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19,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Wallstein Erfolgstitel - Belletristik und Sachbuch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 10.08.2022
  • ISBN: 9783835349698
Julia Friese

MTTR

Roman
Ein Millenial soll Mutter werden und will alles, nur nicht die eigene deutsche Familie reproduzieren. Ein gesellschafts- und sprachkritischer Roman erzählt drei Trimester – und die Zeit danach.

»Alle Befürchtungen waren wahr, und alles war gerecht gewesen.«
Ein Test im Büro bringt die Gewissheit: Teresa Borsig ist schwanger. Von der Idee einer Familie fühlt sie sich gleichzeitig angezogen und abgestoßen. Da sind die Erinnerungen an ihre Kindheit, an Distanz, Disziplin und Schläge. In der Abtreibungsklinik von den Schwestern zum Schlucken der Tablette gedrängt, geht Teresa in den Widerstand: Sie will doch Mutter werden. Nein, Mama will sie werden. Kann man geben, was einem selber fehlt?
Das Gesundheitssystem nimmt die Schwangere auf wie einst die Eltern. Effizient. Kalt. Man will doch nur ihr Bestes. Und ihr Baby in einem Wärmebett isolieren. Wie hoch ist die Überlebenswahrscheinlichkeit ihres Säuglings? Ärzte und Schwestern sprechen über ihren Kopf hinweg. Teresa schreit. Sie solle sich mal nicht so wichtig nehmen, sagt das Krankenhaus.
»MTTR« erzählt von den Auswirkungen deutscher Nachkriegserziehung, erzählt die Unfähigkeit der Babyboomer, Gefühle zu zeigen, und wenn dann nur durch Ersatzhandlungen: Kauf, Korrektur und Sorge. Jeder Dialog ist eine Boshaftigkeit. Fast bemerkt man sie nicht, denn aktengraue Gefühlstemperatur und grobe Unbeholfenheit sind Alltag in Deutschland. Werden Millennials, wie Teresa, sie reproduzieren?

MTTR: Mean Time To Recover bzw. auch Mean Time To Repair (abgekürzt jeweils MTTR) wird als die mittlere Reparaturzeit nach einem Ausfall eines Systems definiert. Diese gibt an, wie lange die Wiederherstellung des Systems im Mittel dauert. Sie ist somit ein wichtiger Parameter für die Systemverfügbarkeit. (Quelle: Wikipedia)

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.09.2022

Mean Time to Repair

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„Ich halte mich an der Brüstung fest. Die Ampel an der Kreuzung steht genau drei Sekunden auf Gelb. Es geht jetzt nicht mehr um dich, Teresa.“ (70)

Als Teresa - eine typische Großstadt-Millenial - schwanger ...

„Ich halte mich an der Brüstung fest. Die Ampel an der Kreuzung steht genau drei Sekunden auf Gelb. Es geht jetzt nicht mehr um dich, Teresa.“ (70)

Als Teresa - eine typische Großstadt-Millenial - schwanger wird, gerät sie in ein Rollenbild, das zwar überholt ist, aber immer noch in unserer aller Köpfe steckt. Sie selbst pflegt kein gutes Verhältnis zu ihren Eltern, lebt ihr eigenes Leben mit ihrem Partner Erk zusammen. Auf keinen Fall will sie in den Strudel der gesellschaftlichen Zwänge geraten, in dem sie selbst und ihre Eltern groß geworden sind. Sollte sie also überhaupt Kinder kriegen? Und das alles wiederholen, womit sie selbst nichts mehr zu tun haben möchte?

Ihre Schwangerschaft ruft dann tatsächlich umgehend all diese Geister. Ihre und Erks Eltern hatten und haben noch den Erziehungsgeist einer Johanna Haarer in Köpfen, die in Nazideutschland Ratgeber für junge Mütter schrieb und deren Bücher bis in die Achtziger neuaufgelegt wurden. Dieses Gedankengut hat also auch unsere Millenial-Generation noch durch Erziehung mitgegeben bekommen.

Selbst wenn man alles anders machen möchte als die eigenen Eltern, so ganz wird man seinen familiären Background meist nicht los. Auch wird man als werdendes oder frischgebackenes Elternteil häufig genau durch diese Brille beurteilt. Denn plötzlich steht die Großelterngeneration wieder auf der Matte, mit vielen gutgemeinten Ratschlägen.

Ich bin auch aus Teresas Generation und Mutter. Beim Lesen von MTTR hatte ich das Gefühl, dass Julia Friese meine Geschichte erzählt. All diese (teils subtilen und unausgesprochenen) Vorwürfe und gesellschaftlichen Erwartungen an junge Eltern und vor allem Mütter. All die problematischen und gefühlskalten Beziehungen zu den eigenen Eltern. MTTR deckt sie auf, spricht sie an. Ich wünschte, dass dieses Buch einige Jahre eher erschienen wäre, denn ich selbst hatte vor ein paar Jahren das Gefühl, sehr alleine mit dieser Wahrnehmung dazustehen. Möge die Schwarze Pädagogik endlich aus unserer Welt verschwinden. Ein Buch wie MTTR ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

Ein großartiges Buch mit einer schonungslosen Erzählstimme. Von Julia Friese werden wir bestimmt noch häufiger hören.

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