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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.11.2018

Joes Prohaskas 3.Fall

Die dunkle Seite der Bucht
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Joe Prohaska, ehemaliger KHK aus Stuttgart mit deutsch-kroatischen Wurzeln, lebt, nach einem Schussattentat frühpensioniert, in einem kleinen Dorf nahe der kroatischen Hafenstadt Rovinj.

Als er ein anonymes ...

Joe Prohaska, ehemaliger KHK aus Stuttgart mit deutsch-kroatischen Wurzeln, lebt, nach einem Schussattentat frühpensioniert, in einem kleinen Dorf nahe der kroatischen Hafenstadt Rovinj.

Als er ein anonymes Päckchen mit einem Hinweis aus der Stuttgarter Vergangenheit erhält, weiß er dies anfangs nicht so recht zu deuten. Ist der Mörder von damals, der ihm Rache geschworen hat, wieder auf freiem Fuß?
Prohaska erzählt Inspektor Rossi, seinem kroatischen Freund davon. Doch der ist mit einem Mordfall am Strand von Punta Corrente beschäftigt.

Da Joe inzwischen als Fotograf anerkannt ist, ist es nicht verwunderlich, dass er kurzfristig als Fotograf bei einer Hochzeit einspringen soll. Dass diese Hochzeit für ihn Folgen haben wird, kann er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen …

Meine Meinung:

Silvija Hinzmann ist wieder ein ruhiger Krimi rund um den ehemaligen KHK Joe Prohaska gelungen. Obwohl er häufig zur falschen Zeit am falschen Platz ist, und damit in die Ermittlungen der örtlichen Polizei eingreift, ist sein Verhältnis zu Inspektor Rossi fast freundschaftlich zu nennen. Diesmal darf er sogar beinahe offiziell ermitteln und an den Besprechungen der kroatischen Polizei teilnehmen.

Die Autorin greift die üblichen Verbrechen am Balkan auf: Menschen- und Drogenhandel, geht aber nicht in die Tiefe.

Neben dem Titelhelden Joe Prohaska treten wieder alte Bekannte wie Rossi, Ivo, Johanna und die Wiener Schriftstellerin Martha Schön auf. Die Kulisse ist wieder das malerische Istrien und im Besonderen die Hafenstadt Rovinj.

Mir gefällt Silvija Hinzmanns Schreibstil, der eher beschaulich als reißerisch und hektisch wirkt.

Fazit:

Wer einen actionreichen Krimi sucht, ist hier nicht richtig.
Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 31.10.2018

Für Nicht-Juristen nich einfach zu lesen

Wie das Recht in die Welt kommt
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Wie das Recht in die Welt kam/Alfred J. Noll/3 Sterne

Alfred J. Noll ist begeisterter Jurist und das merkt man hier in diesem Buch. In neun Kapiteln versucht er den Lesern seine Leidenschaft zu vermitteln.

Diese ...

Wie das Recht in die Welt kam/Alfred J. Noll/3 Sterne

Alfred J. Noll ist begeisterter Jurist und das merkt man hier in diesem Buch. In neun Kapiteln versucht er den Lesern seine Leidenschaft zu vermitteln.

Diese neun Kapitel sind:

1. Hermes gibt den Menschen das Recht
2. Das notwendige Minimalrepertoire
3. Die Steine sprechen
4. Rationalisten des souveränen Privateigentums
5. Nur aus diesen Särgen war eine Auferstehung möglich
6. Ein Privatmann schafft Recht
7. Stadtluft macht frei – oder auch nicht
8. Ein Deutscher in Italien
9. Das Recht der Menschen

Ohne Gesetze können nur die wenigsten Menschen existieren. Schon bereits bei schriftlosen Gemeinschaften gibt es Regeln und Richtlinien, an die sich die Mitglieder halten müss(t)en.

„Richtiges“ Recht beginnt erst, wenn es in Stein gemeißelt ist. Seien es die biblischen 10 Gebote oder die Keilschrifttafeln des alten Mesopotamiens.

Das Römische Reich feilt lange und ausgiebig an seinen Gesetzen – Römisches Recht gilt lange, mancherorts länger als das Reich Bestand hatte.

