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Veröffentlicht am 02.04.2025

CAPTAIN FUTURE! zeitloser Klassiker im neuen Gewand – MangaCOMIC der Zukunft?

Captain Future
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Nach wie vor weiß Captain Future einfach vollends zu begeistern, ja er hat nichts von seiner enorm soghaften Bannkraft verloren – auch wenn diese SciFi-Klassiker-Reihe des amerikanischen Autors und Miterfinders ...

Nach wie vor weiß Captain Future einfach vollends zu begeistern, ja er hat nichts von seiner enorm soghaften Bannkraft verloren – auch wenn diese SciFi-Klassiker-Reihe des amerikanischen Autors und Miterfinders des Space Opera Genres Edmond Hamilton (1904-1977) bereits zwischen den 1940ern bis ‘44 erschaffen und publiziert wurde. Dies zeigte nicht weniger, viel mehr um so mehr! auch die seit 2012 (im Maritim-Verlag/Sebastian Pobot) herausgebrachte, überragende Hörbuchspielreihe (bisher 6 Staffeln), inszeniert nach E. Hamiltons Original-Cpt.Future-Geschichten - inkl. Original-Synchronsprechern und Christian Bruhns legendären futuristischen Soundtrack aus der kultigen TV-Anime-Serie.

1978 übertrugen das Kreativteam der japanischen Tōei Dōga (heute Tōei Animation)-Schmiede Edmond Hamiltons fantastischen Geschichten um den „Zauberer der Wissenschaften“ in die Moderne-der-bis-frühen-80er-Jahre. Damalig wurden 13 (von insgesamt 20) Captain Future Pulp-Romane, bestehend aus jeweils 4 (ca. 30minütigen) Folgen, plus einem Special, als Zeichentrickfilm-Serie für das Abendprogramm (und damit ältere Publikum) erschaffen.


Der imponierende CAPTAIN FUTURE macht sich in der COMET, seinem Überlichtraumschiff, auf den Weg, um ohne Unterlass die Galaxie vor machtbessenen Usupatoren, korrupten Verbrechern und Bedrohern der Freiheit zu schützen, setzt sich unaufhaltsam für Gerechtigkeit und Frieden ein.
Dabei wird der in Biologie, Chemie, Geologie, Astrophysik und körperlicher Fitness bestausgebildeste Curtis Newton auf diesen seinen spektakulären Abenteuern in die Weiten des Weltraums begleitet von seiner beeindruckenden Mannschaft: Professor Simon Wright (das lebende, menschliche Gehirn in einem fliegenden Serumbehälter), der bionische Androide Otto, (der m.u. fähig ist, gummi-knetartig in die verschiedensten Charaktere zu switchen), und, der ungeheure starke u. technisch-versierte Roboter Grag, samt putzigen Bord-Haustieren Yiek & Oak.
Nicht zu vergessen stehen der CF-Crew auch die dynamische Weltraumpolizistin & Spezialagentin Joan Landor sowie der Leiter der Planetenpolizei & Marshall Ezella Garnie beiseite, nebst Waisenjunge Ken Scott.

Statt allerdings alle 52 ungekürzten Folgen, der Reihe nach, auszustrahlen (wie etwa in Japan, Frankreich usw.), schnitt nur Deutschland (ZDF), hinsichtlich einem Kinderprogrammkonzept, freizügig, teils rüde auf 3-Teiler runter, und strahlte damit nur insg. 40 Episoden aus, noch dazu nicht immer folgerichtig, und, verständnislückenhaft.
So z.B. fielen auch Szenen aus Captain Futures Kindheit der Schere zum Opfer, ein Verlust, auch wenn sich Curtis‘ Vergangenheit von der im Roman erzählten schon recht unterscheidet.

Nach der nun vor 45 Jahren im deutschen Fernsehen gezeigten japanischen SciFi-Anime-Serie folgt nun eine Umsetzung dieser Vorlage in die mangamäßige Comic/ Graphic Novel-form, die mit dem von 1980 bis ‘83 im Bastei Lübbe Verlag erschienen Comicstrip für Kinder (80 Hefte, je um die 30 Seiten, und Ableger) mitnichten vergleichbar ist.

Bereits letztes Jahr in französischer Sprache auf dem Markt (Capitaine Flam - L'Empereur Éternel), kann jetzt endlich, Carlsen Comics macht es möglich!, seit 25. Februar 2025, auch auf Deutsch Captain Future in dieser erstmaligen Comic/Manga-Transformation bestaunt werden.
Auf 167 Seiten in gebundener Ausgabe mit dem Titel „Der ewige Herrscher“ liegt keine ‚komplett neue, weitere‘ Erzählung um Megara vor, einem fiktiven Planeten im Sternbild Schwan, sondern, ein Wiedersehen in neuer Version (oder dem Versuch einer Neu-interpretation), visuell wie erzählerisch, der bekannten japanischen Zeichentrickvorlage -- und zwar: DER HERRSCHER VON MEGARA, [in der jap.Serie mit dem Titel: „Der schreckliche Weltraumherrscher/Der Schrecken des Weltraumherrschers“ übersetzt], welchem ursprüngl. Edmond Hamiltons erster CF-Roman Der Sternenkaiser (Captain Future and the Space Emperor) zugrunde lag, und dem mit dem gleichnamigen Übertitel „Der Sternenkaiser“ als inszeniertes Hörbuch (3.Staffel, 5 Folgen) gelauscht werden kann.

Der Plot: Auf einem Planeten kommt es zu einer seuchenartigen Verbreitung einer ominösen Krankheit, bei der immer mehr und nur Erdlinge sich in primitive Bestien verwandeln. Der mysteriöse Herrscher von Megara soll damit im Zusammenhang stehen, eine vernichtende Revolte droht – Captain Future & seine Crew werden zu Hilfe gerufen. Wird es ihnen gelingen rechtzeitig ein Heilmittel zu finden und das Komplott aufzudecken?

Ob es den Franzosen Alexis Tallone (Illustrator) und Sylvain Runberg (Autor) gelungen ist, mit ihrer Version eines Retellings und Übertragung in das Comic/Manga/Graphic Novel-Universum dem Erbe gerecht zu werden?

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Im ersten Eindruck zum Buch, von dem ein starker Farbdruckduft ausdünstet, ist es etwas betrübend, dass hier nicht mit vollstem Verve an einer Top-Ausstattung gepowert wurde: keine Glitzerelemente, 3D-Effekte, Folien, reliefartige Erhebungen,… Buchdeckel sind innen schnöde schwarz, auch weiße blanke Seiten ungenützt, die mit vielen Extras gespickt werden hätten können (etwa: Sternenkarten, Charaktere-Übersicht, Edmond Hamilton Biographie-Abriss, Tōei-Studios…. ), ganz zu schweigen von einer prachtvollen Schnittgestaltung - wohl unüblich im Comicgenre, aber, warum nicht mal neue Standards setzen. (Überhaupt: gerade in Hinsicht heutiger Papierknappheit sollte wirklich jede Seite voll ausgekostet werden.)

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Einschneidende Abänderungen der jap.Figurenzeichnung, teilweise sogar in die Charaktere, die enttäuschten:

Captain Futures Physiognomie ist zwar gut eingefangen, sein ernster, konzentrierter Ausdruck, auch der Raumanzug (wie schon Ezellas Montur) prima beibehalten (bis auf die nicht ganz so gute Ausprägung des Gürtels insb. Future-Schnalle, sowie fehlende Details der signifikanten ‚Armbanduhr‘) - ALLERDINGS, am anschaulichsten gleich direkt auf dem Buch-Cover zu ersehen ((man lege nur mal als Vergleich die Blu-ray-Hülle der Originalfassung -OMU- daneben)), ist CF, (sein Gesicht), als ein 16jähriger Jungspund!! gezeichnet ((weil: seine Augen, mit diesen besonderen Lichtpunkten, sind hier zu klein, Brauen wie Lippen zu schmal)) – warum man sich nicht einfach an das markantere, erwachsenere Original halten konnte, ist es doch das A und O den Helden so getreu zu lassen wie möglich! Immerhin ist dies ja auch nicht etwa der allererste abenteuerliche Einsatz - Curtis Newton hat bereits so einige Kämpfe miterlebt und Herausforderungen hinter sich, da er sich bereits seit seiner Volljährigkeit im Gedenken & Vermächtnis seiner ermordeten Eltern m.u. in den Dienst der Verbrechensbekämpfung stellte.
Nun auf teeniemäßige Verjüngung zu setzen gefällt mir überhaupt nicht (nur selten wirkt Curtis im Verlauf des Comics älter) – oder… mag es sogar beabsichtigt sein? das Konzept dahinter stecken, den Helden, ganz in der Tradition von z.Bsp. Hal Fosters Prinz Eisenherz, Comic-Ausgabe für Comic-Ausgabe, sachte mitaltern zu lassen? Aber dann auch im (zugegebenermaßen schon recht schmunzligem!) „sportlichen“ Abspann ist wieder einfach ein viel zu junger Captain Future zu betrachten.

Überhaupt, was scheint der Illustrator Tallone, resp. sein ‚Co-Autor‘ Runberg, nur mit dem Alter für ein Problem zu haben? Denn selbst der altgediente Ezella Garnie, -- der Leiter/Kommandant der Planentenpolizei, neu: jetzt Colonel --, wirkt jünger! – TROTZ plötzlich gesprossenem Kinnvollbart, und einem piratenhaft-fehlenden Auge inkl. Narbenschnitt, samt zu breit auslaufenden Rodeo-/Cowboyhandschuhen (egal ob, --neu--, mit oder ohne ‚cooler‘ Sonnenbrille, die i.Ü. ohne technische Raffinessen). Sein Antlitz mag sogar an die Figur des Marshals Cobb Vanth (Timothy Olyphant) von The Mandalorian (Staffel II) angelehnt sein? (Somit Anspielung auf Star Wars, dessen Erfinder George Lucas mit seiner Liebe zu den Pulp-Magazinen als einer Inspirationsquelle die Japaner damals ja auf die zündende Idee gebracht hatte). Apropos: Zuckersüß der kleine Curtis im Schwebebabylaufstall à la Grogu.


Absolut daneben: die Interpretation der Geheimagentin Joan Landor nicht wiederzuerkennen einmal wegen dem so anderen Gesicht & Augen, jetzt mit schwunglos rigiden pony-glatten Haarcut und Sommersprossen - nur zuordenbar aufgrund HaarFarbe und Jumpsuit. Zum anderen: hier gibt es keine höfliche Zusammenarbeit (zw. JL & CF) wie im Original, sondern: Joan ist mutiert, ja, degeneriert zu einer zänkisch aggressiven selbstgefälligen kalten Zicke sondergleichen, die nicht nur seltsam zornig bei der Begrüßung auf Ezella Garnie reagiert ((siehe S.53, Warum ist Joan nicht gut zu sprechen auf Ezella?? genauso: was wollte Otto in dieser Szene anmerken???)), hässlich mit völlig haltlosen, vorgefertigten Meinungen sticht sie unvermittelt gleich mal um sich und v.a. auf den moralisch integeren Capt.Future. Genauso Joans Drängen, sofort härtere Verhörfolter-methoden zu ergreifen. Joan reagiert beim Miterleben einer Horror-Verwandlungsszene blümerant mit „Beeindruckend!“ (S.37) (statt etwa: „wie erschütternd“)…
Zudem muss sie mehrmals mit der Kraft der Wahrheit in ihre Schranken und zurecht gewiesen werden.
Im Gegensatz zu ihrer jap. Vorlage, gemäß einer (pro)aktiven, intelligenten wie beherzten Joan, verkommt sie hier zum überflüssigen (noch nicht mal schmückenden) Beiwerk, oft mit Fragezeichen-versehenden Luftblasen, bei deren Betrachtung einem selbst solchige aufploppen, weil jene unentschlüsselt im Raum verharren.

Das hat absolut nichts mit einem starken, taffen Charakter einer mutigen, selbstständigen Frau voller lieber Wärme, Dynamik, Eigensinn und dennoch Mitgefühl zu tun, die sich sehr wohl, in jeder Hinsicht!, auch zu wehren weiß und Paroli bieten kann ((man erinnere sich nur an ihre sensationellen Judogriffe z.B. zur Überwältigung eines atavierten Riesengorillas bei Einführung ihrer Charaktere in der japanischen Trickserie, später die Rettung des Fabrikchefs Bulvar nur durch ihr Eingreifen, o.ä.)), d.h.: in der schon für damalige Verhältnisse von den Japanern angestrebten Modernisierung hinsichtl. eines emanzipierteren Frauenbildes.

[Btw.: ihr fehlt eigtl. nur mehr dieses Dreieck als Applikation, als Gürtelschnalle S.25 hatte sies ja schon... die seltsame, auffällige Affinität zu dieser geometrischen Form taucht nämlich immer wieder auf im Comic (unterhalb rechtem Auge der Sekretärin Anne S.17, auf der Stirn des blauhäutigen Majordomus S.59, und der des Gefängnisdoktors S.102…).]

Alles das?!, nur zwecks eines Zwangs dann (auch noch) from-hater-to-lover-vibes einzuarbeiten – einfach nur ätzend Joans Haltung und Auftreten, nicht nachvollziehbar… so als ob vorangegangene Szenen herausradiert wurden – oder, hier die Comicleserschaft genötigt werden soll, erst mal innezuhalten, um eine Psychologie dahinter zu analysieren, was ja eigtl. der Job des Kreativteams sein sollte.
Erklärungsversuch: Wollten Runberg & Tallone auf Joan Landor die Rolle des Generals Halk Anderson, (dem Oberbefehlshaber der gesamten Planetaren Polizei,) überschreiben(?!?), bzw. die von ähnlich gesinnter Kritikaster, welche sich grundsätzlich gegen den Einsatz von CF stemmen, da jene dessen Vorgehensweise für zu leichtsinnig, eigenmächtig und zu unkonventionell aburteilen?
Möglicherweise könnte die ab September für den stolzen Preis von 59,-€ erwerbbare, um 16 Seiten erweiterte Sonderausgabe des Comics (limitierte Luxusausgabe mit Schutzumschlag) über solch merkwürdigen Beweggründe im Nachhinein doch noch Aufschluß gewähren….

