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Veröffentlicht am 11.04.2022

Großartiger Schreibstil, bedrückende Geschichte

Der fürsorgliche Mr. Cave
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Terence Cave war dabei, als seine Frau bei einem Überfall ums Leben kam. Und nun hält er seinen sterbenden Sohn im Arm, der sich mit einer Mutprobe bei seinen Kumpels beweisen wollte. Terence hasst diese ...



Terence Cave war dabei, als seine Frau bei einem Überfall ums Leben kam. Und nun hält er seinen sterbenden Sohn im Arm, der sich mit einer Mutprobe bei seinen Kumpels beweisen wollte. Terence hasst diese Jungs und es bleibt ihm jetzt nur noch, seine Tochter vor diesen Jugendlichen und überhaupt der ganzen Welt zu beschützen.

Kostet es, was es wolle!


Meine Meinung:


Ich finde es wirklich schwer, dieses Buch zu bewerten.

Wie der Klappentext schon andeutet, ist es eine bedrückende Geschichte. Doch es geht nicht um irgendeinen Psychopathen, wie manche Rezension behauptet.

Es geht um einen Mann, dessen Seele zersprungen ist. Der nicht mehr Herr seiner Sinne ist.


Der Schreibstil ist großartig. Besser, als manch andere seiner Bücher. Es liest sich, wie ein Brief. Mr. Cave beschreibt seiner Tochter rückblickend, was er empfunden und getan hat. So kommt etwas Distanz in die Geschichte.


Doch was mir fehlte, war Spannung. Ein Wechsel aus Höhen und Tiefen. Es reiht sich ein Drama an das andere. Und es sind wirklich Dramen und man weiß nicht, wer einem mehr leidtun sollte. Die Tochter oder der Vater selbst.


Die Tochter hat eine starke Persönlichkeit, aber da das Buch aus der Sicht des Vaters geschrieben wurde, kam sie natürlich nicht richtig zu Wort.


Ich hätte mir eine andere Auflösung der Geschichte gewünscht. Nicht, weil mir das Ende nicht gefallen hätte, sondern weil es nicht verwunderlich ist, dass viele Leser*innen nicht verstanden haben, was mit dem Vater passiert ist. Und dadurch hat Haig der Sache keinen Gefallen getan.


Wenn er über das aufklären wollte, was mit Mr Cave passiert ist, fehlt definitiv eine Auflösung. Wollte er nur einen Thriller schreiben, fehlt mehr Spannung.


Trotz aller Kritik fand ich das Buch nicht schlecht. Ich konnte es nicht an einem Stück durchlesen, weil es so beklemmend ist. Aber der Schreibstil ist so gut, dass es wiederum fesselt.


Fazit: Leserinnen und Leser, die psychisch nicht stabil sind, rate ich zur Vorsicht bei dem Buch. Es ist kein Kuschelroman und wie der Klappentext schon andeutet, nicht mit der “Mitternachtsbibliothek” zu vergleichen. Es ist einer seiner bedrückendsten Romane, das sollte einem bewusst sein.


Doch sein Schreibstil ist hier wirklich gut gelungen und das Buch zeigt auf, was passieren kann, wenn die Seele zerspringt.


Ich würde dem Buch eigentlich gerne eine 4+ geben. 3,5 Sterne finde ich zu schlecht und 4 Sterne eigentlich zu gut.

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Veröffentlicht am 07.07.2021

Trostbuch

The Comfort Book – Gedanken, die mir Hoffnung machen
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Dieses Buch umfasst kurze Texte, Zitate und Listen, die Matt Haig aufgeschrieben hat, um sich selbst zu trösten. Der Autor, der selbst an Depressionen leidet, hat für sich und nun auch für den Leser ein ...

Dieses Buch umfasst kurze Texte, Zitate und Listen, die Matt Haig aufgeschrieben hat, um sich selbst zu trösten. Der Autor, der selbst an Depressionen leidet, hat für sich und nun auch für den Leser ein Buch geschrieben, mit „Gedanken, die Hoffnung machen“.