Meine Meinung:

Die große Sachkenntnis ist die Stärke und Schwäche dieses Buches gleichzeitig. Kaum jemand kann dem Autor ein x für ein u vormachen, was die Rechtsgeschichte angeht. Doch für Nicht-Juristen sind die vielen lateinischen Zitate (oft ohne Übersetzung) und die verschwurbelte Juristensprache schwer verständlich.

In den Abschnitten des Mittelalters springt der Autor leider immer wieder in die Antike zurück und verbeitert sich hier nochmals. Das hat meinen Lesefluss und mein Verständnis in der Materie ein wenig gestört. Interessant ist, wie der Stauferkönig Friedrich II., den Adel und die Kirche mittels geänderter Gesetze entmachtet hat. Doch auch hier, mitten in der politisch brisanten Zeit, ein Schwenk in das Römische Reich.

Das Buch, das vom Verlag als „Essay“ bezeichnet wird besticht durch die unerschöpfliche Sachkenntnis und einen beeindruckenden Schreibstil, der allerdings manchmal zu lange Sätze mit einer Wendung zu viel, beinhaltet. Ich mag Zitate aus alten Schriften, doch wenn seitenlang aus König Hammurabis Gesetzestexten zitiert wird, ist das vielleicht für Freaks unter den Juristen Anklang finden. Für den interessierten Laien ist das leider zu komplex.

Dass wir uns ein Leben Gesetze schwer vorstellen können, ist wohl einleuchtend. Doch so manche Überregulierung, die wir heute kennen, wäre vielleicht entbehrlich.

Das Buch verfügt über eine gediegene Aufmachung: Als Hardcover mit einem Lesebändchen und abgerundeten Ecken. Die Schriftart und Schriftgröße sind augenfreundlich gewählt.

Fazit:

Dieses Buch zeigt viele Facetten des Rechtes von seinem Beginn bis ins 13. Jahrhundert. Die Leidenschaft des Autors ist nicht auf mich übergesprungen, daher nur 3 Sterne.




Veröffentlicht am 30.10.2018

Eine beeindruckende Biografie

Überleben
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Walter Fantl lebt mit seinen Eltern und der Schwester in Bischofstetten, einem kleinen Ort im niederösterreichischem Mostviertel. Die Fantls betreiben einen von drei Gemischtwarenläden. Dass sie Juden ...

Walter Fantl lebt mit seinen Eltern und der Schwester in Bischofstetten, einem kleinen Ort im niederösterreichischem Mostviertel. Die Fantls betreiben einen von drei Gemischtwarenläden. Dass sie Juden sind, wissen alle im Dorf, doch keiner stört sich daran – vorerst. Mit der Machtübernahme Hitlers und dem Anschluss an Deutschland beginnt die Leidensgeschichte der Fantls. Walter ist gerade einmal 14 Jahre alt. Wie so viele Juden erkennen sie die Zeichen der Zeit nicht rechtzeitig. Die Ausgrenzung der Fantls, die Arisierung des Geschäftes, die Umsiedlung nach Wien und die verzweifelten Versuche des Vaters die nötigen Papiere und das Geld für die Schiffspassagen zu bekommen, werden von Walter Fantl eindringlich und detailliert geschildert.

Die Fantls werden zuerst 1942 gemeinsam nach Theresienstadt und 1944 dann nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Noch weiß niemand, dass Walter der einzige Überlebende seiner Familie sein wird.

"Dann bin ich zu einem Kapo hin und habe gefragt: Was ist mit den anderen? Wo ist mein Vater?
Und der schaute mich an und zeigt auf einen der Schornsteine und sagt: Siehst du den Rauch? Das sind die anderen, das ist dein Vater".

Was an dieser Biografie so fasziniert ist, dass es Walter, auch in den vielen Stunden der Schinderei und Demütigungen gelingt, einige wenige glückliche Momente mit Leidensgenossen zu erleben. Das Symbol seiner Hoffnung, den Wahnsinn zu überleben, ist sein Ledergürtel. Der ist das einzige, was ihm noch geblieben ist. Kleidung, Schuhe oder Wertsachen wurden ihm von Mithäftlingen gestohlen oder gegen Nahrungsmittel eingetauscht. Doch an den Gürtel klammert er sich mit all seiner Kraft.