Otto hat sich von einem rundlichen Körperbau zu einem kantigeren, definierteren Popeye-ähnelden Bodybuilder gestählt, auch hat Otto was von einem schlankeren The Thing (aus Fantastic Four) - positiv: er trägt jetzt seine Kapitänsschiffermütze mit dem Schirm nach vorne. Soweit okay.
Seine kleinen Pupillen jedoch… gibt es nicht mehr, stets nur weiße Augäpfel starren entgegen - das hat mir gar nicht gefallen, überhaupt irritiert es andauernd oder stört es irgendwie im „Lesefluss“. Auch dass Otto raucht ist dermaßen blöde, grenzdebil und einfach nur ärgerlich.
Beim Kneten von Ottos Gesicht (um in den Söldner Ottis zu metamorphosieren) machte es sich Tallone hier extrem leicht (kurze Rückenansicht) - wobei wiederum angesichts Joans Reaktion darauf, ihre Mimik im Comiclesenden wahrhaft Übelkeit erregen kann.


Zu den Haustieren: die Neu-modillierten scheinen eigtl. nichts mehr mit ihrer ursprünglichen Possierlichkeit gemein zu haben: beide sind (medi-medizin)ballgroß wie -förmige Geschöpfe, fast an die Tribbles (aus einer der populärsten Raumschiff Enterprise-Folgen) erinnernd; hat sich OAK, die waschbärgesichtige Schildkröte mit Chamäleon-Fähigkeiten‚ in eine Art dino-Gürteltier mit zahnspitzen besetztem Knochenpanzer verwandelt, so ist YIEK, das ehemals pinkfarbige metallsüchtige Schoßhündchen ((im Buch war der Mondwelpe als kleiner, grauer Bär beschrieben)) zu einem noch groteskeren, sehr gewöhnungsbedürftigen elfenohrigen Womble aufgeplustert. Auffällig (und m.E. nicht wirklich knuffig): auch hier, beide Tierlein haben keine Pupillen, nur weiße glotzende Augenfelder – gleich „kleinen Monstern“ im wahrsten Sinne des Wortes.

Grag ist vortrefflich adaptiert ((bis, vielleicht, auf die etwas zu dick-erscheinenden Armausläufe)), genauso Prof. Simon Wright ((ignorieren wir mal die Bezeichnung „Anti-G(ravitations)-modul , und, dass manchesmal, auf einigen Comicbildern, die Größe des Gehirns geschrumpft scheint)). Überhaupt sind sämtliche technischen Assimilationen von der Anime-Serie in die Graphic Novel (z.B. Cosmoliner, die COMET, Raumschiffe…), Visualisierungen des Übergangs in den Tarnmodus, des Wechsels des Herrschers von Megara von fester zu immateriellen Form… wunderbar übertragen.
Gleichzeitig wird damit aber auch bewußt, was da die Zeichner bei den Tōei Studios schon vorab ehedem aus hamilton‘schen Visionen Fantastisches so zeitlos gezaubert hatten, dass selbst das Brückendesign der Comet, die Steuerungskonsolen, quasi grad übernommen werden können und trotzdem alles weiterhin modern wirkt.

Weitere Neuerungen/Änderungen
Völlig neue Elemente sind: flächendeckender Einsatz von „Offensiveinheiten“, Aufklärungs/Abwehr/ Tech-Drohnen (Wermutstropfen: dass und wie sie von der Comet aus eingesetzt wurden, musste sich ab ihrem ersten Einsatz, S.69, selbst zusammengereimt werden), und, Nanodroiden (Wespe), respektive die völlig andere, viel aufwändigere Art der ‚Ansteckung mit dem Virus/Genmanipulation‘, oder evtl. auch nur bei ausgewählten Zielpersonen.


Ab und zu mangelte es an ‚Genauigkeit‘ nicht nur in der Ausführung mancher Zeichnung, evtl. unter Zeitdruck(?) - so z.B. fehlen Otto seine Beine (S.14), Elaine Newtons rechte Armreifen scheinen erst versteckt unter den Ärmeln gerutscht oder doch verloren (Sterbeszene), generell wirken einige Hintergründe zu schwammig, verschwommen, oberflächlich.
Ganz am Buch-Anfang, erstes Bild, sind die Planeten Erde und Mond nicht identifizierbar, auch nicht namentlich genannt noch betitelt. Da aber CF seine Basis auf dem Mond hat, wäre es für Newbies der Geschichte schon relevant.

Um wohl den Comic zu raffen wurden einige (Sub)plots herausgelassen (z.B. Das Aufeinandertreffen mit Ezella Garnie im ‚Saloon‘; CF + JL im Gefängnis-im-Flammenmeer bei Ausbruch der mutierten Insassen; Befreiung der entführten JL, Ottos Ritt auf den Tieren der Einheimischen... ...).
Auf die bunte Darstellung vieler diverser Geschöpfe, der dichten, multikulturellen Bevölkerung der Dschungel-City (auf Megara) wurde verzichtet.
Die einst spektakulären Einführungen der Charaktere Future (Sprung in Cashews Büro), Joan Landor (Judotechnik beim Ausschalten einer Affenmutation), Ezella Garnie (Cantina-Szene) wurden nicht übernommen, sondern ganz anders und v.a. beiläufig-blässlich inszeniert.



Der Wechsel der Schauplätze…….
Es fehlen doch hier und da kleine Ausführungen für einen geschmeidigeren Szenenwechsel, z.B. liegen, quasi wie aus dem Himmel herabgestürzte Altertums-Fragmente im Dschungel des Planeten Megara (S.69)(hier fehlt die aufklärende Auflösung, dass dies passierte, als aus der planetaren Oberfläche des Megarasterns herauskatapultiert nun ein unförmig felsiger Mondtrabant um Megara kreist, auf welchem deshalb selbst auch antike Überreste zu entdecken sind. Noch dazu kommt, dass dieser „dreieckige Felsbrocken“ zu einer Art schwebenden Festung (mit Innenräumen, Hangars usw.) ausgebaut ist. Somit wäre auch das Hin u. Her zwischen den beiden Schauplätzen (Planet Megara – sein Trabant, welcher hier stets namenlos verharrt) übersichtlicher.
Oder: Nicht gezeigt wurde das Anbringen an sich des „zweiten“ Molekularwandlers an CFs Gürtel (S.140), ((i.Ü. toll, die neue, interessante Idee eines ‚Gegen‘-Quantengürtels mit aufhebender, statts identischer Technologie)), und im Folgenden, das Auslösen (S.151) desselbigen, ging etwas zu arg unter und damit für einen Nichtkenner der Seriengeschichte womöglich nicht sofort plausibel. Hier einfach z.B. diese beiden entscheidenden Vorgänge in etwas größere extra-Fenster einblenden, würde eine Stockung im Erzählfluss aushebeln.
Oder: fehlender Übergang: eben noch in der City bei den Megarawesen, dann schon in Bulvars Fabrik (S.105).


Hervorragend, nahezu perfekt ist der Herrscher von Megara gelungen, sehr am Original (bis auf die Unterbelichtung des doch so wichtigen Gürtels.), und neu: jetzt bewaffnet mit Samurai-Schwert.
Wie er es fertigbringt, die Megaraner den ewigen Herrscher für ihren Vorfahren aus uralter Zeit, und damit für den zurückgekehrten Urahn und obersten Anführer zu halten, er die Massen beherrscht, die ihn anbetend verehrt, begeisternd folgen… wurde in vortreffliche Szene gesetzt.

Überhaupt wurde die antike Urkultur des Megara hingebungsvoll illustriert, (die alien Petroglyphen wirken wie ein Mix aus Inka, Maya, Babylonier, Ägyptern, Wikinger-Zeiten) und nimmt sehr viel Platz ein.
Wie außerordentlich und bemerkenswert diese Hochkultur einst gewesen sein muss, bebildern detailreiche uralte Ruinen, hochragende Tempelbauten völlig klar.
Trotzdem bleibt diese „Ausführlichkeit“ dann dem interessierten Lesenden eine (End-)Erklärung schuldig, warum, wie es aus der einst so hochtechnologisierten, fortschrittlichste Technologien beherrschende Hochkultur zu einer Verschüttung kam - was nur letztlich im Buch selbst, falls es überhaupt noch aufzutreiben ist, bzw. mittels Hörbuch zufriedenstellend ausgeführt gefunden werden kann.

Die Megaraner selbst haben ihren amphibisch froschähnlichen Charakter hier verloren, so wurde nun mit spitzen herausstehenden Elbenohren, punkschnittiger Haartolle (und gr.Gebiss) kein „sumpfiges“ Ansinnen mehr erreicht, sondern gleitet ins Gnomhafte. Jedoch kommt das autochthone Geblüt gut hervor.
Wie bereits vormals, in der uncut-Version der Vorlage, angeschnitten, wurde hier nun ausgiebig die auf ihrer eigenen Heimatwelt mit Xenophobie Konfrontierten ausgebaut, sprich: in welchem Maße die als Primos beschimpften indigenen Megaraner unter der Herrschaft zu leiden haben, Ausgrenzung und Unterdrückung ausgeliefert sind.

Trotz dem Hinweis auf Gigantopithecus ((einer ausgestorbenen Gattung der Primaten aus der Familie der Menschenaffen)) und den damit erwarteten affenartigen Gorillariesen des japanischen Originals wirken nun die Retrogradierten hier, dem Aussehen nach, eher wie überdimensionale fantastische Mischwesen aus Werwolf & Vampir.

Die elbenohrige Moderatorin/SocialMedia-Leiterin/Boulevardpressereporterin (?? oder was auch immer sie darstellen soll) in der Einleitung wirkt ob ihrer prägnanten Hervorhebung deplaziert, oder absichtlich sensations-erheischend-nervig. Die beiden künstlichen Kreaturen Grag & Otto, Schöpfungen des Wissenschaftler-Ehepaars, wurden i.Ü. nie der Weltöffentlichkeit extra vorgestellt, bzw. dazu kam es gar nicht mehr - diese ‚galaktische Präsentation‘ im Comic-„Prolog“ ist also neu.


Weitere Umänderung / Neuerungen:
der Regierungssitz des Weltraums liegt zwar noch auf der Erde aber nicht mehr in NY, sondern in Tokyo - evtl. eine respektzollende Verneigung vor dem in Nakano ansässigen Filmstudio Tōei Animation?
Die berühmte Freiheitsstatue, [von der dort, auf der Odaiba-Insel, tatsächlich sogar eine Nachbildung aufgestellt ist,] wurde dementsprechend im Comic ersetzt durch eine erfundene, (genauso) große engelflüglige Frauenskulptur (S.17).
Somit ist auch nicht mehr New York sondern Tokio im 23. Jahrhundert die Hauptstadt des Sonnensystems. Der Präsident, der dort sein Büro hat, heißt James Cashew (in den Romanen und im japanischen Original James Carthew), tritt hier aber älter! in Erscheinung und mit indischen Wurzeln (Bindi, bzw. Tilaka auf der Stirn).


Action, Action, Action….

Der Manga wartet mit starken Actionanteilen auf, wobei auch die Fights gelungen lebhaft in Szene gesetzt wurden inkl. tollen Jū-Jutsu-griffen! Neu: Der Herrscher von Megara kämpft mit einem Samuraischwert. Auch der Showdown birst vor Spannung und ist auch an Dramatik und Emotionen packend gestaltet, wobei das Hin-u. Herpendeln zwischen zwei Schauplätzen zwecks flüssigerer kompakterer Übersicht besser von einander abgegrenzt hätte werden können (und wenn man nur einfach Ottos Szenenspiel farblich umrandet hätte).

Wie sehr das frz. Kreativduo talentiert ist, tiefschürende Emotionen entzünden zu können, beweist bereits die die Graphic Novel einleitende Rückschau, die herzzerreißende Trauerszenerie rund um den Anschlag auf die davon sterbenden Eltern, der bewegende Abschied, letzten Worte CFs Mama Elaines, der Verlustschock des Kleinkindes Curtis, gleichzeitig mit welch Einsatz und großer Behutsamkeit von Robo Grag beschützt werden will, Betroffenheit Ottos.
Und gen Ende was für ein TWIST, (von dem ich nicht so recht weiß, was ich davon halten soll,) lasst Euch überraschen, wer wirklich hinter der Maske des selbsternannten megaranischen Herrschers steckt - der Vizegouverneur Kells (wie in der Trickserie) ist es jedenfalls nicht! und auch nicht Keldor von Masters of the Universe… oder…doch?

(Was noch auffällig oder merkwürdig war: der eine Forscher/Ken Lester/ hatte Ähnlichkeit mit dem Bee Gees-Mitglied Maurice Gibb, oder, Beatle John Lennon?)

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Die Übersetzung ins Deutsche kann nicht immer überzeugen, z.B.: leider wurde Edmond Hamilton nie zum „Sir“ geadelt (s.Danksagung); auch steht sicherlich nicht Cashews Tochter (S.25) auf der Astroport-Plattform; ruhig hätte Joan Landors Rang mit „Agentin“ übersetzt werden können, anstatt sie durchweg mit dem engl. agent anzusprechen… … (Einige Fachausdrücke sind ohne Fußnoten).
In der Plotbeschreibung zum Buch auf sämtlichen Bücher-Kaufplattformen ist von einem „Planet D9“ die Rede – mit keinem einzigen Wort kommt diese Bezeichnung im Comic selbst vor, noch nicht mal, wo genau, ob sich Megara überhaupt um 61-Cygni befindet.



FAZIT:

Alles Technische, von Prof. Simon Wright über Grag hin zur Comet, der Weltraumkosmos, bzw. das World-Building, der Herrscher von Megara und die antike Urkultur sind beeindruckend gelungen, bis hin zu einem blutig düstrem atmosphärischen Touchhauch.
Fatal: Captain Future ist keineswegs ein 16jähriger Jungspund. Die ursprüngl. Originalzeichnung ist damit nicht befriedigend genug adaptiert.
Bitter schlägt auf, diese verkrampfte Bemühung, aus Curtis Newton & Joan Landor ein enemies-to-lovers-topic zu konstruieren, wofür das frz. Kreativ-Duo nicht nur das Aussehen der Spezialagentin änderte, sondern sie zur Vollzicke pervertierte.
Ein rauchender Otto mit solch seelenlosen Augäpfeln – daran ist sich schlecht (um-) zu gewöhnen.

Der GesamtStyle des Manga/GraphicNovel ist schon zukunftsträchtig; die eh schon von den Japanern angepasste und modernisierte Fassung wurde nun nochmal modifiziert und verändert; sehr viel wurde (unnötigerweise) ganz anders erzählt, – vllt. wäre deshalb der Griff zu einem, noch „unverfilmten“, Original-Roman, das Lesen des Buches, und damit ohne das Vorbild der japanischen Geschichte-Interpretation und eben deren Vorarbeit, für den ganz eigenen, ganz neuen Blick besser bzw. ratsamer gewesen -- aber hätte wohl einer zu großen Anstrengung bedurft??

