Cover-Bild Apeirogon
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25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Rowohlt
  • Themenbereich: Belletristik - Sonstiges
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 608
  • Ersterscheinung: 21.07.2020
  • ISBN: 9783498045333
Colum McCann

Apeirogon

Volker Oldenburg (Übersetzer)

Rami Elhanan und Bassam Aramin sind zwei Männer. Rami braucht fünfzehn Minuten für die Fahrt auf die West Bank. Bassam braucht für dieselbe Strecke anderthalb Stunden. Ramis Nummernschild ist gelb, Bassams grün.
Beide Männer sind Väter von Töchtern. Beide Töchter waren Zeichen erfüllter Liebe, bevor sie starben. Ramis Tochter wurde 1997 im Alter von dreizehn Jahren von einem palästinensischen Selbstmordbomber vor einem Jerusalemer Buchladen getötet. Bassams Tochter starb 2007 zehnjährig mit einer Zuckerkette in der Tasche vor ihrer Schule durch die Kugel eines israelischen Grenzpolizisten.
Ramis und Bassams Leben ist vollkommen symmetrisch. Ramis und Bassams Leben ist vollkommen asymmetrisch. Rami und Bassam sind Freunde.
Apeirogon: eine zweidimensionale geometrische Form mit einer gegen unendlich gehenden Zahl von Seiten.
Während "Apeirogon" nach und nach seine nahezu unendlichen Seiten auffächert und die beiden Männer in seiner Mitte rahmt, entfaltet sich der Palästinakonflikt in seiner ganzen Historie und Komplexität. Dies ist Colum McCanns überwältigendes Meisterwerk - ein Roman, der das Unbeschreibliche sinnlich und sinnhaft erfahrbar, greifbar macht. Ein kaleidoskopischer Text stellt die zeitlose Frage: Wie leben wir weiter, wenn das Liebste verloren ist? Und: Wie kann der Mensch Frieden finden? Mit sich selbst, mit anderen.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.07.2021

Ein Kaleidoskop voller Schmerz und Suche nach Versöhnung

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Der Autor selbst spricht von einem Hybrid-Roman. Mehr als 1000 Kapitel, die manchmal nur ein Gedankensprengsel, ein Satz sind. "Apeirogon" vom Colum McCann ist ein Kaleidoskop des Nahostkonflikts, der ...

Der Autor selbst spricht von einem Hybrid-Roman. Mehr als 1000 Kapitel, die manchmal nur ein Gedankensprengsel, ein Satz sind. "Apeirogon" vom Colum McCann ist ein Kaleidoskop des Nahostkonflikts, der verschiedenen Lebenswelten in Israel, ganz abhängig davon, in welche Religion, ethnische Gruppe, Region jemand hineingeboren wurde. Und dennoch gibt es diese enorme, lebenserschütternder Gemeinsamkeit, die der Palästinenser Bassam, geboren in einer Höhle bei Hebron, und Rami - väterlicherseits Sohn eines ungarischen Holocaust-Überlebenden, müttericherseits Jerusalemer in der siebten Generation, miteinander teilen: Sie sind verwaiste Eltern, jeder von ihnen hat eine Tochter gewaltsam verloren. Ramis Tochter Smadar starb im Alter von 13 Jahren in einer Jerusalemer Einkaufsstraße, als sich drei Selbstmordattentäter in die Luft sprengten. Abir, die zehnjährige Tochter Bassams, wurde von dem Gummigeschoss eines israelischen Soldaten in den Schädel getroffen, als sie sich in der Schulpause im Laden gegenüber Süßigkeiten kaufte.

So sehr McCann verändert, hinzugefügt, fiktive Szenen geschaffen und eigene Gedanken hinzugefügt hat: Die Geschichten von Abir und Smadar sind wahr, die Freundschaft ihrer Väter, buchstäblich in Schmerz und Trauer geboren, ebenso. Bassam hatte sieben Jahre in einem israelischen Gefängnis gesessen, weil er alte Handgranaten auf israelische Militärfahrzeuge geworfen hatte. Da war er 17. Die Erfahrung von Misshandlungen und Gewalt verstärkte nur den noch vorhandenen Hass. Als er eine Dokumentation über den Holocaust sah, konnte er erstmals das Leid erkennen, dass vor der Staatsgründung Israels gelegen hatte. Rami war nach Smadars Tod nur widerwillig einer Einladung zum Parents Circle gefolgt. Als er eines Palästinenserin mit dem Bild ihrer toten Tochter sah, erkannte er, dass der eigene Schmerz auch auf der "anderen Seite" bekannt ist.

In "Apeirogon" gibt es vielfältige Betrachtungen, zu Vögeln und zu Musik, zu ausgedörrten Landschaften und längst nicht alles davon spielt für die Handlung eine Rolle. Am eindruckvollsten sind die Szenen, die sich um das Leben von Bassam und Rami und ihren Familien drehen, das durch den Tod von Smada und Abir aus der Bahn geworfen wird, in denen es um den Schmerz geht, der nicht vergeht. und den Weg zu der Entscheidung, nicht zu hassen, sich für ein friedliches Miteinander und eine Aussöhnung einzusetzen. Zu reden, egal wie oft sie niedergeschrien werden, "Es ist erst vorbei, wenn wir miteinander reden" steht auf einem Aufkleber an Ramis Motorrad.

Eine Analyse des Nahostkonflikts, das kann und will der Autor nicht bieten. Statt dessen stellt er Fragen. Wie kann man weiterleben nach dem Verlust eines Kindes? Wie kann man wieder Frieden finden - mit sich, aber auch mit anderen? Und klar: Rami und Bassam stehen in ihren jeweiligen Gemeinschaften für eine Minderheit. In einer Gesellschaft, in der Gewalt oder zumindest die Gefahr von Gewalt allgegenwärtig ist, ist es nun mal leichter, an den Mauern, Vorurteilen und Verurteilungen der anderen Seite festzuhalten. Aber gerade deshalb ist die Stärke des Ramis und Bassams dieser Welt, die sich mit Hass nicht abfinden wollen, um so beeindruckender.

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Veröffentlicht am 01.04.2021

Ein großartiges Werk! Es wurde facettenreich, vielschichtig, akribisch und komplex erzählt.

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Es ist ein Buch, das die Tode zweier Mädchen und den Hintergrund des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern komplex und akribisch behandelt.

Ich habe mir dieses Buch aus der Bücherei ausgeliehen ...

Es ist ein Buch, das die Tode zweier Mädchen und den Hintergrund des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern komplex und akribisch behandelt.

Ich habe mir dieses Buch aus der Bücherei ausgeliehen und ca. die erste Hälfte auf Deutsch gelesen. Da ich dieses Buch sehr gut finde, habe ich es mir für die zweite Hälfte (und für meine Büchersammlung) gekauft. Allerdings die englische Version, weil dieses Cover so viel schöner ist und insgesamt mehr Sinn macht, insbesondere wenn man einen Bezug zwischen Titel und Inhalt und den Vögeln und dem Muster herstellt.

Erzählt wird eine wahre Geschichte, die erzählt werden muss!

Es geht um zwei Mädchen, die gestorben sind.
Eine Israelin und eine Palästinenserin.
Beide getötet durch Staatsangehörige des jeweils anderen Staates.
Verbunden durch ihre Väter, die trotz allem oder auch gerade deswegen noch Freunde sind.

Eine Geschichte, die so traurig wie auch inspirierend ist, was nicht zuletzt an den Vätern liegt.

Der Aufbau und die Erzählweise sind allerdings gewöhnungsbedürftig, manchmal wirkte es abstrus. Aber es passt!!!! Zum Aufbau ist zu sagen, dass die Hauptgeschichte z.B. mit dem Alltag und seinen speziellen Hürden, sehr vielen interessanten Daten und Fakten, historischen Ereignissen und der Rolle der Zugvögel unterbrochen und ergänzt wird.

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Veröffentlicht am 26.12.2020

Colum McCann – Apeirogon

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Zwei Väter, Rami Elhanan und Bassam Aramin, die unzählige Gemeinsamkeiten haben. Beide haben sie eine Tochter verloren, beide leben sie auf demselben Fleckchen Erde, beide wollen den anderen verstehen, ...

Zwei Väter, Rami Elhanan und Bassam Aramin, die unzählige Gemeinsamkeiten haben. Beide haben sie eine Tochter verloren, beide leben sie auf demselben Fleckchen Erde, beide wollen den anderen verstehen, beide wollen Frieden. Doch es trennen sie auch Welten: Rami ist Israeli, Bassam Palästinenser. Ramis Tochter wurde bei einem hinterhältigen Selbstmordattentat getötet, Bassams Tochter durch die Waffe eines israelischen Soldaten. Sie können sich nicht gegenseitig besuchen, das verbietet das Gesetz und an Checkpoints wird dies kontrolliert. In der Organisation “Parents Circle“ treffen sich Eltern wie sie, die durch den Konflikt ihre Kinder verloren haben und nur einen Wunsch haben: dass nicht noch mehr Eltern dieses Martyrium erleiden müssen.

Colum McCanns Roman ist eine Mischung aus Fakt und Fiktion. Die beiden Väter und ihre Töchter sind real, jedoch nicht alle Gedanken und Ereignisse, die geschildert werden. Auch wird die Handlung durch zahlreiche Fakten ergänzt, die Lexikon-gleich das Geschilderte untermauern und auch versachlichen. Bevor es zu emotional wird, tritt man wieder einen Schritt zurück. Man bewegt sich immer wieder hin und her in diesem Spannungsfeld, das auch durch die 1000 Kapitel, die zunächst aufsteigend, dann absteigend nummeriert sind, unterstützt wird. Dieser Wechsel des Blickwinkels ist es auch, der schon im Titel festgeschrieben ist: ein „Apeirogon“ ist ein Vieleck mit einer gegen Unendlich gehenden Anzahl von Seiten. In der Nahaufnahme sieht man eine Linie und einen Winkel, aus der Ferne stellt sich die Figur jedoch womöglich ganz anders dar. So auch der Konflikt, der sich aus der Ferne zwischen zwei Staaten oder Völkern abspielt, aus der Nähe betrachtet jedoch das Schicksal einzelner Menschen besiegelt.

Es ist nicht leicht zu fassen und zu verstehen, was Bassam und Rami erleiden. Dies wird durch Schleifen und Wiederholungen angedeutet, die gleich dem Leiden und gedanklichen Kreise-Drehen um immer wieder dasselbe Ereignis funktionieren. Smadar und Abir kannten sich nicht, zwischen ihren Todestagen liegen zehn Jahre und doch wurden ihre Schicksale miteinander verbunden; sie stehen auf verschiedenen Seiten desselben ermüdenden Konflikts und beide haben als junge Mädchen völlig sinnlos ihr Leben gelassen.

„Damals fehlte mir das Bewusstsein, um es mir einzugestehen, aber verstehen Sie? Ich war Ende vierzig, und zum ersten Mal in meinem Leben begegneten mir Palästinenser als menschliche Wesen. (...) ich erkannte sie als Menschen, die die gleiche Last trugen wie ich, dasselbe Leid empfanden. Ihr Schmerz war mein Schmerz.“

Zwei Seiten des Nahostkonflikts, gespiegelt in einem einzigen Roman. Eine Geschichte über Gewalt und Leid, aber auch über Vergebung und Aufeinanderzugehen. Ein politischer Roman, der jedoch das persönliche Schicksal ins Zentrum rückt und zeigt, dass viel zu oft die Menschen vergessen werden, die hinter politischen Entscheidungen stehen, die diese ausbaden und unter ihnen leiden. Auch McCann liefert keine Lösung, aber Hoffnung darauf, dass ein Wille vorhanden nicht, nicht noch mehr Leid zu produzieren. Für mich einer der literarisch ausgereiftesten und inhaltlich bedeutsamsten Romane des Jahres.

Veröffentlicht am 28.11.2020

Von Vögeln und Gummigeschossen

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Rami ist Israeli, Bassam ist Palästinenser.
Ramis Tochter Smadar wurde bei einem Attentat getötet.
Auch Bassamns Tochter Abir wurde getötet.
Diese Erfahrung verbindet die beiden Männer. Und sie setzen ...

Rami ist Israeli, Bassam ist Palästinenser.
Ramis Tochter Smadar wurde bei einem Attentat getötet.
Auch Bassamns Tochter Abir wurde getötet.
Diese Erfahrung verbindet die beiden Männer. Und sie setzen sich trotz der Verluste für den Frieden ein. Das erfordert viel Stärke und es gibt auch Widerstände, aber beide lassen nicht von ihrer Mission abhalten.

Das Buch ist sehr fragmentarisch. Erst in der Mitte befinden sich ausführlichere Lebensberichte von Rami und Bassam.
Das Buch hat 1000 Kapitel, eigentlich 1001, doch das ist in der Mitte versteckt und von da zählen die Kapitel rückwärts.

Colum McCann lässt vieles einfließen: Borges Eibdrücke, Picassos Friedenstaube, Sinead O´Connors Songs, Mahmud Darwish Reden und Gedichte, Francois Mitterands sterben, die Reisen des Costigin, den Seiltänzer Petit, Francis Burton als Pilger, John Cage, Einstein und Freuds Briefwechsel ...

Vögel sind ein Leitmotiv des poetisch gestalteten Romans. In verschiedenster Form ziehen sie sich durch das Buch. Das gilt aber für die Gummigeschosse, das starke reale Symbol für unbarmherzige Gewalt.
Colum McCanns Roman ist herzzerreißend, gerade weil er auf realen Ereignissen Bezug nimmt. Außerdem schafft er durch den komplexen, umfassenden Ansatz neue Perspektiven auf den Konflikt.

Ein sehr lesenswertes Buch!