Das Buch endet nicht – wie so viele – mit der Befreiung aus dem KZ sondern bietet den Lesern ein weiteres authentisches Kapitel:
"Nach dem Krieg und wir sind frei". Es beschreibt den Weg aus dem KZ zurück, verschweigt aber nicht, dass Walter und seiner Freunde im polnischen „Niemandsland“ herummarodieren und verlassene Häuser plündern. Das finde ich sehr mutig, denn bislang habe ich darüber nichts gelesen. Walter kommt nach Wien zurück, fühlt sich verloren, sucht nach Familie und Freunden und kehrt freiwillig nach Theresienstadt, dem scheinbar einzigen Fixpunkt, zurück. Seine Freunde wandern aus, der eine nach Palästina, der andere nach Amerika. Doch wirklich willkommen sind die Überlebenden nirgends.
Nach vielen Kämpfen mit der Bürokratie erhält er das elterliche Wohnhaus zurück, hat es aber niemals mehr betreten.

Meine Meinung:

Für mich als Wienerin, die im zweiten Bezirk, der Leopoldstadt, aufgewachsen ist, sind die Adressen an denen Walter mit seiner Familie gewohnt hat, alle geläufig. Von der Großen Mohrengasse über die Schreygasse bis zum Sammellager in der Kleinen Sperlgasse 2a.

Historiker Gerhard Zeilinger mit Walter Fantls Biografie ein bewegendes und bemerkenswertes Zeitdokument gelungen, das als Ergänzung im Geschichtsunterricht gelesen werden sollte. Neben dem einfühlsamen Text, der ohne Schnörkel die Dinge beim Namen nennt, bilden die perfekt platzierten Fotos eine eindrucksvolle Ergänzung. Wie haben die Fotos gerettet werden können? Das ehemalige (christliche) Kindermädchen hat die Kassette mit Fotos, Dokumenten und Erinnerungsstücken vor der Vernichtung bewahrt und für Walter aufgehoben.

Fazit:

Ein Buch, das unbedingt gelesen werden sollte. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 28.10.2018

Eine Annäherung wäre sinnvoll

Warum wir Frieden und Freundschaft mit Russland brauchen
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In diesem Buch sind die Meinungen von 26 bekannten Persönlichkeiten, darunter (Ex)Politiker, zusammengefasst, die für eine friedliche und freundschaftliche Annäherung an Russland stehen. Das politische ...

In diesem Buch sind die Meinungen von 26 bekannten Persönlichkeiten, darunter (Ex)Politiker, zusammengefasst, die für eine friedliche und freundschaftliche Annäherung an Russland stehen. Das politische Spektrum dieser Essays ist von ganz links nach weit rechts einzuordnen. Allen ist gemeinsam, dass sie glauben, es bedürfe einer Änderung der deutschen Außenpolitik im Sinne Willy Brandts, die Russland nicht dämonisiert. Allerdings haben sich die Zeiten und das politische Umfeld geändert, sodass diese Ideen nicht mehr 1:1 übernehmbar sind.

Natürlich ist das westliche Demokratieverständnis ein anderes als jenes von Russland. Doch wenn man sich die Statements von Amerikas Präsidenten Trump anhört, wird einem hier Angst und Bang. Wladimir Putin ist immerhin eine berechenbare, stabile Größe während Donald Trump unberechenbar und völlig abgehoben agiert. Auch in Hinblick der einseitigen Kündigung von Abkommen, sei in der Wirtschaft oder Klimakommission durch Trump, wäre es geschickt, die wegfallende Partnerschaft durch eine Annäherung an Russland zu kompensieren ohne gleich westliche Prinzipien aufzugeben.
Vom aktuellen Russland-Bashing halte ich wenig, denn auch der Westen ist nicht frei von Fehlern in Innen- und Außenpolitik.