Dennoch:
Epidemien, autokratische Despoten, Rassismus,.. imperiale Propaganda-Demagogen, die massenhaft Gehirne zu vernebeln wissen,.. Lügen und Fake-gerüste, katastrophale Naturgewalten, Verwandlung von Menschen in killende Monster….klingt alles ganz nach den aktuellsten Nachrichten, nicht?!… Dabei war es die visionäre hamilton‘sche Version der Zukunft, (die heute gut 10 Helden von dem Charakterschlag eines Captain Futures benötigte - und das mal nur eben für einen einzigen, unseren, Planeten).
Diesen Kern haben die beiden Franzosen Sylvain Runberg (Autor) und Alexis Tallone (Zeichner) trefflich wiedergeben können, in ihrer Neu-Interpretation einer alten, zeitlosen Geschichte. Chapeau.
3/5 Sternen

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Veröffentlicht am 14.05.2021

„Die Hölle fängt erst später an“ // Wie überlebt die Psyche ein Trauma

Trauma – Kein Entkommen
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Ein Trauma lässt sich nicht austricksen, es gelangt immer an die Oberfläche und die Folgen sind heftig.

– Gelungen, aber der Autor muss eine Schippe drauflegen! –

Kein Blutspektakel, sondern große ...

Ein Trauma lässt sich nicht austricksen, es gelangt immer an die Oberfläche und die Folgen sind heftig.

– Gelungen, aber der Autor muss eine Schippe drauflegen! –

Kein Blutspektakel, sondern große Psychobühne.





München, im schwülheißen August, heutiger Zeit

Ein zunächst unbekannter Toter wird aus einem Baggersee gefischt - Nichtschwimmer. Ein zweiter erstickte in einem Kühlschrank im Wald – Apnoetaucher. Nach dem Fachurteil der Gerichtsmedizin und eines renommierten Trauma-Psychoanalytikers wie Bestsellerautors handele es sich bei beiden Männern, vormals durch Unfälle traumatisierte, um unabhängige Suizide. Katja Sand, Hauptkommissarin der Münchner Kripo, hegt jedoch Zweifel, erahnt Zusammenhänge und läßt nicht locker. Spielt ein vertuschter Skandal um eine auf einem deutschen Marinekriegsschiff Verstorbene eine weitausuferndere Rolle? Oder, gibt es einen noch viel tiefgründigeren Nebenschauplatz? Trotz zunehmender Blockade höherer Instanzen bis zur offiziellen Einstellung offener Untersuchungen stärkt ihr Assistent bei der Mordermittlung, Rudi Dorfmüller, der Mutter eines Teenagers den Rücken, die gerade durch diese Fälle ihrem eigenen, verschütteten Geheimnis und dem Grauen dahinter immer näher zu kommen scheint…

Wird Katjas unermüdliche Spurensuche auf dem Weg zur Wahrheit sie die berufliche Karriere, oder gar das Leben kosten?

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Hinweis: In dieser Rezension wird „Täter/in“ nicht gespoilert, sondern als „Person X“ bezeichnet.

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Katja Sand, Ende 30, ist eine erfolgreiche Kriminalkommissarin, die zum Schutz ihrer geliebten 15jährigen Tochter Jenny auch Grenzen überschreitet, in Selbstzweifel über ihre Rolle als gute Mutter treibt und selbst in einer gestörten Beziehung zu ihrer eigenen Mama Monika lebt. Drei Generationen, eine kleine Familie, die durch Katjas verborgenes Trauma gänzlich auseinanderzubrechen droht - denn Katjas Bewusstsein führt Krieg mit ihrem Unterbewusstsein…

24/7 lang ist Katja in Gedanken bei ihren Fällen, sie versetzt sich in Opfer und Täter hinein, verschmilzt regelrecht mit ihnen. Warum Menschen andere Menschen töten, das will sie ausgraben. Ihrem Instinkt vertraut sie dabei mehr als den Indizien. Die Toten werden wieder lebendig, das Leid der Opfer bekommt hier ein Gesicht, auch ihre Dämonen und die der Zeugen, Ermittler und Täter. Die aktuell tiefe Beschäftigung mit den Traumata gebeutelten Ermordeten entwickeln sich zum Trigger - Katjas eigenes Trauma erwacht.

S.266: „Plötzlich weiß sie, warum die Ermittlungen sie emotional so mitgenommen haben. Die Parallelen sind offensichtlich (…) Mitten hinein in die Untiefen ihrer eigenen Geschichte. Sie hat geahnt, dass sie sich am Grund dieses Abgrundes selbst sehen würde. Und hat weggeschaut. Weil sie spürte, dass das, was sie dort unten sehen würde, mehr war, als sie ertragen konnte.“

Katja Sand, die alles mit sich alleine auszumachen sucht und in ständigem Bereitschaftsdienst keine Zeit für ihre Tochter findet, hat enorme Schwierigkeiten, trotz ihrer Liebe zu ihrem Kind, ein inniges Verhältnis zu Jenny zu errichten. Als langjährige Polizistin schafft sie es noch nicht einmal, so früh wie möglich ausgiebigst über Rauschmittel aufzuklären. Ein Rätsel bleibt Jenny für sie, genauso wie Katja ihr eines ist ( – und für mich zudem, warum Katja keine Berührungen ihrer Mutter ertragen kann.) Warum das so ist, liegt an dem in Katja so vehement verschlossenen Trauma, dessen arkaner Kern sehr zügig vom Lesepublikum erschlossen werden kann und im weiteren Verlauf immer wieder mal unterschwellig bestätigt wird. (Somit könnten auch Leser, die keine Anhänger von Reihen sind, mit einem gewissen Abschluss zufrieden das Buch verlassen - oder, sie wandeln sich erst recht dazu, zu Serienfans 😉 um in voller Gänze Katjas Trauma-Auffaltung dann mit den beiden Folgebänden aufzuspüren, noch dazu mit DEM Cliffhanger und der Leseprobe zu Teil 2 auf den letzten Seiten.)



Wie hart es ist, Job und Privatleben unter einen Hut zu bekommen, was oft gerade im Beruf von Kriminalern in Abschottung und Zerrissenheit endet, wird mit der Hauptkommissarin und Holger Fink vom Drogendezernat nur all zu deutlich vom Autor dargelegt. Der Fink, sympathisch und Dad, wird nur flink vorgestellt - dafür mit bleibendem Eindruck; ihn wünscht man sich in einer tragenderen Rolle in den Fortsetzungen - aber nur, wenn er sich zwischenzeitlich von seiner fremdgehenden Frau scheiden lässt.




Der baumlange Rudi Dorfmüller, Anfang 30, ist eine Marke für sich; durch seinen trockenen Humor, seine ganz eigene Art nach anderen Ansätzen zu forschen und sein aufgeschlossenes Wesen vermag er die Düsternis dieses Thrillkrimis aufzulockern. Die eingestreuten Running Gag Szenen um den verehrten Ford Granada, Duftbäumchen und seinen Parka sind so schmunzelig, dass man sie sich nicht entgehen lassen sollte.

Verblüffend und erklärungslosbleibend, wie gut der Kollege die oft gereizte Katja kennt, obwohl er seit erst zwei Jahren mit ihr zusammenarbeitet, wie er die doch so Verschlossene so treffend zu lesen vermag, sein blindes Verständnis für ihr Seelenleben und welch Schlagabtausch durch seine schnelle Auffassungsgabe sich ergibt. Ihre etwas schroffe Reserviertheit läßt er an sich abperlen, weiß er doch, was wirklich dahinter steckt, überhaupt nimmt er Dinge nie persönlich. Beeindruckend auch seine Loyalität und unbedingte Verlässlichkeit.

Darum ist es ein wenig enttäuschend, dass er beinahe eher zum Sidekick verkommt, weil ein intensiverer Blick in ihn verwehrt wird, obwohl doch der Autor, und das macht dieses Buch dahingehend besonders, allweil, selbst in Randfiguren, Seelenschauen vornimmt. Nichtsdestotrotz hat Herr Wortberg ein sympathisches, eingespieltes Ermittlerduo erschaffen, das durch sein freundschaftlich(-tratzend)es Teamwork besticht. Beide brennen für ihren Beruf, auf ihre gegensätzliche (Vorgehens)weise und ergänzen sich gerade dadurch.



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Die Ereignisse um den Kriminalfall kommen nur langsam in Fahrt und scheinen nicht wirklich im Vordergrund zu stehen. Die andere Hälfte der Story bildet Katjas Vergangenheit (über das katastrophale Intermezzo daraus erfährt man nichts, aber zwischen den Zeilen gewissermaßen schon), ihre Probleme mit Tochter und Mutter, über die sie mit keinem reden kann. Fast zu viel Privates, dass man sich erst mal etwas wundert, wo die Fallakten bleiben. Besonders die, m.E. teilweise überflüssigen Erzähletappen um den Ex-Verlobten Peter Schäfer, der doch bereits in neuer Familientracht glücklich lebt, und nix mit Katjas Tochter zu tun hat (, oder sollte ich mich da wirklich irren?). Selbstverständlich ist es wichtig auch diese Natur eines Traumas auszuloten, und das bilden diese Szenen ab, den vernichtenden Einschlag, der den Lebensweg mit sämtlichen Planungen komplett über den Haufen wirft. Generell ist es wunderbar, dass wir die Ermittlerin Katja immer besser kennenlernen, aber ein eher austarierteres Gleichgewicht zwischen beiden Welten (einfach mehr zum Fall und an Ermittlungsarbeit) wäre willkommener gewesen.

Was bei Katjas Privatleben und Seelenleid nämlich frustieren lassen kann, gerade weil es so viel Platz in Anspruch nimmt, oder sagen wir besser, es sich dadurch hinzieht, ist, dass der Schatten, der sie verfolgt, das was in ihrem Unterbewusstsein weggeschlossen ist, (ein Waterloo, welches sie vor 15 Jahren erlebt und ihr Leben verändert hatte), für aufmerksame Leser sehr wohl und recht bald ersichtlich wird, (wenn auch nicht in genauer Ausführlichkeit). Gleichzeitig aber der Katja auch im Laufe des Buches es einfach nicht gelingen mag, sich dazu ein wenig konturierter zu äußern, was schon verständlich ist durch die Trauma-Tragweite (das will der Autor ja zeigen), dennoch dieses Gräuel, bzw. der Zementkokon drumherum nur spärlich Haarrisse bekommt, durch die kurz gelinst werden könnte.

Katjas Entwicklung ist nicht wirklich da und sehr ausgebremst. Eventuell hätte ein Einflechten von mehr Nachtmahr und Mini-Flashbacks dem Abhilfe schaffen können? Oder gerade im Showdown des Buches, das ist fast ein Versäumnis(!) vom Autor, wo Katja mit „Person-X“ konfrontiert ist, da hätten doch noch viel tiefergeschachtet ausgearbeitete Parallelen zwischen den beiden für sie ihre Dunkelheit entdichten können. Denn darauf, was Katja und „X“ verbindet, die Verzweiflung und Zerrüttung auf beiden Seiten, weist der Autor immer wieder mal hin.

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Erstaunlich, wie recht bald man sich über d i e „Person X“ klar wird, die hinter den so merkwürdig und gewaltsam ums Leben gekommenen Tatopfern, die in der Nach- & Gegenüberstellung mit ihren aufgetriggerten Traumata sterben, stecken muss - wobei das genaue Motiv dahinter das eigentliche Rätsel ist, das es zu ergründen gilt, über das man länger grübelt und erst im Ausgang sich herausschält. Das ist allerdings gar nicht übel, mich hatte es jedenfalls erfreut, einmal „X“ herausbekommen zu haben, ohne bis auf die allerletzte Seite warten zu müssen oder erst nach zig Twists aufgeklärt zu werden. Somit konnte sich dann auch voll auf das Motiv, und Schwerpunkt dieses Buches, konzentriert werden.

S.210: „die innere und die äußere Welt von Traumapatienten [sind] oft völlig auseinangergedriftet (…). In der äußeren Welt funktionieren sie perfekt, ihre innere ist nur noch eine Trümmerlandschaft, in der Chaos, Krieg und Zerstörung herrschen.“ (Dr. Alexander Hanning)



Das Buch hat 46 Kapitel (auf ca. 350 Seiten), und ist in drei Teile gegliedert; jeder Part ist betitelt mit einem anderen Element („Wasser“ – „Eis“ – „Feuer“) sowie mit einem Vorspann versehen. Die Geschichte in diesen ‚vorangestellten Einschüben‘ erzählt in ihrer kontinuierlichen Rückschau vom Martyrium, dem ein 3jähriges Kind mit seiner Mutter ausgesetzt war. Diese kurzen Passagen sind (zusammen mit dem Showdown) der Kategorie Thriller zuzuordnen und einfach nur fürchterlich und erschüttern. Man möchte wahrlich die Augen schließen, um nicht weiterlesen zu müssen. (Der Schrei nach der Mama am Schluss ging mir durch Mark und Bein). En gros läßt sich der Lesestoff aber wohl eher in die Kategorie Krimi/Roman/Psychologie verorten.

Eine zeitlich genaue Bestimmung oder Namen fehlen dieser ‚Rückblende‘-Shortstory, und dennoch erschließt sich dem Leser nach und nach, und gen Ende ganz exakt, was es mit ihr auf sich hat.




Erst nach Lektüre v. Bd. 2 und 3 im Gesamtbild wird sich womöglich Bd. 1 gerechter beurteilen lassen?! Dafür sind die Charaktere so lebendig und authentisch von Christoph Wortberg angelegt, dass sich einem beim Lesen die Szenen wie beim Verfolgen einer Vorabendkrimisendung im TV regelrecht vor dem inneren Auge abspulen. Die TRAUMA-Reihe in einer Kurzserie auf Leinwand verewigt - das wäre dem Autor wirklich nur zu wünschen, mit Katrin Klewitz als Idealbesetzung für die Protagonistin 😉



Beiseite, obwohl die Deutsche Marine für unseren Krimi nur eine untergeordnete Rolle spielt, hat Christoph Wortberg in einem Nebenzweig ein kleines Denkmal zurückgelassen, denn Assoziationen zu Jenny Böken/dem Gorch Fock-Skandal sind unweigerlich da, und sie und ihr ungesühntes Leiden werden hiermit niemals in Vergessenheit geraten. Was auch dieser Fall (um Eva Frey) in Katja anrührt, ist wichtig zu verstehen.



