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Veröffentlicht am 16.10.2022

Spannender Thriller

Feindesopfer
3

Mit dem Band „Feindesopfer“ setzt Max Seeck die Hexenjäger-Reihe fort.

Der neueste Fall scheint am Anfang leicht zu lösen zu sein. Denn das Todesopfer, ein erfolgreicher Geschäftsmann kündigte kurz zuvor ...

Mit dem Band „Feindesopfer“ setzt Max Seeck die Hexenjäger-Reihe fort.

Der neueste Fall scheint am Anfang leicht zu lösen zu sein. Denn das Todesopfer, ein erfolgreicher Geschäftsmann kündigte kurz zuvor die Schließung einer von seinen Fabriken an, was zu Massenprotesten, Demonstrationen und Drohrufen geführt hat. Unmittelbar danach wurde Erik Zetterberg ermordet in seiner Wohnung gefunden. Der Täter lässt dort einige versteckte Botschaften, die das Ermittlerteam ziemlich schnell entschlüsseln kann.

Obwohl einige Personen sofort unter Verdacht geraten, ist der Mörder nicht leicht zu identifizieren. Jusuf, der diesmal für die Ermittlungen zuständig ist, vermisst sehr seine Kollegin Jessica Niemi, die krankheitsbedingt vom Dienst freigestellt wurde.

Der Einstieg in den Thriller ist leicht. Der spektakuläre Mord wirft viele Fragen auf. Mehrere Personen aus Zetterbergs Umfeld geraten ins Visier der Ermittler. Besonders ausgefallen sind die Hinweise, die der Täter in Zetterbergs Wohnung hinterlassen hat. Einige Spuren führen in die Vergangenheit. Die Spannung ist enorm.
Der Autor bedient sich einer temporeichen, bildhaften Sprache, die das Lesen beflügelt. Das Buch ist ein wahrer Pageturner.

Da ich die ersten zwei Bücher der Reihe nicht gelesen habe, ist mir Jessica Niemi fremd geblieben. Die Ereignisse rund um die beurlaubte, psychisch angeschlagene Ermittlerin haben mich nicht wirklich interessiert. Ich empfand sie als störend, da sie eigentlich nichts mit dem aktuellen Fall zu tun hatten.
In dem aktuellen Fall hat der Autor gekonnt die falschen Fährten ausgelegt und die richtige Lösung erst zum Schluss präsentiert. Ein fulminantes Ende mit einigen überraschenden Wendungen rundet die spannende Handlung ab.

Ich habe den Thriller mit großem Interesse gelesen, empfehle jedoch die zwei ersten Bücher der Reihe zuerst zu lesen.

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  • Spannung
Veröffentlicht am 02.10.2022

Aus der Geschichte lernen!

Denk ich an Kiew
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Eine spannende Geschichtsstunde bietet Erin Litteken in ihrem Debütroman „Denk ich an Kiew“ an.

Es ist die bewegende Geschichte von Katja, die in der Ukraine großgeworden ist, dort die Liebe ihres Lebens ...

Eine spannende Geschichtsstunde bietet Erin Litteken in ihrem Debütroman „Denk ich an Kiew“ an.

Es ist die bewegende Geschichte von Katja, die in der Ukraine großgeworden ist, dort die Liebe ihres Lebens kennengelernt hat und schließlich ums Überleben kämpfen musste. Ihre ganze Lebensgeschichte hat sie in einem Tagebuch festgehalten, jedoch nie über das Erlebte gesprochen.

Nach Jahren findet die Enkelin Cassie im Zimmer ihrer Großmutter das geheimnisvolle, auf Ukrainisch geschriebene Buch. Nachdem Cassie merkt, dass ihre Bobby sich merkwürdig verhält: Lebensmittel versteckt, Cassie mit einer unbekannten Alina verwechselt, spricht sie die Großmutter darauf an. Bobby schenkt Cassie ihr Tagebuch mit der Bitte es zu übersetzen und zu lesen. So erfährt Cassie die ganze Wahrheit über die schicksalhafte Vergangenheit ihrer Oma und lernt die tragische Geschichte der Ukraine vor dem 2. Weltkrieg kennen.

In dieser bewegenden Geschichte bin ich versunken. Bobbys Lebensgeschichte erschüttert zutiefst – es ist gleichzeitig die Geschichte der Ukraine und ihrer Bevölkerung, die man unter Stalins Herrschaft zu Tode aushungern versuchte. Nicht alle haben den Holodomor überlebt, die Überlebenden -genau wie Bobby- konnten das Erlebte nicht vergessen und haben jahrelang darunter gelitten.

