hinter dem Hologramm steckt, bis sie schließlich etwas sieht, was sie nicht hätte sehen sollen und in den braunen Augen eines athletischen jungen Mannes ihre Holly erkennt. Ab dort wird alles anders und die Vertrautheit zwischen ihnen wandelt sich in eine zarte Anziehungskraft. Blöd nur, dass jeder Schritt und jedes Gespräch der beiden überwacht und analysiert wird und Bram als Holly an ein Script gebunden ist. So kommt es, das sich die leichte Lovestory im Hintergrund relativ schnell entwickelt, über einen subtilen Grad aber nicht hinauskommt. Die Idee mit Holly als Alias der Jungen und die damit aufkommenden Probleme und seltsame Situationen hat mir wirklich gut gefallen und so würde ich die Beziehung zwischen Bram und Eve trotz dass sie relativ oberflächlich bleibt und vorhersehbar war durchaus als innovativ und originell bezeichnen.


"Mein Körper steht unter Schock. Ebenso mein Verstand. Aber vor allem mein Herz. Nie zuvor habe ich es so heftig schlagen gefühlt. Und das mit einem ganz bestimmten Ziel. Für jemanden.
Eve."


Auch Eve und Bram bleiben noch ein wenig blass, auch wenn wir relativ viel über sie erfahren. Eve verhielt sich meiner Meinung nach oft sehr widersprüchlich - wie Teenager das für Gewöhnlich tun -, insgesamt hat mir aber ihre Neugierde, ihre Stärke und ihr Wunsch nach Unabhängigkeit gut gefallen. Auch Bram ist definitiv sehr sympathisch, es fehlte ihm meiner Meinung nach aber genau wie Eve deutlich an Profil, sodass er sich für mich nicht unbedingt von anderen Protagonisten aus ähnlichen Romanen abgrenzte. Besonders ans Herz gewachsen sind mir zwei der Mütter, die besonders herzlich mit Eve umgehen und deren Stärke der Geschichte zusätzlich zur Grundidee einen definitiv feministischen Touch verleihen.


"Du wirst geliebt. Und Du gehörst nur Dir. Nicht mir, nicht ihnen.
Vergiss das nie.
In Liebe, deine Mama"


So entwickelt sich die Geschichte rasant, gefühlvoll und mitreißend und offenbart immer wieder neue, interessante Denkweise und schockierende Geheimnisse, die dem Leser bislang verborgen geblieben waren. Auch wenn immer wieder Überraschungen auf uns zukommen ist die Storyline ein wenig vorhersehbar und als geübter Leser kann man das Ende schon nach wenigen Kapiteln voraussehen. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Geschichte nach dem etwas gemächlichen Beginn zum Pageturner wird. Wirklichkeit und Schein, Wahrheit und Lüge, Draußen und Drinnen, Tod und Leben, Weiblich und Männlich - das sind nur einige von vielen Gegensätzen, die durch Bram und Eve wunderbar in den Vordergrund gestellt werden und den Leser auf Trab halten. Ergänzt wird die Geschichte außerdem durch Brams Erinnerungen an seine Kindheit und Auszüge aus der Briefesammlung von Eves Mutter, die sie an ihr ungeborenes Mädchen geschrieben hat. Etwas schade ist nur, dass wir erst im letzten Drittel durch Bram etwas von der Welt am Boden erfahren und so das postapokalyptische Setting ein wenig blass bleibt. Wir konzentrieren uns also vor allem auf Eve, ihre sich entwickelnde Beziehung zu Bram und ihren langsamen Erkenntnisgewinn und sparen uns die komplexe Außenwelt für die folgenden Teile auf. Für ein Einführungsband einer Trilogie ist das in Ordnung, dennoch hat mich die Richtung der Handlung ein wenig enttäuscht - weil sie so typisch dem Dystopie-Schema folgte.


"Das soll der Anfang unserer Zukunft sein? Das Fundament aus dem die Menschheit neu erstehen soll?" Ich spüre wie mich meine Pilotenkollegen anstarren und meine Bedenken gegen das neue Vorgehen offensichtlich nicht teilen.
"Jede Zukunft ist besser als keine", antwortet mein Vater und blickt mir fest in die Augen.
"Ist das so?", antworte ich."