Die Darlegung (durch Dr.Hofer) der psychischen Implikationen, die ein Lawinenverschütteter erlebt, und der Techniken, die ein Marinetaucher anwenden würde als ein solcher, sind sehr aufschlussreich.👍

Überhaupt die Auseinandersetzung mit der Frage: Gibt es Strategien und kann das Gehirn darauf programmiert werden, Traumata von sich fernzuhalten, zumindest auf der Bewusstseinsebene?




Kritikpunkte/Unzureichendes:

Auffallend im Schreibstil: Kurze Sätze, wie abgehackt, Steno-mäßig, die anfangs erst mal gewöhnungsbedürftig sind, finden sich immer wieder absatzweise ein. Der Autor hämmert teils die Sätze in einem dichten Staccato raus, als ob ja nichts für einen Rapport vergessen werden sollte; zwischenzeitlich ist das schon auch perfekt, auf den Punkt, kein Wort zuviel und jedes einzelne davon akkurat besetzt, allerdings schaffen diese präzisen Sezierschnitte ab und an Stockungen im Lesefluss und v.a. Distanz, künstliche Kühle. Womöglich sogar absichtlich(?), wird doch Ausgrenzung von Gefühlen und Kontrolliertheit einiger Personen damit, in der Satzmelodie, die keine ist, wiedergespiegelt, od., z.B. bei den Einzelsequenzen um das Kind-aus-häuslicher-Gewalt, da verkörpert diese verstörende Arrhythmie fast schon schmerzhafte Schläge, es läuft einem kalt den Rücken herunter. Es legt sich mit der Zeit. Ansonsten sorgen viele Dialoge für ausgleichende Abwechslung.

😕⚓🤔

Zur „Person X“:

Warum gerade und ausgerechnet jetzt? Warum kam es nicht schon vorher zu einem Morden – das wurde nicht geklärt. Der Tathergang an sich, im Ausgang: so lala, nix genaues weiß man nicht. Ebenso: Warum eine Überprüfung von Alibis der speziellen Person einfach unterlassen, sie noch nicht mal als Hauptverdächtigte:r ins Visier zunehmen angeordnet wurde. Und, wie ein Jaguar, der kein Kombi ist, einen gr.Kühlschrank befördern können – oder wann „X“ so kurzfristig und abgelegen auf dieses dann wohl abgestellte Gerät aufmerksam geworden sein soll? WANN verstarb Ludwig Vogel in der Haft? (Wäre es erst unlängst gewesen, könnten die Artikel darüber in den Zeitungen der Auslöser zu den Taten gewesen sein…).

Das Finale nimmt beinahe zu schnell an Tempo auf und wird zu rasch zum Ende gebracht. Denn, es folgen so gar keine nachbetrachtenden Statements dazu von „Person X“.

Ob jeweils eine volle Mordabsicht vorlag, eine eingehendere Analyse dazu, das hätte doch noch drin sein müssen!, das war mir zu übereilt abgeschlossen, v.a. bei DER Akribie, die der Autor stellenweise betreibt. Diese muss dann auch durchgängig durchgezogen werden ( -- NUR als Bsp., zum Vgl.: es werden zwei Parfums klassifiziert, genauso der Wein, der Whiskey wiederum bleibt nur Whiskey ohne Produktplazierung, und doch war er so lecker dass alles ausgetrunken wurde -- das passt nicht, auch hier gehört konsequenterweise eine genaue Bezeichnung her, und wenn sie nur erfunden sein sollte.)



Jennys unreife oder trotzige Art (Stichwort: Kiffen) ließ mich kopfwehschüttelnd aufstöhnen, in lauten Seufzern. Genauso wie am Anfang des Buches die beiden Zeugen, die in ihrem Verhältnis zueinander fast schon wieder das der Jenny mit ihrem dealenden Freund wiederholten – das wirkte doppeltgemoppelt.



Mehr Infos, detailliertere Recherche in 'die Marine' (zBsp. Genaueres zu einer Korvette, Einsätze, Strukturen, Auswahlverfahren, …) – das hätte ich bei Kauf-Entscheidung dieses Buchs schon auch erwartet. Zudem läßt die Begrifflichkeit etwas die Stirn runzeln, so ist von Bundesmarine die Rede, seit der Wiedervereinigung ist „Deutsche Marine“ gebräuchlich.



Die Liebe des Autors zu München belegt, dass er keine Ecke noch Stadtteil selbst Straßenader unerwähnt lassen möchte, das läßt Heimweh gleich Wiedersehensfreude aufkommen bei ehemaligen Einwohnern, aber hat stellenweise zu sehr den Charakter eines eingeborenen Taxifahrers, der sich bestens auskennt, oder aus einem Stadtfaltplan zitiert.



*** F A Z I T: ***



Von einem Trauma kann man sich nie befreien, aber es ist unumgänglich, es zu greifen, sich ihm zu stellen, damit man damit leben lernt.

Die Aufklärungsquote der Münchner Mordkommission liegt bei weit 90% - und doch gibt es Fälle, die heute noch auf ihre Antworten warten… der aus Christoph Wortbergs Feder, und im Marine-Milieu scheinbar angesetzte, wird durch Katja Sands Beharrlichkeit und enormen Einfühlungsvermögen gelöst. Hingegen verschanzt sich ihr eigener Albtraum vor ihr noch im Nebel.

WIE SCHWER es ist, an ein Trauma heranzukommen und wie wichtig, dass es gelingt, bildet Hypozentrum dieses Buches. Das Psychogramm der Person, die für die Morde verantwortlich zeichnet, baut der Autor dergewaltig erschreckend nah auf, dass es einem das Herz wie in einer Faust zerdrückt. Dieser Krimi mit Thrill zeugt von True Crime-Charakter, wobei dem Fall nur knapp die Hälfte gewidmet ist, Katja die andere dominiert. Was nicht unbedingt schlecht ist - wären die Ermittlungen und Angeschnittenes nur ausgebaut worden. Weniger Ex, stattdessen eine gründlichere Spiegelbeleuchtung zwischen Katja und zur ‚gesuchten mordenden Person‘ - DAS wäre m.E. fesselnder gewesen.



Mit seinem Auftaktband einer Trilogie „TRAUMA: Es gibt kein Entkommen“ versucht sich der Autor wirklich intensiv mit dem komplexen Themenfeld Trauma, einem noch immer weiterhin unterschätzten Krankheitsbild, auseinanderzusetzen, wobei er sogar die Historie einbezieht.

Wem in diesem Zusammenhang Dissoziation und Reinszenierungen weniger ein Begriff sein sollte, wen die Frage umtreibt, inwiefern ein Trauma überhaupt bewältigt werden kann, wer sich mit Vor- u. Nachteilen von Resilienz und Schmerzunempfindlichkeit beschäftigen möchte, der erlebt mit diesem Band erste Aufklärung oder könnte zumindest ein sich annäherndes Verständnis dafür entwickeln.



Dass Christoph Wortberg das mit den Folgebänden 2 und 3 toppen wird, erwarte ich mit Spannung - der Grundstock dazu wurde hiermit gelegt.



Bewertung: 3,5 Sterne ⭐️⭐️⭐️ ☆


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Veröffentlicht am 14.05.2021

Vexierspiel eines unbemerkten Mitbewohners… mit Mordplänen. Makaber!

Der Bewohner
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Untypisch unterhaltsam schwarzhumoriges Lesefutter aus der Gedankenwelt eines zwiegespaltenen Mörders, der plötzlich von begrabenen Emotionen heimgesucht wird; mit traurigen Tiefen-momenten
aber ausbleibendem ...

Untypisch unterhaltsam schwarzhumoriges Lesefutter aus der Gedankenwelt eines zwiegespaltenen Mörders, der plötzlich von begrabenen Emotionen heimgesucht wird; mit traurigen Tiefen-momenten
aber ausbleibendem Wumms.

Beschauliches Schaudern.



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Polizeiliche Ermittlungen kommen hier gar nicht zum Tragen, sondern Mittelpunkt bildet der 25jährige zum Serienkiller eskalierte Thomas Brogan, der in einem Zufall-Zufluchtsort, einem mehrzeiligen Reihenhaus, sein (un)heimliches Unwesen treibt – mit tödlichem Ausgang?

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Vor der ihm auf den Fersen haftenden Polizeifahndung findet Brogan Unterschlupf in einem leeren, verlassenen Endreihenhaus. Über den Dachstuhl, der über eine unausgebaute Lücke im Spitz der jeweiligen (also nicht bis zum Dachfist hochgezogen) Trennmauern zu anderen Reihenhäusern Zugang eröffnet (eine in GB u. USA übliche, aus Feuerschutzgründen vorgeschriebene Bauweise), pendelt er unauffällig zwischen den Parteien, um sie auszukundschaften. Im zweiten Haus dieses Reihenblocks logiert die greise Elsie (mit einem tollen Hörgerät!), das dritte im Anschluss wird von einem um die 50 Jahre alten, zeternden Paar samt Ralph bewohnt, und das letzte der über die Dachböden erreichbaren Häuserreihe von den jung verheirateten Fairbrights, Martyn und: Colette! Warum diese smarte Hübsche Thomas in besonders faszinierenden Bann zieht, versucht er zu ergründen… nicht ohne ganz besessen düstere Spielpläne zu entwickeln, um sie in den Wahn zu treiben. Ob er jene auch wirklich bis zum bitteren Schlußakt durchziehen wird?

Denn als sich bei dem Sadist und zynischen Misantrophen aufkeimende Gefühle regen, kämpft sein Alter Ego dagegen an.


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Bei der flüssig-fluffig geschriebenen Geschichte aus der Sicht eines sportiven Gewaltverbrecher-Neulings blättern sich die Seiten wie von selbst - in einem fort und schnell läßt sie sich durchlesen. Im Großen und Ganzen bleibt sie von eher gediegener Spannung im schaurigen Bereich, der auch voyeuristischen Charakter aufweist. Die 15tägige Handlung, die in GB der Gegenwart angesiedelt ist und nach einer zweiwöchigen Mordserie an 10 Personen einsetzt, läuft kontinuierlich durch.

Wie grausam einige Brogans bisheriger Opfer zu Tode gekommen sein müssen, wird nur als angerissene, nichtsdestotrotz aussagekräftige Erwähnungen eingestreut. Nach welchem Kriterium jedoch über die Hälfte davon ausgewählt wurde, wie ‚raffiniert‘ überhaupt seine geliebten Spiele dort verliefen, wird nicht erörtert. Kleinere Rückblenden sind vollkommen harmonisch eingearbeitet und diese wahrlich erschütternden Episoden aus Thomas‘ Kindheit & Jugendzeit erklären sehr gut den Werdegang hin zum verstörten und gebrochenen Psychopathen nebst seiner Motivlage.

Liebe, Gemeinschaft, Freundschaft, Vertrauen sind Brogans bittere Verluste, Nähe und Kommunikation seine Sehnsüchte, aber nun in einer pervertierten und fatalen Version. Sich intensiv mit dem Leiden seiner Opfer zu beschäftigen bietet ihm sadistisches Vergnügen und kaltblütige Ermordung einzigen Ausweg zu einem Überleben, um mit seinen Verletzungen zeitweise zurecht zukommen, weil sie - nach seiner Überzeugung - an die gehen die solche mehr verdienen als er es je tat.


+++ Wahnsinnig zu sein ist für ihn Normalität oder relativ, und Morden gut gegen Langeweile, denn nichts ist tödlicher als permanente Dunkelheit, fehlender Essensnachschub und… Gefühle! +++



Was zum Teufel geht im Kopf eines zerrissenen Mörders vor? Dieses Buch gibt Aufschluss... in skurriler Weise. Denn für einen wie ein Kammerstück wirkenden „Thriller“ sehr untypisch waren witzige Momente bis hin zu Situationskomik, z.Bsp. wenn der Immer-(Lebens-)Hungrige auf der Suche nach Proviant durch diverse Häuserteile schleicht und dabei auf Unvorhergesehenes stößt (auch herrlich, wie treffend Colette die Schlampe Gabrielle beschreibt). Genauso verblüffte oder schockierte der sarkastische Stil, allerdings überstimmt allmählich dieser (oder war es die erschreckende Absenz von Gefühlen wie innige Liebe & Zusammenhalt) aber auch einen erwarteten Ausbau des schlummernden Potenzials, obwohl David Jackson den vielen bösen ‚Spaß‘ sehr wohl in entscheidenden ernsteren Absätzen lobenswert verstummen läßt.

Während des gesamten Buchverlaufs ist der Protagonist, Thomas Brogan, in begleitender Gesellschaft seines Alter Egos und somit nie allein. Er hatte sich eine zweigespaltene Persönlichkeit zugelegt – dieser Prozess hätte noch dezidierter ausgearbeitet werden können. Diese Zweckgemeinschaft befindet sich, mit recht viel schwarzhumorigen Wortwitz, stets im Zwiegespräch, um m.u. Ratschläge zu erteilen, das weitere Vorgehen zu besprechen oder zu kritisieren, wobei der auf zügiges Morden und Selbstschutz drängendere Part vom eher mit Bedacht zurückhaltend u. spielfixierten Handelnden durch Kursivdruck, - wie in einem Gespräch zwischen zwei Menschen,- problemlos unterschieden werden kann.

Damit taucht der Leser nicht nur in des Serienmörders Gedankengänge ein, samt Schlagabtausch, sondern er folgt Brogan wie ein Komplize, ist mit dabei, egal ob auf seinem Beobachtungsposten von Dachböden aus oder seiner Spionagetour per jeweiliger Bodenluke durch 4 Häuser-in-Reihe, in welchen er den individuellen Alltagsablauf und sonstige Gewohnheiten der unterschiedlichen Bewohner bis ins Schlafzimmer ganz aufmerksam registriert, unsichtbar belauscht und darüber seine nächsten Schritte schmiedet und seine Anwesenheit zu verschleiern sucht. Was Thomas dabei alles observiert und Privates entdeckt, kann auch im Leser teils unbändige Neugier erwecken, z.B. auf das von Elsie vorbereitete Geschenk, oder, den brennenden Wunsch zu erfahren, was Colette in ihrem abgeschlossenen, geheimen Schatzkästchen nur verborgen hält.

