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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.04.2024

Gib dem Mann eine Stimme

James
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Ein Buch wie James habe ich glaube ich so noch nie gelesen. Dieses Buch strotzt vor Intelligenz, ohne dabei belehrend oder von oben herab zu wirken. Percival Everett hat mit seiner Sprache eine Geschichte ...

Ein Buch wie James habe ich glaube ich so noch nie gelesen. Dieses Buch strotzt vor Intelligenz, ohne dabei belehrend oder von oben herab zu wirken. Percival Everett hat mit seiner Sprache eine Geschichte geschaffen, die sich alleine durch die Wortwahl abgrenzt und hängenbleibt. Sprache ist hier nicht nur der Träger der Geschichte, sondern wichtiger Teil von ihr und Jims Identität, das fand ich unfassbar schlau gelöst. Auch durch die Bilder, die er zeichnet, sagt er manchmal in einem einzigen Satz so unglaublich viel, das schaffen manche nicht in einem ganzen Buch. Damit zeigt er uns durch seine Figuren, wie wichtig Sprache, Wissen und Macht eigentlich sind und das fand ich sehr schön.

Ein ganzer Cast von Figuren nimmt uns mit durch den Süden der USA, durch Flucht und Unterdrückung und durch den puren Überlebenswillen unseres Protagonisten Jim. Ich denke wer Huckleberry Finn gelesen hat wird ganz viel Spaß mit diesem Buch haben aber auch für mich, die es nicht gelesen hat war es ein Erlebnis. Die Figuren passen so gut zusammen. Mit James haben wir einen sehr intelligenten und reflektierten Mann, der uns in seinen Kopf lässt und ein Freund und Lehrer ist. Seine Gefühle kommen nie ganz durch, er darf es sich nicht erlauben. Anfangs hat mich das gestört aber im Laufe des Buches schafft es Everett, dass wir an Jims Stelle fühlen und das wirklich tiefgreifend. Und quasi als "comedic relief" daneben Huck, der uns mit seiner kindlichen Unbedarftheit immer wieder vorführt, wie lächerlich die Rassenfrage ist, der einen zum Umdenken und Hinterfragen bewegt.

Der Roman ist unfassbar schnell und in kleinen Abenteuern erzählt. Manchmal passiert vieles sehr schnell, wie Jim bekommen auch die Leser:innen wenig Verschnaufpause. Das muss man wollen. Für mich war es gegen Ende sehr schwer, Dinge einzuschätzen: Wie lange ist er schon unterwegs? Wo genau befindet er sich? Wie sind die Entfernungen? Das hat mich vor allem am Ende etwas gestört. Auch fand ich das Ende etwas übereilt, da hätte ich mir gerne mehr Tiefe gewünscht.

Aber dennoch wird das eine Geschichte sein, über die ich noch lange nachdenken werde, die ich gerne filmisch adaptiert sehen würde und vn der ich ganz viele Denkanstöße und Rechercheaufgaben mitgenommen habe.

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Veröffentlicht am 27.03.2024

Erweitert den eigenen Horizont

Unlearn Patriarchy 2
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Ich mag diese Art von Büchern sehr gerne, wo sich (wie in diesem Fall) viele faszinierende Frauen vereinen, um uns Leser:innen den Horizont zu erweitern.

Wie auch schon im ersten Teil, gibt auch Unlearn ...

Ich mag diese Art von Büchern sehr gerne, wo sich (wie in diesem Fall) viele faszinierende Frauen vereinen, um uns Leser:innen den Horizont zu erweitern.

Wie auch schon im ersten Teil, gibt auch Unlearn Patriarchy 2 wieder Einblicke in ganz unterschiedliche Bereiche, die unser Leben mal mehr, mal weniger berühren. Dadurch dürfte in den beiden Büchern und in den 13 Essays dieses Teils für jede Interessenslage etwas dabei sein. Und selbst wenn man sich auf den ersten Blick nicht für ein Thema interessiert oder sich nicht damit identifizieren kann, findet man doch in allen interessante Denkanstöße. Vor allem weil die einzelnen Essays wirklich lang sind und gute Einblicke - meist über das oberflächliche hinaus - liefern.

Wie immer bei solchen Sammlungen gibt es Essays, die einem besser gefallen als andere. Für mich waren das vor allem die, die nicht einen Punkt immer wieder wiederholt haben, sondern wirklich in jedem Satz etwas neues hatten. Am meisten überrascht und deshalb gefallen hat mich Unlearn Architektur.

