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Veröffentlicht am 19.09.2024

Ein bisschen Kolonialgeschichte

Antichristie
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Mithu Sanyal, eine deutsche Autorin mit indischem Hintergrund, beschäftigt sich im Roman Antichristie nicht nur mit dem Tod der britischen Queen 2022, sondern auch mit der Geschichte des indischen Freiheitskampfes.
Durga, ...

Mithu Sanyal, eine deutsche Autorin mit indischem Hintergrund, beschäftigt sich im Roman Antichristie nicht nur mit dem Tod der britischen Queen 2022, sondern auch mit der Geschichte des indischen Freiheitskampfes.
Durga, die bereits eine Doctor Who-(Doppel-)Folge geschrieben hat, ist in einem gemischten Team für die neue "woke" Poirot-Verfilmung. Doch plötzlich wacht sie als junger, indischer Freiheitskämpfer im London von 1906 auf.
Der Roman beginnt interessant, es geht darum, Agatha Christie zu entkolonialisieren und auf wieviel Widerstand die Filmproduktion trifft. Doch sobald die zweite Zeitlinie ins Spiel kommt, wird es nicht nur wegen des Zeitreiseaspekts verwirrend, sondern auch, weil ziemlich wenig erklärt wird. An sich schuldet der Roman das seinen Leser:innen nicht, jedoch braucht man dann einfach vorab einiges an Recherche und es sind sicher nicht alle Leser:innen bereit, diese Vorarbeit zu leisten. Und zumindest sollte es möglich sein, den Roman auch "dumm" zu genießen...

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Veröffentlicht am 22.08.2024

Bereichernde Familiengeschichte

Die Perserinnen
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Sanam Mahloudji schreibt in ihrem Debütroman über die Frauen einer iranischen Familie, die zu Zeiten des Shahs von Bedeutung waren. Doch nach der islamische Revolution und der Flucht nach Amerika (von ...

Sanam Mahloudji schreibt in ihrem Debütroman über die Frauen einer iranischen Familie, die zu Zeiten des Shahs von Bedeutung waren. Doch nach der islamische Revolution und der Flucht nach Amerika (von den meisten Frauen) bleibt ihnen nur noch ihr Geld.
Für den deutschsprachigen Raum ist dieser Roman besonders wichtig, da er eine neue Perspektive bietet, eine neue "Erfahrungswelt". Den Leser:innen wir eine neue Welt präsentiert, die den meisten vermutlich komplett unbekannt ist. Man kann die Welt der "Exil-Perserinnen" kennenlernen und die derer, die aus diversen Gründen im Iran zurückgeblieben sind und deren Leben sich durch die islamische Revolution komplett geändert hat.
Der Roman ist komplex und braucht stellenweiße doch große Aufmerksamkeit, denn viel kultureller Kontext wird nicht erklärt. Viel Wissen über die islamische Revolution und den Kulturwechsel im Iran wird vorausgesetzt, eine kurze Recherche vorab wird also empfohlen. Dann kann der Roman sehr bereichernd sein und einem die Augen öffnen.
Ab und zu wird es anstrengend, da sehr viele Namen (für deutschsprachige Leser:innen fremde Namen) vorkommen und man leicht den Überblick verlieren kann, wer mit wem wie verwandt ist. Eine kleine Übersicht am Anfang oder Ende hätte hier sehr geholfen.
Es hat zwar etwas gebraucht, bis mich das Buch überzeugen konnte, am Ende bin ich aber froh, es gelesen zu haben.

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Veröffentlicht am 21.08.2024

Vielleicht der wichtigste "Bericht" vom Vietnamkrieg

Die Frauen jenseits des Flusses
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Kristin Hannah zeigt in ihrem Roman "The Women" eine neue Facette eines oft bearbeiteten Themas - dem Vietnamkrieg. Hannah fokussiert hierbei, wie auch bei ihren anderen Romanen, auf die Frauen, die im ...