Nach dem ersten Buchdrittel gebärdete sich Thomas zunehmend als Satanas, einen gefallenen Engel: aus seinem Hinterhalt durch seine ausgediftelten Spielzüge ergötzt sich Brogan daran, Zwietrach zu säen und in das Dunkel der Zweifel zu stürzen, womit die Fairbrights gegeneinander aufgebracht werden sollen. Das konnte mich nicht mitreißen, erinnerte eher an einige Szenen bekannter Filmklassiker (was nicht störte) und entrüstete viel mehr hinsichtl. der angeblichen Liebe zwischen dem Ehepaar.

Zudem wird Colette mit ihrem hadernden Gewissen und womöglichen Selbsttäuschung konfrontiert, Martyns Infamie entblößt. Was wiederum gut war jedoch eher zufällig geschah.

Vor dem eigentlichen finalen Mord will Brogan letztlich Angst schüren und ist in seiner Machtposition erpicht darauf zuzusehen, wie seine Stalkees (miteinander und) mit mentalen wie physischen Schmerz klarkommen und wie sie in ihren schwindenden Augenblicken reagieren, wenn alles schiefzugehen beginnt, wenn vor einander verdeckte Wahrheiten ans Licht gezwungen oder sogar gänzlich in reiner Fiktion(!) konstruiert werden (und spürte hiermit wohl seinem Kindheitstrauma nach).
Und all das basierend auf Thomas Brogans eingebrannten Lebenserfahrung, die da lautet:

„Die Dinge, die ich getan habe, sind nichts im Vergleich zu dem, was ich Paare einander antun gesehen habe.“ (S.344)



Eine Überraschung für mich war die großmütterlich zerbrechliche Elsie, die mir sofort ans Herz wuchs – eine fürsorglich selbstlose, liebevolle Dame, die noch immer ihren seit nun mehr 30 Jahren verstorbenen Sohn so sehr vermisste, und was sie, neben der netten und unschuldigen Colette, beim zynischen Misanthropen Brogan auslöste. Cols Erkenntnisse und Auseinandersetzung mit dem Leben und Tod bei Krankenhausbesuchen hätten noch ersichtlicher aufgearbeitet werden sollen, was aber mit einem verständnislosen, selbstbezogenen und oberflächlichen (Gesprächs-)Partner wie Martyn wohl recht schwer fällt.

Sehr einnehmend war der Umstand, dass ein Fremder im Haus für die Eine plötzlich die eigenen vier Wände nicht mehr leer erscheinen und freudigen Lebenssinn zurückgewinnen läßt, der gleiche für die Andere im vertrauten Heim den eigentlichen wahren Fremden samt Doppelleben entlarvt.

So wie Thomas bei anderen Geister ihrer Vergangenheit wachzurufen versteht, so schließen sich kurzfristig sogar Türen zu seinen eigenen begrabenen Zeiten auf. Und er erlebt, durch für ihn ja vollkommen Fremde, plötzlich aus der Versenkung aufsteigende Momente von ehemaliger Glückseligkeit und solche mit längs abgetöteten verstorbenen Empfindungen. Diese ergreifenden Aufbruchsrisse zu seinem früheren Ich, die mir wie kleine zarte Blümchen durch einen Gletscher hervorlinsten, und die Kraft zu entfalten schienen, geplante, weitere Morde immer wieder aufzuschieben, oder evtl. sogar diesen ganz den Rücken zu kehren, waren für mich das am Allerfesselnste und interessierten mich ungemein; nur wegen diesen las ich weiter und erhoffte mir fokussierende Entwicklung und ein kollossales Ende(, sie zeigten betrüblicherweise im Endeffekt lediglich, SPOILER-Anfang XXX trotz Thomas' einer Verschonung und finalen Innehalten, wie kaputt ein Mensch gemacht werden kann, dass TomB. einsamer Teufel bleibt, der es im Grunde nie mehr aus seinem Fegefeuer schafft).XXX SPOILER-Ende

Es ist dieser ‚Gewissens‘-Clinch der beiden Ichs von dem das Buch zehrt: die eine Persönlichkeit fängt erstaunlicherweise an, sich mit Gefühlen auseinanderzusetzen, will diese auskosten, so viel Stunden wie möglich mit diesen neuen, reaktivierten Regungen erhalten… gleichzeitig dies vor seinem Alter Ego verheimlichen und ausharren auf den perfekten Zeitpunkt zum Ausführen seiner perfiden Pläne. Der andere, der ‚Beschützer‘ und Lebenserhalter, warnt ihn davor, emotionale (Ver)bindungen einzugehen, stichelt dominant, endlich zum mordenden Potte zu kommen, denn Emotionen machen schwach, unsicher und sind für ein Überleben nicht empfehlenswert - das sich Abwenden vom Töten kann den Tod bedeuten. Wer von den beiden wird sich am Ende durchsetzen?


Mit Stellen, die weniger beschönigend, sondern eher direkt formuliert sind, und damit Ekel hervorrufen können, muss gerechnet werden, z.B. wenn auf allen Sinnen, selbst dem hörenden, der biologisch authentische Zersetzungsprozess einer Leiche veranschaulicht wird.


F A Z I T :


Ihre Hölle durch ein intrigantes Mörderspiel ist Thomas Brogans Himmel - doch nie seine Befreiung. Als Nachtlektüre geeignet, sofern man nicht einschlafen möchte, weil einen das Buch einfach nicht ent-läßt. Warum vor dem Zubettgehen stets erst noch schnell Bananen durchgezählt werden sollten, das verrät DER BEWOHNER. Denn, einen Serienmörder als stillen Untermieter im Dachstuhl zu beherbergen ist so unwillkommen wie Geheimnisse aufdeckende Geister zu erwecken. Wer allerdings der WAHRE Fremde im eigenen Heim ist – darauf ist zu achten, und, wie viel schöner es ist, sich gegenseitig wie Geschenke zu behandeln.

Ein sehr untypischer und ungehetzter Thriller - nicht nur wegen der Perspektive, (die eines Psychopathen mit dissoziativer Identitätsstörung), sondern von fast skurrilem Stil: er ist gespickt mit recht viel makaberen Noten, schwarzem Humor, reichlich Wortwitz, und enthält darüber hinaus sogar berührende wie erschütternde Momente voller Vereinsamung und Traurigkeit… und Tote.

Schade, aus dem abgestochenen Ende hätte David Jackson so viel mehr herausholen können, als unterm Strich nur die ernüchternde Gesellschaftskritik: mit WELCHER Selbstverständlichkeit, mit welcher Gefühlskälte, Gewissenlosig- und Gleichgültigkeit so viele Menschen, völlig grundlos und nur aus Selbstsucht, andere verletzen.

Bewertung: 3,5 Sterne ⭐️⭐️⭐️ ☆

Nicht als Klapp-Brochure, sondern nur als einfaches TaBu erhältlich.

Die Hörbuch-Version als ungekürzte Lesung auf 2 MP3-CDs ist bereits erschienen.

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Veröffentlicht am 13.05.2021

Denk nicht an Blut. Denk an Feuer! 🔥 Wenn die Stimme versagt, sich ein Flüsterhauch zum Orkan erhebt…

I am Elektra (Elektra, Bd. 2)
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Absolutismen können durch fusionierte Denkweisen aufgebrochen werden.

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KURZFASSUNG:

Hochgradig technisierte Nahzukunftswelt, in der geklonte Menschen lediglich einen Zweck erfüllen ...

Absolutismen können durch fusionierte Denkweisen aufgebrochen werden.



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KURZFASSUNG:

Hochgradig technisierte Nahzukunftswelt, in der geklonte Menschen lediglich einen Zweck erfüllen und jederzeit austauschbar sind. Was genau hat Priamos vor, denn er hütet ein Geheimnis, welches der wahre Grund für all sein langgeplantes Handeln ist.

Leben geht weiter, weil ein anderes zu Ende gegangen wurde. Das ist Elektra egal. Emotionslos den Klonen gegenüber erkennt sie eines Tages sich selbst nicht mehr im Spiegel wieder… und entdeckt eine angsteinflößende Nachricht in ihrem ehemaligen Tagebuch… Wer hat sie ihr hinterlassen? Steht nun ein für alle Mal ihre Existenz auf dem Spiel?

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Auch wenn sich hinten im Buch ein hervorragendes „Was bisher geschah“ befindet, empfehle ich unbedingt beide Bände hintereinander zu lesen! Außerdem würde man sich ja ohne den ersten Nearfuture-Thriller einen fulminanten Auftakt entgehen lassen. Die folgende Rezension zu Band 2 enthält Spoiler, v.a. für diejenigen, die den Vorgänger noch nicht kennen!

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62 Jahre in der Zukunft - die erst mal gar nicht so düster ausschaut, denn von Klimawandel, Naturverschmutzung und Umweldzerstörung, Kriege oder Katastrophen ist keine Rede. Es gibt proppe Wälder und weiter Honig, Menschen können sich ohne Masken nicht nur im Freien aufhalten, Magnetschwebefahrzeuge bestimmen das Verkehrsnetz, Tierschutz wird großgeschrieben. Obendrein ist optimale medizinische Versorgung garantiert…
… - und krank wie pervers: Transplantationen von Organen (sowie Extremitäten, Knochenmark, Hornhaut) sind seit 24 Jahren keinerlei Hindernis mehr in der Neuen Union [ehemalig EU], erlaubt bislang weltweit der einzige Staatenbund doch menschliches Klonen.

Genügend Nachschub lebenden Materials steht demnach in abgeschotteten Instituten (Internat und Gefängnis zugleich) auf Abruf: als Ersatzteillager-auf-zwei-Beinen, zum Ausschlachten, dafür werden die genetisch exakten Kopien gezüchtet – die so viel mehr sind als nur biologische Zwillinge und Spiegelbild des Menschen! Und dies ein easy-peasy Luxusartikel nicht mehr nur für die Reichsten der Reichen, das Klonen soll bald für die breite Masse erschwinglich werden…


Im Jahr 2083 sind auch für die 17jährige blasierte Party-Queen Elektra Hamilton, als Mitglied einer der einflussreichsten Familien der NU, Klone verfügbar. Als sie eines Tages mit unsäglichen Kopfschmerzen, unerklärlichen Blackouts und einem seltsamen Körpergefühl erwacht, hält sie alles nur für einen Hangover? Aber, Moment mal, sie scheint gar nicht zu wissen, dass sie vor 3 Monaten ermordet wurde?! Wer schaut sie da aus dem Spiegel an, und, wird sie diesmal um ihr Leben fürchten müssen?

Die anstehende 2. Phase des Klonprogramms wird ihren Vater und Initiator Priamos Hamilton, endgültig in den Olymp der Unsterblichkeit erhöhen, denn Bewusstsein & Erinnerungen eines Menschen in Klonkörper zu transferieren verspricht Ewiges Leben und Jugend… wäre da nur nicht die Sache mit… der fühlenden Seele… und sie will ihren Platz in der Welt.

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Christian Handel ist der unerbittlichen Nachfrage seiner Fans von„BECOMING ELEKTRA – Sie bestimmen wer du bist“ nachgekommen. Der 2. Band „I AM ELEKTRA – Dein Leben ist mein“ schließt nahtlos an seinen Vorgänger an und lässt manch Lesers Vorahnung Wirklichkeit werden.
Während es in Bd.1 um Doppelgänger und vertauschte Identitäten ging, wollte er es hier auf die Spitze treiben, wie er es auf Lovelybooks verriet. Und DAS ist ihm fürwahr gelungen mittels eines sensationell choreographierten und sich aufschraubenden Perspektiventanzes:

Eine Zeitlinie mit zwei parallelverlaufenden, sich überlagernden Erzählsträngen, die versetzt zueinander einsetzen und sich ineinander verzahnen, ohne dass beide erstmal die Präsenz des anderen erahnen. Die gleiche Geschichte, aus zwei verschiedenen Warten.

Im Weiteren wird diese Konstellation einer Doppelerzählung abgelöst durch eine lineare mit dem sich regelmäßigeren Abwechseln zweier Ich-Perspektiven in einer Spirale aus Kampf um Dominanz und Kontrolle, wobei aber Denken, Fühlen, Handeln nicht übernommen, noch dirigiert werden(, auch wenn später mal haptisch wie olfaktorische Reminiszenzen als Sinneswahrnehmungen zu eigen werden können). Aufwallende Emotionen sind quasi unbeabsichtigt aufoktroyiert, verwandeln sich nicht in Empathie, können aber sehr wohl eigene triggern.
Das Ganze ist von Anfang an durchwirkt mit aufflammenden Erinnerungsfragmenten wie Empfindungen, die sich immer (1x erst im Nachhinein) vom Leser, nicht alle davon auch von der jeweiligen (v.a. Haupt-) Protagonistin, zuordnen lassen.
Ein besonderer kleiner Clou dabei: Elektras eigenes schlechtes Gewissen erhebt sich aus dem Unterbewusstsein(?), oder ist es doch viel mehr Kelsey, die ihr den Spiegel vorhält und sie aufrüttelt; ein Flüstern, das gleich einem mahnenden Alter Ego bei Fehlüberzeugungen Einspruch erhebt und Dinge richtigstellt. Schleichend und zum Endspurt rasant löst sich die Dichotomie in einer eigtl. unmöglich verschmelzenden… Fusion auf… um dann… … aber lest selbst!
Hört sich kompliziert an?
ist es gar nicht!!
Denn Christian Handel hat es verrückterweise geschafft, einem aufmerksamen Lesepublikum stets die Übersicht zu gewährleisten. Kommt mit auf diesen schockierenden Wahnsinns-Achterbahnrausch menschlicher Abgründe, Höhenflüge & Tiefenabsturz.


Ehedem kannte Priamos die (von ihm erschaffene) Wahrheit, dass seiner Tochters Klon Isabel offiziell als Elektra auftrat. Das tut sie hier weiterhin – allerdings bangt man nun mit der neuen ‚Protagonistin‘, ihr möge es gelingen die Wahrheit, NICHT Elektra zu sein, so lange wie möglich vor ihm verheimlichen zu können… ob ihr das gelingt?


