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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.09.2019

Zu eindimensional, aber wichtig und wundervoll erzählt

Das Licht ist hier viel heller
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Der schwierige Einstieg:

Wer hier schon länger mitliest, weiss, wie begeistert ich war von Mareike Fallwickls Erstling "Dunkelgrün fast schwarz", weshalb ich mir natürlich auch ihr zweites Buch kaufen ...

Der schwierige Einstieg:

Wer hier schon länger mitliest, weiss, wie begeistert ich war von Mareike Fallwickls Erstling "Dunkelgrün fast schwarz", weshalb ich mir natürlich auch ihr zweites Buch kaufen wollte. Ich freute mich schon lange darauf - der Hype war Wochen vor dem Erscheinungstermin ausgebrochen - und stieg dann fast ganz ohne Vorwissen ein, was toll war. Nur leider gestaltete sich der Einstieg zäh. Obwohl ich die charakterstarke Sprache sofort wiedererkannte, waren mir die Figuren zu eindimensional und stereotyp gezeichnet. Fallwickl legt ihren Protagonisten schon in den ersten Kapiteln alles an Voruteilen in den Mund, was nur geht. Egal ob Deutsche, Schweizer, Bloggerinnen und Influencerinnen, und natürlich auch egal ob Frau oder Mann, da wird an niemandem ein gutes Haar gelassen. Gerade weil Fallwickl ihre Figuren in einem eher gebildeten Menschenschlag ansiedelt, war mir das ein wenig zu plakativ und undifferenziert, die Handlung floss dröge dahin, die ersten knapp zweihundert Seiten langweilten mich. Ich wartete auf Paukenschläge, Provokation, grosse Ereignisse und zum Nachdenken anregende Wendungen.


Und dann...:

Die Grundstimmung ändert sich plötzlich, das Erzähltempo wird gesteigert und Fallwickl macht genau das, was ihr Protagonist Wenger macht: sie wird konkret und ich fragte mich, was denn vorher dieses ganze Herumdümpeln in den seichten Gewässern von Coktailpartys und den leeren Weiten einer verranzten Wohnung sollte. Was die Frauen in "Das Licht ist hier viel heller" erleben und auch verbal über sich ergehen lassen müssen, ist uns allen sicher wohlbekannt. Wie die "Wengers" normalerweise davonkommen, wissen wir auch. Und es wird schnell klar, dass Fallwickln nicht eigentlich den "Typus Wenger", sondern vielmehr die ganze Gesellschaft, welche diesen Typus mitgeformt hat und weiterhin mitträgt, anklagt. Sie schafft es, ganz subtil aufzuzeigen, wie Grenzüberschreitungen geschehen können und welche Dominanz und Selbstverständlichkeit - und leider oft auch Akzeptanz - damit einhergeht. Aber die Subtilität und das Einschleichen solcher Muster in die Beziehungen zwischen Frau und Mann, sind nicht nur das grösste Plus dieses Buches, sondern auch seine grösste Schwäche. Ich höre die vielbesungenen "alten, weissen Männer" schon belustigt vor sich hin murmeln und ihre fetten Ärsche in den Ledersesseln knarzen, während sie sich genüsslich einen weiteren Brandy einschenken und sagen: "Aber der Wenger, der war ja nun wirklich arm dran. Der wurde von Frau und Kindern verlassen, verleumdet und letztendlich in eine Ecke gedrängt, in die er gar nicht gehört. Er hat sich ja sogar noch entschuldigt, der Gute. Der andere hat sich schon ein wenig daneben benommen, aber ich weiss wirklich nicht, was ihr alle habt, es ist ja gar nichts passiert." Und genau das ist es, was wütend macht. Dass wir, die wir wissen, von was Fallwickl schreibt, immer wieder niedergerungen werden von solchen, die sich alles schönreden und leider lässt sich auch dieses Buch schönreden. Leider war da dann doch zu wenig konkret, was hätte auf den Tisch gebracht werden müssen und leider gibt es sicher Menschen, welche genau falsch verstehen, was eigentlich gemeint war und ja, das ist nicht das Problem der Autorin. Aber es ist ein Problem, das weiter bestehen bleibt, solange subtile Fallstudien - auch wenn sie grandios romanesk verpackt werden - nicht eindeutiger, brutaler und ekeleregender erzählt werden und es ärgert mich, dass ich dies so fordern muss, weil offensichtlich "Das Licht ist hier viel heller" noch lange nicht reicht.


