Cover-Bild Bananama
19,90
inkl. MwSt
  • Verlag: Kremayr & Scheriau
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 02.2018
  • ISBN: 9783218011037
Simone Hirth

Bananama

Was ist grün und klopft an die Tür? Wer schreit im dunklen Wald von Bananama? Und warum verschließen die Eltern das Haus? Fragen, die sich ein sechsjähriges Mädchen stellt. Sie lebt mit ihren Eltern, selbst ernannten Aussteigern, in einem Haus am Waldrand. Mit Befremden erzählt sie von der Veränderung ihrer Eltern, die jeden Tag merkwürdiger werden. Je wahnhafter sie an ihrer Vision von Bananama festhalten, desto weniger lässt sich die „Welt da draußen“ verleugnen. Eines Morgens liegt ein toter Mann im Gemüsebeet. Die diffuse Angst des Kindes bekommt ein Gesicht. Und in Bananama bleibt nichts, wie es war.
Auf beklemmende Weise geht Simone Hirth den Widersprüchen und Absurditäten unserer Gesellschaft auf den Grund. Dabei kratzt sie mit herrlich ironischem Blick an der Utopie eines sicheren Lebens, bis diese endgültig zerbricht.

"Wenn wir jetzt die Tür immer zusperren müssen, sind wir dann eingesperrt in Bananama, sind wir dann nie wieder frei?"

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.01.2018

Ich wünsche mir einen Koffer

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„Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wünschte ich mir, ich wäre alt und hätte Demenz. Ich fasste einen Entschluss: Ich würde von jetzt an versuchen, schnell alt zu werden und Demenz zu bekommen.“


Inhalt


Diese ...

„Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wünschte ich mir, ich wäre alt und hätte Demenz. Ich fasste einen Entschluss: Ich würde von jetzt an versuchen, schnell alt zu werden und Demenz zu bekommen.“


Inhalt


Diese Worte denkt ein 6-jähriges Mädchen, die mit ihren Eltern im selbsternannten „Bananama“ lebt, neben einem Wald, etwas außerhalb einer Stadt und mutterseelenallein. Ihre Eltern möchten anders sein und sich deutlich von der Gesellschaft abheben, eigentlich möchten sie mit niemandem mehr Kontakt haben, was ihnen auch ganz gut gelingt, denn außer dem Postboten kommt kein Besuch. Beide Elternteile leben ohne Berufstätigkeit, ohne Freunde und Familie in ihrer tatsächlich äußerst verkorksten, kleinen Welt. Die gemeinsame Tochter wird dann auch nicht mehr auf eine öffentliche Schule geschickt, sondern selbst unterrichtet. Dort lernt sie Begriffe wie Biomasse, ökologisches Gleichgewicht und Nachhaltigkeit genauer kennen, leider fehlt es an allen anderen elterlichen Gefühlen und so lernt die Protagonistin ohne Namen vor allem eins – was es heißt einsam und verlassen zu leben und von niemandem Zuwendung und Liebe zu erhalten. Und dann folgen auf tote Wörter tote Vögeln und auf diese auch noch tote Menschen. Für die Kleine zementiert sich ein surreales Weltbild, dem man nur mit drastischen Maßnahmen entkommen kann …


Meinung


Dieser absolut andersartige Roman aus der kreativen Feder der jungen deutschen Autorin Simone Hirth, bei dem die Grenzen zwischen echten Ereignissen und utopischen Handlungen verschwimmen, konnte mich von der ersten Seite an gefangen nehmen und entwickelt in seinem Verlauf nicht nur eine dramatische Entwicklung sondern auch eine bedrückende, zutiefst verstörende Stimmung, die immer dunkler und enger wird. So intensiv und verschreckend gleichermaßen, weil die Autorin bewusst eine Ich-Erzählperspektive wählt, um zu zeigen, wie es sich für ein kleines Mädchen anfühlt, vollkommen ungefragt in einem Umfeld aufzuwachsen, in dem scheinbar nur abstrakte Erziehungsziele gelten und alles „Normale“ außen vor bleibt. Ihre Eltern, zwei seltsame Aussteigertypen bilden eine eingeschworene Front gegen die natürliche Neugier des Mädchens, sie erklären nur das Nötigste, niemals geht es um innere Werte, immer nur um äußere Erscheinungen und obwohl die Kleine den vollen Zugang zur Welt ihrer Eltern hat, erscheinen ihr diese immer fremder und inkompetenter als alle anderen.