Allen Beiträgen kann ich nicht zustimmen. Die Aussage „Russland wäre von der NATO eingekreist“ muss widersprochen werden. Allerdings ist es verständlich, dass ehemalige Mitglieder der Warschauer Pakt-Staaten sich zur NATO hingewendet haben. Sie haben großzügige Wirtschaftshilfe durch den Westen erhofft und teilweise erhalten.

Was in diesem Buch ein wenig abgeht ist, eine Analyse zu diesem Thema. Auch eine zeitliche Einordnung der einzelnen Beiträge wäre wünschenswert, denn die Zeit ist nicht stehengeblieben. Was vor 20 Jahren noch opportun erschienen ist, kann heute schon längst überholt sein.

Eine freundschaftliche und friedliche Annäherung an Russland könnte einige bestehende Konflikte ein wenig entschärfen.

Veröffentlicht am 27.10.2018

Eine gut recherchierte Biografie

Queen Victoria
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Autorin Julia Baird liefert eine gut strukturierte Biografie von Queen Victoria (1819-1901).
In der Einleitung schreibt sie über die Schwierigkeiten, geschönte und zensurierte Quellen zu beurteilen. Besonders ...

Autorin Julia Baird liefert eine gut strukturierte Biografie von Queen Victoria (1819-1901).
In der Einleitung schreibt sie über die Schwierigkeiten, geschönte und zensurierte Quellen zu beurteilen. Besonders Tochter Beatrice hat zahlreiche Briefe und Dokumente vernichtet, die einen zu persönlichen Eindruck der Königin hinterlassen hätten können.

Mit hat vor allem fasziniert, wie sich Victoria gegen ihre Mutter und deren Liebhaber (?) John Conroy durchsetzen musste und ein ziemliches Faible für Lord Melbourne hatte. Interessant, dass sich die Herrscherin über ein riesiges Weltreich nach ihrer Heirat mit Prinz Albert von Sachsen-Gotha sich ihm als besonders konservativ entpuppt: sie unterwirft sich ihrem Gemahl als Frau und Mutter, allerdings nicht als Regentin. Das wird erst später offenbar, dass sie sich immer mehr von ihm beeinflussen lässt. Ziemlich unmöglich finde ich, dass Albert seine Frau als „liebes Kleines“ anspricht. Für mich klingt das geringschätzend. Allerdings scheint er Victoria sehr geliebt zu haben und auf außereheliche Affären verzichtet zu haben. Deswegen haben ihn die Untertanen beinahe verachtet, weil für die Mächtigen damals unüblich.
Die Zeit nach Alberts frühen Tod ist für Victoria recht schwierig. Interessant, dass niemand auf die Idee gekommen ist, die Königin möge abermals heiraten. Das habe ich noch nirgends gelesen.

Einen breiten Raum nehmen auch die beiden Männer in ihrem späteren Leben ein: John Brown und Abdul Karim. Vor allem letzterer gilt als Hochstapler und hat die Sehnsucht der Königin nach Zuneigung schamlos ausgenützt.

An den Ratgebern der Queen übt die Autorin leise Kritik, weil sie ihr nur ein recht einseitiges Bild ihrer Länder vermittelt haben. Mit ein bisschen mehr Durchblick hätte sich die Irland-Frage, die das Vereinigte Königreich bis heute beschäftigt, lösen lassen.

Meine Meinung:

Eine gut gelungene Biografie, die einen Einblick in das Leben dieser Herrscherin bietet, die 63 Jahre lang über ein Weltreich geherrscht hat. Sehr gut finde ich, dass die (Selbst)Zweifel von Victoria nicht ausgespart werden. Queen Victoria war eine beeindruckende Persönlichkeit mit vielen Facetten und voller Gegensätze.

Der Schreibstil ist flüssig und wird durch eine Vielzahl von Zitaten sowie Illustrationen ergänzt.
Das Cover ziert das Porträt der jungen Königin, gemalt 1843 vom deutschen Maler Franz Xaver Winterhalter.

Für historisch Interessierte gibt es im Anhang eine ausführliche Bibliografie.

Fazit:

Gerne gebe ich für diese gut recherchierte Biografie 5 Sterne.