Die Nebenfiguren:

Wenn Wenger die Hauptfigur ist, sind seine Ex-Frau und seine Kinder die Nebenfiguren. Seine Frau bleibt hohl und blass und oberflächlich und befeuert leider weiter die Vorurteile, welche die hier kritisierten Herren der Schöpfung gerne über davonziehende Ehefrauen bemühen.

Aber bei Wengers Kinder läuft Mareike Fallwickl zu ihrer ganzen Grösse auf. Da zeigt sie, was eigentlich in ihr steckt und sie lässt die starke und mutige Zoey erzählen, selber denken und schwierige Entscheidungen treffen, ihren Vater und ihre Mutter kritisieren, die Gesellschaft anprangern und dabei Kunst erschaffen. Sie lässt Zoey zuerst leise und dann immer lauter Widerstand leisten und für sich einstehen, so wie wir alle für uns einstehen sollen. Und dann ist da Spin, Zoeys kleiner Bruder. Der einfühlsame und sympathische junge Mann, der sich abgrenzt von einem Männerbild, das ihm vorgelebt worden ist, der für seine Schwester einsteht, auch wenn er sie nicht immer versteht und schade, dass er schwul ist, es wäre so viel toller gewesen, wenn all diese Eigenschaften bei einem heterosexuellen Mann aufgetaucht wären, auch hier also leider wieder Stereotyp über Stereotyp. Aber die zärtlichen Beschreibungen der Geschwisterbeziehung zwischen Zoey und Spin ist etwas vom Schönsten, das ich je über Familien gelesen habe und es ist ein schriftstellerisches Meisterstück, wie Fallwickl es schafft, die positive Entwicklung dieser Menschen sanft und aufmerksam beobachtend in ihren Roman einzuflechten, wie sie deren Vergangenheit, die darin verarbeiteten Verletzungen und Enttäuschungen, aber auch zahlreiche Abenteuer einbaut und dabei stets die Handlung im Blick behält und die Geschwister miteinander und aneinander wachsen lässt, wie es schöner nicht erzählt werden könnte.


Meine Empfehlung:

Und allen Kritikpunkten zum Trotz ist dieses Buch somit natürlich ein Muss. Ein Muss, weil es anregt, weil es für Gesprächsstoff sorgt, weil es uns dazu bringt, nach mehr zu verlangen, zu erzählen, zu diskutieren, nach Lösungen zu suchen und nach Bestrafungen zu schreien. Und weil es von einer sprachlichen Schönheit ist, die ihresgleichen sucht, Regionalkolorit und eine breite Gefühlpalette beinhaltet und von einem scharfen Intellekt und einer Leidenschaft zum Erzählen geprägt ist.

Veröffentlicht am 12.09.2019

Definitiv ein Buch fürs Herz

Über uns der Himmel
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Darum geht es:

In wenigen Sekunden verliert Kate ihren Mann Patrick bei den Anschägen vom 11.9.2001. Die beiden sind erst ein paar Monate verheiratet und wären eigentlich für den Abend verabredet gewesen, ...

Darum geht es:

In wenigen Sekunden verliert Kate ihren Mann Patrick bei den Anschägen vom 11.9.2001. Die beiden sind erst ein paar Monate verheiratet und wären eigentlich für den Abend verabredet gewesen, weil Patrick ihr eine gute Neuigkeit mitteilen will.

Erst mehr als zehn Jahre später ist Kate bereit, sich mit ihrem neuen Partner Dan einer gemeinsamen Zukunft zu stellen. Doch dann beginnt sie, so lebensecht zu träumen, dass sie nicht mehr genau weiss, was Traum und was Wirklichkeit ist. Vor allem, weil diese Träume ihren Alltag zu beeinflussen scheinen...

Aber auch beruflich tut sich einiges bei der passionierten Musiktherapeutin. Nach und nach beginnt sie nämlich, sich auf gehörlose und stark schwerhörige Kinder einzulassen und entdeckt dabei eine ganz neue Welt und Menschen, die ihre Hilfe benötigen.



