Profilbild von melange

melange

Lesejury Star
offline

melange ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit melange über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.09.2019

Beängstigend

Cold Storage - Es tötet
0

Zum Inhalt:
In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts werden Trini und Roberto - Agenten einer amerikanischen Geheimdiensteinheit - Zeuge der großen Zerstörungskraft eines Pilzes. Dieser wächst nicht ...

Zum Inhalt:
In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts werden Trini und Roberto - Agenten einer amerikanischen Geheimdiensteinheit - Zeuge der großen Zerstörungskraft eines Pilzes. Dieser wächst nicht nur explosionsartig, er kann sich sehr gut an äußere Begebenheiten anpassen und die von ihm befallenen Wirte dank seiner Lernfähigkeit in seinem Sinne steuern. Trini und Roberto sorgen dafür, dass das befallende Dorf in Australien durch Brandbomben ausgelöscht wird, aber eine Probe des Pilzes wird in Amerika eingelagert. Tief unter der Erde, sicher versteckt. Oder vielleicht doch nicht tief, nicht sicher genug?

Mein Eindruck:
„Alles Gute kommt von oben“ ist hier leider nicht Programm. Ganz im Gegenteil greift David Koepp zu der Idee, dass ein Organismus dank des Absturzes von Skylab auf die Erde trifft, um sie sich untertan zu machen, - mit tödlichen Konsequenzen für alles Leben auf dem Planeten. Der Einfall, das misslungene Ende von Skylab zum Ausgangspunkt zu machen, ist nur eine der vielen Verweise auf echte Begebenheiten, so dass das Szenario erschreckend echt wirkt. Sehr geschickt baut Koepp Klimaveränderungen, Umgang mit Altlasten und Alltagsrassismus in seine Story ein, jedoch dieses sehr subtil und dadurch viel glaubhafter und erschreckender, als es die sonst gerne gewählte Holzhammer-Methode bewirken könnte. Ebenfalls geschickt die Idee, seinen Charakteren einen Hintergrund zu geben, - egal wie schnell sie später sterben. Dadurch tritt ein Unsicherheitsfaktor ein, ob die Person wirklich wichtig oder schon bald tot ist. Dabei gefällt, dass fast alle Charaktere gute und schlechte Seiten haben, also nicht zu sehr in Klischees verfallen. Einzig die politisch korrekte Mischung (schwarz, weiß, Latino, gemischtes Team mit weiblicher Führungsperson) amüsiert, wirkt jedoch nicht allzu aufgesetzt.
Der größte Teil der Handlung spielt sich innerhalb weniger Stunden ab, - auch das trägt zum Spannungsbogen bei. Aber auch wenn die Menschheit überlebt – schließlich würde sonst keiner das Buch noch lesen können – bleibt ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken, was möglicherweise so alles in irgendwelchen Schächten lagert… und ob nicht irgendwo schon ein Lämpchen blinkt…

Mein Fazit:
Ein al(l)ptraumhafter Gedanke

Veröffentlicht am 22.09.2019

Keine lahmen Gäule, sondern coole Säue

Dead Lions
0

Zum Inhalt:
Ein Ex-Spion stirbt scheinbar an einem Herzinfarkt in einem Bus. Aber dann stellt Jackson Lamb, Chef des Slough House für gescheiterte MI5-Existenzen, Ungereimtheiten fest. Möglicherweise ergibt ...

Zum Inhalt:
Ein Ex-Spion stirbt scheinbar an einem Herzinfarkt in einem Bus. Aber dann stellt Jackson Lamb, Chef des Slough House für gescheiterte MI5-Existenzen, Ungereimtheiten fest. Möglicherweise ergibt sich ein Zusammenhang mit russischen Schläfern, die geweckt werden sollen: Tote Löwen, die in Wirklichkeit nur Winterschlaf halten. Oder aber mit der Ankunft eines Oligarchen, die das MI5 in Atem hält und für das zwei Mitarbeiter der Slough House wieder – für kurze Zeit – in Amt und Würden gesetzt werden.
Grund genug für Jackson, die Kräfte des Slough House zu mobilisieren, denn schließlich sind seine Leute alle Agenten, auch wenn sie einen Fehler gemacht haben.