Zuflucht findet sie nirgends, weil keine Menschenseele nach Bananama kommt. Sie beginnt zunächst Wörter zu beerdigen, indem sie sie unter dem Walnussbaum vergräbt, dann kümmert sie sich um tote Vögel, die der Wind immer wieder an ihre Fensterscheiben wirft und die dann im Garten verenden. Doch als sie plötzlich zwei Tote im Beet entdeckt, denen ihre Eltern keinerlei Beachtung schenken und die ebenso schnell und ungefragt wieder verschwinden, wird ihr mit Erschrecken klar, dass die Welt ihrer Eltern längst nicht mehr ihre eigene ist.


Thematisch behandelt der Roman ein sehr breites Spektrum an Gefühlen, er polarisiert zunehmend und lässt den Leser nicht mehr los. Verzweiflung, Enge und Ausweglosigkeit sind ebenso spürbar wie Überforderung, Abkehr und Distanziertheit. Während die Erziehungsberechtigten ein ungewöhnliches, nicht ganz schlüssiges Leben führen, stirbt in ihrer Tochter immer mehr, ohne dass sie diese Entwicklung bemerken würden. Alles, was man sich für ein Kind wünscht, fast jedes Zuhause wäre ein besseres, doch „Bananama“ ist nur eine Endstation. Ein abgekapseltes Lebensmodell ohne Zuwendung, ohne Anteilnahme und geprägt von einer erschreckenden Unlust, die weder Vater noch Mutter überwinden können. Das Mädchen wird zum Klotz am Bein und bekommt das unmittelbar zu spüren. Was ihr bleibt ist ein Rest Phantasie, Hoffnung auf eine Zeit nach dieser Kindheit und irgendwann vielleicht ein Wechsel der äußeren Umstände. Doch irgendwann kommt sie auf die Idee, den Koffer, den sie sich sehnlichst wünscht, um ihn mit schönen Dingen füllen zu können oder auch um Schreckliches darin zu verwahren, auf ganz andere Art und Weise zu nutzen.


Fazit


Ich vergebe 5 Lesesterne für diesen verstörenden, surrealen Roman, in dem sehr Vieles der Phantasie des Lesers überlassen wird, es gibt fast nie eine logische Erklärung, es gibt bis zum Schluss keine Antworten auf unendlich viele Fragen, stattdessen gibt es leere Wörter, leere Menschen und leere Koffer. In sich ein wunderbar geschlossenes Buch, in dem sich Handlung und Protagonisten treu bleiben, von dem man nicht erwartet, ja nicht einmal hofft, dass auch nur ein Wort des Geschriebenen wahr sein könnte und das lange nachhallt. Wer den Plot komplett verstehen möchte, wird hier leider enttäuscht, wer sich aber auf das wilde Gedankenspiel einlässt, kann zu zahlreichen Möglichkeiten gelangen, die man in dieser Art kaum irgendwo findet. Mir hat es sehr gut gefallen.

Veröffentlicht am 07.02.2018

Ein Koffer voller Leere

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Von wem stammen die Schreie aus dem Wald? Wieso liegen tote Menschen im Garten? Und warum verschließen Vater und Mutter das Haus? Diese und weitere Fragen stellt sich ein sechsjähriges Mädchen, das mit ...

Von wem stammen die Schreie aus dem Wald? Wieso liegen tote Menschen im Garten? Und warum verschließen Vater und Mutter das Haus? Diese und weitere Fragen stellt sich ein sechsjähriges Mädchen, das mit seinen Eltern, selbst ernannten Aussteigern, in „Bananama“ lebt. Merkwürdige Dinge gehen in und um das einsam gelegene Haus am Waldrand vor sich. Immer seltsamer verhalten sich die Eltern. Wahnhaft halten sie an ihren Vorstellungen von einem idealen Leben fest, während sich die Ereignisse der Welt draußen nicht länger verleugnen lassen. Von sozialen Kontakten fast völlig isoliert, nimmt das Mädchen alles mit wachsendem Befremden und zunehmender Angst wahr. Und doch spitzt sich die Situation weiter zu…

Der moderne Roman „Bananama“ von Simone Hirth beleuchtet die Widersprüche und Absurditäten der Gesellschaft, wobei er einen ironischen Blick auf die Utopie eines sicheren Lebens wirft.

Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte in sieben Kapiteln in der Ich-Perspektive aus der Sicht des kleinen Mädchens, dessen Namen nicht verraten wird. Der ungewöhnliche, eindrucksvolle Schreibstil sticht hervor und macht den Roman besonders. Tolle Sprachbilder und treffende, sich wiederholende Metaphern wie die des Koffers, der mal mit schönen Dingen gefüllt und mal leer ist, ziehen sich durch das gesamte Buch.

Der Erzählstil, der das kindliche Denken widerspiegelt, ist sehr eindrücklich und dicht. Es herrscht eine unheimliche Stimmung, die anfangs kaum greifbar ist, sich dann aber immer weiter manifestiert. Transportiert wird mehr als das, was tatsächlich erzählt wird. Der Roman spielt mit der Fantasie und der Wahrnehmung der Leser. Was ist real? Was ist surreal? Dadurch wird die Lektüre teilweise etwas verwirrend und verstörend, aber auch fesselnd und spannend.

Die Entscheidung, eine Sechsjährige die Ereignisse schildern zu lassen, gefällt mir sehr gut. Sie reflektiert viel und wirkt sehr reif für ihr Alter, teilweise vielleicht schon etwas zu reif. Ihre Gefühls- und Gedankenwelt werden detailliert dargestellt. Auch die beiden Eltern sind als Charaktere reizvoll. Ihr Denken und Handeln ist widersprüchlich, abstrus und für Außenstehende größtenteils kaum nachvollziehbar. So werden sie zu Prototypen von idealistisch verblendeten Individuen, die bei allem guten Willen genau das Falsche tun und einem unrealistischen Idyll hinterherhechten.

Thematisch deckt der Roman ein breites Spektrum ab. Der stark ideologisch motivierte Vater bringt dem Kind abstrakte Begriffe wie „Ökologischer Fußabdruck“, „Nachhaltigkeit“ und „Permakultur“ näher. Doch die Utopie einer perfekten Welt wird durch das seltsame, widersprüchliche Verhalten der Eltern ad absurdum geführt und der Lächerlichkeit preisgeben, was mich an einigen Stellen schmunzeln ließ. Diese gesellschaftskritische Komponente hat mir ebenso zugesagt wie die philosophischen Fragen, die aufgeworfen wurden. Gleichzeitig konnte mich der Roman durch die Angst und Verunsicherung des Mädchens sehr berühren.

Durch den Umstand, dass viele Fragen offen bleiben, bietet der Roman viel Interpretationsspielraum und regt zum intensiven Nachdenken an. Dadurch wird er sicherlich aber auch polarisieren.

Das Cover des Buches ist sowohl optisch als auch inhaltlich sehr gelungen. Der simple Titel ist ebenfalls passend gewählt.

Mein Fazit:
Der Roman „Bananama“ von Simone Hirth ist keine leichte Kost. Es ist eine außergewöhnliche Lektüre, die bei mir mit Sicherheit noch eine Weile nachwirken wird.

Veröffentlicht am 01.07.2018

Eine eigensinnig erzählte Geschichte, die einen ironischen Blick auf Selbstversorger und Weltverbesserer riskiert.

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"Bananama“ von Simone Hirth hat mich aufgrund des Titels und auch wegen dem schönen Cover angesprochen. Als dann noch der Klappentext so interessant klang, war klar, dass ich dieses Buch lesen muss. „Bananama“ ...

"Bananama“ von Simone Hirth hat mich aufgrund des Titels und auch wegen dem schönen Cover angesprochen. Als dann noch der Klappentext so interessant klang, war klar, dass ich dieses Buch lesen muss. „Bananama“ erzählt von einer Aussteigerfamilie und deren namenlose Tochter, die Ich-Erzählerin, der ihre Eltern immer seltsamer erscheinen. Schreie im Wald, zwei Leichen vorm Haus und tonnenweise im Internet bestelltes Zeug, das nie benutzt wird, aber hauptsache, es ist bio und öko und regional. Zunächst geht unsere Protagonistin noch zur Schule, aber später unterrichtet ihr Vater sie dann daheim. Ob er wirklich geeignet dazu ist, ist fraglich, denn er unterrichtet seine Tochter nicht objektiv, sondern tief subjektiv gefärbt, und so lernt sie über Kapitalismus, Ressourcenknappheit und Biosphärenparks anstatt Mathematik, Geschichte oder Grammatik. Die Kleine wird im Wissen aufgezogen, dass die Eltern ihren ökologischen Fußabdruck möglichst klein halten möchten, sie gehen zu Tauschmärkten und ziehen ihr eigenes Obst und Gemüse im Garten — allerdings ohne dieses jemals zu ernten oder gar das Fallobst zu essen. Das Obst wird gesammelt, bis es schwarz ist und somit „perfekten Kompost“ abgibt, ein Vorgang, den weder die Protagonistin noch ich verstehen. Die Mutter bestellt asiatische Gewürze, Pasten und Nudeln und kocht asiatisch, anstatt das überreife vorhandene Gemüse zu verarbeiten. Nach und nach rücken mehr Fragen in das Bewusstsein der Protagonistin, das Fertighaus, in dem die Familie wohnt, erscheint ihr zu steril, sie versteht ihre komplette Situation nicht mehr. Und so wird Bananama, wie das Grundstück der Familie genannt wird, ihr immer fremder, die Welt „draußen“ zieht sie immer magischer an und sie sehnt sich nach einfachen „Luxusartikeln“ wie Nutella, Limo oder ein Happy Meal — Dinge, die sie nie gesehen oder gar gekostet hat, die sie aber vom Hörensagen aus der Schule kennt.

"Ich will verstehen, warum ich, wenn ich abends im Bett liege, zittere und gleichzeitig schwitze. Warum es so eng geworden ist in meiner Brust, dass ich nicht mehr richtig einatmen kann. […] Warum ich weinen muss, wenn ich morgens von der Sonne aufwache, die mir ins Gesicht scheint. Und warum Mutter die Tomaten nicht erntet, obwohl sie längst rot sind und süß schmecken."

Simone Hirth wirft hier einen ironischen Blick auf das Leben, das wir heutzutage alle so feiern — bio, öko, plastikfrei und nur regional — und dabei das Wichtigste aus den Augen verlieren. Die Eltern der Protagonistin sind dafür das beste Beispiel: sie bestellen nahezu alles online, sei es eine tonnenschwere Sonnenuhr aus Kupfer, damit man sich die Batterie der Wanduhr spart und auch näher an der Natur ist; das Messerset mit Griffen aus regional gefälltem Holz, das die Mutter nicht einmal benutzt; biologisch voll abbaubares Plastikgeschirr für die nächste Gartenparty, die niemals stattfinden wird; eine große, schwere Decke aus Schurwolle, die die Mutter „nachstricken“ möchte, wenn sie mal „den Kopf dafür frei hat“; etc. pp. Die Protagonistin hat hier schon einen guten Blick auf das, was unnütz ist und was gegen das erklärte Weltbild der Eltern geht; sie zweifelt, sie stellt Fragen — die jedoch alle vermeintlich nicht gehört werden. Unangenehmerweise erscheint der Lebensstil der Eltern für den Leser nun fast schon heuchlerisch und vor allem aber inkonsequent, das Kind leidet währenddessen und kommt nicht in den Genuss von einer angemessenen Bildung. Widerspruch reiht sich an Widerspruch (Ballast ist „schlecht“, trotzdem erfolgen unzählige Internetbestellungen) und das idyllische Bananama bekommt erste, tiefe Risse. Die zwei Leichen im Vorgarten werden von den Eltern weggelächelt, sie erscheinen fast erleichtert, dennoch ist spätestens bei Erscheinen der zweiten Leiche vorauszuahnen, was nun geschehen wird.

In einer eigenen, seltsamen Art und Weise, mal wie ein Lexikon-Artikel, mal fast wie ein Gedicht, erzählt die Autorin aus der Sicht der jungen Tochter von Bananama und den Dingen, die sich im Schatten der Gemüsepflanzen abspielen. Die Sprache ist gewöhnungsbedürftig und viele Phrasen erscheinen für ein unter 10-jähriges Kind doch ein wenig unglaubwürdig, genauso unglaubwürdig wie der „Selbstversorger“-Lebensstil, den die Eltern führen.