Die Texte umfassen oft wirklich nur wenige Sätze und es sind auch immer wieder Zitate von berühmten Philosophen dabei oder Sprichwörter.

Meinung:

Ich glaube, wenn es einem nicht gut geht, kann das Buch einem wirklich Trost geben. Alleine das Cover macht schon gute Laune.
Man kann das Buch irgendwo aufschlagen, muss es nicht von vorne lesen und gerade wenn es einem schlecht geht, sind diese kurzen Texte prima geeignet, da einem gerade in solchen Momenten oft die Konzentration fehlt.

Einiges hat mich auch sehr berührt.

„Wir sind immer mehr als der Schmerz, den wir spüren. Immer. Schmerz ist nicht allumfassend. Wenn du sagst: „Ich habe Schmerzen“, dann ist da der Schmerz, und dann ist da das Ich, und das Ich ist immer größer als der Schmerz. Denn das Ich ist auch ohne den Schmerz da, während der Schmerz nur als Produkt des Ichs da ist. Und dieses Ich wird überleben und wieder etwas anderes empfinden.“

Ich mag Listen und habe mich so über Haigs Listen sehr erfreut. Das sind zum Beispiel Songs, die ihn trösten. Bücher, die ihm geholfen haben, Dinge, die nicht glücklich machen oder Filme, mit hohem Trostfaktor.

Was ich bei diesem Buch vermisse, ist der Hinweis, dass sich Menschen, die in einer schweren Krise befinden, professionelle Hilfe holen sollen. Wenn jemand psychisch krank ist, kann es absolut kontraindiziert sein, zu sagen, man soll alle „unterdrückten Gefühle, alle schmerzhaften Erinnerungen, alle bedrückenden Geheimnisse“ fließen lassen. Je nach Erkrankung können Menschen daran zusammen brechen. Haig hatte selbst schon Nervenzusammenbrüche, stand selbst schon vor einem Suizid und ich gehe davon aus, dass er selbst Therapie gemacht hat. Daher finde ich diesen fehlenden Hinweis etwas enttäuschend.
Auch diese Tipps „sei einfach du selbst“. Es ist nicht einfach und wenn er mit dem Buch wirklich Menschen helfen will, die in einer schweren Lebenskrise stecken oder wie er selbst psychisch krank sind, dann hätte ich einige Worte zu dem Prozess und zur professioneller Hilfe erwartet.

Vielleicht ist mein Anspruch hier zu hoch. Aber meine Erwartung an Haig ist hoch. Er ist in meinen Augen ein großartiger Autor und ich habe sein Buch „Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben“ schon oft an Menschen mit Depressionen weiterempfohlen.

Zitat:
„Dein Weg bist du. Dein Wert besteht darin, dass du da bist. [….]
Du wurdest mit diesem Wert geboren, genau wie jedes andere Baby auch, und dieser Wert verschwindet nicht einfach, wenn du älter wirst.“

Dieses Buch hat das Potenzial, für den Leser und die Leserin zu einem echten Trostbuch in dunklen Zeiten zu werden. Es kann zum Begleiter werden, um sich mit dem auseinander zu setzen, was man über sich selber denkt.
Auf jeden Fall berührt es das Herz.

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Veröffentlicht am 07.07.2021

Inmitten der Gewalt Poesie

Der Junge, der das Universum verschlang
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Eli ist 12 Jahre und lebt in einem sozialen Brennpunkt in Australien.
Sein Bruder August ist ein Jahr älter und redet seit 7 Jahren nicht mehr. Nach einem traumatischen Ereignis hat er aufgehört zu sprechen. ...

Eli ist 12 Jahre und lebt in einem sozialen Brennpunkt in Australien.
Sein Bruder August ist ein Jahr älter und redet seit 7 Jahren nicht mehr. Nach einem traumatischen Ereignis hat er aufgehört zu sprechen. Seine Mutter und sein Stiefvater, die früher Drogenabhängig waren, verticken nun Heroin.
Und dann ist da noch Slim. Ein verurteilter Mörder, der über 30 Jahre im Gefängnis saß und nun der Babysitter von Eli und August ist.