Auf Priamos: „Du kannst nicht die Welt retten (…) Aber dich selbst.“ – Isabel: „Das ist nicht genug.“ (S.193)




Was Bd.1 und Band 2 besonders auszeichnet und allein wegen dem absolut lesenswert ist, ist das liebende Verhältnis, die innige Verbundenheit, das sich gegenseitig schützen und unterstützen, in Treue für einander da sein, die selbstlose Hingabe zueinander der beiden ‚Schwestern‘ Isabel & Kelsey (Klone von Elektra). Dies skizziert der Autor mit einfühlsamem Feingefühl in bewegender Vielschichtigkeit aus. Selbst, wenn sie von einander getrennt sind, ist ihr unerschütterlicher Zusammenhalt spürbar. In ihren Gesprächen und Aussprachen wird Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit gelebt.
Kelseys Umgang mit ihren Vorurteilen, Enttäuschung, Zweifeln ist ein diametral anderer als der von Elektra: sie hört zu, denkt mit, und kann zwischen richtig und falsch unterscheiden, ihre Irrtümer einsehen, ist mitfühlend und verständnisvoll, will eine Stimme sein und sich aktiv zum Schutz anderer einsetzen, besonders weil es „(…)kein Wolf [ist, der] die Herde dezimiert. Es sind die Schäfer selbst.“ (S.62)

Elektra, die Echte und was für ein Original!, sollen wir nun hier, mit Band 2, kennenlernen - jedoch mMn nur nebulos (dazu nachher mehr), dafür Kelsey viel besser, was sie einem noch sympathischer werden ließ, als sie eh schon war, wenn auch in Bd.1 noch zurückhaltend, entmutigt und zerbrechlich.
Christian Handel nimmt sich Zeit, ihre Traumata (u.a. die Entreißung ihrer Niere, hilfloses Ausgesetztsein, Ungerechtigkeit) mit sensiblem Bedacht darzustellen, und lässt selbst psychosomatische Kompensation nicht außen vor. Besonders auffällig dabei, die Art & Weise, wie sich die sich selbst wiederfindende Kelsey so ganz anders mit dem eigenen Albtraum auseinandersetzt, als Elektra mit dem ihren. Mit tiefer Empathie ist Kels Entwicklungsprozess (von Verzagen, Hadern zu steigender Hartnäckigkeit, Kampfesgeist und Aktionismus) vom Autor in Szene gesetzt und elaboriert worden, bis hin zu wie sich Kelseys inneres Kerzenlicht lodernd zu einem flammenden Feuersturm entzündet.

Hier noch zur Triggerwarnung und der damit verbundenen Empfehlung, Kapitel 17 auszulassen: Dieses Kapitel ist eines DER wichtigsten und sogar mit besten im ganzen Buch (aber 42 ist auch genial, und viele weitere)! Und sollte gerade deswegen nicht übersprungen werden, denn Kelsey ist eben NICHT ihr Original und wird es Ela nicht gleichtun! Kelsey trifft eine totalitär andere Entscheidung, als vormals Elektra (noch dazu aus egoistischem Motiv) mit ‚der Überdosis‘. Da erschienen mir eher einige Einstellungen mit/von Elektra triggernd (sogar gemeingefährlich), da sie ja nicht alles richtig reflektiert und es nie in eine Entschuldigung mündet.

Beiseite: Phänomenal wie der Autor eine Unzahl an Vergleichen und Parallelen zwischen Mensch, Klon, Eltern/Erzeugern einstreut, die auf den ersten Blick ähneln; überwiegend sind es ganz eigene Wege, gänzlich unterschiedlich und konträr eingeschlagen. Überdies kreuzen (un)heimlich viele Spiegelbilder aus Band 1 hier wieder auf. Es gibt aber auch Deckungsgleichen (Bsp.: Fingerspitzenberührung).


So wie sich Isabel und Kelsey einander Kraft geben, ist der ein Jahr jüngere Bruder Hektor Elektra ein Anker und nur mehr der einzige, auf den sie sich verlassen kann. Als seine Schwester liebt er sie einfach bedingungslos und ist um sie besorgt. Indes wurde nicht enthüllt, welchen Standpunkt er zu Drogen vertritt, warum er Ela nicht von ihrem Konsum abbringen hatte können, sollte er damals wirklich nichts davon mitbekommen haben?
In der Zuneigung zu ihren Brüdern konnte Ela nicht den gleichen Halt finden, wie sie ihn sich Isa & Kels einander vermitteln können.
Und was etwas irritierte, warum in den Gesprächen mit ihr Hektor nicht den damaligen genauen Ablauf geschildert hatte, dass und wie eben Isabel erpresst worden war, Elektras Rolle zu übernehmen. Mehrmals im Buch unterstellt Elektra nämlich dickköpfig, ihr Klon Isabel hätte sich Elas Leben absichtlich unter den Nagel gerissen (Wahrscheins nur als Alibi für ihren Dad?).

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Bereits vor ihrem Komaerwachen und der jetzigen ‚Komplikation‘
[ aus Spoilergründen nicht genannt/ ⚠ Ein Klon muss sich ihren Körper mit dem verstorbenen Original, seiner Besitzerin, teilen – doch 2 Seelen sind eine zuviel auf die Dauer ⚠ ]

ist Elektra einem Ringen um eine selbstbestimmte Existenz ausgesetzt, welches eines der großen Themen dieser DysUtopie ist, neben dem des Bewusstseins.
Was aber die eigentliche Hauptgeschichte als unterschwelligen Basistenor beherrscht: bewusst ist Ela gar nichts, nein, schon, sie verdrängt und leugnet ständig, was ihr m.u. das ‚selbstbewusst tun‘ als Verschleierung dient.

Elektra verbrachte ihre Tage in einer Rosa-Blase voll Shopping, Partys, Alk & Junk nebst einer heimlichen, festen Affäre ab 16 mit dem Stallmeister – eine Liebe, zu der sie sich nicht offen bekannte.

Mit Glitzertinte schrieb sie vor gut 3 Jahren auf die glänzenden Seiten ihres einzigen 1-Jahr-Tagebuches, als malte sie sich ihre Welt schön; was wirklich in ihrem tieferen Gedankenkosmos abläuft, will sie sich selbst gar nicht eingestehen – und so richtig können es damit auch nicht die LeserInnen erfahren. Denn eine starke HassLiebe zu Mutter wie auch Vater brannte zunehmend in Elektra auf, obwohl sie ihre 'Vorbilder' imitiert.

Ihren Einschätzungen Glauben zu schenken ist (für mich als Leserin) nie so recht möglich. Einmal sagt sie so, später dann wieder anders, und das unabhängig von ihrer ‚aktuellen prekären Ausnahmesituation‘ und ganz gewissen Gedächtnisausfällen (hinter denen eine ganz andere, traumatische Natur steckt), die nochmal ihre bereits vorhandene Zerrissenheit und Wut ob einer Aussichtslosigkeit multiplizieren. Wahrheiten stellt sie grundsätzlich infrage, sie kann sich selbst nicht trauen, weil sie sich ja etwas vormacht und im Lügengeflecht lebt. Z.Bsp. griff sie tatsächlich häufig zu Rauschgift - und nicht, wie beteuert, nur dies eine Mal.

Es ist anzunehmen (vgl.Bd.1), dass Elektra in höchst panischer Bedrängnis aus dieser falschen Welt verschied, nun in noch größerer Verzweiflung und in einem noch verdrehteren Universum zu Bewusstsein kommt. Die selbstbezogene 17-Jährige wird im Folgenden das allererste Mal in ihrem Leben gezwungen, sich mit einem in Mitleidenschaft gebrachten Körper, sowie mit anderen Verletzungen und Gedanken auseinanderzusetzen als die, die einzig und allein nur um sie kreisen. Ob sie daraus lernen kann und ihr damit auch der Absprung aus dem Karussell aus Selbsttäuschung gelingen könnte? Wird sie überhaupt überleben?
Ihr bisheriges Ideal des ProMassenklonings (ihr Sicherheitsnetz), das letzte an das sie sich jetzt noch klammern könnte, fällt nämlich auch noch in sich zusammen. Gerade dies könnte ihre Rettung (nur für ihr Seelenwohl?) sein: Klone sind Menschen die helfen und ihr zeigen, was wirklich zählt und kämpfen bedeutet.

+ + +

Von ihrer erstmal überraschend gewöhnungsbedürftigen, weil rotzgörigen Ausdrucksweise abgesehen, wirkte auf mich der permanente Gebrauch von ‚Drache‘ (anstatt Mama) (ver)störend. Die Schwierigkeit dabei nachzuvollziehen, warum im Durchschnitt alle 10 Seiten Elektra dieses Attribut ausspuckt: aus wohl vielen Gründen ist Elas Verhältnis zu ihrer Mom zerrüttet, davon sind allenfalls nur wenige bekannt, bzw. werden lediglich kurz erwähnt (der von Sabine bedauerte Verlobungsvertrag, der aus einem noch ganz anderen Grund von ihr forciert wurde, und die fragwürdige Unterstützung ihres Ehemannes) - explizites wird partout nicht erzählt.

Bis zuletzt sieht sich Ela in einer Opferrolle, ihre Mutter soll der Sündenbock, falsch, -drache sein, trage also die Hauptschuld (an? dem maroden Verhältnis zu ihr u. Hektor, neben dem, oder wegen des, Gatten? ihrem Abrutsch in Drogenabhängigkeit?), was vermutlich Ela daran hindert, ihre Liebe nicht wahrnehmen zu können, resp. sie dazu veranlasst, diese als Fake abzuurteilen. Selbst Hektor stürmt seltsamerweise in einer Szene herbei, weil er meinte, seine Schwester vor Mom beschützen zu müssen.

Die routinierten Ausflüge zum Wochenend-Waldhaus waren ein Bild von idyllischem Typus und einer intakten Familie. Nach Elektra, im Nachhinein, dann nur eine Illusion, zerbrechlich wie Glas, zeitgleich eine undurchdringliche Festung ist die Rapunzelturmlodge trotz ihrer fröhlich bunten Innenwänden als Erinnerung an einst schöne Zeiten etwa ein kühler Bunker und umgrünte Fassade für etwas, was im Inneren krankte. Aber was explizit war denn los?, dass seit über 3 Jahren die Ferienvilla nicht mehr frequentiert wurde und sich Differenzen zwischen den Eltern aufbrauten. Ab oder bereits vor Elektras Nieren-OP, oder war die Geburt Nesthäckchen Nestors der Auslöser? Das erscheint doch sehr wichtig, wird dessen ungeachtet nicht eruiert – weil es Elektra selbst nicht kann.
War es ein schleichendes Feststellen oder durch welches Ereignis hatte die ca. 13jährige Ela erkannt, dass ihr Vater nicht der Papa ist, für den er sich ausgab, für den sie ihn halten wollte? Vor allem: wie äußerten sich diese „familiären Zwänge“ genau?, unter denen (zusammen mit dem Auseinanderbrechen der Ehe) die junge Teenagerin so litt, als der Grund weswegen sich Ela somit in eine Rauschmittelsucht ab 13, 14 ruinös treiben hatte lassen.

Elektra wolle sich von niemandem etwas sagen lassen, ihr einziges Ziel von frühester Jugend an sei, frei zu sein, was für sie bedeutet, ohne jegliche Verantwortung u. Verpflichtungen leben zu müssen, wobei sie aber das Konto-Vermögen behalten will. Allerdings machen Drogen, Alk und Sex nun mal nicht erwachsen, nur die Erkenntnis über Leben und Tod, und das Begreifen darüber, was wahre, aufrichtige Liebe bedeutet.

Sie will nicht „die perfekte Tochter“ sein und sich (von Dad) bestimmen lassen, wer sie ist – aber wer ist sie eigentlich? Was genau sind ihre Ziele, Träume, Lebenspläne, für was sie sich stark macht und einsetzt bleibt unformuliert (ganz im Gegensatz zu denen ihrer Klone).
Dann also alles eben nur eine endlos Party und Spaß - als Ablenkung von Vergänglichkeit (auch die des sicheren Heims & der Partnerschaft ihrer Eltern, alles eine Lüge, alles eine verkehrte, unverständliche Welt).

In ihrer anarchistischen Haltung verhält sich Ela sehr widersprüchlich (Rebellen TUN normalerweise was gegen Missstände. Sie ist da bequem, oder total verunsichert, erst in die Ecke gedrängt, läßt sie sich Entscheidungen, zu denen sie nicht fähig ist und wofür sie in Betäubungsmittel flüchtet, abnehmen. Das kann dann aber auch keine Liebe sein!). Was genau sie blockiert, eine große Klappe hat sie ja, ihr Denken und die Ärmel umzukrempeln (z.B. Marcus proaktiv zu unterstützen), wurde nicht ersichtlich [genug -- (intuitive) Angst vor dem Vater?].
Oder definiert sich für sie Initiative bereits als Streitereien mit den Eltern, und Verlogenheiten mit Lügen zu beantworten? Darin glorifiziert sie sich jedenfalls, weiterhin blind, verkennt sich gen Buch-Ende als Kämpferin (Kap.39).

Elektra wundert sich darüber, ob sie in einem „Märchen“ aufgewacht ist, sucht ihren Platz darin, denn wenn ihr „Dad offenbar der Bösewicht und Isabel die Prinzessin“ (S.133) ist, zu was macht das sie dann.
Die Rolle einer Märchenprinzessin lehnte sie sowieso ab. Eine Superheldin, das will sie sein, aber nur um sich lobend selbst auf die Schulter zu klopfen, nicht um des puren, uneigennützigen Helfen willens. Sich bedienen lassen, Vergnügungen genießen, statt Einsatz zeigen, Anstrengungen aufbringen, sich dem Leben und ihren Fehlern stellen. Ihr Dasein ‚vor der jetzigen Misere‘ beging sie bereits als das einer Fremden, einerseits zunehmend durch ihren Dad & Mom gezwungen dazu, andererseits v.a.(!) durch ihren Eigenbetrug an sich selbst. Genauso wie ihren Klonen, aufgewachsen in einer Verwahrungsanstalt, gehört auch ihr als Original ihr Leben gar nicht, eingesperrt in einer Scheinwelt, da Ela sein möchte wer sie ist und nicht jemand, zu dem sie gemacht werden soll – läßt sie sich gleichzeitig durch Drogen und ihren Lügen ihren Charakter und ihre Liebe nehmen.

Über beide Gruppen und ihre Identität wird einfach hinweg administriert, was mit ihnen geschieht, mit dem gewaltigen Unterschied: der Klon, trotz fehlender Orientierungshilfe durch gute Eltern, verstellt sich nicht und erkennt den Wert des Lebens.

Im ‚gegenwärtigen Desaster Zwangslage‘ entwickeln sich nun Klon und Mensch zu ihren gegenseitigen Gefängniswärterinnen. Fragt sich nur, wessen Gewaltzugriff sich hier wirklich entzogen werden muss – denn Strippenzieher ist doch ein ganz anderer.