Meine Meinung:

Ich habe dieses Buch am 10.9. begonnen und die Handlung beginnt auch genau an diesem Tag, um dann auf die tragischen Ereignisse des 11.9.01 einzugehen. Dies hat mich sehr unvorbereitet getroffen, weil ich die Klappentexte der Bücher meistens nicht lese und ich war sehr betroffen und berührt, schliesslich kann ich mich noch gut an den 11.9.01 erinnern. Ich war noch nicht ganz elf Jahre alt und meine Mutter stand wie paralysiert vor dem Fernseher, als ich von der Schule nach Hause kam und ich wusste sofort, dass etwas Grosses geschehen sein musste, weil der Fernseher bei uns zuhause nie am Nachmittag lief.

Es wird aber gar nicht so sehr auf die Anschläge eingegangen, sondern vielmehr auf den Verlust, den Kate dabei erlitten hat. Die Erinnerungen, die Trauer und die einzelnen Schritte der Verarbeitung sind meiner Meinung nach sehr authentisch und bewegend eingebunden. Ausserdem wird immer wieder aufgezeigt, wie viele positive Erfahrungen Kate auch nach und nach aus ihren Erlebnissen ziehen kann.

Besonders gut gefallen haben mir die Einblicke in Kates Berufsalltag. Als Musiktherapeutin arbeitet sie vor allem mit Kindern und beginnt dann, sich nach und nach mit hörgeschädigten Kindern auseinanderzusetzen. Dazu lernt sie die Gebärdensprache und es wird sehr gut aufgezeigt, welche Vorteile eine Musiktherapie mit sich bringen kann.

Was noch ein zusätzliches Plus für dieses Buch ist: im Anhang finden sich liebevoll zusammengestellte Rezepte, die zu den im Buch beschriebenen Gerichten passen und definitiv Hungrig machen.



Schreibstil:

"Über uns der Himmel" war mein erstes Buch von Kristin Harmel und ich muss sagen, dass ich begeistert bin von dieser Sprache und dem ganz speziellen Aufbau. Die Verflechtung von Traum und Wirklichkeit hat mich ein wenig an Cecelia Aherns Buch "Zwischen Himmel und Liebe" erinnert. Die Sprache ist sehr schlicht und flüssig und vermag dennoch, starke Emotionen hervorzurufen. Dies liegt sicher auch an den genauen Beschreibungen der Gefühle, Gedanken und Gesichtsaudrücke, welche die einzelnen Emotionen, aber auch die Gebärdensprache gut nachvollziehen lassen. Ausserdem sind die Atmosphären der Handlungsorte sehr stimmig erfasst und laden zum Träumen ein, bewegen und erschüttern.



Meine Empfehlung:

"Über uns der Himmel" hat mir ganz viele Tränen und auch immer wieder einmal ein Schmunzeln entlockt. Die wundervolle Handlung, die mit grandios recherchierten Hintergründen überzeugt und die liebevoll skizzierten Protagonisten, sowie der schlichte und trotzdem sehr berührende Schreibstil machen dieses Buch zu einer stimmungsvollen Lektüre fürs Herzl

Veröffentlicht am 12.09.2019

Eine letzte Reise durch halb Eurpa, Roadtrip und Abschied zugleich

Die vorletzte Reise der Ewa Kalinowski
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Darum geht es:

Ewa Kalinowski hat Krebs und bittet ihren guten Freund Lukas, sie und ihren Hund Zizou auf eine Reise durch halb Europa zu begleiten. Der junge Mann, der sich trotz abgeschlossenem Studium ...

Darum geht es:

Ewa Kalinowski hat Krebs und bittet ihren guten Freund Lukas, sie und ihren Hund Zizou auf eine Reise durch halb Europa zu begleiten. Der junge Mann, der sich trotz abgeschlossenem Studium von Gelegenheitsjob zu Gelegenheitsjob hangelt, tut ihr den Gefallen und fährt das Wohnmobil, das Ewa sich eigens dafür gekauft hat, sicher durch diverse Länder und Städte Europas. Auf dieser Reise erfährt Lukas viele Geschichten aus Ewas Kindheit in Polen und die beiden diskutieren und philosophieren über Politik, Geschichte, das aktuelle Weltgeschehen und den Tod und nehmen uns Leserinnen und Leser mit auf eine spannende Reise, die uns nicht nur zu historischen Sehenswürdigkeiten, sondern auch ein wenig zu uns selber finden lässt.


Meine Meinung:

Regina W. Egger hat dieses Buch in nur drei Wochen geschrieben, weil sie selber schwer erkrankt war und sie das Buch unbedingt fertigstellen wollte, um es für einen Schreibwettbewerb einzureichen, den sie damit sogar gewann. Dies beeindruckt mich einerseits sehr, wenn auch ich mir doch immer mal wieder ein paar Beschreibungen und Vertiefungen mehr gwünscht hätte, die aber wohl aufgrund des Zeitmangels gar nicht mehr eingebaut werden konnten. Trotzdem ist eine tiefgründige und insgesamt sehr gut ausgearbeitete Geschichte entstanden, die mich in ihren Bann gezogen hat. Ewa war mir sofort sympathisch und die vielen Reiseorte, die sie noch ein letztes Mal besuchen wollte, sind so beschrieben, dass auch bei mir ein sanftes Feriengefühl aufgekommen ist. Besonders gut gefallen haben mir übrigens die detaillierten Beschreibungen von kulinarischen Spezialitäten aus aller Welt. Aber nicht nur die Esswaren selber haben mir das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen, auch die schönen Beschreibungen der gesellschaftlichen Aspekte des gemeinsamen Essens und Geniessens waren meiner Meinung nach wundervoll dargestellt.

Auch wurde zu allen besuchten Orten einiges an (historischem) Hintergrundwissen eingebaut, das beim Lesen sowohl unterhaltsam als auch lehrreich war und mich vor allem die einzelnen Orte in Gedanken noch besser miteinander verbinden liess.



Was mir nicht ganz so gut gefallen hat:

Leider habe ich doch etwas zu bemängeln, das sich durch dieses Buch durchgezogen hat und zeitenweise ein wenig ermüdend war: Ewa kritisiert nämlich Lukas und seinen Lebensstil permanent. Sie hält ihm vor, dass er sich ab und an einen Joint gönnt, dass er nichts aus seinem Studium gemacht und keine Frau und Kinder hat und ist somit nicht besser als all die anderen in Schubladen denkenden alternden Menschen, die ihren eigenen stereotypen Lebensstil mit (Ehe-)Partnern und einer langweiligen Arbeit, die man nur des Prestiges wegen ausübt, der jüngeren Generation aufzwingen wollen. Dass Ewa Lukas dazu bringt, sein Leben und seine Lebensentscheide zu hinterfragen, hat mich überhaupt nicht gestört. Dass sie, die sonst so eine aussergewöhnliche Frau ist, nun aber null Verständnis für ihn zeigt, überhaupt nicht ausserhalb ihres vorgefassten Lebensrasters denken kann und vor allem nicht realisiert, dass er diese Reise mit ihr gar nicht hätte antreten können, wenn er in einer Beziehung gesteckt oder an einen Job gebunden gewesen wäre, ist sehr eindimensional gedacht. Ausserdem werden die politischen Ansichten der Figuren ein wenig zu plakativ aueinanderdividiert, was insgesamt ein wenig plump wirkt.


Schreibstil:

Mit ihrer sehr schlichten Sprache hat es Regina W. Egger geschafft, mich zu berühren, mich zu unterhalten und ein wenig Fernweh bei mir auszulösen. Zufällig haben Ewa und Lukas nämlich Orte und Regionen besucht, die ich selber sehr gut kenne, oder die ich gerne bald einmal besuchen möchte. Die nicht ganz einfachen Unterhaltungen, die man mit todkranken Menschen führt und manchmal führen muss, aber auch der normale und unbeschwerte Alltag während eines Roadtrips werden einfühlsam beschrieben und stimmig kombiniert. Ausserdem ist auch Ewas körperliches Wohlbefinden immer wieder ein Thema, schliesslich gibt sie das Reisetempo vor. Und vor allem gegen Ende spürt man förmlich die Eile, welche Ewa hat (und wahrscheinlich auch unsere Autorin hatte) um zum Ziel zu kommen. Man spürt die Zeit, welche durch Ewas Finger rinnt, was mir persönlich sehr nahe gegangen ist.


Meine Empfehlung:

Trotz kleiner Schwächen empfehle ich euch dieses Erstlingswerk, das mit charmantem Roadtripcharakter aber auch sehr viel Tiefgang zu überzeugen vermag, sehr gerne weiter. Die schönen Beschreibungen der einzelnen Reiseziele und der kulinarischen Höhenflüge haben mir es dabei besonders angetan.

Veröffentlicht am 05.09.2019

Eine aussergewöhnliche Idee sehr überzeugend umgesetzt

Die verlorenen Briefe des William Woolf
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Inhalt:
William Woolf arbeitet in einem Traumberuf und darf im Depot der verlorenen Briefe in London dafür sorgen, dass aufgrund von unleserlichen oder fehlenden Adressen unzustellbare Briefe doch noch ...

Inhalt:
William Woolf arbeitet in einem Traumberuf und darf im Depot der verlorenen Briefe in London dafür sorgen, dass aufgrund von unleserlichen oder fehlenden Adressen unzustellbare Briefe doch noch ihre Empfänger erreichen. Er selber steckt aber in der mittlerweile unglücklichen Ehe mit Clare, die ihn zugleich bemitleidet und ihm auch fehlenden Ehrgeiz vorwirft, fest. Schliesslich ist er es, der damals den Traum einer Schriftstellerkarriere aufgegeben hat und sich nun täglich durch fremde Post wühlt. während sie als erfolgreiche Anwältin viel Geld verdient. So einfach ist die ganze Geschichte aber nicht und als William wunderschöne Briefe findet, die scheinbar an ihn adressiert sind, realisiert er plötzlich, dass er in seinem eigenen Leben nur noch eine Statistenrolle einnimmt und beginnt, unbeholfen aber immer überzeugter die Spur der rätselhaften "Winter" zu verfolgen, während sein eigentliches Leben, seine Ehe und sein ganzes Umfeld erschüttert werden.

Meine Meinung:
Bei Friedelchen finde ich jeweils die wundervollen Bücher aus dem Wunderraum-Verlag und habe bei ihr auch schon "Wenn der Rest der Welt schläft" entdeckt, das mich ebenfalls begeistert hat. Mit William habe ich das Depot der verlorenen Briefe kennengelernt. Ein Ort, der aus Träumen gemacht scheint. Schliesslich darf man dort, was sonst verboten ist: in fremden Briefen schnüffeln. Und als wäre das nicht genug, gelingt es manchmal sogar, diese verlorengegangene Post wieder auf den richtigen Weg zu schicken und so den eigentlichen Empfänger glücklich zu machen. Ist das nicht eine wundervolle Idee?
Weiter bin ich beeindruckt von der Art und Weise, mit der Helen Cullen es schafft, die Entfremdung zwischen Clare und William darzustellen. Es sind kleine Alltagssituationen, fehlende Gesten der Zärtlichkeit, eine fehlende Kommunikation und gewisse Verhaltensweisen, welche sich die beiden angeeignet haben, um einander aus dem Weg zu gehen, die in ihrer Gänze zeigen, wie sehr sich Beziehungen verändern können, auch wenn man das so gar nicht will.
Williams Suche nach "Winter" führt ihn nach Dublin, wo er an glückliche Zeiten erinnert wird, während er einem Phantom hinterherjagt. Dies ist manchmal amüsant, meistens aber sehr schmerzlich und voller Mitgefühl und Hoffnung habe ich atemlos Seite um Seite umgeblättert, um herauszufinden, ob und wie unser - genau wie seine Briefe - verlorener Protagonist doch noch den Platz in seinem eigenen Leben finden kann.

Schreibstil:
Sanft und einfühlsam schildert Cullen einen Mann, der einfach nur irgendwie ein wenig aus seinem Leben gefallen ist, der eigentlich alles hat, aber nicht wirklich glücklich sein kann, weil er gar nicht weiss, was er wirklich will. Immer wieder nutzt Cullen die Briefe, die William nicht nur von "Winter" sondern auch von anderen Absendern findet, als Mittel, William eine Tür zu einer neuen Entscheidung oder einem neuen Abenteuer zu öffnen und hat letztendlich mit diesem Buch eine Hommage an den (hand-)geschriebenen Brief verfasst, die Lust macht, gleich selber zu Papier und Stift zu greifen. Mit viel Liebe zum Detail zeigt sie, was ein Brief alles im Sender und Empfänger bewirken kann und lässt zudem viel Poesie und Humor in eine Geschichte einfliessen, die von der ersten bis zur letzten Seite berührt.

Meine Empfehlung:
Ich bin so froh, dieses Buch gelesen zu haben, weil es mich an viele wundervolle Stunden erinnert hat, in denen ich Briefe geschrieben und gelesen habe und weil es mit einer aussergewöhnlichen Handlung, einem liebenswerten Protagonisten und einer einfühlsamen Erzählsprache überzeugen und berühren kann.

Veröffentlicht am 01.09.2019

Trotz einiger Längen sehr spannend und märchenhaft erzählt

Der verborgene Garten
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Handlung:

In mehreren Zeitebenen wird erzählt, wie die Australierin Cassandra sich auf die Suche nach ihren Wurzeln macht. Der einzige Hinweis ist das Erbe ihrer Grossmutter, ein Haus an der Küste Cornwalls. ...

Handlung:

In mehreren Zeitebenen wird erzählt, wie die Australierin Cassandra sich auf die Suche nach ihren Wurzeln macht. Der einzige Hinweis ist das Erbe ihrer Grossmutter, ein Haus an der Küste Cornwalls. Bei ihrer Reise nach Cornwall muss Cassandra sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen, wie es ihre Grossmutter vor Jahrzehnten auch schon getan hat. Nur ist ihre Grossmutter damals nie dazu gekommen, ihre Suche zu Ende zu bringen. In den Rückblenden erfahren wir, wie es Nell, Cassandras Grossmutter ergangen ist und lesen ausserdem von Eliza, die als Waise mit ihrer Cousine gemeinsam aufwächst und ebenfalls in Cornwall ihr vorübergehendes Zuhause gefunden hat.


Meine Meinung:

Die ersten paar Seiten dieses Buches lasen sich meiner Meinung nach ein wenig zäh. Dann aber habe ich immer besser in die Geschichte hineingefunden und mich selber mehr und mehr auf die Lösung des Rätsels gefreut. In der Mitte fanden sich wieder einige Längen, respektive mir waren die steten Wechsel der Perspektive insgesamt ein wenig zu anstrengend, weil die gleiche (oder sehr ähnliche) Geschichte meistens aus zwei oder sogar gleich drei Sichten geschildert wurde, obwohl schon klar war, worauf das Ganze letztendlich hinauslaufen würde. Aber gegen Ende kam noch einmal Fahrt auf, einige überraschende Wendungen wurden eingestreut und ich habe die letzten Seiten wie im Flug gelesen. Besonders gut gefallen hat mir übrigens immer die Reise in die Vergangenheit und Elizas Sicht. Von diesem kleinen Wirbelwind hätte ich gerne noch mehr erfahren und sie länger durch diese Geschichte begleitet. Leider kam für mich das Ende dann ein wenig überstürzt. Über so viele Seiten hinweg wurde die Geschichte entwickelt und viel Spannung aufgebaut und am Ende war dann alles ein wenig gar schnell erledigt und aufgelöst, was meiner Meinung nach sehr schade war.
Was mir dann aber sehr gut gefallen hat, waren die eingebauten Märchen und die Geschichten, welche sich um die Autorin dieser Märchen und die Verflechtungen ihrer Erlebnisse und Erzählungen mit der restlichen Romanhandlung drehen. Das ist wirklich ausserordentlich gut gelungen und wundervoll eingebaut worden.


Schreibstil:

Die Sprache dieses Buches hat mir sehr gut gefallen und vor allem hat es Kate Morton meiner Meinung nach gut geschafft, die unterschiedlichen Lebensumstände ihrer Protagonistinnen einzufangen und die drei Frauen damit gut durch ihre jeweilige Geschichte zu begleiten. So wird auch klar, warum alles so gekommen ist, wie es wohl kommen musste und weshalb die Figuren handelten, wie sie es eben taten. Besonders schön waren übrigens die Gartenanlagen beschrieben. Sie geben dem Buch zu Recht den Titel und die Beschreibungen davon lassen romantische und verträumte Gefühle sowie eine märchenhafte Stimmung aufkommen.


Meine Empfehlung:

Dieses Buch hat mich trotz einiger Längen aufgrund seiner fesselnden Sprache und den wundervoll geschilderten Gärten, sowie den stimmig erzählten Hintergrundgeschichten der Protagonistinnen überzeugen können, weshalb ich es euch gerne weiterempfehle.