Eli wächst in einem Umfeld von Gewalt und Drogen auf und fragt sich doch, wie man ein guter Mensch werden kann.

Meine Meinung:

Was für eine Geschichte! Das was Eli erlebt, ist wirklich heftig. So heftig, dass man denken mag, der Autor Trent Dalton hat völlig übertrieben. Aber man weiß, das ist die Realität von manchen Menschen. Und das schmerzt. Es hat mich so geschmerzt, dass ich an manchen Abenden nicht einschlafen konnte, weil es mich so aufgewühlt hat.

Doch die Geschichte ist keineswegs ein typischer Drogen-Roman. In all dem Schweren leuchtet Elis Lebendigkeit und seine Fragen hell auf. Er ist keiner von diesen harten Typen. Er hat sein Herz am rechten Fleck und das verleiht ihm etwas Unschuldiges.

„Und was interessiert dich an diesen Leuten?“
„Mich interessiert, was sie an den Punkt gebracht hat, an dem sie sind. Mich interessiert der Moment, in dem sie beschlossen haben, böse zu sein statt gut.“


Eli und August haben eine enge Beziehung. Sein Bruder durchschaut die Geschäfte der Eltern weit besser, doch er bemüht sich, Eli zu beschützen. Eine Freundschaft und Geschwisterliebe, die einem ans Herz geht.

Inmitten der Gewalt Poesie

Ich bin beeindruckt und berührt von der Sprache Daltons. Sie hat für mich in mancher Hinsicht etwas Poetisches. Diese Gegensätze, auf der einen Seite die Gewalt und Brutalität und auf der anderen Seite der eindringliche und poetische Schreibstil: es löst ein Bizzeln im Gehirn aus, was das Buch in meinen Augen absolut bemerkenswert macht.

„Der Fehler, den diese ganzen alten englischen Schriftsteller und Kitschfilme machen, meint Slim, ist, uns einzureden, dass wahre Liebe leicht wäre, dass sie auf Sterne, Planeten oder Sonnenumläufe wartet. Wartet, bis das Schicksal zuschlägt. Und dass es wahre Liebe für jeden gibt, dass sie irgendwo schlummert, nur darauf wartet, geweckt zu werden, und jäh hervorbricht, wenn sich unser Lebensfaden mit dem eines anderen verheddert und die Blicke zweier Liebender sich treffen. Bumm. Nach allem, was ich weiß, ist wahre Liebe verdammt hart. In wahren Liebesgeschichten steckt immer auch ein bisschen Tod. Und Schüttelfrost mitten in der Nacht und Kackflecken auf dem Bettlaken. Wahre Liebe stirbt, wenn sie aufs Schicksal warten muss. Wahre Liebe verlangt von den Liebenden, alles zu vergessen, was sein könnte, und sich mit dem zu begnügen, was ist.“

Fazit:

Der Roman ist keine leichte Kost.
Doch jede Seite lohnt sich.

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Veröffentlicht am 11.01.2021

Hochspannend!

Gnorl
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Der 12-jährige Jonas muss die Ferien mit seinen Eltern auf dem Bauernhof verbringen. Wie furchtbar! Zum Glück gibt es hier zwei gleichaltrige Kinder: Anna und Benjamin.
Mit Anna und Benjamin gerät Jonas ...

Der 12-jährige Jonas muss die Ferien mit seinen Eltern auf dem Bauernhof verbringen. Wie furchtbar! Zum Glück gibt es hier zwei gleichaltrige Kinder: Anna und Benjamin.
Mit Anna und Benjamin gerät Jonas in ein großes Abenteuer, als sie einem merkwürdigen Wesen in eine Höhle folgen.
Hier verirren die drei sich und geraten in ein gefährliches Labyrinth. Als sie endlich die Stadt der Kobolde erreichen, wird es erst richtig verhängnisvoll! Den Menschen sind hier verboten.


