Profilbild von schnaeppchenjaegerin

schnaeppchenjaegerin

Lesejury Star
offline

schnaeppchenjaegerin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit schnaeppchenjaegerin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.06.2023

Emotionale Mischung historischer Fakten und Fiktion - Hoffnung und Menschlichkeit in dunklen Zeiten

Ein Ort für unsere Träume
0

Die gebürtige Amerikanerin Ruby ist dem Franzosen Marcel Benoit verheiratet, dem sie vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nach Paris gefolgt ist. Nach einer leidenschaftlichen Anfangszeit ist Ruby bald ...

Die gebürtige Amerikanerin Ruby ist dem Franzosen Marcel Benoit verheiratet, dem sie vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nach Paris gefolgt ist. Nach einer leidenschaftlichen Anfangszeit ist Ruby bald ernüchtert über ihr Leben und zweifelt an der Liebe ihres Mannes, der etwas vor ihr zu verbergen scheint. Halt gibt ihr das jüdische Nachbarsmädchen Charlotte, die sich wie sie wie eine Außenseiterin fühlt.
Nachdem Marcel verhaftet und als Kollaborateur getötet wurde, entschließt sich Ruby trotz aller Gefahren dessen Tätigkeit für die Résistance fortzuführen. Dabei lernt sie den britischen Piloten Thomas kennen und schöpft Hoffnung, dass der Krieg nicht nur mit Tod, Gewalt und Leid verbunden ist.

"Ein Ort für unsere Träume" handelt vom Ausbruch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges und ist überwiegend aus den Perspektiven von Ruby und Charlotte geschildert, deren Sicht in einzelnen Kapiteln durch die des Piloten der RAF, ergänzt werden.
Während die aufgeweckte Charlotte früh gezwungen ist, erwachsen zu werden, zeigt Ruby nach dem Tod ihres Mannes, der sie unterschätzt und aus seinem Leben immer weiter ausgeschlossen hatte, wie viel Mut und Stärke in ihr steckt. Unter Einsatz ihres Lebens unterstützt sie die Résistance und ist auch bereit, Verantwortung für die Jüdin Charlotte zu übernehmen.

Die Geschichte bietet allen Leserinnen historischer Romane sicher keine neuen Erkenntnisse über den Zweiten Weltkrieg, den Kampf der Alliierten und die Unterstützung der Zivilbevölkerung im besetzen Frankreich, ist aber dennoch abwechslungsreich geschrieben, wobei statt Politik klar die Gefühle im Vordergrund stehen.
Freundschaft und Liebe, Menschlichkeit, Zusammenhalt, Mut und gegenseitige Unterstützung sind die Werte, die nicht nur durch das Verhalten der Hauptfiguren sondern auch durch die vielen kleinen Nebencharaktere, die alle ihren Beitrag im Kampf gegen die Deutschen und den Nationalsozialismus leisten, die eindringlich geschildert werden. Emotionen kommen dabei nicht zu kurz, denn die Schicksale der unschuldigen Menschen, die ihr Leben selbst für fremde Menschen in Gefahr bringen, bewegen und zeigen, dass es selbst in dunklen Zeiten Hoffnungsschimmer und Menschlichkeit gibt.
Die Geschichte, die historische Tatsachen mit Fiktion leicht verständlich vermischt, ist idealisiert und romantisch, denn vieles scheint zu leicht zu gelingen, die Charaktere haben immer wieder das Glück, drakonischen Strafen zu entgehen. Dennoch ist die Geschichte stimmig und ein unterhaltsamer Roman #gegendasVergessen, der zeitgeschichtlich jedoch nicht ins Detail geht und zugunsten der Emotionen und Charakterentwicklung ein wenig oberflächlich bleibt und nicht ganz ohne Kitsch auskommt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.05.2023

Eine Geschichte über drei Generationen afroamerikanischer Frauen - mitreißend, erschütternd, so ehrlich und lesenswert. Eines meiner Jahreshighlights.

Die Farbe meines Blutes
0

Grace wächst bis zu ihrem 13. Lebensjahr in den Südstaaten in Virginia auf und hat ein enges Verhältnis zu ihrer Großmutter Maw Maw, die als Hebamme arbeitet. Als diese verhaftet wird, weil sie eine Geburtsurkunde ...

