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Veröffentlicht am 25.10.2019

Eine Chronik, die es in sich hat, unbedingt lesen

Die Brücke über die Drina
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Inhalt und erster Leseeindruck:
In der bosnischen Stadt Višegrad trennt die Drina, ein grosser und bedeutender Fluss, das, was man heute Orient und Okzident nennt. Geografisch gesehen Stadt und Vorstadt, ...

Inhalt und erster Leseeindruck:
In der bosnischen Stadt Višegrad trennt die Drina, ein grosser und bedeutender Fluss, das, was man heute Orient und Okzident nennt. Geografisch gesehen Stadt und Vorstadt, aber in erster Linie Menschen und Menschen. Nur ein alter und launischer Fährmann befördert Touristen und Staatsmänner gleichermassen zuverlässig aber nach seinem eigenen Zeitplan vom einen Ufer zum anderen. Die Situation wird zunehmend unhaltbarer, die Fähre immer unregelmässiger und die Menschen immer mehr von einander getrennt. Doch im Herzen des Grosswesirs Mehmedpaša, einem ursprünglich aus bosnien stammenden Jungen, der bei der Knabenlese der Türken ausgewählt wurde und ab dann als Türke lebte, reift aus ihm unerklärlichen Gründen das Bild einer Brücke über die Drina heran. Eine Brücke, welche das Reisen erleichtern, Kulturen verbinden und nicht zuletzt Arbeitsplätze schaffen sollte. Und nach Jahren der Planung geschieht es genau so, wie es sich Mehmedpaša vorgestellt hat; man beginnt, eine Brücke zu bauen. Lange und arbeitsreiche Jahre, in denen viel Blut und Schweiss fliesst, Köpfe rollen und manches böse Wort fällt, vergehen, bis die Brücke endlich steht. Mit der Brücke kommt ein neues Zeitalter über Višegrad, das Leben der Menschen spielt sich zunehmend auf und um die Brücke herum ab und die Geschichten einzelner Erbauer, Bewohner und einige Legenden rund um die Drinabrücke werden in diese Chronik eingebettet, weil die Brücke sie direkt und indirekt geprägt und mitbestimmt hat. Protagonistin ist und bleibt aber immer die Brücke selber, welche mit fast stoischer Ruhe den Lauf der Zeiten, Generationen von Menschen, und Glück und Unglück um sich herum erträgt und unsicheren Verhältnissen, Unterdrückung, Kriegen, Aufständen und Schicksalen zum Trotz den Menschen Halt, Sicherheit und Beständigkeit vermittelt.

Meine Meinung:
Es erstaunt nicht, dass Ivo Andrić mit dieser Chronik (welche er absichtlich nicht Roman nennt) seinen Weltruhm begründete. Selten habe ich ein so vielschichtiges, komplexes, genau recherchiertes und trotzdem unterhaltsames Buch gelesen. Die ganze Liebe zu seiner Heimat aber auch den Anspruch an genaue und nicht wertende Wiedergabe der Ereignisse rund um die Erbauung und das ganze Bestehen der Brücke zeichnen den Autor aus und verleihen seinem Werk eine grossartige Authentizität. Es lohnt sich, viel Zeit in zusätzliche Recherchen zum Buch und der Geschichte der Stadt Višegrad und der Drinabrücke aufzuwenden um die gesamte Chronik und deren Bedeutung für die Geschichte und Kultur von Višegrad sowie die darin aufgezeigten Missstände aber auch den Ideenreichtum und die beschriebenen Traditionen zu erfassen. Wem dies alles zu kompliziert ist, kann dieses Buch aber auch "nur" ganz oberflächlich als unterhaltsame Chronik lesen, was ich persönlich schade und zu einfach finde.