Das Ende kommt dann mit einem bösen Cliffhanger daher und lässt noch einige Fragen offen, die uns hoffentlich in den zwei angekündigten Folgebänden beantwortet werden. Allgemein setzte ich viel Hoffnung in die weiteren Teile, da die Geschichte noch lange nicht ihr volles Potential ausgenutzt hat. Als Auftaktband einer Trilogie (leider mit den üblichen Schwächen) hat "Eve of Man" aber definitiv seine Aufgabe erfüllt: ich habe Lust auf mehr und warte nun gespannt auf Band 2!



Fazit:


Eine originelle, mitreißende Dystopie, die in eine postapokalyptische Welt mitnimmt und Lust auf mehr macht. Leider leidet die Geschichte ein wenig unter den Schwächen eines Trilogieauftaktes, nichtsdestotrotz konnte mich die Mischung aus "The Handmaid’s Tale", "Rapunzel", Teenie-Lovestory und Weltuntergang mitreißen!

Veröffentlicht am 23.08.2019

Eine originelle, mitreißende Dystopie!

Eve of Man (I)
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Auf dieses Buch bin ich vor allem wegen des wundervollen Covers aufmerksam geworden und nach einem prüfenden Blick auf den Klapptext sofort angefragt. Meine hohen Erwartungen konnte dieser Auftaktband ...

Auf dieses Buch bin ich vor allem wegen des wundervollen Covers aufmerksam geworden und nach einem prüfenden Blick auf den Klapptext sofort angefragt. Meine hohen Erwartungen konnte dieser Auftaktband einer Trilogie nicht ganz erfüllen, dennoch erwartet uns hier eine originelle, mitreißende Dystopie, die in eine postapokalyptische Welt mitnimmt und Lust auf mehr macht.


"Lasst Eve frei.
Lasst die Wahrheit frei."



Besonders auffällig am Cover ist das goldene Eve-Logo, das ebenfalls auf dem dunkelblauen Buchdeckel prangt wenn man den Umschlag entfernt. Das geschwungene "e", umrahmt vom Zeichen der Weiblichkeit, dem Venussymbol" passt wunderbar als Hauptsymbol der Geschichte die mit Eve als letzte Frau einen feministischen Touch hat. Die dunkelblaue, mit goldenen Lichtpartikeln versetzte Sphäre um die schlanke Silhouette in Jeansoverall und Boots, die gut zu meiner Vorstellung von Eve passt, wirkt gleichzeitig futuristisch und düster, womit die klinisch-stilisierte Umgebung in der Eve lebt gut wiedergegeben wird. Etwas seltsam fand ich an der Gestaltung nur die sehr dünnen Seiten, durch die die 67 Kapitel sich in der Hand anfühlen wie 20.


Erster Satz: "Eigentlich fiel es am ersten Tag keinem auf."


So beginn der Prolog der Dystopie, die auf den ersten Blick an "Der Report der Magd" von Margaret Atwood erinnert, auf den zweiten Blick jedoch mit vielen originellen, eigenen Ideen aufwarten kann. Wir lernen die 16jährige Eve kennen, die als einziges Mädchen in 50 Jahren geboren wurde und auf deren Schultern nun das Schicksal der ganzen Menschheit liegt. Recht langsam und zaghaft leben wir uns mit ihr in ihrer Wohnkuppel an der Spitze eines riesigen Turms ein, der bis in die Wolken ragt und Eve weit weg von der überfluteten, verseuchten Erdoberfläche voller wütender Männer aufwachsen ließ, bis sie alt genug ist, die Menschheit zu retten. Eigentlich hat sie alles was sie braucht - viele Mütter, die ihre Familien verlassen haben, nur um sich um sie zu kümmern, eine beste Freundin namens Holly, Sport, Unterricht, ein Garten, ein Ausblick in die Wolken, Obst zum Frühstück und absolute Sicherheit. Doch als sie den ersten von drei Kandidaten trifft, von denen einer ihr Partner werden soll, geht alles schief und alles, was sie über ihr Leben gewusst hat, beginnt zu wanken...


"Es war geschehen.
Entgegen aller Erwartungen hatte sie überlebt.
Das erste Mädchen seit 50 Jahren.
Sie wurde Eve genannt.
Sie verkörpert die Wiedergeburt der Menschheit
Sie war die Antwort auf all die Gebete
Nur die zählte - sie war ihre letzte Hoffnung.
Eve war zur Retterin der Menschheit bestimmt.
Ich bin Eve."


