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KatjaS

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.05.2023

Was für eine Lebensgeschichte!

Mit dem Mut zur Liebe
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Mehr als einmal war ich zu Tränen gerührt, als ich die Geschichte des Star-Artisten Dieto Kretzschmar gelesen habe. Es ist unfassbar, wieviel ein Mensch ertragen kann. Dieto hat als kleiner Junge die Bombardierung ...

Mehr als einmal war ich zu Tränen gerührt, als ich die Geschichte des Star-Artisten Dieto Kretzschmar gelesen habe. Es ist unfassbar, wieviel ein Mensch ertragen kann. Dieto hat als kleiner Junge die Bombardierung seiner Heimatstadt Dresden aus allernächster Nähe miterlebt, die Flucht aus der überall brennenden Stadt mit nur einem Fetzen Kleidung auf der Haut überstanden. Er hat die Fratze des Krieges in allen erdenklichen Formen mit ansehen müssen. Und doch hat er Freundschaften geschlossen, hat gespielt, hat immer nach vorne geschaut, genau wie seine Mama ihm das vorgelebt hat.
In der jungen DDR hat er eine Ausbildung gemacht, die Liebe seines Lebens kennengelernt, für seinen Wunsch, Artist wie sein Vater zu werden, gekämpft. Er hat nie stillgestanden, nie aufgegeben, sich selbst von den Zwängen des Staates nicht einschüchtern lassen. Dann diese atemberaubende Flucht mit seiner Johanna! Ich bin noch immer völlig außer Atem, dabei habe ich das Buch nur gelesen.
Hera Lind hat es mit ihrer spürbaren Empathie und ihrem Talent, lebendig zu schreiben, geschafft, Tempo und Stimmung der Geschichte genau einzufangen. In jedem Kapitel wurde die Entwicklung des heranwachsenden Dieto deutlich. Die Figuren seiner Familie und Freunde waren sehr liebevoll gezeichnet. Die Personen, die es nicht gut mit ihm und seinen Lieben gemeint haben, wurden ohne Groll dargestellt.
Dieses Buch ist eine Hommage an die Liebe und das Leben, es zeugt von Bescheidenheit, Respekt und Freundschaft und hat mich lächelnd, mit Tränen in den Augen, zurückgelassen.
Ich bedanke mich von Herzen beim Verlag Droemer Knaur und bei Vorablesen für das Rezensionsexemplar, dessen Cover ich übrigens sehr gelungen finde.

Dieses Buch ist eine Hommage an die Liebe und das Leben, es zeugt von Bescheidenheit, Respekt und Freundschaft.

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Veröffentlicht am 24.04.2023

Soll er sich erinnern oder besser nicht?

Erinnere dich!
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Ein extrem spannender Thriller aus der Perspektive der Figur Arno Seitz, der einen hautnah an seinen tiefsten Gedanken und Erinnerungen teilhaben lässt.
Alles beginnt mit einem Abiturtreffen, zu dem Arno ...

Ein extrem spannender Thriller aus der Perspektive der Figur Arno Seitz, der einen hautnah an seinen tiefsten Gedanken und Erinnerungen teilhaben lässt.
Alles beginnt mit einem Abiturtreffen, zu dem Arno eigentlich gar nicht hingehen will. Der Grund ist verständlich, seine damalige Freundin und erste große Liebe, Maja, wird nicht dabei sein. Denn sie ist vor zwanzig Jahren verschwunden. Nach einer Wanderung, die sie zu viert unternommen haben. Das mutmaßliche Verbrechen konnte nie aufgeklärt, kein Mörder und auch keine Leiche gefunden werden.
Arno, der damals selbst ins Visier der Ermittlungen geraden war, ist inzwischen weit weg von daheim, hat alle Kontakte in seine Heimat einschlafen lassen. Er lebt in Berlin relativ zurückgezogen, hat Probleme damit, Vertrauen aufzubauen und längere Beziehungen zu führen, was sicher auch mit seinem Elternhaus zu tun hat.
Eines Tages findet er ein Handy im Briefkasten, über das er die Nachricht erhält: „Erinnere dich!“ Irgendjemand will, dass er sich an die letzten Stunden mit Maja erinnert. Etwas in ihm erwacht, nicht zuletzt der Hauch einer Hoffnung, Maja könne noch am Leben sein.
Er ist schnell an einem Punkt, an dem er nicht mehr zurück kann, denn die Erinnerungen kehren nach und nach zurück. Der Absender der Nachrichten gräbt immer tiefer. Und Arnos Erinnerungen werden deutlicher.
Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, obwohl das Tempo eher gemäßigt war. Doch genau das gefiel mir hier besonders gut. Bücher, die mir Herzrasen und Atemnot bereiten, finde ich anstrengend zu lesen. Hier lag der Fokus eher darauf, was in Arnos Kopf passiert. Sind das wirklich alles reale Erinnerungen?
Durch die gewählte Perspektive war ich ständig in Arnos Gedankenwelt, konnte das Meiste gut nachvollziehen, hatte aber dennoch einen differenzierten Blick als er und geriet ab und zu in Zweifel. Das war die Absicht des Autors und er hat es sehr geschickt gelöst. Max Reiter hat verschiedene Spuren gelegt, authentische Figuren gezeichnet und nicht zuletzt die Stimmungen sehr gut eingefangen. Sein ruhiger Schreibstil gefällt mir gut.
Für mich 5 von 5 Sternen, auch wenn Thriller nicht zu meiner Lieblingsgattung gehören. Aber dieser hier hat mich gepackt. Und zwar schon mit Klappentext und Cover. Das Buch hätte ich auf jeden Fall in die Hände genommen und sicher auch gekauft.
Vielen Dank an Vorablesen und dem Verlag Fischer SCHERZ für die Bereitstellung des Leseexemplars.