Auch Cassie hat nach dem Unfallstod ihres Mannes lange mit ihrem Schicksal gehadert. Sehr feinfühlig und voller Empathie erzählt Erin Litteken über die Schicksale der Großmutter und ihrer Enkelin; gekonnt verbindet sie die beiden Geschichten. Ihre Erzählung wirkt authentisch und weckt - besonders in Angesicht der aktuellen dramatischen Lage in Ukraine - tiefe Emotionen.

Wunderschön ist auch das Cover des Buches mit einem Bild des reifen, goldgelben Getreide auf einem Feld und den heranziehenden, dunklen Gewitterwolken – ein Sinnbild des Landes in seiner tragischen Lage.
Das Buch bekommt meine wärmste Empfehlung.

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Veröffentlicht am 29.09.2022

Interessante Geschichte über ein verschwundenes Gemälde

Das neunte Gemälde
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Mit großem Interesse habe ich zum Debütroman von Andreas Storm gegriffen. Das Thema des Kriminalromans ist hochspannend. Es geht um ein während des Zweiten Weltkrieges verschwundenes Gemälde, vermutlich ...

Mit großem Interesse habe ich zum Debütroman von Andreas Storm gegriffen. Das Thema des Kriminalromans ist hochspannend. Es geht um ein während des Zweiten Weltkrieges verschwundenes Gemälde, vermutlich ein Werk eines bedeutenden Künstlers.
Im Jahre 2016 wurde der weltweit geschätzte Kunstexperte Lennard Lomberg von einem mysteriösen Anrufer Dupret um die Vermittlung bei der Rückgabe des besagten Werkes beauftragt. In dem Gespräch deutete Dupret an, dass die Familie Lombergs in die Geschichte des verschwundenen Bildes verstrickt wäre. Kurz danach findet man den Anrufer tot in seinem Hotelzimmer liegen und Lomberg gerät ins Visier der Ermittler.
In der ihm vertrauten Künstler- und Kennerwelt begibt sich Lomberg auf die Suche nach dem verschollenen Gemälde. Die Recherche führt ihn in die Vergangenheit und seine familiäre Geschichte, die nicht immer ehrenwert war.

In einer akribisch konstruierten, detailreichen Erzählung führt den Autor seine Leserschaft von der Gegenwart, die sich an verschiedenen europäischen Orten abspielt, bis in die 1940-er Jahre zurück, vorwiegend mit Paris als Schauspielplatz.
Trotz des interessanten Themas ist der Roman keine leichte Lektüre. Es ist vor allem der trockene Schreibstil, der bewirkt, dass das Buch sich nur zäh lesen lässt.
Die unzähligen Romanfiguren, deren Verbindungen zueinander lange undurchschaubar bleiben, sind mir fremd geblieben. Auch die starke Vermischung der Fiktion mit der Realität wirkte manchmal leicht verwirrend. Das hochspannende Thema um das geraubte Gemälde verliert sich in unzähligen Details, mit denen sowohl der Handlungsstrang über die politischen Ereignisse wie auch die Geschichten über die menschlichen Schicksale in der Zeit von 1940 bis 2016 reichlich vorhanden sind.
Ein vielschichtiger Kriminalroman, in dem der Autor die Fiktion mit der Realität gekonnt verbindet.

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Veröffentlicht am 10.09.2022

Bewegende Geschichte!

Das Leben vor uns
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Kristina Gorcheva-Newberry schreibt in ihrem Debütroman über das Leben in Moskau in den Achtzigerjahren.

„wie unsere Obstgärten, die nach jedem dunklen, regnerischen Herbst und kalten, schneereichen ...

Kristina Gorcheva-Newberry schreibt in ihrem Debütroman über das Leben in Moskau in den Achtzigerjahren.

„wie unsere Obstgärten, die nach jedem dunklen, regnerischen Herbst und kalten, schneereichen Winter von Neuem erblühen. Und dann fühlen wir uns wieder jung und sind voller Hoffnung“ (310)

Der Titel des Romans „Das Leben vor uns“ bringt das Thema seiner Handlung genau auf den Punkt: es geht hier um die jungen Menschen, die sich für ihre Zukunft ein besseres Leben erhoffen.

"Unsere Freundschaft war wie die Apfelbäume ringsum." (78)

Anja, die in behüteten Verhältnissen aufwächst und ihre beste Freundin Milka aus einer zerrütteten Familie, die Hauptfiguren dieser Geschichte, verbindet eine tiefe Freundschaft. Sie verbringen viel Zeit miteinander, lernen und träumen zusammen. Vor allem die Welt hinter dem Eisernen Vorhang zieht sie magnetisch an; sie wollen reisen und fremde weite Welt kennenlernen, im Ausland studieren, das Leben in vollen Zügen genießen. Dies alles scheint auf einmal erreichbar zu sein, denn ihre Heimat Sowjetunion befindet sich im Umbruch, geht neuen Zeiten entgegen.