Eves Rolle als letzte Frau der Welt, die für den Fortbestand der Art zur Gebärmaschine werden soll ist keine unbedingt neue Idee. Auch ihre vollkommene Isolation an der Spitze ihres Turms kommt einem bekannt vor. Doch wieder macht´s hier die Mischung. Dass ein bisschen "The Handmaid’s Tale", ein bisschen Rapunzel, ein bisschen Teenie-Lovestory im Rahmen einer Post-Apokalyptische-Dystopie so gut funktioniert hätte ich nicht gedacht - doch die Facetten der Handlung greifen wunderbar ineinander und machen eine spannende, vielseitige Geschichte daraus! Dabei merkt man auch gar nicht, dass hier zwei Autoren am Werk waren. Die Geschichte des Ehepaares Fletcher liest sich absolut flüssig und ohne jede Brüche, was ich so noch nie bei einer Geschichte erlebt habe, die aus der Kooperation mehrerer Autoren entstanden ist. Großes Lob!

Durch die zwei Perspektiven von Bram und Eve bekommen wir Einblick in Eves stilistische, perfekte Welt, in der sich alles nur um sie und ihre zukünftigen Kinder dreht und erkennen gleichzeitig, dass ihre gesamte Realität auf einer einzigen Lüge beruht. Denn die wahre Welt, die sie retten soll besteht nicht aus den computergesteuerten Sonnenuntergängen und paradiesischen Gärten, die Eve täglich zu sehen bekommt sondern aus Gewalt, Rebellion und Verfall am Boden des Turms im überfluteten Central, das Brams Heimat war, bevor er von der AFM als Pilot angeheuert wurde. Er steuert jedoch kein Flugzeug, wie sein Titel es vielleicht annehmen lässt. Er ist einer von drei Piloten, die regelmäßig im Studio in die Rolle von Eves bester Freundin Holly schlüpfen und auf dem schmalen Grat zwischen Einfluss und Manipulation tanzen, um sie dazu zubringen, nicht aus ihrer Rolle als Retterin der Welt auszufallen. Und das ist nur eins von tausend Geheimnissen, die sich außerhalb der perfekten Kuppel verbergen, eins der etlichen Dinge, die Eve nicht über ihr Leben weiß, eine der traurigen Wahrheiten, die man bislang für sie geschönt hat. Doch wer ist besser im Geheimnisse entdecken als ein neugieriges Teenager-Mädchen, das noch nichts von der Welt gesehen hat...?


"Was Eve wohl von all dem halten würde, wenn sie es sehen könnte? Wie muss das für sie sein, wo sie das alles noch gar nicht kennt, jetzt dort oben in der Kuppel unter dem vollkommenen Sternenhimmel? Schon bald wird sie einer von tausend vorprogrammierten Sonnenaufgängen wecken, und wie wird über einen duftig weißen Wolkenteppich hinausblicken. Sie wird weiter glauben, dass die Welt friedlich und wundervoll ist; ihr Glaube an die Menschheit, die sie erretten soll, wird für einen weiteren Tag am Leben erhalten werden."


Dass Eve und Holly bald eine innige Freundschaft aufbauen ist natürlich klar, da sie die einzige Kontaktperson ist, die einer Gleichaltrigen am nächsten kommt. Und auch wenn Eve durchaus bewusst ist, dass Holly nicht echt sein kann, hat sie keine Vorstellung, wer wirklich hinter dem Hologramm steckt, bis sie schließlich etwas sieht, was sie nicht hätte sehen sollen und in den braunen Augen eines athletischen jungen Mannes ihre Holly erkennt. Ab dort wird alles anders und die Vertrautheit zwischen ihnen wandelt sich in eine zarte Anziehungskraft. Blöd nur, dass jeder Schritt und jedes Gespräch der beiden überwacht und analysiert wird und Bram als Holly an ein Script gebunden ist. So kommt es, das sich die leichte Lovestory im Hintergrund relativ schnell entwickelt, über einen subtilen Grad aber nicht hinauskommt. Die Idee mit Holly als Alias der Jungen und die damit aufkommenden Probleme und seltsame Situationen hat mir wirklich gut gefallen und so würde ich die Beziehung zwischen Bram und Eve trotz dass sie relativ oberflächlich bleibt und vorhersehbar war durchaus als innovativ und originell bezeichnen.