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Veröffentlicht am 14.04.2023

Endlich wieder Lavendelduft

Lavendel-Zorn
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Endlich wieder Lavendelduft!
Es fühlt sich beinahe an wie das Treffen mit einer alten Freundin, wenn ein neuer Band der Lavendelkrimis von Carine Bernard eintrudelt.
Ich habe mich sehr auf das Wiederlesen ...

Endlich wieder Lavendelduft!
Es fühlt sich beinahe an wie das Treffen mit einer alten Freundin, wenn ein neuer Band der Lavendelkrimis von Carine Bernard eintrudelt.
Ich habe mich sehr auf das Wiederlesen mit Lilou Braque gefreut und wurde nicht enttäuscht. Inzwischen ist sie zur Commissaire ernannt worden und wohnt noch immer Tür an Tür mit ihrem Freund Simon, dem Koch und Restaurantbesitzer. Also manchmal möchte ich schon mit Lilou tauschen, zumindest was alle die leckeren Gerichte angeht, die sie im Laufe eines Falles vorgesetzt bekommt.
Die Autorin schreibt und beschreibt mit Liebe zum Detail, dabei aber keineswegs kitschig oder oberflächlich. Man erkennt außerdem sehr gut, wie gut sie die kriminaltechnischen Hintergründe zu diesem fiktiven Fall recherchiert hat. Das finde ich sehr beeindruckend und positiv, denn es steigert die Qualität des Romans noch mehr und wirkt vor allem glaubwürdig. Ich war ab dem ersten Wort an Lilous Seite, habe hautnah miterlebt, wie sie ihren neuen Fall mit Hartnäckigkeit, logischem Denken und gutem Appetit gelöst hat.
Der Krimi war sehr spannend und gut konstruiert. Für mich genau richtig – nicht blutrünstig oder düster, sondern authentisch, mit vielen kleinen Puzzlestücken versetzt, die am Ende die Lösung ergeben, mit dem wundervollen Setting in der Provence und mit Figuren, die greifbar sind. Die Charaktere sind alle sehr glaubwürdig dargestellt. Spannend auch, wie manche Mitmenschen andere manipulieren können – das wurde hier sehr gut gezeigt. Als Betroffene kann ich das nur bestätigen. Ab dem letzten Drittel konnte ich das Buch jedenfalls nicht mehr aus der Hand legen.
Und jetzt bin ich traurig, dass der Kurzurlaub in der Provence schon wieder vorbei ist. Die Vorstellung über den Duft all der Leckereien und der weiten Lavendelfelder wird mir hoffentlich noch ein Weilchen vorgaukeln, ich sei wirklich dort gewesen. Das gelungene Cover ist dabei sehr hilfreich.
Vielen Dank an die Autorin und an den Verlag Droemer Knaur für das Rezensionsexemplar, das nun zu meinen anderen Lieblingsbüchern ins Regal einziehen darf.

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Veröffentlicht am 08.04.2023

Wie viele Erlebnisse passen in eine Geschichte?

Ich, ein Sachse
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Das habe ich mich oft gefragt, während ich kopfschüttelnd das Buch von Samuel Meffire gelesen habe.
Ich gebe zu, dass es nicht immer leicht war, all den dicht aneinander gereihten Erlebnissen zu folgen, ...