Grace wächst bis zu ihrem 13. Lebensjahr in den Südstaaten in Virginia auf und hat ein enges Verhältnis zu ihrer Großmutter Maw Maw, die als Hebamme arbeitet. Als diese verhaftet wird, weil sie eine Geburtsurkunde zum Schutz von Mutter und Kind gefälscht hat und zeitgleich Graces Mutter stirbt, wird Grace von ihrer Tante Hattie aufgenommen, die in Brooklyn/ NYC lebt. Im Haushalt ihrer Auntie ist Grace lediglich eine billige Arbeitskraft, der der Zugang zu Bildung verwehrt bleibt. Einzig ein schwarzer Junge zwei Blocks weiter aus gutem Hause, der sich gegen die Rassentrennung engagiert, scheint Grace wahrzunehmen. Sie verliebt sich in seine Aufmerksamkeit und Fürsorge - und wird schwanger. Das Baby wird von Hattie anonym in ein Waisenhaus verbracht und Grace anschließend aus ihrem Haus verwiesen.
Baby Rae wird von einem Paar adoptiert, das selbst keine Kinder bekommen kann und bereits einen Sohn adoptiert hatte. Selbst als Waisenkind und später in der Obhut eines Onkels aufgewachsen, ist die Mutter Delores, genannt Lolo, schwer traumatisiert. Nicht einmal ihr Ehemann Tommy weiß, was Lolo in ihrer Kindheit erlebt hat und was sie die Erziehung ihrer Kinder prägen lässt. Überbehütend, aber gleichzeitig streng umsorgt sie TJ und Rae und hegt Misstrauen gegen alle Weißen und schwarze Männer, die vor allem Rae auch nur angucken. Auch wenn die Ehe augenscheinlich glücklich ist, bergen sowohl Lolo als auch Tommy Geheimnisse, die zerstörerisch sein können.
Rae hat unter der strengen Erziehung ihrer Mutter gelitten und fühlte sich nicht von ihr geliebt. Erst als Erwachsene und selbst Mutter geworden, lernt sie zu verstehen, warum sich ihre Mutter so verhalten hat. Auch erkennt sie, dass sie die Muster der Ehe ihrer Eltern übernommen hat und ist unglücklich mit ihrer Situation. Sie wollte doch eigentlich nur so einen fürsorglichen beschützenden Ehemann nach dem Vorbild ihres Vaters und steht am Ende vor der Entscheidung, für die Fassade einer heilen Familie auf ihre eigenen Bedürfnisse zu verzichten. Für die frühen 2000er-Jahre ist unfassbar, wie eingefahren das klassische Rollenverhältnis ist, welche Last auf den Schultern der Frau lastet und wie leicht sich Mann mit einem Paschagehabe aus der Affäre ziehen kann.

"Die Farbe meines Blutes" ist ein Roman, der von Mitte der 1960er- bis Anfang der 2000er-Jahre handelt und die Lebensgeschichten von drei Generationen von Frauen erzählt, die über das Schicksal oder das Blut mit einander verbunden sind. Die Autorin, die selbst adoptiert ist, verarbeitet darin auch einen Teil ihrer eigenen Biografie.

Der Roman, der in drei Bücher - das Buch Grace 1965-1969, das Buch Delores 1967-1999 und das Buch Rae 1999-2004 - aufgeteilt ist, handelt von vielen belastenden Themen, denn die drei Hauptfiguren müssen viel erleiden und erdulden - als Afroamerikanerin, aber insbesondere als weibliche Person. Neben der Dominanz der (Ehe-)männer, die trotz der Liebe und Fürsorge auch bei Tommy deutlich wird, ist es vor allem die Kindheit, die bei Grace und Lolo unbeschreiblich grausam ist. Was die beiden erleben, zieht sich negativ besetzt durch ihre Leben und wird sich als Familientraumata auf nachfolgende Generationen abfärben. Missbrauch, ungewollte Schwangerschaften, Adoption, Untreue, Verlust geliebter Menschen, Rassentrennung und Alltagsrassismus sind Marker, die vordergründig sind und denen sich die Protagonisten hilflos ausgesetzt sehen.

