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Veröffentlicht am 13.03.2019

Berührende Geschichte über Freundschaft, Eifersucht und Verrat, die tiefe Einblicke in die Seelen der beiden Protagonistinnen gibt

Als der Himmel fiel
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Ophelia und Franka sind Cousinen und seit ihrer Kindheit unzertrennlich. Ophelia ist die ältere, bodenständigere der beiden, die ihr Leben ganz dem Spielen der Geige widmet. Auch wenn sie immer wieder ...

Ophelia und Franka sind Cousinen und seit ihrer Kindheit unzertrennlich. Ophelia ist die ältere, bodenständigere der beiden, die ihr Leben ganz dem Spielen der Geige widmet. Auch wenn sie immer wieder Versagensängste plagten, hat sie es nun geschafft, nach Yale zu gehen, um dort unterrichtet zu werden und ihr Talent weiterzuentwickeln. Sie ist aber auch nach Yale gegangen, um Abstand zu Franka zu gewinnen, die ein sehr einnehmendes Wesen hat und ein unstetes Leben führt. Diese folgt ihr nun an die Ostküste der USA, als sie eine Stelle in einer Galerie in New York City findet. Sie freut sich darauf, nun wieder ganz in der Nähe ihrer Cousine sein zu dürfen.
Ophelia erhält Unterricht von einem über 70-jährigen Dozenten in Yale, für den sie heimlich schwärmt, und der ihr abseits ihres Fleißes die Leidenschaft an der Geige vermitteln möchte. Gleichzeitig lernt sie den Studenten Kaspar kennen, mit dem sie in das Studentenleben in Yale eintaucht. Franka, die wie gewohnt nichts anbrennen lässt, zeigt nach einem Besuch bei Ophelia in New Haven Interesse an Kaspar, was zu einem unausgesprochenen Konflikt zwischen den Cousinen führt. Als sich Franka während eines Picknicks mit Kaspar folgenschwer verletzt und die Welt durch den Anschlag auf das World Trade Center aus den Fugen gerät, wird Franka von ihrer Vergangenheit überrollt.

Sowohl Ophelia als auch Franka haben ihren Platz im Leben noch nicht gefunden und versuchen in Amerika, ihren Traum zu leben. Ophelia möchte ihre Karriere, auf die ihre Familie so stolz ist, weiter vorantreiben, gerät aber durch den Unterricht bei dem Geigenvirtuosen Harry Rosen in Zweifel, ob dieses Leben, getrieben von ihrem Perfektionismus, wirklich das ist, das sie leben möchte. Für Franka ist die Reise eine Flucht von Ereignissen der Vergangenheit, die sie nicht verarbeitet hat und über die sie mit niemandem spricht. Einzig Ophelia hatte sie sich damals anvertraut.

Der Roman wird abwechselnd aus der Sicht der beiden charakterlich so unterschiedlichen Cousinen erzählt und es ist spannend zu sehen, wie sie sich durch die unterschiedlichen Begegnungen in New York bzw. New Haven entwickeln. Ophelia blüht regelrecht auf, wirkt befreiter, bis sie einen Unfall erleidet und sich von Franka hintergangen fühlt. Franka erlebt währenddessen den Anschlag auf das World Trade Center hautnah mit und wird schwer traumatisiert. Überwältigt von den Bildern, stellt sie sich den Dämonen ihrer Vergangenheit und beginnt ihr persönliches Trauma aufzuarbeiten.

"Als der Himmel fiel" ist ein berührender, fast schon poetisch geschriebener Roman über zwei gegensätzliche, junge Frauen, die sich trotz aller Unterschiede sehr nahe stehen und sich gegenseitig brauchen. Sie sind nicht nur miteinander verwandt, sondern beste Freundinnen.
Der Roman ist voller Melancholie, die einerseits durch die Charaktere, andererseits aber auch durch die schrecklichen Ereignisse des 11. September 2001 ausgelöst wird. Erzählt wird eine Geschichte über Freundschaft, Eifersucht und Verrat, die tiefe Einblicke in die Seelen der beiden Protagonistinnen gibt.

Veröffentlicht am 11.03.2019

Empathisch geschriebener Roman über die Macht der Erinnerungen und eine verbotene Liebe

Die verborgenen Stimmen der Bücher
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Emmet Farmer lebt und arbeitet auf dem Bauernhof seiner Eltern. Nachdem er eine schwere Erkrankung überstanden hat, soll er bei der Buchbinderin Seredith, die gemeinhin als Hexe verschrien ist, in die ...