"Mein Körper steht unter Schock. Ebenso mein Verstand. Aber vor allem mein Herz. Nie zuvor habe ich es so heftig schlagen gefühlt. Und das mit einem ganz bestimmten Ziel. Für jemanden.
Eve."


Auch Eve und Bram bleiben noch ein wenig blass, auch wenn wir relativ viel über sie erfahren. Eve verhielt sich meiner Meinung nach oft sehr widersprüchlich - wie Teenager das für Gewöhnlich tun -, insgesamt hat mir aber ihre Neugierde, ihre Stärke und ihr Wunsch nach Unabhängigkeit gut gefallen. Auch Bram ist definitiv sehr sympathisch, es fehlte ihm meiner Meinung nach aber genau wie Eve deutlich an Profil, sodass er sich für mich nicht unbedingt von anderen Protagonisten aus ähnlichen Romanen abgrenzte. Besonders ans Herz gewachsen sind mir zwei der Mütter, die besonders herzlich mit Eve umgehen und deren Stärke der Geschichte zusätzlich zur Grundidee einen definitiv feministischen Touch verleihen.


"Du wirst geliebt. Und Du gehörst nur Dir. Nicht mir, nicht ihnen.
Vergiss das nie.
In Liebe, deine Mama"


So entwickelt sich die Geschichte rasant, gefühlvoll und mitreißend und offenbart immer wieder neue, interessante Denkweise und schockierende Geheimnisse, die dem Leser bislang verborgen geblieben waren. Auch wenn immer wieder Überraschungen auf uns zukommen ist die Storyline ein wenig vorhersehbar und als geübter Leser kann man das Ende schon nach wenigen Kapiteln voraussehen. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Geschichte nach dem etwas gemächlichen Beginn zum Pageturner wird. Wirklichkeit und Schein, Wahrheit und Lüge, Draußen und Drinnen, Tod und Leben, Weiblich und Männlich - das sind nur einige von vielen Gegensätzen, die durch Bram und Eve wunderbar in den Vordergrund gestellt werden und den Leser auf Trab halten. Ergänzt wird die Geschichte außerdem durch Brams Erinnerungen an seine Kindheit und Auszüge aus der Briefesammlung von Eves Mutter, die sie an ihr ungeborenes Mädchen geschrieben hat. Etwas schade ist nur, dass wir erst im letzten Drittel durch Bram etwas von der Welt am Boden erfahren und so das postapokalyptische Setting ein wenig blass bleibt. Wir konzentrieren uns also vor allem auf Eve, ihre sich entwickelnde Beziehung zu Bram und ihren langsamen Erkenntnisgewinn und sparen uns die komplexe Außenwelt für die folgenden Teile auf. Für ein Einführungsband einer Trilogie ist das in Ordnung, dennoch hat mich die Richtung der Handlung ein wenig enttäuscht - weil sie so typisch dem Dystopie-Schema folgte.


"Das soll der Anfang unserer Zukunft sein? Das Fundament aus dem die Menschheit neu erstehen soll?" Ich spüre wie mich meine Pilotenkollegen anstarren und meine Bedenken gegen das neue Vorgehen offensichtlich nicht teilen.
"Jede Zukunft ist besser als keine", antwortet mein Vater und blickt mir fest in die Augen.
"Ist das so?", antworte ich."


Das Ende kommt dann mit einem bösen Cliffhanger daher und lässt noch einige Fragen offen, die uns hoffentlich in den zwei angekündigten Folgebänden beantwortet werden. Allgemein setzte ich viel Hoffnung in die weiteren Teile, da die Geschichte noch lange nicht ihr volles Potential ausgenutzt hat. Als Auftaktband einer Trilogie (leider mit den üblichen Schwächen) hat "Eve of Man" aber definitiv seine Aufgabe erfüllt: ich habe Lust auf mehr und warte nun gespannt auf Band 2!



Fazit:


Eine originelle, mitreißende Dystopie, die in eine postapokalyptische Welt mitnimmt und Lust auf mehr macht. Leider leidet die Geschichte ein wenig unter den Schwächen eines Trilogieauftaktes, nichtsdestotrotz konnte mich die Mischung aus "The Handmaid’s Tale", "Rapunzel", Teenie-Lovestory und Weltuntergang mitreißen!

Veröffentlicht am 21.08.2019

Ein lesenswertes Jugendbuch!