Das immer und immer mal wieder eingestreute Herabsetzen und über andere Herziehen, Herabwürdigen verlieh zwar Elektras proletenhaften und arroganten Art Stringenz, [Warum macht sie das bloß?? sie versucht wohl(?) damit ihre Unsicherheiten abzudeckeln, sich selbst hochzuwerten? ihre eigenen Unzulänglichkeiten, Schwächen zu kaschieren??],
aber lenkte enorm ab, boxte im Lesefluss raus und eine Annäherung zu ihr zurück auf Abstand.
Auch hier wieder dieser Wankelmut: sie will, dass man sie lässt wie sie ist, doch selbst kann sie andere nicht lassen wie sie sind, ihnen ihre Freiheit und Individualität gönnen – Klonen allen voran.

Eigentlich ist Ela der Drache, der die ganze Zeit über wütet und trotzdem kein Feuer hat oder weil.
Die Klone haben mehr Substanz, obwohl sie keine Wurzeln, keine Eltern haben.
Beide Parteien sehnen sich hier nach Mutter und Vater, fehlende Eltern auf beiden Seiten (wie es ist, als Klon ohne Mutterliebe aufzuwachsen wird schon erahnbar, warum Ela diese missen musste verschattet sich im Nebel). Warum stellte sich Sabine, Elektras Vernehmen nach, nie auf die Seite ihrer Kinder, meidete früher Auseinandersetzungen mit ihrem Gatten - aus Angst? Aus Angst vor was? Nahm sich Elektra hier an ihr ein Vorbild? und hasst sie sie deshalb so? und sich selbst dazu, aufgrund ihrer eigenen fehlenden Durchsetzungskraft.

Intensive Abneigung und Wut empfindet Elektra zusätzlich den Klonen gegenüber – warum? Aus Eifersucht, weil ihr Dad sein Leben diesem Projekt und der Firma verschrieb, er keine Zeit mehr für sie, die Familie, hatte, hatte er sie je? Veränderte es oder er sich durch das Klonprogramm?
Oder vielmehr, weil Elektra sehr wohl erkennt, dass sie ihr so sehr gleichen? Dass sie sich als eine bessere, moralische Version ihrer selbst beweisen?

Ferner ist Elektra in der rabiat radikalen Einstellung zum Lebewesen und Menschen Klon als Abfallprodukte wie ihr Vater und ganz selbst der geborene Klon zu ihm. Und dieses inhumane Weltbild zieht sich in regelrechter Penetranz durch das gesamte Buch. Warum ihr das so extrem unverrückbar intus ist (im krassen Gegensatz zu ihren Brüdern)? Hier setzt der Autor voraus, dass die Leserschaft sich selbst erklärt, dass Ela nun mal in diesem Gedankengut so aufgewachsen ist… und mit 17(!) darauf weiter herumreitet, weil sie mit ganz anderen Dingen, und dann noch mit den Auseinandersetzungen mit ihren Eltern, beschäftigt war, als mit DEM Hauptgeschäft ihres Vaters.
Warum ein etabliert mörderisches System hinterfragen, was für sie nur von lebenserneuernden Vorteilen ist und ihr ein Luxusschwelgen finanziert.

Erleichterung von diesen Abschnitten mit Elektra spendeten dann immer die Umswitche zu (einer) anderen Person(en) und deren Warte.

Jedesmal wenn sich jäh um zäh erfreuliche Umschwünge aufgrund richtiger Schlussfolgerungen Elas anfingen sich abzuzeichnen, ein leichtes Aufbrechen, Baby-fortschritte sich antapsten, machte Elektra unverzüglich wieder Sprung zurück, revidiert, gleich einer eingeklemmten Reset-Taste. So als zwänge sie sich da dann erst recht, (im Gefecht gegen Realität und es zugeben zu müssen), darauf zu pochen, Klone als Nicht-Menschen ohne Rechte zu halten.

Z.Bsp. enttäuschender Rückschritt und Sinktiefpunkt (Kap.30): nach allem, was bisher passierte, ist Dad weiterhin für sie ein „Held“, und Klone ohne Gesicht fände sie besser – Welch‘ widerwärtige Horroraussage! (erinnerte mich an den SciFi-Klassiker Das Schwarze Loch). Bei Ela ist es immer noch nicht angekommen, dass Klone Seele, Geist, Herz haben, Menschen wie du & ich sind (und d a s sogar ‚gesichtslos‘ blieben!!).
Elektra DARF es sich gar nicht eingestehen, da sie sonst das Anrecht auf einen Klonkörper verlöre?! Ihr Überlebenswillen ging einfach zu weit, kennt keine moralischen Grenzen.
Selbst kurz vor der Gala-Rede spielt sie sabotierende Gedanken durch, diese zu ihrem Moment zu machen.

+ + +

So wie der Vater lediglich seine Vorstellung von seinen Kindern liebt, anstatt nur sie um ihretwillen, (und sie ganz nach persönlichem Nutzen für ihn einsetzt), so tat es ihm Elektra wohl gleich, wählte dementsprechend auch Phaedre (Tochter des schwarzen Schafs der Familie), Dealer Marcus - und ihren Lover Julian aus, den sie noch nicht mal zu den vertrautesten Freunden zählte! (Und kaum ist der Totschläger tot, werden sich schon Gedanken darüber gemacht, wie es wohl mit Phillip so gewesen wäre.)
Die Sehnsucht, einfach nur angenommen und, so wie sie ist, geliebt zu werden, was ihr die eigenen Eltern verwehrt hätten, könnte sie natürlich in diese verhängnissvollen Verbindungen getrieben haben.
Dass Ela durch ihre langen und letzten Lügen ihrem Liebsten Julian das Herz und den Verstand brach, in den Wahn katapultierte, diskutiert sie nie.

Die angebliche Liebe des Vaters ist, hingegen der der Mutter, nur eine suggerierte, die eines lügenden Gauklers, weil sie nur seine eigenen Ziele heiligt (was, nach Bd.1, dem Leser in seiner Skepsis hier von Anfang an klar ist).
Priamos als einen selbstgefälligen Despoten erkennt Elektra sehr wohl, jedoch insistiert sie sehr schnell, gleich einem Mantra in Endlosschleife, rigoros darauf, will alle davon überzeugen, oder nur sich selbst versichern, dass ihr Dad sie seit jeher beschütze, sie liebe, alles für sie tue.
Diese abrupte Kehrtwende blieb unverständlich, bzw. war ihre Ambivalenz nicht deutlich ausgearbeitet, denn: nicht nur trägt sie ihm sein Zwangsehebetreiben gar nicht mehr so nach, sie liebt und vergöttert ihn – aber, Warum nur, wie bewies sich ihr denn diese seine Liebe? Weil er sie einmal als Kind lachend in den Pool schleuderte und ihr zweimal das Leben rettete, das soll es sein? Dabei zeigt Elektra in keiner einzigen Einstellung, Szene, dass sie überhaupt realisiert hat, noch es ihr dankbar bewusst geworden ist, ihr Leben neu-geschenkt bekommen zu haben - weil es ja so selbstverständlich ist, für was sind Klone sonst zu gebrauchen.
Dann, als Ausrede, um den Irrsinn seiner Taten (die Genickbrüche und das, was er patentieren lassen will), vor anderen, zu billigen? – weil sie es tut!

Immer wieder spielt sie zwischendurch mit dem Gedanken, ihren Dad zu kontaktieren, das Monster selbst, das sie erst in diese Lage gebracht hatte - sämtliche bisherige Gespräche mit der Gang und ‚gedankliche Blitzlichter‘ und das eigene wissende Gefühl ignorierend. So sehr vertraut sie auf seine Hilfe, obwohl sie eingangs auf ihn noch mit den Fäusten einprügeln wollte.
Es sei ihr ein Anliegen, ihren Vater nicht zu hintergehen. Auf einmal? Belügt sie ihn doch schon nicht erst seit einem Jahr!

Wenigstens gesteht sie ihre Angst zu, nicht „verschwinden“ zu wollen; die vor ihrem jähzornigen Vater gibt ihr Rätsel auf, und könnte es auch dem Leser, denn es ist auch die auffällige Sprache von Brutalitäten gegen seine Tochter.
Obwohl sich gerade durch Kelseys Flashbacks an eine bedrohliche Begegnung mit Mr. Hamilton (und das ist sehr interessant vom Autor verknüpft worden,) in Ela selbst Erinnerungen aufschütteln, die Ela Furcht vor ihrem Dad einflößen, schiebt sie diese schwelend anwachsende Atmosphäre der Angst vor ihrem übermächtigen Vater und dem in ihm lauernden Dunklen immer wieder ab, weil sie sich nicht der Wahrheit und der der Momente vor ihrem Tod stellen möchte. Hektors Erzählung über Julians Genickbruch durch Priamos hätte Ela bereits zur Vernunft bringen und auch das Erinnern an den eigenen zurückholen müssen.
Das scheuklappenmäßige „Dad tut das alles für mich“ dient ihr dann mal wieder zu ihrer Beruhigung?

Schauderhaft war davon abgesehen, wie gefühlskalt oder abgebrüht sich zu oft Elektra gebärdete. Es wird nicht so recht klar, warum (wirklich nur aus Unglaube? Oder auch aus Schock, Starre, entrückter Distanziertheit, Negation, Frustration, aus Kontrollbemühen? Folgen ihres ehemaligen Drogenkonsums?).
Interpretierbar damit, dass sie evtl. einst im Vorfeld Gefühlen abgeschworen, aus Schutzmechanismus, einen Eiswall aus Groll dagegen aufzog? Oder soll in einer Parallele zu Kelseys apathisch, resignierendem Verhalten nach der Nieren-OP verstanden werden, dass auch Ela Gefühle wegsperrt?
Zeigt Elektra dann mal kurz welche, fällt es richtig auf, und doch weiß man nicht, ob einzig aus Selbstmitleid (statt Schmerz, Trauer, Erschütterung, Verzweiflung…).

Eine große Rolle spielt bei ihr nämlich Profilierung, Selbstbestätigungssucht statt gütiger Herzlichkeit. Aufgrund mangelnden Mitgefühls und fehlender (Eigen)Verantwortung zeugt Elektra von einer zurückgebliebenen Persönlichkeitsentwicklung und Reifungsdefiziten.

Nicht mal ihre Beziehung zu ihrem Pferd Konstantin wurde plausibel: geht es ihr dabei nur um ‚mein Besitz, darüber habt ihr nicht zu bestimmen‘, ein angenehm kuschliges Sportgerät, Hobby-Gebrauchsgegenstand. Oder, liebt sie das Tier wirklich, ist aufrichtig um es bekümmert(; die Versorgung des Tieres wurde jedenfalls immer vom Personal, oder Sabine, übernommen).


Für den Mordablauf an sich klaffen gewaltige Erinnerungslücken, der überraschenderweise nie (durch z.B. einen Flashback) Aufzeichnung findet; damit wird auch die Tötung an sich nicht in Elas Gedächtnis rekonstruiert, alles ist wie ausgelöscht, was für eine ‚Verarbeitung‘/Realitätsvergegenwärtigung und Elektras Seelenlage m.E. wichtig wäre. Obwohl wieder und mit Ende des 2.Buches nicht mehr auf ihren ominösen Genickbruch eingegangen wurde (vgl. Autopsiebericht Bd.1), bestätigt sich definitivst der eigene Vater als Verursacher.

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Elektra hat den Absprung von ihrer Ideologie geschafft. Ihre endlichen Fortschritte kamen zwar willkommen, für mich aber sehr spät und dann fast ad hoc. Noch dazu berief sich Ela bereits vorab darauf, ihrem Bruder Hektor folgezuleisten.
Sehr salomonisch wurde das Ende aufgelöst, denn die Dominanz ihrer Handlungen hätte ich Ela gar nicht abkaufen können. Es war ein Kippen von einem Extrem in die nächste Radikale. Nicht im Alleingang, sondern nur mit Hilfe, erfährt sie Stärkung für ihr nicht vorhandenes Rückgrat durch ihre Schwester.
Davon unberüht: bis ultimo Realitätsausblendung:
Nicht mal die fortwährend schmerzende, allseits gegenwärtige Narbe lässt Elektra ihr Verbrechen (auch an sich selbst!) sehen - ausbleibende Läuterung, keine Reue über ihren mutwilligen Missbrauch kostbaren Lebens.
Zunehmend entpuppt sich jemand ganz anderes zu od. als wahre:r Held:in ((oder sogar mehr, inkl. Sabine)) - und dieser Verlauf ist eindrucksvoll ausgeführt! Dieser phoenixhafte Prozess mit facettenreicher Belichtung ist wunderbar gelungen.

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Erfreulicherweise sind hier weiterhin Phillip, plus Hektor, entgegen dem üblichen BadBoy-NegativCharakterschema gängiger Mainstream-Bücher figuriert:

Sie versuchen zu vermitteln, einen Ausweg zu finden und zu beschützen. Hektors deutliche Positionierung in einer Vater-Konfrontation, seine kluge Erkenntnis über ihn, sowie seine UND Phillips rasche Reaktion und Geistesgegenwart in einem besonders brisanten Moment sind beeindruckend.
Davon abgesehen bemühen sich, sobald Emotionen hochkochen, beide als deeskalierende Schiedsrichter - v.a. Hektor, sonst umarmender Tröster, gegenüber seiner Schwester, um ihr Einhalt zu gebieten, sich den Fakten zu stellen.

Die Cooperation in der Clique aus Hektor, Phillip und den Klonen, sowie kurzfristig zweier nerdiger, heftiger Nebenfiguren (Aayana & Boyd - und einer Katze) ist super. Man möchte selbst ein Teil dieses Teamworks werden, um nach sämtlichen Möglichkeiten zu suchen, in allen Richtungen zu forschen, denn fortwährend zerbricht man sich selbst als LeserIn den Kopf darüber, wie eine zufrieden-stellende und faire Lösung für alle ermittelt werden könnte.

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Wie bereits in Band 1, beweist sich Christian Handel einmal mehr als begabter und aufmerksamer Kulissenkreateur und einfallsreicher Architekt mit dem Blick fürs Detail. Somit erschafft er Panoramawelten und besondere Orte, an die man sich gerne mal hinwünschen würde, noch dazu durch das Vorherrschen intakter Natur (z.B. Prometheus Lodge; Himmelsozean).