Meine Empfehlung:
Dieses Buch und so viele weitere Werke aus dem literarischen Osten haben definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient. Sie strotzen vor Humor, genauen Beobachtungen und einer Liebe zum Erzählen und zu den Menschen, wie man sie hier in der Literatur kaum findet. Bitte lest dieses Buch.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Amüsante Geschichte fürs Herz

Wild at Heart - Willkommen im Hotel der Herzen
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Handlung und Lesegefühl:
Wir starten unseren Tag mit Yoga und fühlen mit Gretchen Wilde mit, die eigentlich vor allem einen Kaffee benötigt und sind nach wenigen Seiten mittem im äusserst chaotischen Geschehen. ...

Handlung und Lesegefühl:
Wir starten unseren Tag mit Yoga und fühlen mit Gretchen Wilde mit, die eigentlich vor allem einen Kaffee benötigt und sind nach wenigen Seiten mittem im äusserst chaotischen Geschehen. Das Geld für Renovationen und Ausbauten des charmanten Hotels ist knapp, Gretchen vermisst ihren Mann, ihre Tochter Nettie sollte eigentlich Ferien haben, arbeitet aber an allen Ecken und Enden mit, die mürrische Köchin bekundet ihre Unmut über vegetarische Gäste und ein Frettchen, ein Esel und zahlreiche Hühner machen die Szenerie gemeinsam mit Netties Opa Theo unsicher, der stets für explosive Scherze und Erfindungen zu haben ist. Zu allem Übel reist auch noch ein berühmter Gast an, den Nettie zum perfekten Stiefvater kürt und schon bald die ersten Versuche startet, die beiden zusammenzubringen, aber die Liebe hat ganz andere Pläne gemacht...
Dieses Buch hat mich bestens unterhalten und für immer wieder neue Überraschungen gesorgt. Das Chaos war mir manchmal aber dabei fast ein wenig zu unruhig. So viele Dinge, die aus dem Ruder laufen? Das war fast zuviel des Guten, wird aber mit viel Charme und einigen amüsanten Tierbegegnungen wettgemacht.

Schreibstil:
Obwohl dieses Buch eher grossformatig daherkommt, hat sich dies nicht auf mein Lesetempo niedergeschlagen. Ich flog nur so durch die Seiten und konnte mich nach Cornwall entführen lassen, wo ich mich im Hotel der Herzen sehr wohl gefühlt habe. Es war mein erstes Buch von Anne Sanders und mir hat der Schreibstil der Autorin gut gefallen. Vor allem die Beschreibungen der Emotionen der Figuren, insbesondere die Tierliebe von Nettie, aber auch die immer wieder auftretenden Gefühlsregungen und Missverständnisse, waren meiner Meinung nach authentisch dargestellt.
Aktuell kann man in der Bücherwelt ja zahlreiche Reihen um einzelne (Buch-)Läden oder Hotels/Bed&Breakfasts finden, weil dies wohl einfach das Bedürftnis nach dem Gefühl von "Zuhause", nach Geborgenheit und Familie in uns weckt und stillt zugleich. Sich aus dieser Masse an Literatur abzuheben und nicht einfach eine Geschichte nach Schema F abzuspulen, ist sicher nicht ganz einfach. Um so mehr hat es mich erfreut, dieses liebevoll und sehr unterhaltsam erzählte Buch zu lesen und dabei sprachlich immer wieder abgeholt, berührt und überrascht zu werden.

Meine Empfehlung:
Diesen Auftakt einer neuen Reihe empfehle ich euch sehr gerne weiter und möchte dabei besonders auf das schöne Setting, die leicht überspitzt, aber sehr liebevoll beschriebenen Figuren und die tierischen Gefährten, kulinarischen Leckerbissen und überraschenden Wendungen hinweisen.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Gefühlvoll und sehr amüsant

Wild at Heart - Winterglück im Hotel der Herzen
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Inhalt:

ENTHÄLT SPOILER FÜR BAND EINS

Nach dem grossen Brand im Sommer steckt das "Wild-at-Heart"-Hotel mitten in den Renovierungsarbeiten, eröffnet seine Tore aber dennoch für ein paar sehr prominente ...