Bevor die Nacht geht
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Die Eindrücke:

Schreibstil: Die Autorin erzählt abwechselnd aus der Sicht von Kim und Jacob, wodurch wir einen Einblick in die Gefühlswelt der Beiden bekommen. Der Schreibstil ist einem Jugendbuch angemessen ...

Die Eindrücke:

Schreibstil: Die Autorin erzählt abwechselnd aus der Sicht von Kim und Jacob, wodurch wir einen Einblick in die Gefühlswelt der Beiden bekommen. Der Schreibstil ist einem Jugendbuch angemessen und relativ durchschnittlich wundervoll ist jedoch die eingängige Betrachtung Berlins abseits der bekannten Tourismus-Routen. Durch den prickelnden Mix aus neuer Begegnung, Großstadt, Vergänglichkeit und Nachtleben bekommen ganz alltägliche Dinge einen magischen und romantischen Touch.

Charaktere: Es ist erstaunlich, wie viel man auf den 288 Seiten über die Beiden durch ihre intensiven Gespräche erfährt. Wir lernen sie abseits jeglichen Stereotyps mit all ihren Hoffnungen, Träumen und Ängsten kennen. Jacob ist dabei eher ruhig, introvertiert und etwas schüchtern, Kim hingegen ist selbstsicher, frech und voller Energie. Obwohl die beiden sehr unterschiedlich sind, ist ihre Kombination sehr liebenswürdig und erfrischend.

Handlung: Leider wirkt die Situation zu Beginn sehr gewollt, fast schon erzwungen und es dauert eine Weile, bis ich die Geschichte locker und natürlich zu entwickeln beginnt. An manchen Stellen hat Patrycja Spychalski vielleicht auch ein klein wenig zu dick aufgetragen, sodass Freunde von Kitsch zum Schwärmen kommen. Gut gefallen hat mir aber insgesamt die Botschaft die hinter der Geschichte steht: die Aufforderung ganz in der Gegenwart zu leben und das Porträt der Liebe als schnell und flüchtig, zerbrechlich und vergänglich und doch stark und wunderschön.



Das Urteil:


Eine leichte Romanze, die eine Weile braucht um anzulaufen und dann ohne viele Überraschungen ihr Ende findet. Die liebevolle Beschreibung Berlins, die aufwendigen Charakterstudien und die magische Atmosphäre machen "Bevor die Nacht geht" trotzdem zu einem lesenswerten Jugendbuch.

Veröffentlicht am 22.07.2019

Ein gemächlicher Coming-of-Age-Roman über die Anfänge einer Legende...

Superman – Dawnbreaker
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Als bekennender Fan von DC und Fantasy musste ich natürlich nach "Wonderwoman - Kriegerin der Amazonen" und "Catwoman - Diebin von Gotham City" auch noch dieses Buch lesen. Da ich weder einen der Superman-Filme ...

Als bekennender Fan von DC und Fantasy musste ich natürlich nach "Wonderwoman - Kriegerin der Amazonen" und "Catwoman - Diebin von Gotham City" auch noch dieses Buch lesen. Da ich weder einen der Superman-Filme gesehen noch einen der Comics gelesen habe, ist die Geschichte über Clark Kent vollkommenes Neuland für mich gewesen, sodass ich mit relativ niedrigen Erwartungen an die Geschichte herangegangen bin. Das ist wohl auch der Grund warum ich nicht enttäuscht war, als sich diese brandneue Superman-Adaption so ganz anders entwickelte, als ich angenommen hatte. Statt eines packenden Superhelden-Thrillers über die Anfänge einer Legende haben wir es hier mit einem recht gemächlichen Coming-of-Age-Roman zu tun, der sich vor allem eine rassistische Verschwörung im kleinen Dorf Smallville zum Thema nimmt.

Das Cover gefällt mir sehr gut, da es zu den Gestaltungen der anderen Bände der DC-Icons-Reihe passt und den WOW-Effekt des Originalcovers durch leichte Abwandlungen nicht verloren hat. Die zuckenden Blitze über einem dunklen Maisfeld versetzen sofort in die unruhigen Zeiten im ländlichen Smallville während Clark mit seinem Rucksack, seiner Brille und einer roten Jacke genau aussieht wie beschrieben. Dabei gefällt mir auch, dass man sein Gesicht nicht vollständig sehen kann, sodass die eigene Fantasie nicht gestört wird. Mitten in der düsteren, blauen Umgebung leuchtet das rote Superman-Symbol umso strahlender auf und ergibt zusammen mit dem passenden Titel einen Eye-Catcher-Effekt. Schön ist auch, dass Schriftart und Kapitelformatierung den drei vorangegangenen Teilen nachempfunden sind und somit ein direkter Bezug hergestellt wird. Ich war jedoch ein wenig überrascht, wie dünn das Buch ist und habe deshalb auch keine besonders tiefgründige Charakterstudie erwartet. Leider habe ich mit dieser Einschätzung auch Recht behalten...


Erster Satz: "Das Unwetter war fast ohne Vorwarnung gekommen."


Die Geschichte beginnt gleich sehr rasant mit einer Actionszene, auf die aber später leider keinen Bezug mehr genommen wird, sodass sie kaum mehr als ein netter Aufhänger ist. Statt uns in einen "hochspannenden Thriller über den bekanntesten Superhelden aller Zeiten" zu ziehen, wie mir das die Buchrückseite verspricht, werden wir erstmal in das Leben von Clark Kent entlassen, welches auf den ersten Blick recht normal wirkt. Er arbeitet auf der Farm seiner Eltern, ist in ein Mädchen seiner Schule verliebt, trifft sich mit seinen Freunden und wünscht sich das, was alle Jugendlichen sich wünschen: normal sein, einfach dazugehören. Leider ist er alles andere als normal und kann zu allem Überfluss seine besonderen Kräfte wie Schnelligkeit, Stärke, Röntgenblick, Eisatem, Laserstrahlen, Supergehör und Unbesiegbarkeit nicht kontrollieren, sodass er bei spontanen Rettungsaktionen oft mehr Schaden anrichtet als er verhindern kann. Turbulent wird es erst als in Smallville immer wieder junge Mexikaner verschwinden und die Bevölkerung durch ein neues Gesetz in zwei Lager aufgeteilt wird. Schafft es Clark zusammen mit seiner Möchtegern-Journalistin-Freundin Lana und dem Sohn des reichen Gönners Mankins der Stadt, das Rätsel um die Verschwundenen zu lüften und die Stadt wieder zu vereinen oder taugt er doch einfach nicht zum Heldentum?


"Wer bist du?", fragte einer der Männer in ehrfürchtigem Staunen. "Ich bin niemand", antwortete Clark. Und als er das sagte, wurde ihm bewusst, dass es stimmte. Er hatte sich vollständig dem Schutz dieses in Not geratenen Mannes verschrieben. Und dabei hatte er sich selbst hingegeben. Er war zu jemand Neuem geworden. zu jemandem, der keine Furcht kannte."


Auch wenn auf diesen 352 Seiten einiges passiert, ist die Geschichte kein wirklicher Pageturner. Dazu schlägt der Autor von Beginn an ein viel zu ruhiges Tempo an. Das wäre absolut kein Problem, wenn er auch dabei bleiben würde. Stattdessen versucht er verzweifelt durch wohlüberlegte Actionszenen, Verfolgungsjagden, Einbrüchen und Schießereien Spannung aufzubauen, was zwar gelingt aber leider an manchen Stellen etwas gezwungen wirkt. Auch die aufkommende Rassismus-Problematik in Smallville war definitiv eine gute Idee, da das die aktuelle politische Richtung gut widerspiegelt. Leider bleibt für eine tiefergehende Betrachtung des Themas aber nicht ausreichend Zeit, sodass von der Idee nur ein paar Lebensweisheiten in Holzhammermanier und ein zwiegespaltenes Setting mit wütenden, prügelnden Mobs und ängstlichen Demonstranten, das der Geschichte zwar gut steht, jedoch wenig Eindruck hinterlässt, übrigbleibt.

Dann bleibt noch der Superhelden-Kern der Geschichte, der leider ebenfalls zu kurz kommt. Die rätselhaften Vorkommnisse in Smallville stehen hier eindeutig im Vordergrund und Clarks wachsendes Heldentum und sein Umgang mit den neu erwachenden Kräften wird eher am Rande behandelt. So erfahren wir zwar durchaus etwas über seine Krypton-Herkunft, seine Fähigkeiten und Clark Kent kann diese Rolle auch durchaus ausfüllen, eine tiefgreifendere Charakterisierung oder weitere Informationen über das altbekannte Maß hinaus erhalten wir jedoch nicht. So wirkt sein Superhelden-Ich fast wie ein Fremdkörper in der Geschichte und mir viel es auch ein bisschen schwer seine Heldenseite mit seiner Außenseiterseite zusammenzubringen. Zum Glück wusste ich nicht besonders viel über die Original-Superman-Geschichte, sodass ich hier nichts vermisst habe. Als wirklicher Superman-Fan, wird man die Geschichte aber wohl etwas zu fad und oberflächlich finden.