Die erschütternden Erlebnisse sind trotz ihrer Grausamkeit mit viel Einfühlungsvermögen dargestellt und offenbaren sich bei Lolo erst allmählich, so dass das Buch auch einem spannenden Aufbau folgt. Die Gefühle von Angst und Wut, Einsamkeit und Liebe sind in allen drei Teilen des Buches spürbar. Obgleich es sich um fiktive Biografien handelt, erscheint diese traurige und brutale Geschichte über drei Generationen afroamerikanischer Frauen in Amerika nicht nur vor dem Hintergrund der Autorin sehr authentisch. Während Grace als naives Mädchen weniger Impulse setzt, sind es vor allem die Bücher Delores und Rae, die nachhallen, da die beiden Frauen sich als echte Identifikationsfiguren herauskristallisieren. Die Ungerechtigkeiten, die die Frauen nur aufgrund ihrer Hautfarbe und vielmehr noch aufgrund ihres Geschlechts erleiden, machen unfassbar wütend und so ist es am Ende befreiend zu lesen, dass Lolo und Rae Zufriedenheit ausstrahlen und ihre Art von Freiheit gefunden haben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.05.2023

Unterhaltsamer Kriminalroman mit viel Lokalokolorit, Nordseeatmosphäre und Ermittlungen abseits der Polizei - besser als Band 1.

Akte Nordsee - Der Teufelshof
0

In der Hochzeitsnacht werden am Hof der Fehnsens in Wulkenbüll auf der Halbinsel Eiderstedt die Eltern des Bräutigams ermordet und der Bräutigam mit einem Jagdgewehr angeschossen. Die Braut konnte unerkannt ...

In der Hochzeitsnacht werden am Hof der Fehnsens in Wulkenbüll auf der Halbinsel Eiderstedt die Eltern des Bräutigams ermordet und der Bräutigam mit einem Jagdgewehr angeschossen. Die Braut konnte unerkannt in die Scheune fliehen und sich verstecken.
Rechtsanwältin Fentje Jacobsen war am Tag zuvor bei der Hochzeit von Henning und Anna eingeladen und übernimmt die Verteidigung, da es keine Einbruchspuren gibt und Braut und Bräutigam als Erben des Hofes von der Polizei als erstes verdächtigt werden. Fentje und auch der Journalist Niklas John, der Anna als seine erste Liebe persönlich kennt, können sich nicht vorstellen, dass die beiden Lucy und Gustav auf dem Gewissen haben. Beide beginnen sie unabhängig voneinander zu recherchieren, nachdem sie sich in einem letzten Fall nahe gekommen waren und ihr Verhältnis beidseitig angespannt ist, denn Anna und Henning könnten als Überlebende noch immer im Visier des unbekannten Täters sein.

"Der Teufelshof" ist nach "Am dunklen Wasser" der zweite Band aus der Reihe "Akte Nordsee" um die junge Anwältin Fentje Jacobsen und den Journalist Niklas John aus St. Peter-Ording. Zum Verständnis des Folgebandes sind jedoch keine Vorkenntnisse nötig.

Wie schon Band 1 ist auch "Der Teufelshof" aufgrund der Hauptfiguren kein klassischer Kriminalroman, denn im Vordergrund stehen nicht die Ermittlungen der Polizei, sondern die Nachforschungen von Fentje und Niklas. Überhaupt fragt man sich, was die Polizei nach der Verhaftung einer Tatverdächtigen überhaupt noch ermittelt hat.
Über Fentje und Niklas kommt man insofern dem Täter und der Auflösung des Kriminalfalls näher. In diesem Fall sind die Rechtsanwältin und der Journalist persönlich eingebunden, da sie die Opfer kennen und recherchieren zunächst unter verschiedenen Gesichtspunkten getrennt voneinander. Während Fentje in der Umgebung des Tatorts verbleibt und mehr über die Stunden vor der Tat in Erfahrung bringen möchte, um ein Motiv für einen anderen Täter zu finden, führen die Recherchen Niklas örtlich und zeitlich weiter weg. Er möchte mehr über die Vergangenheit seiner ehemaligen Freundin herausfinden, um sie zu entlasten und den Mörder möglicherweise aus ihrem Umfeld zu offenbaren.

Beide Handlungsstränge sind abwechslungsreich geschildert. Fentje und Niklas führen diverse Gespräche um dem wahren Täter auf die Spur zu kommen. Ihre Handlungen sind nachvollziehbar und regen zum Miträtseln an. Die Spannung entwickelt sich gemächlich und steigert sich, als Fentje und Niklas durch ihre Nachforschungen in Gefahr geraten und wie schon im ersten Band der Reihe wieder enger zusammenarbeiten und sich dabei näher kommen, ohne ihre Gefühle für einander eingestehen zu wollen.