Die vollständige Rezension findet ihr auf meinem Blog: https://killmonotony.de/rezension/simone-hirth-bananama

Veröffentlicht am 10.03.2018

Eine verstörende, beklemmende Geschichte

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INHALT
Ein sechsjähriges Mädchen lebt mit ihren Eltern in einem Haus am Waldrand mit kleinem Garten fernab von der Zivilisation. Als selbst ernannte Aussteiger versuchen sie sich an einem einfachen Leben ...

INHALT
Ein sechsjähriges Mädchen lebt mit ihren Eltern in einem Haus am Waldrand mit kleinem Garten fernab von der Zivilisation. Als selbst ernannte Aussteiger versuchen sie sich an einem einfachen Leben in ihrem idyllischen „Bananama“ ohne großen Kontakt zur Außenwelt und ganz im Einklang mit ihren Idealen. Doch immer häufiger muss sie bei ihren Eltern Veränderungen feststellen, die sie sehr befremden und ihr Angst machen. Zunehmend wird ihr Paradies von der „Welt da draußen“ bedroht, doch die Eltern verschließen die Augen vor der Realität und halten zwanghaft an ihrer Vision fest. Doch der allmähliche Zerfall ihres kleinen Bananama lässt sich nicht mehr aufhalten…
MEINE MEINUNG
Mit „Bananama ” ist der deutschen Autorin Simone Hirth ein bemerkenswerter Roman gelungen, der dem Leser mit seiner beklemmenden Intensität unter die Haut geht und ihn noch länger beschäftigt.
In ihrem Roman beleuchtet die Autorin Widersprüche und Absurditäten des gesellschaftlichen Lebens und übt deutliche Kritik an unserer Konsumgesellschaft und der rein materialistischen Denkweise. Zugleich enthüllt sie aber auch auf ironische Weise die Beschränkungen des menschlichen Daseins und Denken.
Schon bald kann man sich der enormen Sogwirkung dieser Erzählung nicht mehr entziehen und wird von den sich zuspitzenden, unwirklichen Geschehnissen und der zunehmend bedrückenden Atmosphäre unweigerlich gefangen genommen. Hervorragend ist auch der eindringliche, bildreiche und sprachgewaltige Schreibstil der Autorin.
Im Mittelpunkt dieser skurrilen Geschichte steht die Hauptfigur und namenlose Ich-Erzählerin im Grundschulalter, die mit ihren Eltern recht abgeschieden in ihrem selbstgeschaffenen Aussteiger-Paradies „Bananama“ lebt.
Sehr subtil schildert die Autorin aus dem unschuldigen Blickwinkel eines sehr aufgeweckten Kindes, wie das idealistische Lebensmodell ihrer Eltern jenseits aller gesellschaftlichen Normen und mit ihren selbstgestrickten Konventionen mehr und mehr Risse bekommt. Den Herausforderungen des Alltags scheinen sie nicht so recht gewachsen zu sein, trotz propagiertem Konsumverzicht werden häufig der örtliche Tauschkreis und Bestellungen über das Internet genutzt. Der Vater versucht dem Mädchen sein „Weltbild“ zu vermitteln, indem er ihr Begriffe wie Ressourcenknappheit, Globalisierung, Biosphärenpark und Materialismus erklärt, die für sie jedoch sperrige Worthülsen bleiben und sie befremden. Völlig überfordert, vereinsamt und auch emotional auf sich allein gestellt wünscht sich das Mädchen nichts sehnlicher als ein bisschen Normalität aus der Welt „da draußen“ und sei es nur ein Schokoriegel, eine Freundin, Schwester oder zumindest eine Puppe. Sie rettet sich in selbst geschaffene Rituale wie beispielsweise das Beerdigen von Wörtern, die ihr eine gewisse Stabilität und Sicherheit geben.
So muss sie miterleben, wie der idyllische Schein ihres Aussteigerlebens abbröckelt und die Eltern in eine äußerst widersprüchliche Scheinwelt abdriften, wodurch sie den Bezug zur bedrückenden Realität ihres Lebens immer mehr verlieren. Zunehmend baut die Autorin eine sehr unheilvolle Spannung auf, indem sie die angespannte, oft unheimliche Situation immer stärker außer Kontrolle geraten, eskalieren und surrealer werden lässt. Die Eltern verharren schließlich in einem passiven Verhalten und hüllen sich in eine Mauer des Schweigens, unfähig sich den Realitäten zu stellen und ihr Weltbild zu revidieren. Gekonnt entlarvt die Autorin mit sehr zynischem Blick wie ihre Ideale und ihre utopische Vorstellung eines sicheren Lebens schrittweise kläglich scheitern. Lediglich die junge Ich-Erzählerin beginnt dies zu begreifen und kann durch ihr konsequentes Handeln dem ihr aufgezwungenen Lebenskonzept entkommen.
Geschickt lässt die Autorin ihren Roman mit einem offenen Ende ausklingen, so dass einige Geschehnisse und Entwicklungen ungeklärt und die Deutungen der Fantasie der Leser überlassen bleiben.
FAZIT
Eine verstörende, beklemmende Geschichte, die den Leser auf ganzer Linie herausfordert und ihm ein außergewöhnlich intensives Leseerlebnis beschert.

Veröffentlicht am 08.03.2018

Ist irgendwo Bananama?

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Simone Wirth beschreibt in ihrem zum Februar 2018 erscheinenden Roman ein gescheitertes Aussteigeridyll einer dreiköpfigen Familie. Die Erzählperspektive ist dabei aus der Sicht der Tochter geschrieben ...

Simone Wirth beschreibt in ihrem zum Februar 2018 erscheinenden Roman ein gescheitertes Aussteigeridyll einer dreiköpfigen Familie. Die Erzählperspektive ist dabei aus der Sicht der Tochter geschrieben (ca. 6 Jahre alt). Die Eltern stammen wohl aus der gehobenen Bourgoisie und wollen ihren eigenen Traum verwirklichen fernab jeglicher Außeneinflüsse ein fast antikapitalistisches Leben zu führen.
Das Mädchen wird dabei mental alleine gelassen und ihr Alleinegelassensein bringt sie dazu Tagträumen und Illusionen nachzuhängen. Sie beerdigt Wörter und tote Tiere, versucht sich eine Schwester zu erfinden und wünscht sich Nähe durch Lebewesen jeglicher Art.
Der Leser begleitet sie durch verschiedene Jahreszeiten und je weiter das Jahr fortschreitet, desto aussichts- und trostloser wird ihr kläglicher Versuch. Sie muss aushalten, das der angeschaffte Hase vom Tauschkreis, dessen Modell ihrem Vater sehr wichtig ist, nur Nahrungsmittel, denn Familienmitglied ist.I hr Vater kommt blutbefleckt vom Schlachtkurs nach Hause und sie muss sich mit dem angetrocknetem Blut auseinandersetzen.
Die Mutter, als Alleinverdienerin doch noch im Sog des Materialismus bleibt überbläht in der Geschichte- zu voll und mit sich beschäftigt, das ihre Tochter eine Randerscheinung bleibt, als Teil dieses Projektes. Auch der Vater, alle namenlos, sieht das Mädchen für mich als zu bemalende Leinwand, die es gilt nach den selbsterschaffenen idealisierten Regeln, die im elterlichen Gedankenkonstrukt ( wenn auch nicht übereinstimmend ) wage angedacht sind, zu formen.
Das Mädchen entfernt sich immer weiter und bleibt sich isoliert selbst überlassen. Bananama findet sich sicher in vielen Haushalten und Erziehungsmodellen und so wirkt das Buch auf mich nach und wird mich in vielen Erzählungen von Eltern, Familien , Lebensmodellen weiter begleiten und daran erinnern, das viele Vorstellungen auf Kosten anderer Menschen ( Lebewesen) gedacht und durchgeführt werden.
Ein Buch, das mich zwischendurch wütend gemacht hat, im Sinne eines Wachrüttelns , seinen Kindern oder den Menschen, die man vorgibt zu lieben, ob das eigene Bananama auch ein idealisiertes Idyll ist, welches nicht existiert, nicht existieren kann und alle Beteiligten nur freudlos weiterverfolgen ...Man sich z.T gesellschaftliche Revolten, Selbst- und Fremdbilder überprüfend auf seine Gegenrevolte hinterfragt.