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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.05.2023

Subtile Spannung

Wolfskinder
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Jakobsleiter – so heißt eine abgelegene Siedlung hoch oben in den Bergen. Die Bewohner leben abgeschieden von der modernen Welt, nach ganz eigenen Regeln. Sie tragen biblische Namen, leben im Einklang ...

Jakobsleiter – so heißt eine abgelegene Siedlung hoch oben in den Bergen. Die Bewohner leben abgeschieden von der modernen Welt, nach ganz eigenen Regeln. Sie tragen biblische Namen, leben im Einklang mit der Natur und meiden andere Menschen, vor allem die kleine Stadt unten im Tal. Dort wohne das Böse, wird schon den Kindern eingetrichtert. Die Jugendlichen Jesse und Rebekka gehen im Tal zur Schule, werden dort aber ausgelacht, ausgegrenzt oder sogar von den Mitschülern verprügelt. Nur die neue Lehrerin interessiert sich für die beiden. Doch plötzlich verschwindet Rebekka spurlos. Sie wollte der Gemeinschaft in Jakobsleiter entkommen und hat offenbar jemanden kennengelernt. Doch Jesse macht sich große Sorgen, ob sie wirklich freiwillig verschwunden ist.
Auch die junge Redaktionsvolontärin Smilla ist von Rebekkas Verschwinden betroffen. Vor zehn Jahren ist ihre Freundin Juli beim gemeinsamen Campen spurlos verschwunden. Seither leidet Smilla darunter, dass sie zurückgeblieben ist und weiterleben darf. Als ihr dann auch noch ein verwildertes Mädchen vor das Auto läuft, das verblüffende Ähnlichkeit mit Juli hat, macht auch Smilla sich auf die Suche nach den vermissten jungen Frauen.
Die Spannungen zwischen den Bewohnern von Jakobsleiter und den Talbewohnern spitzen sich zu. Währenddessen kommt Smilla einem Geheimnis auf die Spur, das alle zutiefst erschüttert.
,,Wolfskinder“ wird aus der Perspektive verschiedener beteiligter Figuren erzählt, was die Spannung subtil steigert. So weiß der Leser lange nicht, wer was verbirgt. Das Ende ist überraschend und schlüssig.

Veröffentlicht am 15.05.2023

Täter und Opfer

Stranded - Die Insel
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Maddy fühlte sich schon immer als Außenseiterin. Nun, nach dem Unfalltod ihrer Eltern, fehlen ihr die einzigen wirklichen Bezugspersonen in ihrem Leben. Als sich ihr die Möglichkeit bietet, an einem neuartigen ...

Maddy fühlte sich schon immer als Außenseiterin. Nun, nach dem Unfalltod ihrer Eltern, fehlen ihr die einzigen wirklichen Bezugspersonen in ihrem Leben. Als sich ihr die Möglichkeit bietet, an einem neuartigen TV-Experiment teilzunehmen, ergreift sie diese Chance. Vier Frauen und vier Männer müssen ein Jahr lang auf einer unbewohnten und abgelegenen schottischen Insel mit minimaler Ausrüstung und ohne Kontakt zur Außenwelt überleben. Mit dabei sind zwei Fernsehleute, die über gut versteckte Kameras und die Bodycams der Teilnehmer die TV-Aufnahmen begleiten, aber keinen Kontakt zur Gruppe haben.
Schon bald kristallisiert sich heraus, wer eine Anführerrolle einnimmt, wer andere ausgrenzt, wer Mitläufer ist usw. Auch hier wird Maddy wieder bald zum Außenseiter und Opfer zunächst kleiner, dann immer schlimmerer Intrigen. Allerdings lässt sie sich auch recht bereitwillig auf diese Rolle ein. Als nach 12 Monaten das Boot, das die Gruppe abholen soll, nicht kommt, spitzt sich die Lage dramatisch zu. Und schon bald gibt es die ersten Todesopfer.
Da man die Handlung ausschließlich aus der Sicht Maddys erzählt bekommt, fragt sich der Leser bald, ob die Situation wirklich so eskaliert, oder ob Maddy sich manches nur einbildet. Wozu Menschen in extremen Situationen in der Lage sind, wird hier anschaulich geschildert. Allerdings weist der Krimi auch einige Längen auf. Interessant wird es immer dann, wenn Maddy sich bewusst wird, dass nur sie selbst sich aus der Opferrolle befreien kann.

Veröffentlicht am 11.05.2023

Weniger wäre mehr gewesen

Die marmornen Träume
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Berlin im Jahr 1939: Der Psychoanalytiker und Traumforscher Simon Kraus verdient sein Geld nicht nur mit seinen Therapiestunden. Er verführt auch gerne seine Klientinnen, um sie anschließend zu erpressen. ...