Inhalt:

ENTHÄLT SPOILER FÜR BAND EINS

Nach dem grossen Brand im Sommer steckt das "Wild-at-Heart"-Hotel mitten in den Renovierungsarbeiten, eröffnet seine Tore aber dennoch für ein paar sehr prominente Gäste. Schliesslich kann es sich die Besitzerin Gretchen und ihre Familie nicht leisten, auf die grosszügigen Bonuszahlungen für die Verpflegung einer ganzen Filmcrew zu verzichten. So ist das Hotel bald so unter Beobachtung, dass sich plötzlich Starschauspieler im kleinen Örtchen verstecken müssen und natürlich kommt es, wie es kommen muss und Amor schlägt kräftig zu. Nicht nur Gretchens Tochter Nettie, sondern auch Gretchens beste Freundin Sara sehen plötzlich nur noch Herzchen und schnell zeichnet sich ab, dass ein grosses Unwetter, sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn, für reichlich Furore sorgen wird.


Meine Meinung:

OHNE SPOILER

War mir der erste Band dieser Reihe noch ein wenig zu überspitzt und chaotisch, hat Anne Sanders als Autorin in diesem zweiten Band eine grosse Entwicklung durchgemacht. Sie wirkt gesetzter, organisierter und spielt überzeugender mit den Gefühlen der Leser. Natürlich kommen dabei vor allem die ganz grosse Liebe, viel Romantik, Herzschmerz, Leidenschaft und Missverständnisse zum Zug, aber Sanders schafft es auch, die einsame Gärtnerin Sara und deren Hadern mit dem täglichen Trott äusserst einfühlsam zu portraitieren.

Ein wenig des Guten zuviel waren mir lediglich die Szenen zwischen Gretchens Tochter Nettie und deren Männerbekanntschaften. Wenn ich Romane lesen möchte, in denen sich Teenager auführliche Gedanken um das erste Mal machen, lese ich Brigitte Blobel. Aber die "erwachsene" Sicht auf die Dinge, die vielen Figuren, die im Hotel der Herzen für einen reibungslosen Ablauf sorgen und deren Lebensgeschichte, sowie die heimeligen Beschreibungen der Umgebung und des gemütlichen Feuers, das jeweils in der Lobby im Kamin flackert, lässt definitiv Weihnachtsstimmung aufkommen. Ausserdem sorgen die vielen Pannen am Filmset, diverse amouröse Verstrickungen und missglückte archäologische Versuche, sowie die Kabbeleien zwischen Theo, Gretchens Schwiegervater - übrigens meine heimliche Lieblingsfigur - und seinem guten Freunde Bruno für unterhaltsame, romantische Lesestunden mit Suchtpotenzial.


Schreibstil:

OHNE SPOILER

Unglücklicherweise sind mir zahlreiche, von Blanvalet eher ungewohnte, Schreibfehler aufgefallen. Das Lektorat hatte hier eindeutig zu wenig Zeit um in die Details zu gehen.

Abgesehen davon schreibt Anne Sanders flüssig, stimmig und trotz grossformatigen Seiten wird der Lesefluss nie unterbrochen. Es gelingt Sanders, sich intensiv mit nicht ganz einfachen Themen auseinanderzusetzen und trotzdem liest sich ihr Stil stets leicht und angenehm. Natürlich zielt diese Reihe nicht auf das grosse Drama, sondern auf glücklich versöhnte und vergebene Protagonisten ab, aber dennoch führt ein spannender und vor allem urkomischer Weg unangestreng zum vorhersehbaren Ziel.

Besonders zu loben sind ausserdem die detaillierten und äusserst gelungenen Beschreibungen der weihnachtlichen Vorbereitungen, Räumlichkeiten, Filmdrehorte, Nahrungsmittel und Figuren. Dies alles wirkt so lebensecht und mittlerweile vertraut, dass eine baldige Reise nach Cornwall definitiv realistisch scheint.


Meine Empfehlung:

OHNE SPOILER

Dieser zweite Band der Reihe kommt durchdachter, organisierter, humorvoller aber auch tiefgründiger daher als "Willkommen im Hotel der Herzen" und übertrift den ersten Band wirklich um Längen. Von mir gibt es deshalb für diese beiden Bücher, insbesondere aber für den zweiten Band, eine herzliche Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 23.10.2019

Unterhaltsam und kurzweilig

Mieses Karma
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Inhalt:
Kim Lange stirbt. Und diese Tatsache schafft es nur auf Platz sechs der miesesten Momente des Tages. Welches die anderen miesen Momente sind, erzählt Kim gleich selber und so wird schnell klar, ...

Inhalt:
Kim Lange stirbt. Und diese Tatsache schafft es nur auf Platz sechs der miesesten Momente des Tages. Welches die anderen miesen Momente sind, erzählt Kim gleich selber und so wird schnell klar, dass die ich-bezogene Moderatorin nicht zufällig als Ameise wiedergeboren wird. Doch natürlich realisiert sie erst dann, als Buddha ihr erscheint, dass sie nun wirklich ein Tier ist und dass sich niemand einen schlechten Scherz mit ihr erlaubt. Bis sie jedoch begreift, dass ihr eigenes Verhalten eventuell dazu beigetragen haben könnte, dass sie jetzt eine Ameise ist, geht es noch ein wenig länger. Im Ameisenbau lernt sie den legendären und ebenfalls als Ameise wiedergeborenen Giacomo Girolamo Casanova kennen. Der hat das miese Karma unter anderem seinem liederlichen Lebenswandel zu verdanken. Diesem Lebenswandel verdankt er jedoch auch einige andere Qualitäten; unter anderem kann er nämlich sehr gut flüchten, überzeugen und hat immer einige bahnbrechende Einfälle. Kim und Casanova machen es sich also zur Aufgabe, ganz viel gutes Karma zu sammeln und so als immer höheres Wesen wiedergeboren zu werden. Dabei verfolgen sie jedoch unterschiedliche Ziele. Während Casanova wieder einmal seine Fleischeslust stillen will, möchte Kim nur eines: wieder bei ihrer Tochter sein.

Meine Meinung:
Eine Freundin hat mir dieses Buch mit folgenden Worten ausgeliehen "bevor du Geld für alle Bücher von Safier ausgibst (sie kennt mich gut, ich hätte einfach alles mit gelbem Einband gekauft, was ich hätte finden können), liest du zuerst einmal eines davon, um zu sehen, ob es sich lohnt". Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich von dieser Aussage ein wenig abgeschreckt war. Aber das Buch hat mich überraschend gut unterhalten. Vor allem die interessante und auch sehr ungewöhnliche Idee vom Sammeln des Karmas, finde ich sehr gelungen.
Nicht zuletzt hat das Buch auch einen sehr nachdenklichen Unterton. Wie verhalten wir uns gegenüber den Menschen um uns herum? Welche Karmabilanz wollen wir hinterlassen und was ist, wenn am Ende wirklich abgerechnet wird?
Humorvoll, sehr inspiriert und vor allem auch total kurzweilig begleiten wir Kim und Giacomo Girolamo Casanova auf ihrem Abenteuer und erfahren dabei zusätzlich noch ein wenig etwas über das Leben der Ameisen.

Abschliessend kann ich sagen:
Ich werde mir die Bücher wohl nicht alle kaufen, aber doch sehr gerne wieder einmal ein Buch von David Safier lesen.

Veröffentlicht am 20.10.2019

Bewegend, brutal, amüsant und zuweilen skurril

Ruth Tannenbaum
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Inhalt:

In den unruhigen Zeiten vor und während des zweiten Weltkrieges geht es im heutigen Kroatien brutal zu und her. In Zagreb nämlich, wo sich Menschen mit ganz unterschiedlichen Religionen und kulturellen ...

Inhalt:

In den unruhigen Zeiten vor und während des zweiten Weltkrieges geht es im heutigen Kroatien brutal zu und her. In Zagreb nämlich, wo sich Menschen mit ganz unterschiedlichen Religionen und kulturellen Hintergründen die Klinke in die Hand geben, ist die Stimmung angespannt, die Angst vor Hitler greift mehr und mehr um sich und wird vor allem in der jüdischen Bevölkerung immer stärker. Selbstjustiz, Bösartigkeiten, Prügeleien und andere kleine und grössere Gewaltverbrechen schüren das Misstrauen zwischen den Menschen und als die kleine Ruth Tannenbaum begleitet von ihrer Ziehmutter Amalija ein Vorsprechen für eine Rolle am Kroatischen Nationaltheater gewinnt, verändert sich das Leben der jüdischen Familie Tannenbaum von einer Sekunde auf die andere. Arrogant und ignorant machen sich die Tannenbaums immer mehr Feinde, wecken die Eifersucht in ihren Mitmenschen und verkennen die Zeichen des sich anbahnenden Völkermordes. Das geht so weit, bis die Tannenbaums beginnen, nicht nur ihre eigene Religion zu verleugnen, sondern ihren Hass auch verbal und physisch gegen ihre Religionsbrüder und -schwestern zu richten.



Meine Meinung:

Schon lange einmal wollte ich unbedingt ein Buch von Miljenko Jergović lesen und habe mit "Ruth Tannenbaum" gleich zu einem feinsinnigen, spannenden Roman mit zugleich bedrohlichen und humorvoll-bizarren Untertönen gegriffen. Es gelingt Jergović auf einzigartige Weise, die Geschichte der kleinen Ruth Tannenbaum - die übrigens vom Schicksal des Kinderstars Lea Deutsch angeregt worden ist - und ihrer Familie zugleich packend zu erzählen und ausserdem das Schicksal einer ganzen Region und deren Bewohner einfliessen zu lassen. Auch sind nur schon die Mitglieder der Familie Tannenbaum einen genaueren Blick wert. Das wären Ruths Grossvater Abraham, der den stoischen, weisen Juden gibt, ihr Vater Salomon, der unbeirrbar, ohne grosse Wellen zu schlagen und auch naiv seinen Weg geht und ihre Mutter Ivka, die mit ihrer Angst vor der leicht verrückten Nachbarin Amalija, die vor Jahren ihren Sohn verloren hat und seither eifersüchtig auf das scheinbare Familienglück der Tannenbaums schielt und trotzdem immer mehr und mehr Zeit mit Ruth verbringt, für eine humorvolle Komponente sorgt. Immer wieder aber sind es brutale Ereignisse in der kunterbunten Stadt, welche die harten Zeiten erkennen lassen und die um sich greifende Angst und das Schwinden der Menschlichkeit und Selbstkontrolle fassbar machen. Dieser Angst werden eine naive Arroganz und ein enormer, triefender Stolz gegenübergestellt, welche die Familie Tannenbaum blind machen für die Ereignisse, welche unweigerlich auf sie und alle anderen Juden Zagrebs zukommen werden.


Meine Empfehlung:

"Ruth Tannenbaum" bietet Einblicke in die damalige Theaterwelt und Vorkriegsstimmung, die Diktatur des Ante Pavelić und das Leben weiterer politisch und kulturell angesehener, geschätzter und gefürchteter Persönlichkeiten, die Jergović teilweise unter ihrem echten Namen einbindet, sowie die Foltermethoden der sich bekämpfenden Gruppierungen in Zagreb. Immer wieder besteht dieses Buch aber auch aus einem zarten Erinnern an die eigentlichen menschlichen und religiösen Werte. Brutale, fesselnde und traurige Momente, und amüsante und kritisch-poientierte Szenen und Dialoge werden zu einer vielschichtigen Chronik vereint, die definitiv nicht kalt lässt und äusserst packend geschrieben ist. Es erstaunt nicht, dass Jergović als einer der ganz grossen Erzähler unserer Zeit gilt, "Ruth Tannenbaum" ist schliesslich nur ein Zeugnis seines schriftstellerischen Geschicks und ich bin mir sicher, dass ich bald weitere seiner Werke entdecken werde und spreche für dieses Buch eine herzliche Empfehlung aus.