Profilbild von Bavaria123

Bavaria123

Lesejury Profi
offline

Bavaria123 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Bavaria123 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.04.2024

Abarbeiten statt Leben

25 letzte Sommer
0

Bei diesem Buch hat mich als erstes das Cover angesprochen. Ein Sommertag am See. Und das ausgesprochen schöne hat sich hinter dem Papiereinband versteckt, den auch auf dem direkten Bucheinband befindet ...

Bei diesem Buch hat mich als erstes das Cover angesprochen. Ein Sommertag am See. Und das ausgesprochen schöne hat sich hinter dem Papiereinband versteckt, den auch auf dem direkten Bucheinband befindet sich das Gemälde.

Die Geschichte wird von einem namenlosen Ich-Erzähler berichtet. Er ist ein hektischer optimierender Worcaholic. Er fühlt sich im Moment beengt, lebt sein Leben nicht, sondern arbeitet es ab. Hat seine Freiheit gegen Verpflichtungen eingetauscht. Eines Morgens lernt er am See Karl kennen. Karl ist ein naturverbundener Genussmensch, der auf seinem Land Kartoffeln anbaut.

Ja, unterschiedlicher können die Männer gar nicht sein. Und doch verbringen sie ein paar Stunden miteinander und führen sinnvolle Gespräche.

Im Prinzip passiert nicht viel in diesem eher leisen Buch. Und doch passiert letztlich eine ganze Menge, zumindest im Kopf des Hektikers.

Es ist ein eher dünnes Buch, das man sicherlich in einigen Stunden lesen kann. Ich habe mir aber bewusst Zeit genommen und manchmal auch Passagen mehrfach gelesen.

Der Schreibstil ist bildlich, unaufgeregt und an einigen Stellen poetisch. Stephan Schäfer war lange ein erfolgreicher Manager und Journalist und ich kann mir vorstellen, dass letztlich er dieser "Ich-Erzähler" selbst ist.
Mit Karl denkt er darüber nach, was im Leben wirklich wichtig ist, wieviel Platz die Arbeit darin einnimmt und welche Ziele für jeden selbst maßgeblich sind.

Mir hat das Buch sehr gefallen, obwohl ich kein Fan von Selbstfindungsbücher bin. Aber dieses hier kommt ohne Ermahnungen, erhobene Zeigefinger und Plattitüden aus.
Es hat mich zum Nachdenken angeregt, denn ich weiß nicht, ob mir noch 25 letzte Sommer bleiben werden. Ich hoffe, jeder, der ein wenig zu hektisch durchs Leben eilt, trifft zur richtigen Zeit einen Karl.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.03.2024

Biste hier zum Vorsprechen?

Der Lärm des Lebens
0

Jörg Hartmann... der Name hat mir zunächst nichts gesagt.
Aber dann beim Lesen über ihn und Ansehen eines Fotos kam mir der Stasi-Offizier aus der TV-Serie "Weissensee" doch bekannt vor.

Das Bild auf ...

Jörg Hartmann... der Name hat mir zunächst nichts gesagt.
Aber dann beim Lesen über ihn und Ansehen eines Fotos kam mir der Stasi-Offizier aus der TV-Serie "Weissensee" doch bekannt vor.

Das Bild auf dem eher unspektakulären Cover zeigt eigentlich eher die Freude, als den Lärm des Lebens. Es sei denn, der fliegende Junge schreit gerade sehr kräftig.

In dem Buch "Der Lärm des Lebens" erzählt der Autor aus seinem Leben. Dabei hat er keine Autobiografie verfasst, sondern eher seine Erinnerungen zusammen gefasst.

Anstoß zu dem Buch lieferte ihn nach seiner Aussage der Tod seines demenzkranken Vaters, der früher als Dreher arbeitete und leidenschaftlicher Handballer war.
Der 1969 geborene Jörg Hartmann berichtet über seine gehörlosen Großeltern, die Wirtschaftswunderjahre, seine eigene Jugend, den mühevollen Beginn seiner Karriere und auch Corona. Er zeiht also auch ein Band durch die Geschehnisse in der Bundesrepublik.