"Seit Clark ein kleiner Junge gewesen war, fragte er sich, was seine Aufgabe war. Als er noch jünger war, hatte er sich gesagt, es sei die Arbeit auf der Farm. Die Bestellung des Landes. Sich um die Tiere kümmern. Und das alles war ihm auch immer noch wichtig. Aber in letzter Zeit hatte er sich gefragt, ob es nicht doch noch etwas Größeres gab, wofür er auf diese Erde gekommen war."


Also was bleibt noch übrig wenn man die etwas künstlichen Actionszenen, die wunderbar angedachte aber leider zu kurz gekommene Rassismus-Problematik und den ebenfalls nicht genug dominierenden Superman-Kern der Geschichte außer Acht lässt? Ein gemütlicher aber erstaunlich intelligenter Coming-of-Age-Roman über einen orientierungslosen Jugendlichen, der seinen Platz in der Welt sucht. Für Heldenepos ist es hier viel zu früh, stattdessen dürfen wir sehen, wie Clark an sich zweifelt, ein Zuhause sucht, um Vertrauen in sich selbst ringt, neue Freunde findet, seinen Mut zusammennimmt um auf ein nettes Mädchen zuzugehen und sich seiner Verantwortung stellt. Wir erhalten hier einen wundervollen Blick hinter das perfekte Gesicht im Cape und lernen einen jungen, verletzlichen, leidenschaftlichen Clark Kent kennen, der noch in seine Rolle als Superman hineinwachsen muss.

Um eine wirklich aussagekräftige Charakterentwicklung zu beinhalten ist die Geschichte leider zu kurz aber dennoch können wir erahnen dass das der Anfang einer großen Heldengeschichte ist und auf den jungen Mann, der uns so ans Herz gewachsen ist noch viele spannende Abenteuer zukommen werden. Die Nebenpersonen sind allesamt sehr interessant und bereichern die Geschichte mit ihrem Auftreten, leider bleiben sie aber auch eher blass. Lex Luthor und Lana Lang kennt man ja aus der späteren Geschichte (super ist, dass es leise Andeutungen zu Lex´ späterer Antagonistenrolle und Clarks kommender Beziehung zu Lana gibt), Gloria und Bryan sind dagegen neue Erfindungen des Autors. Leider müssen wir Clark auch schon wieder verlassen bevor seine richtige Geschichte losgeht, dennoch hat dieser kurze Einblick Eindruck bei mir hinterlassen. Schlussendlich nicht wegen der Action oder seinen Kräften, sondern weil mich der Charakter von Clark Kent, dem heldenhaften Außenseiter, gut gefallen hat.


"Das Leben, begriff er, war etwas zutiefst Kompliziertes. Es war voller Wunder und Staunen und Schönheit, aber es war auch voller Kummer und Einsamkeit. Vielleicht war es genau das, was es so wertvoll machte. Man konnte nie wissen, was einen als Nächstes erwartet oder wer in die eigene Welt hinein oder aus ihr hinaustreten könnte. Und die Wahrheit war, dass alle gemeinsam ihren Weg durch dieses Mysterium hindurch zu erkunden hatten.
Deshalb war es für Clark so wichtig, Menschen zu helfen.
Weil alles Leben, begriff er langsam, in Wirklichkeit ein einziges Leben war. Und was wäre, wenn alle es so sehen könnten?"


Fazit:

Statt eines packenden Superhelden-Thrillers über die Anfänge einer Legende haben wir es hier mit einem recht gemächlichen Coming-of-Age-Roman zu tun, der sich vor allem eine rassistische Verschwörung im kleinen Dorf Smallville zum Thema nimmt. Wenn man hier kein Heldenepos erwartet, wird man Gefallen an dem Blick auf den Jungen hinter dem großen Namen finden und ihm gerne dabei zusehen, wie er sich für andere stark macht, seinen Platz in der Welt sucht und Verantwortung übernimmt...