Emmet Farmer lebt und arbeitet auf dem Bauernhof seiner Eltern. Nachdem er eine schwere Erkrankung überstanden hat, soll er bei der Buchbinderin Seredith, die gemeinhin als Hexe verschrien ist, in die Lehre gehen, obwohl in seinem Elternhaus Bücher bisher verpönt waren. Emmet lernt zunächst nur Hilfstätigkeiten, die alte Buchbinderin weiht ihn nicht gleich in ihre Geheimnisse ein. Die Magie des Buchbindens, der Unterschied zwischen Romanen und "echten" Büchern bleibt ihm verborgen, bis Seredith stirbt und Emmet für einen anderen Buchbinder arbeiten soll und bei einer Lieferung Lucian Darnay, den Erben eines Großgrundbesitzes, kennenlernt.

Der Roman ist in drei Teile untergliedert, wovon nur der erste Teil in der Werkstatt von Seredith handelt. Der zweite Teil stellt einen Rückblick in die jüngste Vergangenheit von Emmet dar und beschreibt wie Teil drei die Macht der Bücher bzw. des Buchbindens und die Auswirkungen auf die Menschen.


Der Einstieg in den Roman ist mir nicht leicht gefallen, da mir die Geschichte zu abstrakt geblieben ist. Teil zwei und drei sind viel lebendiger und handeln von einer tragischen Liebesgeschichte, die packend aus der Sicht von Emmet bzw. Lucian erzählt ist und die ich aufgrund des Klappentextes so nicht erwartet hatte.

"Die verborgenen Stimmen der Bücher" ist kein Buch über Bücher, sondern überrascht ab Teil zwei mit einer ganz anderen Geschichte, die berührt und die zeigt, auf welche grausame Art und Weise Bücher zweckentfremdet werden bzw. eine ganz andere Bedeutung erhalten als eine reine Unterhaltungslektüre zu sein.

Es ist eine fantastische Erzählung, in der Bücher zu Werkzeugen werden, um Menschen zu manipulieren, um Leid und Schmerzen zu beseitigen, um dunkle Geheimnisse zu verbergen, aber auch um Gefühle auszulöschen.

Mit viel Empathie erzählt die Autorin in ihrem Debüt eine Geschichte über die Macht der Erinnerungen und über eine verbotene Liebe, die zur damaligen Zeit mit den antiquierten Vorstellungen von Anstand und Moral nicht sein durfte. Auch wenn der Roman in der Vergangenheit spielt und fantastische Erzählelemente enthält, ist er durch seine Symbolkraft und die auch heute noch bestehenden Vorurteile gegenüber der darin beschriebenen Liebesbeziehung aktuell und relevant.

Ich hatte mir von dem Roman zwar etwas ganz anderes erwartet und habe mich mit den ersten knapp 100 Seiten wirklich schwergetan, dennoch konnte mich die Geschichte und deren Protagonisten, allen voran Emmet und seine Schwester Alta sowie Lucian, anschließend für sich einnehmen und begeistern.

Veröffentlicht am 09.03.2019

Kurzer, pointiert formulierter Roman, der eine Sogwirkung entfaltet und durch das vorweggenommene Ende spannend und raffiniert erzählt ist

Frau im Dunkeln
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Leda ist 48 Jahre alt, Literaturprofessorin und Mutter zweier erwachsener Töchter, die bei ihrem Vater in Toronto wohnen. Sie verbringt den Sommer allein in einer Ferienwohnung in Kalabrien, wo sie sich ...

Leda ist 48 Jahre alt, Literaturprofessorin und Mutter zweier erwachsener Töchter, die bei ihrem Vater in Toronto wohnen. Sie verbringt den Sommer allein in einer Ferienwohnung in Kalabrien, wo sie sich ganz den Büchern und der Vorbereitung ihrer Seminare widmen möchte. Am Strand trifft sie auf eine neapolitanische Familie, die sie an ihre eigene Familie erinnert. Angezogen fühlt sie sich dabei von Nina, einer jungen Mutter eines dreijährigen Kindes. Die kleine Elena ist eines Tages verschwunden und wird panisch am Strand gesucht. Leda findet das Mädchen und bringt sie zurück zu ihrer Familie. Dabei steckt sie allerdings ihre geliebte Puppe ein, ohne die Elena nicht sein kann. Und auch als Leda täglich sieht, wie die Kleine leidet und die Urlaubsstimmung für die neapolitanische Familie abhanden gekommen ist, gibt Leda die Puppe nicht zurück.