Die Kapitel sind episodenhaft ohne direkte zeitliche Gliederung. Dieser eher sprunghafte und übergangslose Wechsel gefällt mir nicht ganz so gut, ich mag chronologisches dann eher.

Insgesamt ist Jörg Hartmann ein gehaltvolles und doch bodenständiges Buch gelungen, voller Anekdoten aus einem Leben mit diversen Höhen und Tiefen. Ich empfehle es gern mit 4 Sternen weiter, vor allem auch für Fans, die den Menschen hinter dem Schauspieler kennen lernen möchten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.03.2024

Jeder macht Fehler, schreibst du, schrieb ich

Ein falsches Wort
0

Von bavaria123

"Ein falsches Wort" wird berichtet von der Ich-Erzählerin Bergljot. Sie ist geschiedene Mutter dreier Kinder, Akademikerin um die 50 Jahre. Ihre Geschichte beginnt dramatisch, mit dem Tod ...

Von bavaria123

"Ein falsches Wort" wird berichtet von der Ich-Erzählerin Bergljot. Sie ist geschiedene Mutter dreier Kinder, Akademikerin um die 50 Jahre. Ihre Geschichte beginnt dramatisch, mit dem Tod ihres hochbetagten Vaters, einem Streit ums Erbe und dem Selbstmordversuch ihrer Mutter.
Nach und nach lernt man ihre Familie kennen, so die Schwestern Astrid, Asa und den Bruder Bard. Und in diversen Zeitsprüngen erfährt man einiges aus dieser Gemeinschaft.
Es geht um Schmerz und Zweifel, Ratlosigkeit, Scheitern, Missbrauch nicht nur von Drogen wie Alkohol und Moral. Es führt weit in die Vergangenheit zurück, in die Zeit als Bergljot ein kleines Mädchen von etwa 5 Jahren war.

Vigdis Hjorth schreibt in einem eher nüchternen Stil, wobei sie auch auf diverse Zeichen verzichtet. Letzteres macht das Lesen für mich nicht gerade einfacher. Dazu kommen besagte Zeitsprünge und Wiederholungen.
Trotzdem ist das Buch lesenswert. Und das liegt eindeutig an der Thematik und den daraus folgenden Gedankengängen. So wie es die Autorin auch selbst beschreibt: "Was sie interessiert, sind nicht die Fakten, sondern die Effekte, die diese Fakten auf eine Familie haben, die es sich in einer Lebenslüge bequem gemacht hat."

Das Buch ist schon einmal 2017 auf dem deutschen Büchermarkt erschienen, da wurde es jedoch kaum nachgefragt. Das ändert sich mit der vorliegenden Übersetzung von Gabriele Haefs.

In Hjorths Heimat hat das Buch und sein Vorgänger eine größere Welle ausgelöst, fühlte sich doch ihre Schwester Helga dazu aufgerufen, eine Art Gegenroman zu verfassen.

Ich empfehle das Buch mit vier Sternen, möchte aber darauf hinweisen, dass man mit einigen Dingen konfrontiert wird, die wenig alltäglich sind. Vielleicht wäre eine Warnung angebracht.
Es lässt den Leser / die Leserin auf jeden Fall eine ganze Zeit nicht mehr los.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.02.2024

Kuchenkrümel

Kinderklinik Weißensee – Geteilte Träume (Die Kinderärztin 4)
0

Da ist er nun. Der von mir lange erwartete vierte Teil der Saga um die Kinderklinik Weißensee.

Der erste Band startete im Jahr 1911 - beim Streuselkuchenessen der beiden Schwestern Marlene und Emma. Der ...

Da ist er nun. Der von mir lange erwartete vierte Teil der Saga um die Kinderklinik Weißensee.

Der erste Band startete im Jahr 1911 - beim Streuselkuchenessen der beiden Schwestern Marlene und Emma. Der jetzige Band endet 1950 - ebenfalls mit einem Teller voller Streuselkuchen. So schließt sich der Kreis, so endet die Geschichte.