Doch das Schicksal schlägt erbärmlich zu und nur Anja gelingt es, ihre Jugendträume zu erfüllen. Sie geht als Austauschstudentin in die USA, und beginnt dort ein neues Leben. Sie kann jedoch weder ihre Eltern, ihre Freunde noch die alte Heimat vergessen. Als Literaturwissenschaftlerin beschäftigt sich mit der russischen Literatur und der Geschichte des Landes, privat versucht sie die tragischen Erlebnisse ihrer Vergangenheit zu verarbeiten.

Kristina Gorcheva-Newberry, die selbst in Moskau aufgewachsen ist, stellt authentisch das Leben der russischen Gesellschaft dar. Keine Probleme der damaligen unruhigen Zeit sind der Autorin fremd; das beweist sie hervorragend in ihrem Roman. Die Alltagsszenen wirken realistisch, die Romanfiguren mit all ihren Sorgen, Problemen und Träumen lebendig, echt.

Bestechend schön ist die erzählerische Sprache der Autorin, mal poetisch, mal informativ und ständig bewegend.
Ein literarischer Genuss!

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Veröffentlicht am 06.09.2022

Der Krieg endet nicht mit dem Vertrag

Dein Schweigen, Vater
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Brünn im Mai 1945. Der Krieg ist zwar offiziell zu Ende, doch vom Frieden in der Stadt kann keine Rede sein, die angespannte Atmosphäre ist deutlich spürbar.
Paul, Marie und Pavel spielen gerne zusammen; ...

Brünn im Mai 1945. Der Krieg ist zwar offiziell zu Ende, doch vom Frieden in der Stadt kann keine Rede sein, die angespannte Atmosphäre ist deutlich spürbar.
Paul, Marie und Pavel spielen gerne zusammen; sie sind beste Freunde. Sowohl Paul wie auch Pavel würden gerne Marie heiraten; nur sie sind erst zwölf und Marie sechs. Seit neuestem müssen Paul und Marie eine weiße Armbinde mit dem N für Némec tragen, wenn sie nach draußen gehen. Und sie wohnen jetzt nicht mehr in ihrem alten schönen Haus, sondern in einer ihrer Familie zugeteilten Kellerwohnung. Auch für die Kinder ist es keine leichte Zeit, denn sie begreifen nicht, was die neue Lage mit sich bringt. Paul überlegt „wo genau er hingehört und ob er Sieger ist oder Verlierer“. (12)

Am 31. Mai 1945 wurde Pauls Familie aus Brünn vertrieben. Zusammen mit vielen anderen deutschstämmigen Familien wurden sie zu einem 60 Kilometer langen Marsch in Richtung Österreich gezwungen. Es waren alte Menschen, Frauen, Kinder und Kranke dabei; viele haben diesen Fußmarsch, ohne Essen und Wasser, nicht überlebt.

Während des ganzen Lebens ist Paul über die Erlebnisse von damals nicht hinweggekommen. Er schwieg und wollte nie über seine Vergangenheit sprechen. Erst nach seinem Tod versuchen Maria und Uli, Pauls zwei erwachsenen Kinder, das Rätsel um sein Schweigen zu lösen.

Über die Schilderung der Ereignisse in Brünn aus der Sicht des damals zwölfjährigen Paul musste ich immer wieder schmunzeln. Die Bilder des Todesmarsches unter den unmenschlichen Bedingungen konnte ich dagegen nur schwer ertragen. Schonungslos erzählt Susanne Benda über die dramatischen Ereignisse während des Todesmarsches, scheinbar emotionslos schildert sie seine Auswirkungen auf den minderjährigen Paul. Doch es ist von Anfang an klar, dass Paul, genauso wie viele anderen Vertriebenen, diesen Weg „sein Leben lang weitergegangen ist“ (162).

Die bewegenden Bilder dieser Geschichte, die auf wahren Tatsachen beruhen, gehen tief unter die Haut. Im Nachwort erklärt die Autorin die historischen Zusammenhänge und den genauen Verlauf der Vertreibung.

Der Debütroman von Susanne Benda ist somit ein literarisches Zeugnis des Verbrechens, dem viele Unschuldige zu Opfer gefallenen sind. Es ist ein wichtiges Buch, gerade jetzt, in der angespannten, unruhigen Zeit.

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