Das Buch handelt von der Rolle der Frau und dem Konflikt zwischen Karriere und Mutter-Dasein, zwischen individueller Freiheit und Familie. Leda hat sich in der Vergangenheit von ihrem Mann getrennt und damit auch ihre beiden kleinen Töchter verlassen und sogar drei Jahre ganz den Kontakt zu ihnen abgebrochen. Dieses Verlassen hat die Mutter-Tochter-Beziehungen entscheidend geprägt und nachhaltig erschüttert. Mit dem Beobachten der Familie am Strand kehrt die Erinnerung daran, aber auch an ihre eigene Kindheit und das Verhältnis zu ihrer Mutter zurück.

Der kurze Roman, der schonungslos ehrlich geschrieben ist, schockiert und man fragt sich aufgrund der Namensgebung des Kindes, wie viel Autobiographisches in der Novelle steckt. Es ist kaum vorstellbar, dass eine studierte Frau, die auf den ersten Blick mit sich selbst im Reinen und selbst Mutter ist, einem fremden Kleinkind das Spielzeug stiehlt und anschließend zusieht, wie das Mädchen und die ganze Familie leiden.

Leda ist keine sympathische Protagonistin. Sie polarisiert, ist exzentrisch und handelt egoistisch, bösartig und gemein. Elena Ferrante traut sich Dinge zu beschreiben, die tabu sind: Eine Frau mit zwei Töchtern, die ihre Erfüllung nicht in der Mutterrolle findet und sich und ihre persönlichen Interessen an die erste Stelle rückt. Leda konnte ihren Töchtern nie die Liebe entgegenbringen, die ihr von der fremden neapolitanischen Familie am Strand vorgelebt wird und die sie nie von ihrer eigenen Mutter erfahren hat. Neid und Eifersucht kommen in ihr auf, was sich letztlich in ihrem niederträchtigen Handeln niederschlägt.

"Frau im Dunkeln" ist ein kurzer, pointiert formulierter Roman, der eine Sogwirkung entfaltet und durch das vorweggenommene Ende spannend und raffiniert erzählt ist.

Veröffentlicht am 08.03.2019

Die Charaktere bleiben sehr distanziert, die eigentlich emotionale Geschichte sowie die Einzelschicksale konnten mich nicht bewegen.

Als die Tage ihr Licht verloren
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Linda und Brigitte Hoffmann sind Schwestern, die seit ihrer Kindheit unzertrennlich sind. Linda ist die ältere, temperamentvollere der beiden, die den Schuhmachermeister Erich Kupfer heiratet und anschließend ...

Linda und Brigitte Hoffmann sind Schwestern, die seit ihrer Kindheit unzertrennlich sind. Linda ist die ältere, temperamentvollere der beiden, die den Schuhmachermeister Erich Kupfer heiratet und anschließend in dessen Geschäft mitarbeitet. Gitte ist die vernunftbegabtere, die als Sekretärin im Reichsinnenministerium arbeitet und Ambitionen hat, als Juristin Karriere zu machen.
Den Träumen der beiden wird jedoch durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges jäh ein Ende gesetzt. Erich wird gleich zu Beginn von der Wehrmacht eingezogen, um in Polen zu kämpfen. Zunächst erhält Linda noch Briefe von der Front, doch als die Verbindung abbricht, verspürt Linda nur noch eine Leere und verfällt in ein tiefes Loch aus Ungewissheit und Depression. Ihr Zustand bleibt nicht verborgen, weshalb sie verraten und von staatlicher Fürsorge in eine Heil- und Pflegeanstalt zwangseingewiesen wird. Ihre besorgte Familie erfährt nicht, wohin Linda gebracht wird, kann sie nicht besuchen. Da erhält Gitte während ihrer Tätigkeit als Sekretärin Einblick in Dokumente, die belegen, dass Linda in Berlin-Buch untergebracht ist. Die Diagnose schockiert, weshalb die Familie, allen voran die resolute Großmutter Elisabeth, Linda wieder zu sich holen möchte.