Kristin Hannah zeigt in ihrem Roman "The Women" eine neue Facette eines oft bearbeiteten Themas - dem Vietnamkrieg. Hannah fokussiert hierbei, wie auch bei ihren anderen Romanen, auf die Frauen, die im Vietnam als Krankenschwestern gedient haben. Hier verwende ich bewusst den Ausdruck "gedient", denn genau das ist auch ein großes Thema im Roman.
Frankie McGrath erlebt Bombardierungen, hält sterbende Kinder im Arm und muss sogar kleine OPs selbst durchführen, weil die Ärzte einfach viel zu viel zu tun haben. Immer wieder muss sie entscheiden, welche eingelieferten Soldaten es wert sind, dass sie medizinisch versorgt werden und bei welchen es vermutlich sowieso umsonst ist. Doch als sie in die USA zurückkehrt, wird ihre Leistung nicht anerkannt. Zivilist:innen bezeichnen sie als Babymörderin, weil sie im Krieg war und der Staat macht ihr immer wieder deutlich klar, dass sie keine Veteranin ist - mehr als einmal hört sie den Satz "Es gab keine Frauen in Vietnam". Doch Frankie kämpft trotzdem mit den allzu realen Nachwirkungen ihrer Zeit in einem Kriegsgebiet.
Kristin Hannah schreibt eindrucksvoll und mitfühlend. Es zeigt sich, dass sie viel Zeit und Herz in ihre Recherche gesteckt hat und mit vielen Vietnam-Veteraninnen gesprochen hat. "The Women" ist ein Roman, der einem ganz viel beibringt, einen (hoffentlich) wütend macht und ganz viel Emotion (neben der Wut) weckt. Es ist ein besonderer Roman, den man lesen sollte, wenn man sich auch nur ein bisschen für dieses Thema interessiert. Es ist auf jeden Fall besser, als einen dieser heroisierenden Ami-Filme über den Vietnamkrieg zu schauen.

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Veröffentlicht am 12.08.2024

Interessante Neuinterpretation

Perfekte Menschen
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Perfekte Menschen erzählt den albanischen Volksmythos von Ballaban Badera neu, dafür versetzt die Autorin ihr Leser:innen in eine nicht näher bestimmte Zukunft, in der Flüsse trocken gelegt werden, da ...

Perfekte Menschen erzählt den albanischen Volksmythos von Ballaban Badera neu, dafür versetzt die Autorin ihr Leser:innen in eine nicht näher bestimmte Zukunft, in der Flüsse trocken gelegt werden, da Kinder darin ertrinken könnten.
In dieser zukünftigen Welt werden Jungen mit 8 Jahren ihren Familien weggenommen und zu emotionslosen, regimetreuen Soldaten ausgebildet. Genau so einen Jungen verfolgen wir, einen Jungen, der eigentlich Gärtner werden wollte, der ich selbst das Schreiben beibringt, in einer Welt in der niemand mehr mit der Hand schreibt. Andrea Grill erzählt einfühlsam, wenn auch etwas kurz, von einer Welt, in der toxische Männlichkeit auf die Spitze getrieben wird.
Ein interessanter Roman, der sich aufgrund seiner Kürze gut für zwischendurch eignet.

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Veröffentlicht am 12.08.2024

Spannend und atmosphärisch

A Midsummer's Nightmare
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Noah Stoffers hat mit "A Midsummer's Nightmare" nicht nur einen wunderbar atmosphärischen Dark Academia-Roman geschaffen, sondern auch eine sehr einfühlsame queere Geschichte erzählt. Besonders gefallen ...

Noah Stoffers hat mit "A Midsummer's Nightmare" nicht nur einen wunderbar atmosphärischen Dark Academia-Roman geschaffen, sondern auch eine sehr einfühlsame queere Geschichte erzählt. Besonders gefallen hat mir, dass der Protagonist, ein nicht binärer Trans-Mann, zwar aufgrund dessen Probleme hatte, diese jedoch nicht im Mittelpunkt standen. Die Handlung drehte sich nicht um diese Probleme, sie wurden aber auch nicht verschwiegen, denn sie sind leider in den Leben dieser Menschen präsent.
An diesem Roman ist nichts auszusetzen, denn er enthält eine gute Geschichte, die wunderbar erzählt wird. Der Roman lädt ein, darin einzutauchen und erst am Ende wieder aufzutauchen und erst mal wieder zu lernen, in der realen Welt klarzukommen.

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