Mein Eindruck:
Nach dem ersten Fall, der die lahmen Gäule erst einmal paradieren ließ bevor sie richtig loslegten, beginnt „Dead Lions“ direkt einmal mit mehr als nur einem gemächlichen Trab. Dadurch, dass es nur zwei neue Agenten als Ersatz für Weggänge aus dem ersten Fall zu beschreiben gilt und die schon bekannten Charaktere nur mit einem Auffrischen ihrer Verfehlungen eingeführt werden, geht die Story gleich in die Vollen. Intelligent entwickelt Herron seine doppelbödige Geschichte, seine Personen – insbesondere den Protagonisten Jackson Lamb – und ihre Lebensumstände beschreibt er zuweilen fast zu bildhaft (die Flatulenzen Lambs gehen irgendwann doch ein wenig über die Grenzen des guten Geschmacks). Am besten gefallen der boshafte, sarkastische und tiefschwarze britische Humor - lakonisch bis ins Mark - und die Schilderungen des gegenseitigen Misstrauens auf allen Ebenen: Untereinander, gegenüber den Russen und ganz besonders gegenüber die Kollegen, die noch in Ehren und Würden arbeiten dürfen und die Slough Horses gerne als Bauernopfer oder Sündenböcke missbrauchen. Aber trotz aller Bedenken kämpfen sie dann doch als Herde und Verluste in den eigenen Reihen führen zu wenn auch nur kurzzeitiger Verbundenheit, die dieses Misstrauen hinwegfegt und ungeahnte Kräfte freisetzt.


Mein Fazit:
Zwar zuweilen zu schlechte Manieren, trotzdem very british und ein großer Genuss

Veröffentlicht am 11.09.2019

Herrensitzung

Du bleibst mein Sieger, Tiger
0

Zum Inhalt:
Wenn die eigenen Kinder hemmungslos ihre Jugend ausleben, wird es für ihre Eltern schwierig. Denn diese durchleben die Phase der Alterspubertät. Jahre, in denen man sich vom Geist her noch ...

Zum Inhalt:
Wenn die eigenen Kinder hemmungslos ihre Jugend ausleben, wird es für ihre Eltern schwierig. Denn diese durchleben die Phase der Alterspubertät. Jahre, in denen man sich vom Geist her noch sehr jung fühlt, der Körper aber leider nicht mehr so reagiert, wie man es sich wünscht. Und leider nicht nur der Körper, sondern auch das Umfeld. Schwierige Jahre, die zu allem Überfluss auch nicht wenige sind. Dass dieser Zeit auch eine gewisse Komik innewohnt, bringt dieses Buch seinen Lesern nahe.

Mein Eindruck:
Das Buch von Maxim Leo und Jochen Gutsch erinnert an eine Herrensitzung im Karneval. Viele Pointen sitzen und würden auch ein weibliches Publikum zum Lachen bringen, andere sind so … gewagt … dass man sie besser für sich behalten sollte.
Und so fühlt man sich wie auf einer Schiffschaukel. Von grandiosen, himmlischen Humor-Momenten wie zum Beispiel die Beschreibung des alterspubertierenden Mannes als leichte Beute einer Parfümerie-Fachverkäuferin fällt man leider auch schon einmal ins Bodenlose (die Unterhaltung mit dem besten Stück des Mannes finden wohl nur echte Pubertierende lustig). Bei solch eklatanten Unterschieden im Niveau fragt sich die geneigte Leserin, ob die Autoren möglicherweise nicht gleichzeitig, sondern alternierend gewirkt haben. Denn das Buch ist keine durchgehende Geschichte, sondern nimmt in Episoden das ach so schlimme Schicksal des Mannes in der Midlife-Crisis aufs Korn. Doch ein Kompliment muss man den Autoren machen: Zwar sind die Teilstücke inhaltstechnisch von unterschiedlicher Güte, sprachlich aber durchgängig ansprechend.
Uneingeschränkt sehr gut ist die Interpretation der Texte durch Hendrik Duryn. Ihm nimmt man praktisch jede Verzweiflung gegenüber den Nickligkeiten ab, die das Alter für Männer bereit hält.

Mein Fazit:
Gerne ein Nachfolger-Buch, gerne ohne Genitalien

Veröffentlicht am 10.09.2019

Schuld und Sühne

STILL ALIVE - Sie weiß, wo sie dich findet
0

Zum Inhalt:
Libby kann ihr Glück kaum fassen, als sie das Angebot eines Haustauschs in ihrem Briefkasten findet. Ihr Mann Jamie zweifelt an seiner Selbständigkeit, seine Ex-Freundin versucht, Jamie zurückzuerobern ...

Zum Inhalt:
Libby kann ihr Glück kaum fassen, als sie das Angebot eines Haustauschs in ihrem Briefkasten findet. Ihr Mann Jamie zweifelt an seiner Selbständigkeit, seine Ex-Freundin versucht, Jamie zurückzuerobern und sie selbst hat eine Fehlgeburt erlitten. Doch dann passieren seltsame Dinge in der wunderschönen Villa, die ihr angeboten wurde und auch nach der Heimkehr wird es nicht besser: Leergeräumte Konten, gefälschte Liebesbriefe und ein toter Hund. Libby wird langsam klar, dass sie ihrer Vergangenheit nicht entfliehen kann. Damals, in Thailand, starb ihre Freundin bei einem Hotelbrand. Oder etwa nicht?

Mein Eindruck:
Zwei sehr junge Mädchen, die vor ihrem Leben in England nach Thailand geflohen sind und sich schuldig gemacht haben, - das ist die Ausgangslage für eine Geschichte, bei der das Grauen sich wie ein Nebel ausbreitet: Erst ganz langsam und unmerklich, um dann schließlich zu einer Wand zu werden, aus der man nicht mehr hinausfindet. Der Thriller von Claire Douglas bietet eine gut durchdachte Handlung auf zwei Zeitebenen, sympathische und unsympathische Charaktere und zwei Hauptfiguren, die es den Lesern nicht leicht machen: Beide bieten genug positive Eigenschaften (und eine schwere Jugend), um Verständnis für ihr Handeln aufzubringen, jedoch ebenfalls genügend Abgründe, um die letztendlichen Konsequenzen gutzuheißen. Die inhaltlichen Wendungen sind meisterhaft, die späteren Erklärungen für Vorgänge in sich schlüssig und gelungen. Besonders gefällt die Folgerichtigkeit des Handelns, - etwas, was nicht jede/r Autor/in den erdachten Charakteren gönnt, jedoch ein Zeichen besonderer Güte ist.
Zu einer interessanten Handlung gesellt sich ein flüssiger, (nicht zu) bildhafter Schreibstil, der Schauplätze, Gedankenspiele und Personen so eindringlich beschreibt, dass man mit ihnen fühlt und ihren Augen sieht.
Das alles macht „Still Alive“ zu einem sehr guten, facettenreichen Thriller auf jeder Ebene.

Mein Fazit:
Man muss für alles bezahlen, - der Preis für das Buch „Still Alive“ ist absolut nicht zu hoch

Veröffentlicht am 08.09.2019

Krimisprint

Tödlicher Schnitt
0

Zum Inhalt:
Als ein berühmter Filmstar in Berlin ermordet wird, bekommt die dort wirkende Kommissarin Lenz den amerikanischen Kollegen Cassidy zur Seite gestellt. Obwohl sie eine Eigenbrötlerin ist, funktioniert ...

Zum Inhalt:
Als ein berühmter Filmstar in Berlin ermordet wird, bekommt die dort wirkende Kommissarin Lenz den amerikanischen Kollegen Cassidy zur Seite gestellt. Obwohl sie eine Eigenbrötlerin ist, funktioniert die Zusammenarbeit dank des offenen Wesens Cassidys direkt und das ist auch gut so. Denn fast im Minutentakt fallen noch mehr Menschen dem Täter zum Opfer, der sich bei seinen Morden von Filmen inspirieren lässt und seine Inszenierungen ins Internet stellt.

Mein Eindruck:
Oliver Schütte hetzt seine Leser durch die Handlung. 288 Seiten sind nicht viel für einen Krimi, da bedarf es schon eines guten Aufbaus, eines stringenten Schreibstils und einem Fokus auf die Handlung ohne nebensächlichen Schnickschnack wie die gern genommene Problematik „Kollegen, die sich nicht ausstehen können“. All das bietet „Tödlicher Schnitt“ und man ist positiv überrascht, dass auf so kleinem Platz ein nicht nur ordentlicher, sondern sehr guter Kriminalroman präsentiert werden kann. Schütte nimmt sich genügend Zeit für viele seiner Charaktere – Opfer wie Kommissare – und streut ein paar amüsante Culture-Clash-Momente ein, die glücklicherweise nicht durch Reibereien geschmälert werden. Ganz im Gegenteil nähern sich die im Wesen sehr unterschiedlichen Ermittler vorsichtig aneinander an, ohne gleich Brüderschaft zu trinken. Einzig die Beschreibung der Tätersicht könnte als zu dünn empfunden werden und der Abschluss des Falls hätte ein paar mehr Seiten vertragen können. Glücklicherweise (warum sollte der Klappentext den „ersten Fall“ sonst so betonen?) sind Fortsetzungen mit dem sympathischen Ermittler-Team geplant und nach der Berliner Fingerübung könnte das amerikanische Meisterstück folgen. Denn so gelungen wie die Schauplätze in Berlin vor dem geistigen Auge entstehen, träumt man sich auf die „Straßen von San Francisco“ – wenn auch ohne Karl Malden und Michael Douglas.


Mein Fazit:
Für so einen günstigen Preis gibt es nichts zu meckern. Gar nix!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
  • Spannung