"Der Teufelshof" klingt gruselig, ist jedoch kein nervenaufreibender Fall, dafür aber authentischer als Band 1. Die Mischung aus Nordseeatmosphäre, Privatleben der Protagonisten und Hobbyermittlungen in einem Kriminalfall, in der zur Lösung mehr Lokalkolorit als Polizei nötig ist, ist unterhaltsam und macht neugierig auf weitere Teile von "Akte Nordsee".

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.05.2023

Empathische Geschichte über Freundschaft, Liebe und Selbstfindung, mit einem Hauch Romantik und noch mehr Wortwitz.

Unser Lied für immer
0

Natalies Ehemann Russ ist vor zwei Jahren in Folge eines Verkehrsunfalls gestorben. Ihre Freundinnen haben Verständnis für ihre Trauer, sind jedoch der Meinung, dass Natalie allmählich wieder leben könnte ...

Natalies Ehemann Russ ist vor zwei Jahren in Folge eines Verkehrsunfalls gestorben. Ihre Freundinnen haben Verständnis für ihre Trauer, sind jedoch der Meinung, dass Natalie allmählich wieder leben könnte und versuchen sie unaufhörlich zu verkuppeln. Natalie ist genervt davon, versucht jedoch die Fassade aufrecht zu erhalten und spielt das Spiel bis zu einem gewissen Punkt mit, um ihre Ruhe zu haben.
Um sich Russ nahe zu fühlen, spielt sie Klavier am Bahnhof St. Pancras und findet in dem Hocker eines Tages Notenblätter von Liedern, die sie ihrem Ehemann im Krankenhaus zur Genesung vorgespielt hat. Natalie fragt sich, ob die Musik ein Zeichen von Russ ist oder wer ihr aus welchem Grund diese Notenblätter schenkt. Zum ersten Mal seit langem spürt sie wieder einen Funken in sich, blickt immer wieder sehnsuchtsvoll in den Hocher und wird neugierig auf die oder den Unbekannten. In der Zeit lernt sie nicht nur den warmherzigen und witzigen Tom kennen, der ihr in ihrem baufälligen Cottage zur Hand geht, sondern trifft auch in einer Trauergruppe auf Joe, der ihren Schmerz versteht.

"Unser Lied für immer" handelt von Trauer und dem Verlust eines geliebten Menschen, aber vielmehr noch von Hoffnung, wieder nach vorn zu blicken, einen neuen Halt zu finden und sich nicht weiter von dem Schmerz herunterziehen zu lassen und zu vergraben.
Trotz der Traurigkeit, die in der verwitweten Natalie steckt, ist die Geschichte jedoch keinesfalls betrüblich oder deprimierend. Dafür sorgt Natalies trockener Humor und die erfrischend witzigen Dialoge mit ihren Freundinnen und den beiden Männern Tom und Joe, die sie nach dem Tod ihres Mannes kennenlernt. Mit Tom, mit dem sie die Art ihres Humors teilt, ist sie sofort auf einer Wellenlänge. Zu Joe fühlt sie sich hingezogen, da er seinen Bruder vor nicht allzu langer Zeit verloren hat und deshalb ihre Gefühle so gut nachvollziehen kann.
Auch wenn Natalie nicht auf der Suche nach einem neuen Mann in ihrem Leben ist, ist das Buch über den Weg aus der Trauer auch eine Liebesgeschichte, denn mit der Zeit wird Natalie offener, versteckt sich nicht mehr hinter der Mauer ihrer Trauer und kann wieder etwas empfinden.

Neben allen Emotionen, Missverständnissen und Geständnissen, mit denen Natalie in der Geschichte zu kämpfen hat, entwickelt der Roman eine sachte Grundspannung, denn die gefundenen Notenblätter haben mit der Bedeutung der Lieder für Natalie etwas Mysteriöses an sich und laden zum Rätseln ein, wer derjenige ist, der sie so gut kennt, ihr genau diese Lieder zu vermitteln.
Die Charaktere sind verschiedenartig, wirken aus dem Leben gegriffen und gestalten die Geschichte abwechslungsreich. Zudem ist die Geschichte authentisch, unbemüht witzig und so warmherzig schön zu lesen, wie Natalie allmählich auftaut und sich dem Leben stellt.
Die zarte Liebesgeschichte ist überzeugend und es bleibt spannend, was es mit den Notenblättern auf sich hat. Die Auflösung ist simpel und stimmig und passt zu Natalies Beziehungsgeflecht und ihrer (Leidens-)geschichte.