"Geteilte Träume " befasst sich vorwiegend mit Elisabeth "Lissi" Vogel, und ihre Stellung als Assistenzärztin an der Klinik Weißensee. Leider begegnet sie dort nicht nur einem knurrigen, unsympathischen Klinikdirektor sondern auch vermehrt auftretenden Fällen von Kinderlähmung. Jener Krankheit, der auch Lissi ein Beinleiden zugefügt hatte.

Schon nach wenigen Sätzen war ich mitten in der Geschichte. Das lag zum einen daran, dass mir einige aus den vorhergehenden Bänden bekannte Personen wieder begegneten. Zum anderen aber auch an dem äußerst angenehmen, bildhaften und flüssigen Schreibstil der Autorin.

Mit viel Empathie und sicher einer ganzen Menge Recherchearbeit spickt Antonia Blum "Geteilte Träume" mit menschlichen Emotionen, wie Stolz, fehlendem Selbstbewusstsein, Missverständnissen und Egozentrik. Wobei auch eine gute Prise Liebe und Zusammenhalt zu spüren ist. Zudem erfährt man einiges über den Fortschritt der Medizin, wie Operationstechniken oder den Gebrauch der Eisernen Lunge. Letztere habe ich mir erst vor kurzem an der Charitè ansehen können.
Und wie gewohnt bleibt auch die politische Entwicklung nicht außen vor. Berlin ist 1948 noch in vier Sektionen aufgeteilt. Während Emma mit ihrer Familie im sowjetischen Teil bleibt, muss Marlene mit ihren Lieben in den Westen fliehen. Eine aufgezwängte Entscheidung, die auch das Verhältnis der beiden Schwestern aufwühlt und ins Wanken bringt.

Ich habe dieses Buch wieder mit großem Genuss gelesen. Schade, dass nun nichts weiteres über die Kinderklinik Weißensee von Antonia Blum erscheinen wird.
Aber für 2025 kündigt sie immerhin eine neue Reihe an. Ich bin gespannt.

Natürlich gebe ich alle 5 Sterne und kann das Buch einfach rundherum weiter empfehlen. Es eignet sich durchaus, als Einzelband gelesen zu werden... aber dadurch verpasst man viel zu viele wunderbare Lesemomente.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.01.2024

Was machen wir morgen?

Der Schacherzähler
0

Morgen machen wir es besser.

Das ist das Motto von der alleinerziehenden Mutter Malu und ihrem neunjährigen Sohn Janne, der wegen Hyperaktivität Schwierigkeiten in der Schule hat.
Die beiden lernen bei ...

Morgen machen wir es besser.

Das ist das Motto von der alleinerziehenden Mutter Malu und ihrem neunjährigen Sohn Janne, der wegen Hyperaktivität Schwierigkeiten in der Schule hat.
Die beiden lernen bei ihren täglichen Besuchen im Park "Oldman" kennen, einen Witwer, der eigentlich Walter heißt und zum Schachspielen mit sich selbst ebenfalls täglich in den Park geht.

Die Figuren sind wunderbar authentisch und warmherzig beschrieben. Jeder hat einen interessanten Charakter.

Judith Pinnow hat ein sehr einfühlsames Buch mit "Der Schacherzähler" geschrieben. Die Geschichte wird von den unterschiedlichen handelnden Personen erzählt, meist in der "Ich-Form". Dabei nimmt der Lesende viel auf, was Freundschaft, Miteinander und das alltägliche Leben betrifft. Manche Sätze sind so schön, dass ich sie gerne mehrfach gelesen habe. Und das ganz ohne in den Kitsch dabei abzurutschen. Dafür sorgen unter anderem auch die Sorgen um dem Coffeeshop "Blue Hour" in dem Malu arbeitet oder auch die Probleme, die Janne in der Schule hat. Und nebenbei habe ich auch einiges vom Schach gelernt.

"Der Schacherzähler" ist ein vordergründig leichtes, angenehm zu lesendes Buch. Es hat aber einen langen Nachhall und der tut gerade in der momentanen Zeit richtig gut. Und deshalb empfehle ich das Buch auch ausgesprochen gern mit allen 5 Sternen.

Das Cover finde ich sehr gelungen und es passt hervorragend zu der Geschichte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere