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Veröffentlicht am 18.01.2023

Dynamischer Thriller über die Abgründe des Menschen, aber mäßig spannende Aufklärung des Falls

Verschwunden
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Auf einem Dorffest in dem beschaulichen Ort Ambra in der Toskana verschwindet der siebenjährige Jonas, der mit seinen Eltern im Urlaub ist. Der von den besorgten Eltern alarmierte Carabinieri Maresciallo ...

Auf einem Dorffest in dem beschaulichen Ort Ambra in der Toskana verschwindet der siebenjährige Jonas, der mit seinen Eltern im Urlaub ist. Der von den besorgten Eltern alarmierte Carabinieri Maresciallo Donato Neri beginnt nur zögerlich mit den Ermittlungen. Neri ist ausgebrannt, überfordert von der Verantwortung und träumt von seiner baldigen Rente. Seine Frau Gabriella unterstützt ihn, wo sie kann, gibt ihm hin und wieder hilfreiche Ratschläge bei seinen Fällen und begibt sich auf die Suche nach einem Altersruhesitz. Sie kontaktiert deshalb die Maklerin Elena Ludwig, die sie noch aus ihrer Zeit in Rom kennt.
Elena lebt inzwischen in Siena und vermittelt millionenschwere Häuser. Niemand ahnt etwas von ihrem geheimen Hobby. Sie ist Mitglied einer Agentur und lässt sich von lukrativen Männern für gemeinsame Abenteuer buchen. Sie ist auf der Suche nach sexueller Befriedigung und liebt den Adrenalinkick im Kontakt mit den fremden und anonymen Gönnern. Für die Neris findet sie eine bezahlbare Immobilie mit Meerblick, ist aber vor dem avisierten Notartermin verschwunden.

"Verschwunden" ist der inzwischen 13. Band der Thrillerreihe um Commissario Donato Neri in der Toskana. Zum Verständnis des Buches ist jedoch kein Vorwissen nötig, jeder Band kann unabhängig gelesen werden.
Auch wenn die Buchreihe sich um Commissario Neri dreht, spielen die polizeilichen Ermittlungen nur eine untergeordnete Rolle. Im Fokus sind vielmehr die Abgründe menschlichen Handelns, die sich auftun.

"Verschwunden" beginnt recht harmlos mit dem Entführungsfall, irritierend ist nur Lethargie von Neri, der kopf- und lustlos agiert. Verschiedene Handlungsstränge werden eröffnet. Neben dem zögerlichen Neri und der frivolen Maklerin gibt es Kapitel über den neuen Arzt in Ambra und seinen geistig zurückgebliebenen jüngeren Bruder.
Früh ist jedoch klar, was hinter der Entführung des Jungen steckt und bald auch in welchem Zusammenhang alle Handlungsstränge und Protagonisten stehen. Dieses umfassende Wissen nimmt dem Thriller seine Spannung. Nichtsdestotrotz folgt man gebangt dem Handeln der Akteure, das sich in seiner Grausamkeit unaufhörlich steigert. Der Täter erscheint wie im Wahn und nur so ist erklärlich, warum er, der bisher so planvoll und unerkannt vorgegangen ist, plötzlich so überdreht und ein derartiges Risiko eingeht, dass seine Machenschaften aufgedeckt werden.

Ich empfand die Entwicklung des Thrillers deshalb nicht ganz realistisch. Am Schluss konnte ich das Handeln des Täters kaum mehr nachvollziehen und war auch enttäuscht darüber, wie leicht es Commissario Neri gemacht wurde.
"Verschwunden" ist durch die kurzen Kapitel und die schnellen Perspektivwechsel dynamisch und durch die grausam und gefährlichen Aktivitäten der Protagonisten aufregend zu lesen, der Kriminalfall und seine Aufklärung dagegen ist wenig raffiniert und nur mäßig spannend. Auch das Ende zeugt mehr von Effekthascherei als von einem intelligentem Abschluss der Ermittlungen.

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Veröffentlicht am 16.01.2023

Hommage an Zusammenhalt, Freundschaft und natürlich (!) Bücher. Am Ende war die Wohlfühlgeschichte jedoch arg seicht.

Happy Ever After – Wo das Glück zu Hause ist
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Nina ist Bibliothekarin in Birmingham, verliert jedoch aufgrund von Einsparmaßnahmen und Schließungen ihrer Anstellung. Die Aussicht auf eine neue Arbeit in dem Bereich sind schlecht, weshalb Nina ins ...

Nina ist Bibliothekarin in Birmingham, verliert jedoch aufgrund von Einsparmaßnahmen und Schließungen ihrer Anstellung. Die Aussicht auf eine neue Arbeit in dem Bereich sind schlecht, weshalb Nina ins Grübeln gerät und ihren Traum einer eigenen Buchhandlung verwirklichen möchte. Ohne Startkapital ist auch dieses Unterfangen schwierig, weshalb sich Nina kurzerhand einen Lieferwagen in den schottischen Highlands als mobile Buchhandlung zulegt und in dem kleinen Dorf Kirrinfief bleibt.
Der Kontrast zur Großstadt ist groß, aber schnell beginnt sich Nina dort wohlzufühlen und genießt es, für ihre Kunden das passende Buch zu finden. Die Menschen sind aufgeschlossen und nehmen das Angebot des Bücherbusses gerne an. Dennoch fühlt sich Nina an den langen Abenden einsam und träumt von einem Mann an ihrer Seite. Mit dem hilfsbereiten Zugführer Marek tauscht sie romantische Botschaften aus, während sie sich mit ihrem Vermieter, dem kernigen Schafbauern Lennox, regelmäßig in die Wolle bekommt.

Wird es für Nina ein "Happy Ever After" geben, wie sie ihre mobile Buchhandlung genannt hat? Darum dreht es sich in dem Auftakt der neuesten Romanreihe von Jenny Colgan.

"Wo das Glück zu Hause ist" ist ein Wohlfühlroman, der einen durch die bildhaften Beschreibungen von Landschaft, Klima und Traditionen anschaulich in die schottischen Highlands und die beschauliche fiktive Kleinstadt Kirrinfief versetzt. Nina ist eine sympathische Protagonistin, eine Träumerin, für die es keine größere Leidenschaft als das Lesen und ihre Bücher gibt. In Birmingham hat sie sich hinter ihren Büchern versteckt, während sie in Schottland aktiver am Leben teilnimmt und ihr durch die Arbeit als Selbstständige auch kaum noch Zeit zum Lesen bleibt. Sie schließt Kontakt mit den eigenwilligen Einwohnern, hat bald einige Stammkunden und ist Teil einer Gemeinschaft, die aufeinander Acht gibt.

Die Leidenschaft für das Lesen und das Bedauern über das Aussterben von Büchereien ist auf jeder Seite spürbar. Dem Roman umweht ein Hauch von Nostalgie und vermittelt das Gefühl, das Bücher Halt geben und glücklich machen. Doch selbst Nina muss feststellen, dass Bücher allein nicht reichen und sich auch auf Anraten ihrer besten Freundin, der kecken Surinder, für Menschen öffnen und aufhören, sich in ihren Tagträumen zu verlieren.

Auch wenn Nina mit sehr offenen Armen in Empfang genommen wird, viel Glück mit ihrem Bücherbus hat und das Leben auf dem Land im Vergleich zur Stadt allzu positiv hervorgehoben wird, hat mir die Geschichte dennoch über weite Teile gut gefallen. Die Liebesgeschichte ist vorhersehbar, hat aber zunächst ihren Reiz und auch dass neben dem Büchereisterben ernste Themen wie die Trennung, Neuanfänge und die Vernachlässigung von Kindern angesprochen werden, versucht dem Roman, der eine Hommage an Zusammenhalt, Freundschaft und natürlich (!) Bücher ist, eine gewisse Tiefe zu geben. Leider wird der Roman am Ende jedoch recht zäh und seicht. Nahezu alle Probleme lösen sich allzu leicht in Wohlgefallen auf. Der Liebesgeschichte fehlt am Ende Knistern und Romantik und wird stattdessen dramatisch in Szene gesetzt, um ein Happy End hinauszuzögern.
Bis auf das etwas lieblose Ende ist "Happy Ever After" eine herzliche, unprätentiöse Geschichte, die neugierig auf die weiteren Bände in der Ortschaft Kirrinfief macht.

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Veröffentlicht am 14.01.2023

Erschreckend real anmutende Dystopie mit einer Warnung vor umfassender Vernetzung, die Manipulation und Machtmissbrauch Tür und Tor öffnet.

Mind Gap
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Silvie Mankowitz ist Journalistin in Berlin, die für ihre Arbeit bereits ausgezeichnet wurde. Als sie von ihrem Bruder kontaktiert wird, von dem sie ausgegangen ist, dass er als Soldat im Kampf gefallen ...

Silvie Mankowitz ist Journalistin in Berlin, die für ihre Arbeit bereits ausgezeichnet wurde. Als sie von ihrem Bruder kontaktiert wird, von dem sie ausgegangen ist, dass er als Soldat im Kampf gefallen ist, ist sie irritiert, freut sich jedoch auf das anvisierte Treffen mit ihm. Wenig später ist er tot. Er soll Suizid begangen haben und zuvor zwei weitere Personen getötet haben, darunter den Kanzlerkandidaten Nowak.
Silvie kann es nicht glauben und forscht nach. Sie stößt auf Widerstand auf höchster Ebene und entdeckt eine unglaubliche Verschwörung. Offenbar kann der NINK, ein Chip, der Menschen implantiert wird, um ihr Leben durch einen unmittelbaren Zugriff auf das Internet zu optimieren, manipuliert werden und den freien Willen des Menschen ausschalten. Silvie möchte nicht nur ihren Bruder rehabilitieren, sondern auch die ungeahnten und gefährlichen Folgen der Einführung des als revolutionär gefeierten NINK öffentlich machen.

Mit "Mind Gap" wird ein spannendes Szenario beschrieben, dass in naher Zukunft im Jahr 2033 handelt. Es ist ein Thriller, der die Schattenseiten des technischen Fortschritts erschreckend realistisch darstellt. Eine Einführung eines Chips, der in den Kopf implantiert wird und mit dem Gehirn verbunden wird, klingt nach Science Fiction, erscheint jedoch in Anbetracht der vermeintlichen Vorteile für jeden einzelnen Nutzer nicht unwahrscheinlich.

Der Thriller wird aus verschiedenen Perspektiven der handelnden Personen in Berlin geschildert. Ein zweiter Erzählstrang, der bald eng mit dem Geschehen in Deutschland verknüpft wird, handelt in Manila. Weiterhin gibt es Einblicke zu Machthabern in Ländern wie Aserbaidschan, Ruanda und Simbabwe, die nicht wirklich einzuordnen sind.
Die Kapitel sind kurz, die Perspektiven wechseln häufig, was der Geschichte, die nur innerhalb weniger Stunden handelt, Dynamik verleiht.
Aufgrund der Schnelligkeit und der Vielzahl der Protagonisten fehlt die emotionale Nähe, was jedoch nicht weiter störend ist, denn die Geschichte, die immer mehr Details über NINK und wie der Chip als Machtinstrument genutzt werden kann, was nicht nur den freien Willen ausschaltet, sondern auch tödliche Folgen in einem skrupellosen Ausmaß hat, ist beängstigend.

"Mind Gap" warnt mit einer erschreckend real anmutenden Dystopie vor den Folgen einer alle umfassenden Vernetzung ohne sicheren Schutz personenbezogener Daten, die Tür und Tor für Manipulation und Machtmissbrauch öffnet. Denn das ein Instrument, das eigentlich als Hilfsmittel und Erleichterung des Alltags erdacht wurde, in falsche Hände gerät, ist aufgrund des unaufhörlichen Strebens des Menschen nach mehr, eine logische Konsequenz.

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Veröffentlicht am 13.01.2023

Emotionale und anrührende Geschichte über die Verarbeitung einer gescheiterten Beziehung. Besonders für eine jüngere Zielgruppe eindrücklich geschildert

Orte, an denen ich geweint habe (wegen dir)
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Wegen eines neuen Arbeitsplatzes ihres Vaters muss Amelie mit ihren Eltern von Sheffield in den Süden Englands ziehen. Sie vermisst ihre Freunde, aber die Musik gibt der jungen Singer-/ Songwriterin Kraft ...

Wegen eines neuen Arbeitsplatzes ihres Vaters muss Amelie mit ihren Eltern von Sheffield in den Süden Englands ziehen. Sie vermisst ihre Freunde, aber die Musik gibt der jungen Singer-/ Songwriterin Kraft und Anerkennung. An ihrer neuen Schule lernt sie Reese kennen, der wie sie die Leidenschaft zur Musik teilt und Sänger einer Band ist. Er umgarnt sie, macht ihr Komplimente und bezirzt sie mit romantischen Dates. Die Beziehung geht in die Vollen und Amelie schwebt auf Wolke 7, auch wenn ihre neu gewonnenen Freunde sie vor Reese warnen. Amelie ignoriert alle roten Flaggen und liebt es, von ihm geliebt zu werden. Doch nach vier Wochen platzt die Blase und Amelie ist wieder allein, Reese hat sich von ihr getrennt und ihre Freunde hatte sie schon zuvor verloren, da es nur noch sie beide gab.
Amelie ist verwirrt, verletzt und fühlt sich innerlich gebrochen. Die Trennung schmerzt, auch wenn die kurze Beziehung nicht nur schöne Momente hatte. Amelie blickt zurück und reflektiert ihre Beziehung zu Reese. Sie geht ihre Landkarte der Liebe ab und sucht alle Orte auf, an denen sie wegen Reese geweint hat.

"Orte, an denen ich geweint habe (wegen dir)" ist, wie der Titel und das dazu passende tränenverschmierte Cover impliziert, eine emotionale, anrührende Geschichte. Sie ist aus Sicht der 16-jährigen Amelie geschildert, die gegenwärtig seit vier Wochen von ihrem letzten Freund getrennt ist und versucht diese Beziehung, die sich im Nachhinein so seltsam anfühlt, zu verarbeiten.
Auch wenn die Zielgruppe des Buches junge Erwachsene sind, ist es auch für reifere Leser*innen geeignet, denn emotionale Geschichten über gescheiterte Liebesgeschichten und den Schmerz, der am Ende übrig bleibt, sind keine Frage des Alters.

Die Geschichte vermischt die Gegenwart mit der Vergangenheit, indem Amelie wie ferngesteuert die Orte aufsucht, an denen sie mit Reese zusammen war und von ihm verletzt wurde. Durch die beiden unterschiedlichen Schriftarten fällt es leicht, die Gedanken- und Zeitsprünge einzuordnen.
Wie in einem Tagebuch spricht Amelie Reese direkt an und konfrontiert sich mit schönen und hässlichen Momenten, um die Beziehung zu verarbeiten. Frühzeitig hatte Amelie durch das Auf und Ab ihrer Gefühlswelt erkannt, dass in ihrer Beziehung etwas nicht stimmt, aber alle Signale ignoriert, schließlich liebte er sie - und sie ihn. Immer noch. Herz und Verstand sind für Amelie nicht in Einklang zu bringen. Im Gegensatz zu ihr ist für Außenstehende offensichtlich, dass Reese manipulativ und erdrückend ist. Er neidet ihren Erfolg und steht lieber selbst im Mittelpunkt. Sein Verhalten ist dabei zu Beginn subtil und wird von seiner Leidenschaft überdeckt, bis er Grenzen überschreitet, die mehr als ein ungutes Gefühl hinterlassen. Amelie macht sich klein und lässt sich zu viel gefallen, um Reese nicht zu verärgern.
Die Schilderungen sind erschreckend realistisch, denn es sind so viele kleine Dinge, die aus der jungen, leidenschaftlichen Liebe eine toxische Beziehung machen. Es ist kein physischer Missbrauch, auch wenn Amelie (zu) viel zulässt, sondern ein psychischer, der mindestens genauso schwerwiegt. Die Geschichte geht nahe, denn sie macht wütend zu sehen, wie Amelie immer weiter in Reese verschwindet und verständnislos, wie Amelie während der Beziehung bei allen Gemeinheiten Reeses die Schuld bei sich sucht, welchen Selbsthass sie dabei entwickelt und ihn danach immer noch lieben kann - oder glaubt, es zu tun.
Die Geschichte rüttelt wach und zeigt, dass auch gescheiterte Teenagerbeziehungen nicht kleinzureden sind und dass es kein Fehler ist, Schuld- oder Schamgefühle zu empfinden, so behandelt zu werden. Sie ermuntert, sich Hilfe zu suchen und Probleme nicht mit sich selbst auszumachen.
Das Buch ist anstrengend zu lesen. Die Atmosphäre ist bedrückend und melancholisch, der weinerliche Tonfall, der aber wiederum so gut zu der feinfühligen Künstlerseele Amelie passt, ist Kräfte zehrend. Zudem verunsichert die Frage, ob Reese nicht einfach nur egoistisch und dominant und Amelie zu naiv und schwach war, für sich einzustehen. Die Geschichte ist sehr emotional und dramatisch dargestellt und ist am Ende vor allem lehrreich, wie Amelies verwirrende Gefühle einzuordnen sind und dass Liebe alles, nur nicht selbstzerstörerisch sein und unglücklich machen darf.
Passend zur Zielgruppe und zur Botschaft des Romans werden im Anhang Notrufnummern und Hilfsangebote aufgezeigt.

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Veröffentlicht am 11.01.2023

Spannender Auftakt einer neuen Krimireihe mit einem wendungsreichen Cold Case-Fall

Der Tote von Wiltshire - Lockyer & Broad ermitteln
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Im Juni 2005 leitete Detective Inspector Matthew Lockyer die Ermittlungen im Mordfall eines zunächst unbekannten Mannes, der erstochen in einer Scheune von Professor Ferris in der Grafschaft Wiltshire ...

Im Juni 2005 leitete Detective Inspector Matthew Lockyer die Ermittlungen im Mordfall eines zunächst unbekannten Mannes, der erstochen in einer Scheune von Professor Ferris in der Grafschaft Wiltshire aufgefunden wurde. Nach einem Indizienprozess wurde seine Haushälterin Hedy Lambert verurteilt, die jedoch stets ihre Unschuld beteuerte.
Vierzehn Jahre später meldet sie sich bei Lockyer, um einem Hinweis nachzugehen, der ihren Prozess neu aufrollen könnte. Lockyer, der nach einem Fehler in einem anderen Ermittlungsverfahren zu einem Cold Case-Ermittler degradiert worden war und nie ganz von der Schuld Hedys überzeugt war, nimmt sich erneut des Mordfalls an. Zusammen mit seiner Kollegin, Constable Gemma Broad begibt er sich auf Spurensuche, nutzt die Fortschritte der Kriminaltechnik und befragt die beteiligten Personen von damals. Dabei findet er entlastende Indizien, aber auch ein neues mögliches Motiv, das Hedy zur Mörderin machen könnte.

"Der Tote von Wiltshire" ist der erste Band einer neuen Krimireihe und nach einer Vielzahl an historischen Romanen der erste Kriminalroman der Bestseller-Autorin Katherine Webb.

DI Lockyer ist ein Eigenbrötler, der von einer Familientragödie belastet ist und aufgrund von Fehlern bei der Arbeit seine Fähigkeit als Ermittler kritisch hinterfragt. Zudem hat er Gefühle für die im Gefängnis sitzende Hedy Lambert, so dass das Wiederaufrollen des Falles ihm die Chance gibt, sie zu rehabilitieren und gleichzeitig die Ermittlungen von damals zu überprüfen. Seine junge Kollegin Gemma Broad ist seine willige Assistentin, deren Rolle trotz der auch nach ihr bezeichneten Krimireihe eher verhalten ist.

Der Roman entwickelt sich zunächst gemächlich, alte Beweisstücke werden überprüft und Zeugen befragt, die sich jedoch überwiegend als unzuverlässig oder zumindest verschlossen herausstellen, so dass die Ermittlungen immer wieder ins Stocken geraten. Durch die Verbindung zu einem anderen Kriminalfall, neuer möglicher Motive und Täter, wird die Geschichte im letzten Drittel spannender. Durch zahlreiche Wendungen und neuer Indizien, die mehrfach andere Verdächtige in den Fokus rücken, werden die Ermittlungen und Schlussfolgerungen, die sich aufgrund der vergangenen Zeit lange im Kreis drehten, interessanter und lassen die/ den Leser*in aktiv miträtseln, wer aus welchem Grund den Mann ermordete, der vorgab, der Sohn des Professors zu sein.

Durch tragische Ereignisse, die mit dem Mordfall verbunden werden, bietet der Roman neben der Neugier auf die Aufklärung des Kriminalfalls Raum für Emotionen und macht das Verhalten von Verdächtigen, Zeugen und auch von DI Lockyer nachvollziehbar. Durch die andauernde Frage, ob Hedy selbst aus dem Gefängnis manipulativ handelt und inwiefern Lockyer sich bei seinen Ermittlungen damals wie heute möglicherweise blind von seinen Gefühlen leiten lässt, bleibt der Roman anhaltend spannend. Die Aufdeckung von Ermittlungsansätzen, denen im Jahr 2005 nicht nachgegangen war und die Offenbarung immer neuer Geheimnisse sorgen für raffinierte Wendungen und zeugen von einem aufwändig konstruierten Fall, der 2005 möglicherweise zu früh mit nur einer Verdächtigen als aufgeklärt zu den Akten gelegt wurde. Am Ende verliert sich die Autorin etwas, vermittelt aber gleichzeitig den Eindruck, dass schon ein nächster Fall auf DI Lockyer wartet.

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