Berlin im Jahr 1939: Der Psychoanalytiker und Traumforscher Simon Kraus verdient sein Geld nicht nur mit seinen Therapiestunden. Er verführt auch gerne seine Klientinnen, um sie anschließend zu erpressen. Besonders pikant dabei ist, dass es sich bei seinen Klientinnen fast ausnahmslos um Ehefrauen hochrangiger Nazi-Funktionäre handelt. Für Simon Kraus ist dies ein äußerst lukratives Geschäft, allerdings spielt er als jüdischer Psychoanalytiker in dieser Zeit auch sehr mit dem Feuer.
Als eine von Simon Kraus Klientinnen grausam ermordet wird, soll der SS-Offizier Franz Beewen das Verbrechen aufklären. Die Tote gehörte zum sogenannten Wilhelmklub, einem Zirkel reicher Nazi-Frauen, der sich jeden Tag im Hotel Adlon trifft. Bald schon gibt es weitere Leichen. Von seinen Klientinnen erfährt Kraus, dass ihnen ,,Der Marmormann“ in Alpträumen erschienen sei. Da Beween weiß, dass er alleine kein Verbrechen aufklären kann, holt er sich Simon Kraus und die Psychiaterin Minna von Hassel zur Unterstützung, die Angst hat, ihre Klinik und ihre Patienten zu verlieren.
Alle drei beteiligen sich aus sehr unterschiedlichen Gründen an der Suche nach dem Mörder und geraten dabei tief in den Sumpf der Nazi-Verbrechen.
Das sehr ungleiche Trio muss erst so einige Differenzen überwinden, um gemeinsam zu handeln. Das wirkt manchmal nicht ganz realistisch, vielleicht aber doch menschlich.
Keiner der drei ist ein wirklicher Sympathieträger, dafür haben alle drei zu viele schlechte Seiten. Und doch nimmt man ihnen den Kampf gegen das Böse ein Stück weit ab.
Denkt man dann, der Täter ist gefasst, wird man doch schnell eines Besseren bzw. Schlechteren belehrt. Denn so mancher Beteiligte entpuppt sich als eine völlig andere Person mit gänzlich anderen Motiven als bisher vermutet. Das führt zu einigen überraschenden Wendungen, zieht die Handlung allerdings auch sehr in die Länge. Hier wäre meines Erachtens weniger mehr gewesen.

Veröffentlicht am 10.05.2023

Amüsantes Lesevergnügen

Prost, auf die Feinschmecker
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Nach einem gemeinsamen Essen im Gourmet-Zirkel bricht der pensionierte Lehrer Klaus Busch tot vor seiner Haustür zusammen. Schon bald stellt sich heraus, dass er vergiftet wurde. Entweder hat die Köchin ...


Nach einem gemeinsamen Essen im Gourmet-Zirkel bricht der pensionierte Lehrer Klaus Busch tot vor seiner Haustür zusammen. Schon bald stellt sich heraus, dass er vergiftet wurde. Entweder hat die Köchin das Bärlauch-Pesto aus Versehen aus den sehr ähnlich aussehenden, aber hochgiftigen Maiglöckchen hergestellt. Doch warum haben dann die übrigen Gourmets der Runde keine Vergiftungserscheinungen. Oder hat es jemand gezielt auf Klaus Busch abgesehen? Besonders beliebt war er wohl nicht, auch nicht in seiner Koch-Runde.
Hauptkommissar Tischler und sein Team ermittelt. Dummerweise befinden sich in dem Gourmet-Zirkel auch Polizeioberrat Schwenk und der Bürgermeister von Brunngries, Max Gmeinwieser, die Tischler natürlich nicht wie alle anderen Verdächtigen behandeln soll.
Ein amüsantes und spannendes Lesevergnügen mit überraschenden Wendungen.

Veröffentlicht am 29.04.2023

Gute Idee – schlechte Umsetzung

Erinnere dich!
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Vor 20 Jahren verschwand die Abiturientin Maja spurlos bei einer Bergwanderung mit ihren Schulkameraden. Ihr damaliger Freund Arno Seitz hat seitdem jede Erinnerung daran erfolgreich verdrängt.
Inzwischen ...


Vor 20 Jahren verschwand die Abiturientin Maja spurlos bei einer Bergwanderung mit ihren Schulkameraden. Ihr damaliger Freund Arno Seitz hat seitdem jede Erinnerung daran erfolgreich verdrängt.
Inzwischen ist er als Dozent an der Uni Berlin tätig. Dort unterrichtet er Literatur. Bei einem Kurs über die Erzählungen Edgar Allan Poes fällt ihm ein junger Stundet auf, der ihm eine selbst verfasst Geschichte über eine verschwundene junge Frau zu lesen gibt. Diese erinnert Arno Seitz unangenehm an die damaligen Geschehnisse. Nun kommt auch noch eine Einladung zu einem Abiturtreffen in der Heimatstadt, zu dem Arno zunächst auf keinen Fall gehen will. Doch dann lässt er sich doch darauf ein, obwohl er mit den alten Schulkameraden und den damaligen Geschehnissen eigentlich nichts mehr zu tun haben möchte. Ein ihm zugespieltes Handy sendet ihm mehr oder weniger kryptische Botschaften, die mit Maja und ihrem wahrscheinlichen Tod zu tun haben. Und immer lautet der Appell an Arno: Erinnere dich!
Beim Abiturtreffen kommen dann natürlich viele verdrängte Gefühle und längst vergessene Geschichten wieder hoch. Zudem besucht Anja, die kleine Schwester Majas, die ihr zudem sehr ähnlichsieht, das Abitreffen. Auf ihren Wunsch hin beschließen die ehemaligen Freunde, die Wanderung von damals und die Übernachtung auf der Hütte, bei der Maja damals verschwand, zu wiederholen. Für Arno beginnt eine Reise in die Vergangenheit und eine Reise in seine verdrängte Erinnerung. Doch zunehmend weiß er, und damit auch der Leser, nicht mehr, was tatsächlich passiert ist. Realität und Fiktion verschwimmen.
Die Idee klingt spannend, die Verknüpfung mit E.A. Poe wirkt zunächst auch originell. Allerdings ist die Umsetzung stellenweise recht holprig und nicht immer überzeugend. Arnos Seitz so wie auch die meisten anderen Figuren wirken blass, teilweise klischeehaft. Die Dialoge wirken oft hölzern und wenig authentisch. Die Geschichte zieht sich ziemlich in die Länge, einige Wendungen tragen leider auch nicht zur Spannungssteigerung bei.
Schade. Von dieser Geschichte hatte ich mir deutlich mehr versprochen.