Das habe ich mich oft gefragt, während ich kopfschüttelnd das Buch von Samuel Meffire gelesen habe.
Ich gebe zu, dass es nicht immer leicht war, all den dicht aneinander gereihten Erlebnissen zu folgen, doch spannend war es auf jeder Seite, in jeder Zeile. Irgendwo stand, dass seine Erfahrungen für zwei Leben reichen würden. Absolut. Wenn nicht sogar für drei.
Mir gefällt Meffires Schreibstil. Er ist locker, ungezwungen, unkonventionell, natürlich, sympathisch. In einigen seiner Lebensabschnitte gab es Zeiten, in denen er nichts tun konnte außer zu schreiben. Und das merkt man. Er kann es einfach.
Meffire erzählt im Buch zunächst seinen beiden neugierigen Kindern, wo und wie er großgeworden ist und nimmt uns LeserInnen mit in seine Vergangenheit, in seine ostdeutsche Kindheit, die alles andere als einfach für ihn war. Auf seinem Lebensweg sind so viele Dinge kaputtgegangen und auch er wäre beinahe daran zerbrochen. Bewundernswert, wie er es geschafft hat, all den Höllenschlunden immer wieder zu entkommen.
Die Kapitelbeginne, die in der Gegenwart spielen, waren für mich als Leserin erholsam, bevor es wieder weiter ging mit den schonungslosen Berichten über seine Vergangenheit.
In diesem Buch liegt der Focus auf dem Osten Deutschlands in der Zeit nach der Wende. Hier wird deutlich, wie perspektivlos plötzlich viele Menschen waren. Und wie hilflos, denn ihnen wurde alles genommen, was ihr Leben bis dahin bestimmt hatte. Die neue Freiheit brachte vor allem Fremdenhass, Arbeitslosigkeit, Verarmung und neue Drogen und für viele war es schwer, sich diesem Sumpf zu entziehen.
Meffire stolperte aus eben diesen Gründen von einem Loch zum nächsten, geriet an falsche Freunde und musste dafür büßen. Hart büßen. Dass er heute der ist, der er ist und das tut, was er kann, finde ich bewundernswert.
Von mir bekommt „Ich, ein Sachse“ 4,5 von 5 Sternen. Den halben Punkt Abzug gibt es, weil es für mich oft einfach zu viel an Information war und weil die Sprünge zwischen den vielen Erlebnissen nicht immer einfach nachzuvollziehen waren.
Ich danke Vorablesen und ullstein extra für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.

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Veröffentlicht am 22.03.2023

Ergreifend und sprachgewaltig

Morgen und für immer
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Noch immer bin ich bewegt von diesem schicksalhaften Roman, der mich gepackt hat wie lange kein anderes Buch. Bis jetzt ist "Morgen und für immer" mein Lese-Highlight des Jahres. Was der albanische Junge ...

Noch immer bin ich bewegt von diesem schicksalhaften Roman, der mich gepackt hat wie lange kein anderes Buch. Bis jetzt ist "Morgen und für immer" mein Lese-Highlight des Jahres. Was der albanische Junge Kajan zwischen 1943 und 1991 erlebt, reicht wohl für mehrere Leben und wäre selbst dann an der Grenze des Zumutbaren.
Eines der Zitate des Romans lautet: "Er hatte Liebe gesucht und Verlust gefunden, er hatte Frieden gesucht und Schmerz gefunden, er hatte Erlösung gesucht und Vernichtung gefunden." Und zwischen all den Verlusten, dem Schmerz und der Vernichtung schafft es Kajan immer wieder, sich aufzurappeln, sich dem immer Neuen zu stellen, neue Freunde und Liebe zu finden - und sie wieder zu verlieren - und seine tiefe Liebe zur Musik festzuhalten. Sogar im dunkelsten Kerker, den das albanische Regime für ihn bereithält.
So grausam viele Passagen des Romans sind, der Autor versteht es, eine Sprache zu finden, die fesselnd und zugleich ruhig ist und sehr poetisch. Selten habe ich solche wunderbaren Vergleiche für all die Empfindungen des Protagonisten gelesen. Und obwohl Ermal Meta für sein Erstlingswerk den auktorialen Erzähler gewählt hat, war für mich als Leserin alles spürbar, als wäre ich ganz dicht dabei. Ich bin sogar froh, dass er nicht den personalen oder gar den Ich-Erzähler für diese Geschichte gewählt hat, denn das wäre vermutlich kaum auszuhalten gewesen.
Ich habe oft schlucken müssen, habe vor Freude und Trauer geweint, war ergriffen und geschockt, vor allem von der Grausamkeit und Willkür des albanischen Regimes. Ein Roman, der noch lange nachklingen wird, auch weil der geschichtliche Hintergrund (die kommunistischen Machenschaften) mich an meine Vergangenheit erinnert und zutiefst berührt. Vielleicht sollte das Buch Einzug in den Geschichtsunterricht finden, damit dieser noch junge Teil der europäischen Vergangenheit nicht in Vergessenheit gerät.
"Morgen und für immer" ist weder Thriller noch Liebesroman, weder Krimi noch Geschichtsbuch, und doch vereint dieses Drama alles in sich. Das Cover finde ich mehr als gelungen: Süße Früchte an dornigen Ranken - ein besseres Gleichnis kann ich mir nicht vorstellen.
Ich danke @Vorablesen und @Hanserblau für das Leseexemplar.

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