Louisas Geschichte geht weiter
Nachdem Will Traynor seinem Leben ein Ende gesetzt hat, ist Louisa in ein tiefes Loch gefallen. Tagsüber arbeitet sie in einer Bar an einem Flughafen in London, abends betrinkt sie sich. Doch dann tritt ...
Nachdem Will Traynor seinem Leben ein Ende gesetzt hat, ist Louisa in ein tiefes Loch gefallen. Tagsüber arbeitet sie in einer Bar an einem Flughafen in London, abends betrinkt sie sich. Doch dann tritt Lily in ihre Leben und schlagartig ändert sich alles. Louisa muss die Vergangenheit noch einmal aufarbeiten und gleichzeitig nach vorn blicken - in ein ganz neues Leben.
In "Ein ganzes halbes Jahr" war Louisa für mich Traumhauptfigur. Sie war witzig, hatte ihre Ecken und Kanten und einige Macken, aber - was am wichtigsten war - sie hatte Herz. Das hat sie in diesem Buch komplett verloren. Sie schwimmt in Selbstmitleid und klammert sich an Lily, als wäre sie ihr Rettungsanker. Dabei vergisst sie, wer sie ist und verliert alles, was sie ausmacht. Sie denkt, sie wäre Will etwas schuldig und lässt das alle spüren.
Lily ist die verzogenste Göre, die mir je in einem Roman untergekommen ist (und das sogar im Vergleich zu Margo Roth Spiegelman). Sie denkt, die Welt drehe sich nur um sie, verletzt alles und jeden in ihrem Umfeld. Das sorgt dafür, dass mir die Entwicklung, die sie im Verlauf der Geschichte durchmacht, total egal ist. Am Ende des Buches kann ich sie immer noch nicht leiden.
Sam Fielding lockert die ganze Sache auf. Er ist ein toller Charakter, stützt Louisa und bringt sie auf den richtigen Weg zurück. Er ist meines Erachtens komplett unterschätzt, er könnte viel mehr.
Jojo Moyes' Erzählstil ist große Klasse. Sie beschreibt alles detailliert und versteht es, Gefühle beim Leser zu wecken. Die Geschichte an sich ist keine schlechte Idee. Lou trifft eine Person aus Wills Vergangenheit und muss sich damit auseinandersetzen, lernt aber gleichzeitig wieder nach vorn zu schauen. Allerdings finde ich die Umsetzung schwierig. Lily ist einfach kein Charakter, den ich gern haben kann und Louisa ist nicht mehr die alte. Der ganze Charme von "Ein ganzes halbes Jahr" lässt sich schmerzlich vermissen.
Der Abschluss ist dann selbstverständlich ein Happy End für alle, für jeden auf seine Weise. Die Abschiedsfeier auf dem Dach von Louisas Wohnung ist eine schöne Idee.
Insgesamt bin ich von dieser Fortsetzung leider sehr enttäuscht. Die Idee, Louisa eine Verbindung zu Will finden zu lassen, ist super, aber die Umsetzung ist zu sehr ins Schmerzvolle und Leidende abgedriftet. Schade.