Vielfältige Perspektiven zum Thema Elternschaft
Rethinking MotherhoodIm Sammelband "Rethinking Motherhood", herausgegeben von Anne Theiss, finden sich 19 verschiedene Beiträge unterschiedlicher Autorinnen und Autoren zum Thema "Elternschaft neu denken". Ich nenne es hier ...
Im Sammelband "Rethinking Motherhood", herausgegeben von Anne Theiss, finden sich 19 verschiedene Beiträge unterschiedlicher Autorinnen und Autoren zum Thema "Elternschaft neu denken". Ich nenne es hier bewusst Elternschaft und nicht nur Mutterschaft, denn tatsächlich kommen - entgegen der Erwartung, die der Titel wecken würde - in diesem Buch durchaus auch Väter und sogar ein homosexuelles Väterpaar, das einen kleinen Jungen adoptiert hat, zu Wort.
Es geht um so vielfältige Themen wie Elternschaft und Beruf, die Frage, welche Rolle erziehende Erwachsende, Mütter wie Väter, in einer modernen Gesellschaft einnehmen können, wie wir uns gegenseitig dabei unterstützen können und welche Rahmenbedingungen der Staat schaffen könnte, um Elternschaft weniger anstrengend und damit wieder attraktiver für junge Menschen zu machen - in einer Zeit der historisch niedrigen Geburtenraten.
Die Beiträge sind vielfältig, aber überwiegend sehr persönlich gestaltet: mal geht es um eine erwachsene Tochter und ihre Mutter, die sich schriftlich über das Thema unterhalten, mal erzählen Alleinerziehende, dann Künstlerinnen, die Mütter geworden sind und damit verbundene Diskriminierungen und Herausforderungen erlebt haben, und auch ein Paar, das mit Unfruchtbarkeit gekämpft hat und sich schließlich für eine Leihmutterschaft in den USA entschieden hat, kommt zu Wort. Damit zeigt das Buch insgesamt eine große und vielfältige Bandbreite an Stimmen zum Thema Elternschaft auf.
Zwei Einschränkungen gibt es allerdings: es sind zum einen ausschließlich progressive Stimmen - das konservative Meinungsspektrum wird ausschließlich kritisiert und als veraltet angesehen, aber auf deren Argumente gar nicht wirklich eingegangen. Dadurch kommt in vielen Beiträgen durch, dass es als nicht akzeptabel angesehen wird, wenn eine Frau daheim bei den Kindern bleiben möchte; macht das hingegen der Mann, ist es lobenswert und modern. Hier würde ich mir mehr Dialog zwischen den verschiedenen politischen Richtungen wünschen.
Die zweite Einschränkung ist, dass es, mit wenigen Ausnahmen, überwiegend Menschen aus der sehr privilegierten Bildungsschicht sind, die hier zu Wort kommen, während die Perspektiven von marginalisierten Menschen und solchen aus Arbeitermilieus, wie so oft in solchen Sammelbänden, unterrepräsentiert sind. Wenn man das aber weiß und gerne einen weiteren Sammelband von Künstlerinnen, Schauspielerinnen, Moderatorinnen, Schriftstellerinnen - den klassischen Berufen, die sehr gewandt im Umgang mit Worten sind und sich deshalb oft zu Wort melden - lesen möchte, ist es ein interessantes und lohnenswertes Buch, das zum Nachdenken anregt.