Futuristische Linie wird mit der aus dem ersten Teil beibehalten und nicht durch all zu viel Neues ergänzt, so dass die hi-technischen Vorreiter u. Gadgets eher im Hintergrund, dennoch in präsenter Dezenz liegen und vom willkommenen Wiedersehen profitieren. Überdies sind sie (abgesehen vom Klonprogramm) immer im Bereich von potentieller Machbarkeit konzipiert und vermitteln so große Authentizität.

Dass der Autor sein Klonuniversum darüber hinaus per „natürlichem Verjüngungsprozess-Hopping“ zur Dimension unendlicher Leben und der ‚Ewigen Jugend‘ up-gradet und erweitert, ist eine außerordentliche Entfächerung, die, en passant mal eben so fallengelassen, mich sprachlos zurücklies. Und, im Finale dem Ganzen als ein, zwar von Anfang an erwarteter und dennoch so rabenschwarzer Twist die Krone aufsetzt.

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F A Z I T:

Der Kampf um das Recht zu leben… erschüttert, ist weltweiter Alltagshorror, und mit Hinblick auf Triage nochmal so hochaktuell wie nie.

Wenn man sich ständig den Gedanken entzieht – und plötzlich mit welchen unausweichlich konfrontiert wird. Über die strikte Weigerung zur Selbsterkenntnis und den Konflikt, die falsche Welt aus den Augen anderer betrachten zu müssen…

Elektra, ein Ego und eine Hauptdarstellerin, die mir zu unverständlich in ihrer so authentisch erschreckenden Oberflächlichkeit blieb, ihre Selbstreflexion zu mau, ihre VollWende zu spät und überhastet, unvollständig und dann nur im Verbund.
Es fehlten mir persönlich konkrete Infos zu ihrem Werdegang, ihren Beweggründen und weiterer Ausbau ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen [zu kompakt, trotzdem mit einem unangebrachten Ausdeutungsspielplatz] – das verwehrte mir eine (womöglich sogar gar nicht beabsichtigte) Identifikation mit dieser Charaktere… die indes nur eine von vielen ist.
Ansonsten: Wirklich T-O-P!
Und Leseempfehlung!!

Quintessenz:
Gefangen zwischen (Alb-)Traum und Wirklichkeit: Eine Prinzessin zu lange im Dämmerschlaf aus Flucht & Verleugnung ist endlich aufgewacht. Hoffentlich behält sie ab jetzt den Blick für die Wahrheit offen und stellt sich aktiv ihrem Spiegelbild, um sich den Konsequenzen ihres Handelns bewusst zu bleiben.

Priamos Hamilton, grenzenüberschreitender Wissenschaftler und eiskalt kalkulierender Geschäftsmann, der um sein Lebenswerk bis in alle Ewigkeit weiterzuführen, wie besessen und selbstherrlich ein Alles tut - und seien es wie selbstverfreichlich experimentelle Generalversuche an seiner eigenen Tochter… und deren Schwestern!

Schöne Neue Welt: Klonprogramm 2.0.

… Bedenkenloser Machtmissbrauch, jemanden zu ersetzen und ihm schmerzlichen Schaden zuzufügen.
Die Menschen von Morgen werden immer skrupelloser - Gewissen, Verantwortung nebst verständnisvoller Kindererziehung entwickeln sich zu: Fremdwörtern! Egozentrik vs. Altruismus. Seite an Seite und im Team mit dem gleichen, hehren Ziel und dem brennendem Feuer dazu im Herzen lässt sich eine Zukunft in Frieden, Gerechtigkeit, Liebe und Menschlichkeit erringen. Und dafür ist es wert, sich einzusetzen.

+ + + +

Ein Buch, das mit viel (An-)Spannung gelesen werden kann und mit massig Diskussionsstoff entlässt… großer Nachteil: der verzehrende Wunsch nach weiteren Bänden! Aber, Leser/in hat ja (überbrückende) Fantasie… …. bis zur Weiterführung der Reihe (und Verfilmung!)? Einerlei, für welche Geschichten sich Christian Handel bei seinen nächsten Publikationen entscheiden wird – setzt ihn auf Eure Merkliste!

Wer nicht davor zurückschreckt, sich mit Lektüre wichtiger u. komplexer Themen und fundamental ethischer wie moralischer Fragen auseinanderzusetzen, wer es liebt, sich Impulse um Impulse bereichern zu lassen, Theorien über Theorien aufzufalten und über Weiterentwicklungen zu spekulieren… der ist hier genau richtig.

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Bewertung: 4 Sterne

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Veröffentlicht am 07.04.2021

Enzyklopädie (nicht nur) für angehende Experten von morgen – FAKTastisch! ☆☆☆☆ 🌎 🌞 🦎 ☄️ 🐆 ☆☆☆☆

Alles, was wir wissen und was nicht
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☆☆☆☆ bereichernd! Prädikat empfehlenswert!!
Ein trendiges Must-Have für jung(geblieben)e Wissbegierige ☆☆☆☆

Der Mikrokosmos, die Welt, Natur, Mensch & Tier, Geschichte und Wandel der Zeit, das Universum ...

☆☆☆☆ bereichernd! Prädikat empfehlenswert!!
Ein trendiges Must-Have für jung(geblieben)e Wissbegierige ☆☆☆☆



Der Mikrokosmos, die Welt, Natur, Mensch & Tier, Geschichte und Wandel der Zeit, das Universum und darüber hinaus… dieses Buch schenkt soviel Freude beim Stöbern und Eintauchen in die verschiedensten Fachgebiete, dass diese Reise in die Wissenschaften einem Ausflug in einen spannenden Freizeitpark gleicht, der mit erstaunlichen Attraktionen aufwartet.
Auch 'altes' Standard-Wissen wurde total neu aufgearbeitet & -bereitet, bündig und verständlich zusammengefasst und mit Unmenge Fun Facts aufgepeppt.

Neben vielen Originalfotos (z.B. von historischen Personen, Ereignissen, Plätzen, Technischem wie Biologischem, aus der Archäologie) finden sich auch anschauliche Schemata, Tortendiagramme, grafische Darstellungen und Atlaskarten ein. Dazu hält sich der Anteil des geschriebenen Textes fast die Waage; die großformatigen Bilder und Illustrationen gestalten ihn plastisch, verhelfen besser ins Langzeitgedächtnis einzusickern und Zusammenhänge zu verstehen.

Dieses buntgespickte Kompendium läßt sich (nicht nur) von oder zusammen mit Kindern peu à peu und kapitelweise durchlesen und aufsaugen, es kann aber genauso als fixes Nachschlagewerk entsprechend momentaner Interessenslage fungieren oder einfach nach Lust und Laune geschmökert werden.
Selbst für begeisterte Anhänger der bekannten Magazine wie Welt der Wunder, P.M. oder Fans von Wer weiß denn sowas?/Das Quiz-Fernsehformaten, die nach einem soliden Grundstock für Allgemeinwissen in einer komprimierten Übersicht suchen und die evtl. wenig Zeit oder überhaupt Lust für ein Lesen langer Texte haben, könnte dieses Buch sich zu einem kleinen Geheimtipp entpuppen.

Die Infos sind zum Teil praktisch blockmäßig in knappen Kästchen kreuz und quer verteilt - wie kleine Häppchen an einem Buffet aufgetischt, da ist alles dabei und läßt keinen kalt.
Die Idee dahinter ist wohl auch, dass dies Buch ohne Vorwissen gelesen werden kann, um durch das Lesen Kenntnisse zu erwerben, und, dahingehend Durst auf weiteren Nachschlag zu entwickeln, desweiteren Verschüttetes aufzufrischen, Wissenslücken aufzuspüren, bzw. seine ganz eigenen Schwerpunkte zu setzen.

Sehr gut gefallen hat mir, dass auf den aktuellsten Forschungsstand Wert gelegt wird. [Z.B., S.250, Cheops Pyramide - diese beiden Hohlräume, die wurden erst vor ein, zwei Jahren neu entdeckt! sensationell. Oder, weiteres up-to-date-Bsp.: die australische Regierung gestand den Anangu Ende 2019 zu, den Zutritt zu Uluru (Ayers Rock) Touristen zu verbieten (S.325).]
++++
PRIMA: Ein richtig stabiles, über 1,7 kg schweres Buch aus säurefreiem und alterungsbeständigem Papier, und damit ein besonders langlebiges Schätzchen, das oft durch die Hände aller Altersgruppen wandern möchte. (Aller Altersgruppen, weil ein kl.Kind in dieses Buch auch ‚hineinwachsen‘ kann.)
Das Buch wird in Folie eingeschweißt versendet – ein Garant dafür, ein sauberes, geschütztes Exemplar zu erhalten.

VERBESSERUNGSPUNKTE:
Manche Stellen lassen beim ersten Durchlesen andere, bzw. nicht sofort die richtigen Schlussfolgerungen zu, (was auch teils an einer holprigen Übersetzung ins Deutsche liegen mag?) deshalb sollten solche zusammen mit einem erklärbereiten Erwachsenen gelesen, sprich bei 2. Auflage noch ausgebügelt werden.

XXXXX Beispiele:
S.311: „Einheiten von 240 Männern bedienten und warteten jede Haubitze.“ Damit ist nicht gemeint, dass sich um dieses Geschütz-mit-Granatenrohr zur Abfeuerung gleichzeitig 240 Mann, und davon dann gleich mehrere Einheiten, einfanden.
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Auf S.321 heißt es: „Die UdSSR sandte 1957 nicht nur den ersten Satelliten ins All, sondern auch den ersten Mann (Jurij Gagarin, 1961), die erste Frau (Valentina Tereškova, 1963) und das erste Tier (die Hündin Laika, 1957.)“
Das ist so nicht richtig, denn Juri Gagarin war 1961 als erster Mensch einmal im All (und nicht auch noch zu allererst 1957.) Deshalb die ‚1957‘ hinter „nicht nur den ersten Satelliten ins All“ in Klammern gesetzt, mit ‚Sputnik‘ ergänzt, ergäbe ein flüssigeres Leseverstehen.
Davon abgesehen:
S.321, Wettlauf ins All: die Schreibweise „Jurij“ (mit ‚j‘ am Ende) ist Transliteration(!) - auf Denkmälern, Gebäuden, Straßen sind die Inschriften anzutreffen: Juri Gagarin (oder: Jurija Gagarina). (Engl.: Yuri Gagarin).
Genauso bei der ersten Frau im Weltraum „Valentina Tereškova“ handelt es sich um Transliteration, in deutschsprachigen Artikeln etc. schreibt sie sich üblicherweise Walentina Tereschkowa (Engl.: Valentina Tereshkova).
Weiter unten im Buch ist ja auch Michail Gorbatschow oder Wladimir Iljitsch Lenin zu lesen (und nicht die Transliterationen Michail Gorbačёv, Vladimir Il’ič Lenin)!
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S.345: „Diese goldene Toilette mit einem kugelsicheren Sitz, verziert mit 40 000 Diamanten, wurde 2019 bei einer Messe in Shanghai ausgestellt.“ Kugelsicher? Wird da nachgefragt und mit großen Augen, auf das Foto gerichtet, kommt der verzweifelte Nachsatz: aber wo sind denn die Diamanten alle, ich seh‘ gar keine… Dementsprechend sollte es lauten: ‚Diese goldene Toilette mit (…) Sitz, der mit 40 000 Diamanten verziert ist, (…)‘ - denn die funkelnden Steine befinden sich nicht auf dem kompletten WC verteilt, sond. nur im Brillenring.
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S.310 Erster Weltkrieg, S.318 Zweiter WK:
hier sollte unbedingt noch die zeitliche Einordnung hinzugefügt werden (I.WK: 1914 bis 1918 -- II.WK: 1939 bis 1949), historische Meilensteine, die auch die Jüngeren schnell intus haben.
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Auf S.312 fehlt noch der Hinweis auf „Corporate Identity“ mit den ‚gängigeren‘ Farben der Frauenwahlrecht-Bewegung (auf z.B. Schärpen, Anstecker, Kleider):
Grün (bei den Amerikannerinnen eher Gelbgold) -- Weiß -- VIOLETT
G-ive W-omen V-ote (G-reen W-hite V-iolett)
Bei der Chronik zur Einführung des Frauenwahlrechts (S.313) wurde Schweden (1919) nicht mitaufgelistet.
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Zum Koh-i-Noor (S.295) wäre eine Originalabb. (oder Foto einer Kopie des Steins) in Originalgröße viel erstaunlicher für Kinder als das Bild irgendeines Diamanten.
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Manche etwas einfach-grobgestalteten Illustrationen, die dann eher Design sind, würde ich mir von schönerer, berauschenderer Qualität und mit mehr liebevoller Mühe um Feinheiten gezeichnet wünschen (etwa im Stile von David Ashby, oder des Magazins How it works/Wissen), was dann lebendiger, authentischer wirken könnte. Mark Ruffle und Jack Tite-Bewunderer hingegen kommen voll auf ihre Kosten.

👎 Den Seiten entströmt ein strenger Farbdruckgeruch, der durch seine Intensivität beim Lesen ablenkt und stört - jedenfalls Feinnäschen wie mich. Dieses stechende Odeur scheint erst allmählich, nach ca. 10 Tagen, anzufangen sich zu verflüchtigen.


F A Z I T: 👍👍👍👍
Für die ganze Familie - lehrreich und unterhaltsam zugleich fasst dieses konzise Allgemeinwissensbuch über Weltraum bis Natur, Geschichte bis Technologie die wichtigsten Dinge in einem sehr guten Überblick zusammen; Baustein um Baustein verkoppelt sich zu einem Gesamtbild von der Welt in der wir leben.
Nicht nur Wissbegierige und Forschergeister werden die vielen Fun Facts fesseln.
Beinhaltet Themen der aktuellen Zeit, die man heute kennen sollte, und die auch immer wieder Diskussionsschwerpunkte bilden.
„Alles, was wir wissen und was nicht“ ist zwar nicht das Nonplusultra, aber eine hervorragende Ergänzung und somit Keeper eines gutsortieren Bücherregals.

Ein schöner Effekt dieses facettenprächtigen Buches: man möchte immer weiterlesen und gucken und Neues entdecken – Spannung läßt nicht nach, und der Wunsch, sich beständig schlauzumachen wächst, was stundenlange Beschäftigung garantiert.
Macht Lust auf Mehr und einen Nachfolger mit weiterem Themenausbau, zu etwa Musik &Instrumente, Kriminalistik &Labor, Film, Kunst &Museen, Literatur, berühmte Erfindungen,… …


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