Meine Meinung:

Was für eine wunderschöne Geschichte!
Eine unterirdische Welt, voll sonderlicher Wesen und spannender Steampunk-Technik.
An manchen Stellen schaudert es einen gruselig.

„Gnrol“ ist ein Pageturner. Die Spannung ist hoch, man kann das Buch kaum aus der Hand legen.

In diesem Abenteuer ist viel Mut gefragt und zum Glück jede Menge Freundschaft. Der Kobold „Gnrol“ hilft den Kindern gegen einen gefährlichen Drachen, so wie gegen den Kobold-König, der über sein Volk wie ein Diktator herrscht.
Viele Geheimnisse werden im Laufe der Geschichte gelüftet und am Ende nimmt das Buch eine überraschende Wendung.

Mir hat das „Gnorl“ wirklich sehr gefallen. Ich mochte die Kinder, Gnorl und seine Freunde sehr. Besonders Jonas wirkte authentisch auf mich. Oft haben Kinder in Abenteuergeschichte außergewöhnliche Fähigkeiten, die mit der Realität nichts gemeinsam haben. Doch Jonas ist sich seiner Fehler bewusst.

Fazit:

Eine großartige Geschichte, die viel Lesespaß garantiert!
Von mir gibt es eine ganz klare Leseempfehlung und ich wünsche dem Buch sehr, dass es mehr Aufmerksamkeit bekommt.

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Veröffentlicht am 15.08.2019

Witzig, aber auch langatmig

Tagebuch eines Buchhändlers
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ch fand es sehr spannend, die Interna eines Antiquariates zu erfahren.
Wie notwendig es zum Beispiel ist, mit Amazon zusammen zu arbeiten. Man kann einen Teil seiner Bücher zu Amazon schicken, wo sie gelistet ...

ch fand es sehr spannend, die Interna eines Antiquariates zu erfahren.
Wie notwendig es zum Beispiel ist, mit Amazon zusammen zu arbeiten. Man kann einen Teil seiner Bücher zu Amazon schicken, wo sie gelistet und gelagert werden. Kauft ein Kunde das Buch, wird es von einem Amazon-Mitarbeiter verpackt und versendet.
„Kaum ein Buchhändler kann Amazon leiden, aber traurigerweise ist das der einzige Buchhändler weit und breit, der im Internet tatsächlich etwas verkauft.“
Man muss sich allerdings auch ständig mit seinem Ranking bei Amazon beschäftigen. Den sinkt es, weil man zum Beispiel erst Montag auf eine Anfragen von Samstag reagiert, kann es passieren, dass man von Amazon gesperrt wird.

Nicky ist seine Angestellte und sie ging mir tierisch auf die Nerven. Sie kommt immer zu spät, macht nie, um was Bythell sie bittet. Ist scheinbar ungepflegt und bringt immer irgendwelche Nahrung aus dem Müllcontainer mit.
Im Laufe des Buches schreibt er, dass er sie behält, weil sie auf ihre Weise den Laden sehr liebt und auch eine Bereicherung für den Laden ist.
Aber seine ständig negative Beschreibung über Nicky lässt sie einfach nur sehr unsympathisch wirken.

Und es stellt sich die Frage, ob er hier seinen Frust, auch auf die Kunden, etwas hätte zügeln können.
An vielen Stellen ist das Buch total witzig. Ein richtig trockener Humor. Aber an vielen Stellen war ich auch erstaunt, wie negativ seine Gedanken sind. Bythell ist mir generell sympathisch und ich würde ihn gerne mal begleiten, wenn er zu einer Haushaltsauflösung geht. Aber ich habe mir immer wieder die Frage gestellt, ist er so zynisch oder ist es ein Schutzmechanismus von ihm? Den eine weiche Seite spürt man kaum.
Leider fand ich das Buch auch etwas langatmig. Es gibt halt nicht jeden Tag etwas zu erzählen und das irgendeine fremde Katze immer wieder in seine Wohnung und den Laden gepinkelt hat, ist völlig uninteressant. Hier wäre es vielleicht besser gewesen, nicht jeden Tag im Jahr zu beschreiben.