"Als die Tage ihr Licht verloren" handelt im Zeitraum vom 1932 bis 1940 und erzählt die fiktive Geschichte zweier Schwestern während des Nationalsozialismus in Berlin, die auf historischen Fakten beruht.
Die Geschichte hatte viel Potenzial für einen authentisch erzählten und aufwühlenden Roman, der die Geschichte der Euthanasie anhand der Lebensumstände von Linda hätte näher bringen können.
Ich empfand den Roman zunächst allerdings sehr zäh zu lesen, da das eigentliche Thema erst nach der Hälfte des Romans zur Sprache kommt. Die Charaktere bleiben auf Distanz, selbst Linda, die tiefe Einblicke in ihr Seelenleben bietet. Der Verlust ihres Lebensmittelpunktes, ihr Gefühl der Leere und ihre Verwirrung werden sehr anschaulich dargestellt, allerdings sind ihre weinerlichen Gedankengänge so abgehackt formuliert und auch so mancher Monolog eines NS-Chargen so lose in den Kontext eingeflochten, dass ein flüssiges Lesen nicht immer möglich ist. Die Vielzahl der Charaktere, von denen die wenigsten eine große Rolle einnehmen, verwirren zusätzlich.

Das Euthanasie-Programm, das mir bisher nur sehr abstrakt aus dem Geschichtsunterricht bekannt war, nahm mir insgesamt zu wenig Raum ein. Ich hätte mir mehr Einblicke in den Alltag von sogenannten "Irrenanstalten" und mehr betroffene Einzelschicksale gewünscht. So zeigt der Roman zwar, wie schnell man in den gefährlichen Strudel "menschenunwerten Lebens" geraten konnte, rief bei mir aber dennoch kaum Emotionen hervor. Das Ende des Romans war für mich zu abrupt und sowohl in Bezug auf Linda und Gitte als auch im Hinblick auf den Verbleib von Erich unbefriedigend.

Veröffentlicht am 06.03.2019

Kurzweilige, originelle, aber absolut schräge Unterhaltung voller Wortwitz und fantastischer Einfälle

Scharnow
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Scharnow ist ein Dorf nördlich von Berlin, in dem es bis auf ein paar Wohnhäuser, darunter der "Silo", einem 17-stöckigen Plattenbau, einen Supermarkt und eine Polizeistation nicht viel Nennenswertes gibt. ...

Scharnow ist ein Dorf nördlich von Berlin, in dem es bis auf ein paar Wohnhäuser, darunter der "Silo", einem 17-stöckigen Plattenbau, einen Supermarkt und eine Polizeistation nicht viel Nennenswertes gibt. An einem Tag X überschlagen sich allerdings die Ereignisse, als ein Buchblogger stirbt, der Supermarkt von drei Nackten überfallen wird und Hund Cloudy, eine Schwester von Bo, dem Hund der ehemaligen US-amerikanischen Präsidenten-Familie Obama, sowie zwei Polizeireservisten getötet werden. Das alles ereignet sich in dem verschlafenen Ort, ausgelöst durch eine Gruppe von Verschwörungstheoretikern, während eine Gestalt in der benachbarten Kreisstadt Sahsenheim durch die Lüfte fliegt und für Zerstörung sorgt.

"Scharnow" ist der Debütroman von "Die Ärzte"-Schlagzeuger und Sänger Bela B., der auf absurd-witzige, sehr unterhaltsame Art und Weise einen Tag und dessen Auswirkungen in dem fiktiven Ort in der Provinz Brandenburgs beschreibt.
Der Roman besteht aus vielen kurzen Kapiteln, um den zahlreichen handelnden Personen und der sich überschlagenden Ereignissen gerecht zu werden. Auch wenn das vorangestellte Personenverzeichnis zunächst mehr verwirrt als weiterhilft und die vorgestellten Charaktere zu Beginn in keinem Zusammenhang zu stehen scheinen, hängen sie im weiteren Verlauf dann doch eng zusammen. Die vielen einzelnen Geschichten werden dabei so geschickt miteinander verknüpft, dass man als Leser nie den Überblick über Personen und Handlung verliert.

Das Erstwerk von Bela B. ist so ironisch und skurril wie mancher seiner Liedtexte und abseits des literarischen Mainstreams erfrischend anders zu lesen. Die Charaktere wirken auf den ersten Blick überzeichnet und klischeehaft, bei genauerer Betrachtung - sei es der trinkende einfache Arbeiter aus Brandenburg, das nach Berlin verzogene Manga-Girlie, der argwöhnisch beobachtete syrische Asylbewerber, der im Kiosk mit Internetcafé, aber ohne Alkoholverkauf arbeitet oder die fluchende Oma mit Berliner Schnauze - aber doch aus dem Leben gerissen.

"Scharnow" bietet eine kurzweilige, originelle, aber absolut schräge Unterhaltung, besticht durch eine Vielfalt an skurrilen Charakteren und einer zu keinem Zeitpunkt vorhersehbaren, überdrehten Handlung, die voller Wortwitz und fantastischer Einfälle erzählt wird.