"Unser Lied für immer" ist eine empathische Geschichte über Freundschaft, Liebe und Selbstfindung, mit einem Hauch Romantik und noch mehr Wortwitz, die mit sympathischen Charakteren aufwartet und sich trotz trauriger Ausgangssituation jederzeit vergnüglich lesen lässt und dabei ungeahnte Tiefe entwickelt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.05.2023

Zwei Frauenschicksale und eine Familiengeschichte auf zwei Zeitebenen - gefühlvoll und wendungsreich

Das tiefe Blau des Meeres
0

Katharina findet nach dem Tod ihres Vaters bei der Auflösung des Haushalts ihrer Eltern auf dem Dachboden eine Mappe mit Aquarellen, die sie zuvor nie gesehen hat. Mit den Initialen MdM kann sie nichts ...

Katharina findet nach dem Tod ihres Vaters bei der Auflösung des Haushalts ihrer Eltern auf dem Dachboden eine Mappe mit Aquarellen, die sie zuvor nie gesehen hat. Mit den Initialen MdM kann sie nichts anfangen. Als sie bei der Aufbahrung ihres Vaters dann auch noch ein Foto einer jungen Frau in seinen Händen bemerkt, wird sie stutzig und beginnt mit Nachforschungen. Eine Kollegin erkennt auf den Aquarellen Gebäude und Orte in der Bretagne, weshalb sich Katharina dorthin begibt, um mehr über ihre Familiengeschichte und das Schloss in der Bretagne zu erfahren, auf dem Vorfahren von ihr gelebt haben mögen.

1939 flüchtet die Jüdin Margot Löwenstein aus Deutschland. Ihr eigentliches Ziel Großbritannien, wo sie bei Verwandten hätte Zuflucht finden können, erreicht sie nicht. Ihre Reise endet in Frankreich, wo sie ihre große Liebe Alan de Morand findet. Während er als Soldat an die Front muss, malt Margot unaufhörlich Bilder des Schlosses der Morands, des Meeres und der Landschaft der Bretagne. Als Folge der Wirren des Zweiten Weltkriegs und nach dem Einmarsch deutscher Soldaten in Frankreich muss Margot wieder und verliert erneut eine Familie.

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen und erzählt in der Gegenwart die Erforschung Katharinas nach der Vergangenheit ihrer Familie und in der Vergangenheit das Schicksal der Jüdin Margot.
Beide Handlungsstränge sind lebendig und abwechslungsreich geschildert. Die beiden Protagonistinnen sind authentisch dargestellt, so dass man sich gut in sie und ihre Situation hineinversetzen kann. Aufgrund der Kriegsereignisse ist die Vergangenheit und Margots Schicksal dramatischer und emotionaler. Aber auch Katharina muss nicht nur den Verlust des Vaters verarbeiten, sondern entdecken, dass in ihrer Familie Geheimnisse herrschten, die ihr zunächst rätselhaft bleiben. Darüber hinaus stellt sie ihr derzeitiges Leben in Frage, ist unzufrieden mit ihrem langjährigen Lebensgefährten und ihrem Beruf als Lehrerin, in den sie von ihrer Mutter gedrängt wurde. In der Bretagne empfindet sie wieder Freude an der Kunst und an der Malerei und verliebt sich nicht nur in die wunderschöne Landschaft und das alte baufällige Schloss sondern auch in den insolventen Schlossherren.

"Das Tiefe Blau des Meeres" schildert die Schicksale zweier Frauen und zwei ganz unterschiedliche Liebesgeschichten. Es ist ein gefühlvoll geschriebenes Buch mit diversen Wendungen in der Handlung, die den Roman nicht vorhersehbar machen.
Besonders gut gefallen hat mir, dass der Erzählstrang in der Gegenwart nicht nur schmückendes Beiwerk ist, um ein Familiengeheimnis der Vergangenheit zu entdecken, sondern neben der tragischen Geschichte der Vergangenheit, Raum für eine eigene Geschichte der Katharina lässt, die bei der Erforschung ihrer Familiengeschichte auch zu sich selbst findet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere