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Veröffentlicht am 13.08.2023

Mit dem Kuscheltier Herausforderungen meistern!

Mein liebstes Kuscheltier & ich. Romy kommt in den Kindergarten
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Romy (3) liegt noch schlafend mit ihrem Kuscheldrachen in ihrem Kinderbett, als Papa sie liebevoll weckt und daran erinnert, dass sie gemeinsam zur Kindergarteneingewöhnung gehen. Da hat Romy erst mal ...

Romy (3) liegt noch schlafend mit ihrem Kuscheldrachen in ihrem Kinderbett, als Papa sie liebevoll weckt und daran erinnert, dass sie gemeinsam zur Kindergarteneingewöhnung gehen. Da hat Romy erst mal richtig Bammel, auch wenn Mama extra für sie Pfannkuchen zum Frühstück gemacht hat! Die kann sie nun gar nicht essen, dafür ist ihr zu flau im Magen! Da kommt sie auf die Idee ihren Drachen Rocky heimlich in den Kita-Rucksack zu schmuggeln. Gemeinsam mit ihm, würde sie es hoffentlich schaffen. Die Kita ist gross und fremd und einschüchternd. Als sie Lara ihrer Erzieherin in den Gruppenraum folgen soll, läuft sie schnell zurück, um sich Rocky als Verstärkung zu holen. Gemeinsam schaffen ist es und tatsächlich kommt gleich Theo zu ihr uns spricht sie an.

Die Reihe wirbt damit, dass sie divers und lebendig ist. Ja, in der Kita ist ein Kind im Rollstuhl und auch ein farbiges, völlig selbstverständlich, ohne dass es einer Erwähnung wert ist. Dennoch würde ich mir wünschen, dass die Reihe ärmer an Klischees ist. Der Vater arbeitet was am PC und telefoniert im Home Office und Mama ist Krankenpflegerin (typischer Frauenberuf) und macht Pfannkuchen zum Frühstück (die Frau am Herd!). Ich finde es super, dass das Kind liebevoll umsorgt wird und die Eltern versuchen Romy die Angst vor dem Neubeginn zu nehmen, aber mir ist die Rollenverteilung zu platt. Kann die Mutter nicht immerhin Ärztin sein oder der Vater die Pfannkuchen machen? Mein Vater hat schon vor 50 Jahren Frühstück gemacht, ohne dass ich ihn als modernen Mann bezeichnen würde... Im Theo-Band backen Mama und Oma Kuchen und Opa ist ein super Handwerker und Tüftler... wenn es sich in zwei Bänden wiederholt, ist mir das schon zu unmodern. Moderner ist es schon, dass Romy einen Drachen als Kuscheltier hat und keine Katze/Delphin/Hasen, aber das entspricht heute ja auch wirklich der Realität (ich hatte mir schon überlegt, den Drachen meiner 9 jährigen Nachbarin fürs Foto auszuleihen).

Mir gefällt Romys Kindergarten-Band deutlich besser als Theos Übernachtung bei den Großeltern, weil er viel Kuscheltier bezogener ist, was schon bei der Überblickskarte zu Beginn deutlich wird, in der Drache Rocky im Text deutlich erwähnt wird, aber nicht die Eltern. Es ist wirklich ein zentrales Thema und inhaltlich nicht so aufgefächert wie bei Theo. Gerade für die Zielgruppe ab 3 Jahren finde ich die Fokussierung auf eine Handlung sehr wichtig. Die Beschreibung des Wegs zur Kita finde ich daher völlig überflüssig, das ist viel zu viel überflüssige Information. Dass die Zwei zur Kita Radeln und für das kurze Stück eben kein Auto nehmen, hätte ich nicht nur ausreichend gefunden, sondern einfach super. Nach wie vor, finde ich die Textmenge für Kleinkinder einfach zu umfangreich. Ich werde meiner Schwägerin empfehlen, die Geschichte in eigenen Worten kurz zusammen zu fassen, weil sonst die Konzentrationsspanne der Kleinen überstrapaziert wird. Die Geschichte wird von Susanne Böse liebevoll erzählt, aber um sie an einem Stück als Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen ist sie meines Erachtens für die ganz Kleinen zu lang, da wird man mehrere Abende brauchen. Die Illustrationen von Marie Zippel sind sehr liebevoll und ausdrucksstark. Auf jedem Bild ist Rocky zu entdecken und hier steht er auch von der Geschichte her immer wieder zentral, wie ein Fels in der Brandung an Romys Seite. Die Übersichtskarte, auf der man die Kita, Romys & Rockys Zuhause und das von Theo und Bommel sieht ist sehr schön gestaltet und enthält auch weitere Infos die für ältere Kinder sehr gut gemacht sind, um ein räumliches Orientierungsvermögen und erstes Kartenverständnis zu entwickeln.

Das Thema ist absolut passend für die Zielgruppe ab 3 Jahren und passt super zur Reihe, mein liebstes Kuscheltier und ich. Kuscheltiere sind doch die perfekten Begleiter für solch unbekannte Herausforderungen, die man fürchtet, weil man sie nicht einschätzen kann. Gemeinsam sind neue Herausforderungen viel einfacher und weniger beängstigend.

Ich bedanke mich ganz herzlich beim DK Verlag für diese wunderschöne Bilderbuch.

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Veröffentlicht am 12.08.2023

Hörbuch-Rezi

Eine Lady hat die Wahl
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Lady Eliza Somerset hat mit 17 Jahren, kurz nach ihrem Debüt in der feinen Gesellschaft als Miss Balfour, den reichen Earl Somerset geheiratet, statt seines Neffen Oliver, dem sie auf den ersten Blick ...

Lady Eliza Somerset hat mit 17 Jahren, kurz nach ihrem Debüt in der feinen Gesellschaft als Miss Balfour, den reichen Earl Somerset geheiratet, statt seines Neffen Oliver, dem sie auf den ersten Blick ihr Herz schenkte. Doch ihre zarten Gefühle und ihr Herz mussten sich dem Willen und Ehrgeiz ihrer Familie beugen, und den deutlich älteren, strengen und geizigen Earl heiraten. Wobei es wohl niemand geahnt hat, dass diese freudlose Ehe nicht nur kinderlos blieb, sondern auch nach nur 10 Jahren durch den allzu frühen Tod des Earls endete. Selbst sein Testament hält für so manche eine böse Überraschung bereit, die erst 6 Monate nach seinem Tod bekannt werden. Sein Neffe Oliver ist nach der Enttäuschung in die Armee eingetreten und konnte aufgrund seiner Verpflichtung, nicht früher seinen Titel antreten. Auch seine Gefühle gegenüber Eliza flammen wieder auf, doch ist das Trauerjahr noch nicht vorbei. Da sie wieder in das Witwenhaus auf dem Landgut ziehen will, noch zurück zu ihrer Mutter, schützt sie gesundheitliche Gründe vor, um mit ihrer Cousine Margarete als Anstandsdame nach Bath zu reisen. Sie hat einen Großteil des Vermögens des Earls geerbt, vorausgesetzt, sie verhält sich moralisch einwandfrei, andernfalls, dürfe Oliver als Erbe des Titels das Vermögen und die Ländereien zurück übertragen. Wird Eliza mit ihrer Freiheit zu seiner Zufriedenheit umgehen können und was sagen seine enttäuschten Verwandten dazu? Eliza findet diese Freiheit zweifellos herrlich!

Eine unbestimmte Sittlichkeitsklausel, welche heimtückische Boshaftigkeit noch aus dem Grab heraus! Doch Eliza hat schließlich noch nie Anlass für gehobene Augenbrauen geliefert, warum sollte es nun, da sie über die finanziellen Mittel verfügt anders sein? Doch Eliza denkt nicht daran die in sie gesetzten Erwartungen ihrer Familie und der Gesellschaft zu erfüllen, stattdessen wollen sie und ihre Cousine endlich das Leben genießen. Immerhin hatte Eliza die letzten 10 Jahre selbst auf ein nachmittägliches Feuer im Kamin im Winter verzichten müssen und die unverheiratete Margaret fühlt sich wie ein Möbelstück zwischen ihren Verwandten hin- und hergeschoben, stets dahin, wo man ihre Dienste braucht. Doch in Bath soll das ganz anders werden! Schon die Reise dorthin ist ein Abenteuer, als ihre Kutsche nur knapp einem Zusammenstoß mit der von Earl Melville und seiner Schwester Lady Caroline entgeht. Die beide genießen trotz ihres hohen Standes und ihres umwerfenden Aussehens, einen nicht ganz so tadellosen Ruf. Dies liegt zum einen, an ihrer Mutter einer indischen Prinzessin, als auch an ihren dichterischen Erfolgen... zudem gilt Lord Melville als Herzensbrecher und Lady Caroline als ausgesprochen intelligent aber unverblümt in der Direktheit ihrer Ausdrucksweise. Eine solche Gesellschaft, sollte auch ohne Sittlichkeitsklausel gemieden werden, wären sie nur nicht so unverschämt gutaussehend, charmant und unterhaltsam! Wie gut, dass Oliver, der neue Lord Somerset kurz darauf ebenfalls in Bath auftaucht und Elizas Herz und Lippen im Sturm wieder erobert!

Lord Somerset ist ganz der Gentleman der alten Schule, aber irgendwie kein Darcy, ihm fehlt die Fähigkeit sich selbst in Frage zu stellen und Brillanz in einer Frau zu erkennen, wenn er sie sieht! Auch ein wacher Geist ist ihm nicht so lieb, wie schickliche Schüchternheit und Zurückhaltung! Dennoch ist dieser Roman zwar für Liebhaber der Regency Epoche vergnüglich, aber weit entfernt von Jane Austen, zu sehr wird er vom Geist der Emanzipation und der Diversität durchdrungen. Das wäre damals undenkbar gewesen! Kein Grund jedoch sich der Beschreibung der opulenten Kleider, Gesellschaften und Soirées zu entziehen und dieses Sittengemälde, das seiner Zeit weit voraus ist, nicht dennoch gut unterhalten zu lauschen! Sprecherin Tanja Forlano führt uns beschwingt und bisweilen verwirrt oder verärgert in die britischen Adelskreise mit ihren allzu strickten Regeln für die Damenwelt und ihre Doppelmoral für die Herren von Welt. Lebendig und abwechslungsreich intoniert sie dieses Wechselbad der Gefühle.

Es ist kein Roman für die Ewigkeit, wie die Werke Austens, aber dennoch gute Unterhaltung mit Herzschmerz, Pomp und Emanzipation.

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Veröffentlicht am 09.08.2023

Gefühlvoll

Gefühle
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Nach dem großen Erfolg von Freunde möchte ich nun das nächste zauberhaft illustrierte Bilderbuch von Deborah Marcero über ein weiteres wichtiges Thema der Kindheit vorstellen: überbordende Gefühle!

Leander ...

Nach dem großen Erfolg von Freunde möchte ich nun das nächste zauberhaft illustrierte Bilderbuch von Deborah Marcero über ein weiteres wichtiges Thema der Kindheit vorstellen: überbordende Gefühle!

Leander ist eigentlich ein glücklicher kleiner Hase, der gruselige Bücher, Filme und Geschichten mag, aber was er gar nicht mag, ist wenn er selbst Angst hat! Die Bücher sind ja nicht real, aber nachts, die Schatten in seinem Zimmer und die unerklärlichen Geräusche in der Dunkelheit.... Diese Angst ist ja nicht zu ertragen, was soll er da bloß tun? Nach reiflicher Überlegung beschließt Leander diese Angst in ein Marmeladenglas zu stecken, fest zu verschließen und in der hintersten Ecke seines Schranks zu verstecken! Das klappt wunderbar und so macht er es künftig, mit all seinen Gefühlen, die ihm einfach zu viel und zu stark sind und bei denen die Erwachsenen meine, er solle sie mal zügeln! Doch irgendwann ist Leanders Schrank voll und er fühlt sich ganz leer. Da brechen plötzlich Tränen der Enttäuschung aus ihm hervor und... mehr möchte ich nun wirklich nicht verraten!

Als Kleinkind erlebt man ganz viel zum allerersten Mal und das ist nicht nur aufregend, sondern bisweilen überwältigend! Das kann so einen kleinen Menschen schon mal überfordern, besonders wenn dann die Erwachsenen sagen, man solle nicht so wild sein, nicht so laut, nicht zu... ganz schön schwierig, dem immer gerecht zu werden und seine Gefühle in den Griff zu bekommen. Doch muss man seine Gefühle wirklich kontrollieren und in den Griff bekommen? Ist das nicht gerade herrlich, dass Kinder ihre Gefühle so offen und authentisch ausleben? Das Leben ist für sie so herrlich intensiv und aufregend, aber gemeinsam ist es das Allergrößte! Das Leben und seine Gefühle voll auszukosten und weder die Gefühle noch das Leben zu verschließen, lässt es uns erst so richtig genießen und macht uns zu uns selbst.

Die Illustrationen sind wieder ganz zauberhaft. Farbenfroh und ausdrucksstark und selbst bei den gruseligsten Gefühlen von Leander möchte man selbst als kleines Kind nicht weggucken, weil es so aufregend viel zu endtecken gibt! Leander ist ein süßer kleiner Hase, aber dennoch werden die kleinen Zielgruppenkinder ab 4 Jahren verstehen, dass Leander für sie selbst und ihre Gefühle stehen. Er erlebt ganz ähnliche Dinge wie sieht, er sieht nicht nur Zeichentrickfilme und geht in die Kita und auf Kindergeburtstage, sondern macht all die Dinge, die auch die kleinen Leser machen und dass ist manchmal ganz schön viel für einen kleinen Hasen. Das bringt die Autorin und Illustratorin mit einigen feinen, perfekt gesetzten Strichen in den Hasengesichtern vielschichtig zum Ausdruck.

Eine wunderschöne Ermutigung an Kinder, die Welt in vollen Zügen auszukosten und die Gefühle in der vollen Bandbreite zu zu lassen und nicht zu unterdrücken, denn das macht auf Dauer krank. Sehr gut nachvollziehbar und gerade in Zeiten, in denen Kinder viel zu oft optimiert werden sollen, unverzichtbar! (Es soll kein Appell, an ungezogenen, völlig ungezügelte Kinder sein, ihre Aggressionen rauszulassen, aber diese Kinder bekommen leider auch viel zu selten vorgelesen).

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Adrian Verlag und der Agentur Buchcontact für dieses wunderschöne, gefühlvolle Bilderbuch.

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Veröffentlicht am 07.08.2023

3 Autoren, 3 ganz unterschiedliche Thriller

Anleger 511
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Drei Autoren, drei Thriller, drei Helden, ein Ziel (Anleger 511 in Eltville).

Ein spannendes Experiment, angelehnt an „Sing my song“: drei befreundete Autoren wählen einen Charakter aus einem der Werke ...

Drei Autoren, drei Thriller, drei Helden, ein Ziel (Anleger 511 in Eltville).

Ein spannendes Experiment, angelehnt an „Sing my song“: drei befreundete Autoren wählen einen Charakter aus einem der Werke des anderen und lässt ihn/sie als Hauptfigur einen Thriller erleben, der letztendlich am Anleger 511 in Eltville (Hessen) endet.

Schließfach 102 Klaus Maria Dechant Thriller 1: Die junge, aufstrebende Enthüllungsjournalistin Emma Berg aus Stuttgart bekommt anonym den Schlüssel zu Schließfach 102 zugeschickt, während sie eigentlich in einem ganz anderen Thema steckt. Statt an dem langen Wochenende mit ihrem Freund den BKA Beamten, romantisch zu chillen und über die Zukunft zu sinnieren, fährt sie nach Zürich auf der Suche nach dem Nummernschließfach: es ist eines dass für Staatsgeheimnisse vorbehalten ist. Der Umschlag, den sie dort findet, irritiert sie noch mehr: Unterlagen über gebrauchte Näh- und Schreibmaschinen Exporte in Krisengebiete. Können sich dahinter verbotene Waffen- und Panzerlieferungen stecken? Wer ist der Whistleblower, was soll das Ganze?

Dieser Thriller gefiel mir ausgesprochen gut und zog mich sofort in seinen Bann. Workaholic Emma finde ich mit all ihren Macken sympathisch. Der Fall ist ebenso aktuell, wie geheimnisvoll, wobei er seine Wurzeln in der Vergangenheit hat. Es geht über die ehemalige „Zonengrenze“, in deutsche Mittelgebirge und hinein in die Politik und die Kunst des Vertuschens, die bisweilen mörderisch sein kann. Der Autor hat eine angenehm volle, melodische Stimme und vermag es seiner Suche nach der Wahrheit den richtigen sprachlichen Schliff und erzählerische Spannung zu geben. Absolut gelungen!

Auszeit, Jo Schuttwolf, Thriller 2: Kommissarin Michaela Cordes ist nach dem letzten Desaster erst mal suspendiert und braucht eine Auszeit, um alles zu verarbeiten und die seelischen und körperlichen Wunden heilen zu lassen. Wie gut, dass ihre alte Schulfreundin in LA lebt. Allerdings wird das Touriprogramm für sie bald zu langweilig und sie schlägt den Weg in die Elendsviertel ein. Das ist gefährlicher als sie ahnt, denn schon bald landet sie in den Katakomben wird von einer mörderischen Gang verfolgt, begleitet von einem asiatischen Teenager, den sie nicht immer versteht. Was wollen die von ihnen, und wie kommen sie da nur wieder heil raus?

Neben dem Erzählstrang um die Kommissarin, die von ihrer Auszeit mental erschöpft ist, gibt es einen zweiten, ein ausführliches Interview mit einem Künstler, der einst als Aussteiger Deutschland verließ, nachdem er so ziemlich alles mitgenommen hat, was seine Zeit so bot: RAF, Flower Power und Selbstfindungstrips. Langsam aber sicher rücken die Erzählstränge zusammen und führen natürlich nach Eltville, auf eine unvorhersehbare Weise, mit Spannung und Schwarzpulver. Spannend erzählt von der melodiös erwachsenen Stimme von Jo Schüttwolf, der gut zu dem abgeklärten Aussteiger passt. Einige der angeschnittenen Themen finde ich aus einer sehr interessanten Perspektive erzählt.

Endstation Eltville, Kai Bliesener, Thriller 3: Andy, der sexsüchtige, dauerzugedröhnte Werbefutzi aus U-Turn (dort ist er allerdings eine Nebenfigur) erwacht nach seinem Absturz während eines schamanischen Rituals in einem andalusischen Krankenhaus. Die Ärztin, die sich um ihn kümmert fasziniert ihn, ehrlich, aber etwas nagt an ihm. Er erinnert sich, dass der Werbefilm, der auf seinem Drehbuch, seinem genialen Einfall, ganz in der Nähe gedreht wurde, eingeschlagen ist wie eine Bombe! Er wurde sogar prämiert, doch er mit keinem Wort erwähnt! Gegen jeden ärztlichen Rat, entlässt er sich selbst und fliegt zurück nach Düsseldorf, um die Agenturchefin zur Rede zu stellen, denn alle ignorieren seine Anrufe. Als er ihr schickes Haus erreicht, sieht er auch wieso. Es ist, als würde er aus einem Albtraum erwachen!

Mit dem selbstverliebten, sexsüchtigen Andy, der ständig zugedröhnt ist, hatte ich schon in U-Turn so meine liebe Not, denn ich finde ihn einfach nur unsympathisch. Punkt, keine Faszination, keine Interesse für eventuelle Tiefen, die ich ihm auch nicht zutraue. Die Erzählweise erinnert an ein Filmskript, das mehrere Genres vermischt, kurze Szeneneinstellungen die zwischen High Noon, Quentin Tarantino und David Lynch schwankt. Irgendwie kam es mir aber auch etwas wirr vor, eben so zugedröhnt wie Andy. Dass mir die Autorenstimme nicht so zusagte, weil sie mir zu flach, zu blechern klang, machte es nicht besser. Für mich ist es einfach die schwächste Geschichte zum Schluss, was ich etwas schade fand. Natürlich landet auch Andy in Eltville am Anleger 511, aber nach einem Überraschungseffekt zum Schluss, der mich leider nicht so ganz überraschte...

Ein reizvolles Experiment, das ich wirklich empfehlen kann, vor allem jenen, die mehr auf Tarantino und Lynch stehen als ich.

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Veröffentlicht am 06.08.2023

Absolut lesenwert! Unbedingt auch für Lehrer!

New Kid - Als wäre Schule nicht eh schon schwer genug
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Jordan Banks (das Alter-Ego von Jerry Craft) 12 Jahre, wechselt auf dringenden Wunsch seiner Mutter, von seiner kleinen übersichtlichen Privatschule in Washington Hights zur elitären Riverdale Day Care ...

Jordan Banks (das Alter-Ego von Jerry Craft) 12 Jahre, wechselt auf dringenden Wunsch seiner Mutter, von seiner kleinen übersichtlichen Privatschule in Washington Hights zur elitären Riverdale Day Care Privatschule. Ihm sollen mal alle Möglichkeiten offenstehen und seine Herkunft aus einem der raueren Viertel der Stadt, ihm nicht im Wege stehen. Dabei wünscht er sich nichts sehnlicher, als auf die Kunst Highschool zu gehen, da er leidenschaftlich zeichnet, doch die beginnt erst ab der 9. Klasse und nicht der 7. Sein Vater versteht seine Sorgen, denn schon die Netzpräsentation zeigt, dass diese Schule nicht nur anspruchsvoll ist, sondern auch nicht sehr divers! Beiden ist klar, dass es ein farbiger Schüler dort nicht leicht haben wird, so wie sein Vater in dem von Weißen dominierten Verlagswelt auch nicht klar kam und nun das örtliche Gemeindezentrum leitet. Seine Mutter aber hat es geschafft und ist stolz darauf, daher soll auch ihr Sohn „die Regeln“ lernen. Schon als sein „Guide“ Liam ihn mit einer fetten Limosine abholt und ihn der blasse Blondschopf muffelig anschweigt, rutscht ihm sein Herz in die Hose. Kaum angekommen, laufen sie dem Schulbully Andy in die Arme und einige seiner Lehrer schaffen es einfach nicht, sich seinen, und Drews Namen zu merken. Drew ist schwarz und einer der Besten der Stufe, ein Typ, den man eigentlich nicht vergessen kann! Dass Jordan sich mit ihm und wider Erwarten auch mit Liam anfreundet, macht den Schulalltag langsam erträglich.

Diese Graphic Novel hat mir so gut gefallen, dass ich ständig meinen Töchtern und meinem Mann davon erzählt habe. Meinem Mann habe ich gesagt, dass er es unbedingt seinen Lehramtsanwärtern vorstellen soll, damit diese sich mal besser in ihre Schüler und den Alltagsrassismus in Schulen hineinfühlen können. Es sind so viele Kleinigkeiten, an denen es sich für farbige Schüler bemerkbar macht, dass sie anders sind und nein, es ist nicht immer gut etwas Besonderes zu sein! Jordan führt hierzu einen absolut unschlagbaren Dialog mit seiner Lehrerin, die es einfach nicht verstehen will, doch seine Argumentation ist unschlagbar! Er schluckt ganz schön viel, doch irgendwann, als es für seinen Freund Drew zu Unrecht kritisch wird, bricht es aus ihm heraus! Er steht zu seiner Überzeugung ein und erhält sogar Unterstützung, weil nicht nur seine Worte der Wahrheit entsprechen, sondern weil viele seiner Mitschüler ihn mögen, weil er niemals fies ist. Das hat mir besonders gut gefallen. Obwohl er viel Leid und Ausgrenzung erfährt, aufgrund seiner gemischt ethnischen Herkunft (das macht ihn ja noch schwieriger ihn einer Schublade zuzuordnen! Wo kommen wir denn da hin!) wird er niemals gemein und schon gar nicht schwächeren gegenüber, denn es gibt immer welche, die noch weiter abseits stehen als man selbst. Dass sich diese Haltung auszahlt merkt am Ende nicht nur er und die Leserschaft! Daher ist es wirklich auch ein großartiges Ende, dass zwar nicht den Alltagsrassismus per se abschafft, aber den Schulalltag und Jordans Leben doch ein Stück voran bringt!

Jerry Craft ist ein brillanter Erzähler mit Worten ebenso wie mit dem Stift! Sein Zeichenstil ist ebenso ansprechend, wie ausdrucksstark und übermittelt unterschwellig weitere Emotionen. So sehen wir bisweilen schon auf dem ersten Blick was an einigen Schülern so besonders ist, noch ehe sie protestieren, dass nicht jeder Hispanic automatisch Mexikaner ist! Ja, Rassismus ist vielfältig und diese Schüler sind erst 12, sexuelle Diversität spielt hier noch keine Rolle, was ich sehr gut finde, damit es nicht vom eigentlichen Thema ablenkt. Das Mädchen Alexandra steht hier stellvertretend für alle, die auf eine andere Weise anders sind, als wegen ihrer Hautfarbe. Richtig klasse finde ich Jordans doppelseitige Skizzen-Tipps wie z.B. Überlebensstrategien auf dem Schulweg, oder das genervte, wenn seine Mutter mit dem Fotoapparat fotografiert. Witzig, mit hohem Wiedererkennungswert und sooo treffend!

Ein sehr intelligentes, warmherziges und witziges Buch gegen Rassismus besonders im Schulalltag!

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