Vor allem schätze ich diese Sammlung dafür, dass man Autor:innen und Themen kennenlernt, in die man im Nachgang tiefer eintauchen kann. So lernt man an sich selbst ganz neue Interessenslagen kennen. Ich finde dieses Buch sorgt dafür, dass man danach mit offeneren Augen durch die Welt läuft und deshalb kann ich es jedem nur wärmstens empfehlen.

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Veröffentlicht am 23.02.2024

Messerscharf

Yellowface
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Mit Yellowface hat R.F. Kuang eine messerscharfe Satire über das Verlagswesen geschaffen, die finde ich teilweise auch Thriller- und Horrorelemente hat, die ich sehr spannend finde.

Sie behandelt Themen ...

Mit Yellowface hat R.F. Kuang eine messerscharfe Satire über das Verlagswesen geschaffen, die finde ich teilweise auch Thriller- und Horrorelemente hat, die ich sehr spannend finde.

Sie behandelt Themen wie Urheber:innenschaft, kulturelle Aneignung, Privilegien und Cancel Culture mit überspitztem Stil und schlägt dabei fest zu. Es wirft Fragen auf, die sich ganz klar an die Lesenden richtigen und dazu anregen sollen, sich selbst zu reflektieren. Ein Beispiel: Wie werden Texte im Kontext ihrer Autor:innen interpretiert und wie spielen bewusste oder unbewusste Vorurteile dabei eine Rolle? Sie liefert dabei nie Antworten, sondern überlässt es den Leser:innen selbst, kritisch zu denken. Sie bietet dabei einen selbstironischen Einblick in die Literaturszene, den viele so nicht erwartet haben denke ich.

Dabei ist das Buch bzw. der Erzählstil von Anfang bis Ende überzogen und wahnhaft, was an der Erzählerinnenstimme der Protagonistin June liegt. Sie (und ehrlich gesagt alle anderen Charaktere in diesem Buch) ist unfassbar unlikable und gibt auch eine sehr unzuverlässige Erzählerin ab. In ihrem Kopf zu leben ist nicht schön, hält aber der ganzen Branche und auch uns als Lesenden den Spiegel vor - vor allem weil man nicht richtig zu ihr durchdringen kann und bis zum Schluss nicht weiß wer sie wirklich ist. Es ist super spannend zu sehen, wie June sich in ihrem eigenen Kopf verstrickt und sich rechtfertigt. Der Schreibstil ist dabei ironisch, teilweise fast schon komisch weil es so überzogen ist und vor allem sehr schnell zu lesen, man fliegt gerade so durch die Seiten. In der Mitte hatte es kurz ein paar Längen, weil vieles sich wiederholt, das passt aber zur Protagonistin und hat auf jeden Fall seine Daseinsberechtigung in dieser Länge

An sich ein Buch, an das ich bestimmt bei der Lektüre anderer Bücher noch oft denken werde und das mir einen Anstoß gab, mich mit diesen Themen weiter auseinander zu setzen. Das Buch ist unfassbar klug, wie es sich im echten Leben in die Thematik des Buches einreiht und somit fast die vierte Wand durchbricht. Ich empfehle das Buch allen, die nichts dagegen haben alle Charaktere in einem Buch zu hassen und die selbst nachdenken wollen. Den Hype ist dieses Buch wert!

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Veröffentlicht am 21.02.2024

Slow Burn

Elyssa, Königin von Karthago
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Bei Elyssa hatte ich mit einem Buch gerechnet, das sich stilistisch an die ganzen anderen Retellings griechischer Mythologie annähert. Das war aber schon sehr anders als z.B. die Bücher von Madeline Miller. ...

Bei Elyssa hatte ich mit einem Buch gerechnet, das sich stilistisch an die ganzen anderen Retellings griechischer Mythologie annähert. Das war aber schon sehr anders als z.B. die Bücher von Madeline Miller. Die Mythologie steht hier nicht wirklich im Vordergrund sondern dient als Aufhänger für eine fiktionale Geschichte um Elyssa, Anna, Aeneas, Virgil und Eros. Leute, die sich nicht mit der Geschichte auskennen, müssen hier nebenbei vor allem am Anfang viel googeln, weil sich nicht immer aus der Storyline / Erklärung ergibt, wer die Figuren sind und wie sie zusammenhängen. z.B. erfährt man nie namentlich welche Göttin Aeneas Mutter ist. Aber habe ich Lust das zu googeln? Im Fluss oft nicht. Das finde ich schade und hätte ich für den Kontext wichtig gefunden, selbst wenn die Mythologie nur die Grundlage bildet. Das haben andere Bücher dieser Art oft besser gelöst.

Der Schreibstil konnte mich leider auch nicht wirklich überzeugen. Die Geschichte verpasst es schon im ersten Drittel, die Lesenden in ihren Sog zu ziehen. Dadurch musste ich persönlich mich oft zwingen, weiterzulesen. Auch die Übergänge zwischen den Kapiteln und Perspektiven haben teilweise etwas geholpert, es hat sich angefühlt als würde man ruckartig aus einer Perspektive gezogen und in eine andere geschleudert.

Zu den Figuren: Ich fand es super spannend, das mit Elyssa und Aeneas mal keine blutjungen "Helden-Typen" im Zentrum der Geschichte stehen. Das finde ich lobenswert und davon würde ich gerne mehr sehen. Aber an sich fand ich die Figuren nicht wirklich gut ausgearbeitet. Manche Charakterzüge erschließen sich nicht bzw. widersprechen sich wenn Dinge nur gesagt werden, um die Handlung voranzutreiben. Die Perspektive, die mir am besten gefallen hat war Eros, da konnte die Autorin zeigen, was sie schriftstellerisch kann.

An sich ein Buch das für mich leider hinter seinen Erwartungen geblieben ist. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es Leuten gefällt die Slow-Burn lieben und die vielleicht auch in einem Alter sind, das Aeneas und Elyssa näher kommt. Für Fans feministischer Retellings wird das eher nichts sein.

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Veröffentlicht am 27.01.2024

Dualität der Schwestern

Weiße Wolken
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Weiße Wolken ist für ein Debut wirklich beeindruckend. Yandé Seck nimmt uns mit in die Welt zweier Schwestern und deren Umgang mit ihren Umständen. Beide werden von den gleichen gesellschaftlichen Mustern ...

Weiße Wolken ist für ein Debut wirklich beeindruckend. Yandé Seck nimmt uns mit in die Welt zweier Schwestern und deren Umgang mit ihren Umständen. Beide werden von den gleichen gesellschaftlichen Mustern geplagt (Rassismus / Sexismus) und gehen doch sehr unterschiedlich damit um.

Der Erzählstil ist sehr schlau gewählt. Die beiden Schwestern haben eine sehr eigene Erzählstimme, sie lassen sich schon in ihren Perspektiven gut voneinander unterscheiden. Das hat mri sehr gut gefallen. Die Dualität zwischen den beiden Schwerpunktthemen der SChwestern ist sehr interessant. Es zeigt, wie die Wahrnehmung Schwerpunkte verstärken und das Leben einer Person beeinflussen kann. Was mir vor allem am Anfang fehlt ist der rote Faden, der die beiden Perspektiven miteinander verbindet. Ab der Hälfte wird es besser aber ich finde gerade am Anfang wäre es wichtig gewesen, um die eben beschriebene Dualität und Wahrnehmung zu verstärken.

Die Geschichte ist sehr modern erzählt und passt absolut in die Zeit. Ich denke dieses Buch wird schon alleine deshalb irgendwann als Zeitkapsel gelten. Dennoch finde ich es manchmal etwas too much. Als würde vor allem Zazie versuchen, alles in einen Satz zu quetschen. Das macht es vor allem in der ersten Hälfte des Buches für die Leser:innen schwer zu differenzieren, was wirklich wichtig ist und was einfach nur etwas dick aufgetragen. Das ist manchmal sehr anstrengend zu lesen, ist aber bestimmt so gewollt. Die Themen müssen genauso schwer auf Zazie lasten.

Vor allem am Anfang hatte ich etwas Probleme mit den Szenen, die erzählt werden. Sie wirken manchmal willkürlich aus dem Leben gegriffen und nicht wirklich zusammenhängend. Man fragt sich bei manchen Situationen, wie sie auf das große Ganze einzahlen.

Dinge im Buch, die mich etwas irrtiert haben waren z.B. die Perspektive des Ehemanns von Dieo. Für mich hätte es absolut gereicht, die Perspektiven der Schwestern als Fokus zu haben weil sie mit den wichtigsten Themen kämpfen. Simon wirkte wie ein Lückenfüller. Für jemanden, die sich in Frankfurt auskennt, waren die ganzen Hommages an die Stadt wirklich schön zu lesen. Aber wenn man sich dort nicht auskennt, glaube ich das könnte schwierig werden.

An sich ein wichtiges Buch, das man langsam lesen sollte, um die angesprochenen Themen und die Tiefe zu verdauen. Restlos überzeugen konnte es mich leider nicht.

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