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Veröffentlicht am 21.07.2024

Ruhiger Kanaren-Krimi mit viel Lokalkolorit

Dunkle Verwicklungen auf La Palma (Calderon und Rodriguez ermitteln 1)
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MEINE MEINUNG
Mit ihrem unterhaltsamen Krimi „Dunkle Verwicklungen auf La Palma“ hat das österreichische Autoren- und ehemalige Buchhändler-Duo Rotraut Schöberl und Erwin Riedesser, die unter dem spanisch ...

MEINE MEINUNG
Mit ihrem unterhaltsamen Krimi „Dunkle Verwicklungen auf La Palma“ hat das österreichische Autoren- und ehemalige Buchhändler-Duo Rotraut Schöberl und Erwin Riedesser, die unter dem spanisch klingenden Pseudonym Flores & Santana schreiben, einen interessanten Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe vorgelegt, die rund um die Kanarischen Inseln angesiedelt ist. Im Mittelpunkt des ersten Krimibands stehen die beiden Hauptfiguren Buchhändlerin Naira Calderon und Journalist Ben Rodriguez, die nach einem mysteriösen Mordfall am Strand von Los Guirres beginnen, ihre eigenen Nachforschungen zum Tod des Bauunternehmer Álvaro Martínez anzustellen. Tatkräftig unterstützen sie dabei den befreundeten Kripochef Pedro Fernández bei den hoch brisanten Ermittlungen. Die Spur führt sie bald in ein Geflecht aus Immobilienspekulationen, radikalen Umweltaktivisten, verhängnisvollen Intrigen und erbitterten persönlichen Fehden.Sehr gelungen stimmt bereits das ansprechende Cover mit einem typischen Postkartenmotiv auf den eher ruhigen Regionalkrimi ein. Die Autoren gestalten die Handlung mit ihrem ansprechenden lebendigen Schreibstil und den atmosphärisch dichten Beschreibungen abwechslungsreich und unterhaltsam. Als begeisterte Fans der Kanaren verstehen es die Autoren mit ihren anschaulichen Beschreibungen der pittoresken Landschaft und beeindruckenden Schauplätzen hervorragend, viel Lokalkolorit der bekannten Urlaubsinsel und die spanische Lebensart einzufangen. Darüber hinaus werden immer wieder kleine Ausflüge in die regionale Küche mit ihren kulinarischen Köstlichkeiten in die Handlung eingewoben, so dass beim Lesen des Krimis ein herrliches Urlaubsfeeling aufkommt. Viel Raum wird nicht nur detaillierten Beschreibungen von Land und Leuten sondern auch den persönlichen Belangen der Hauptfiguren eingeräumt, so dass die eigentlichen Mordermittlungen bisweilen stark in den Hintergrund rücken. Auch wenn die von den unerschrockenen Protagonisten auf eigene Faust betriebenen Nachforschungen insgesamt in eher gemächlichem Tempo voran schreiten und der Plot etwas mehr an Spannungsmomenten vertragen hätte, so macht es dennoch Spaß den beiden über die Schulter zu schauen und mitzurätseln, wer der Täter sein könnte.
Die verschiedenen Verdächtigen mit ihren möglichen Motiven sind überzeugend und facettenreich ausgearbeitet. Jeder einzelne Charakter ist lebendig beschrieben und wurde abhängig von seiner Rolle auch recht vielschichtig mit Ecken und Kanten angelegt. Nach einer Reihe unerwarteter Wendungen nimmt die Spannung schließlich deutlich an Fahrt auf und folgt gebannt den Enthüllungen. Die Auflösung des Falls kam für mich wenig überraschend, ist aber mit den aufgedeckten Hintergründen stimmig und in sich schlüssig.

Ich freue mich schon sehr darauf, Naira und Ben bei ihrem nächsten Fall auf den Kanaren zu begleiten. 

FAZIT
Insgesamt ein ruhiger, aber unterhaltsamer Krimi-Auftakt auf den Kanaren - mit sympathischen Hobby-Ermittlern, einem interessanten Fall, viel Lokalkolorit und tollem kanarischen Flair.
Ein idealer Urlaubskrimi!

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.07.2024

Vielschichtiger Generationenroman über Frauenschicksale

Unter dem Moor
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MEINE MEINUNG
In ihrem neuen, fesselnden Generationenroman „Unter dem Moor“ widmet sich die deutsche Autorin Tanja Weber den bewegenden Schicksalen dreier Frauen aus verschiedenen Epochen der deutschen ...

MEINE MEINUNG
In ihrem neuen, fesselnden Generationenroman „Unter dem Moor“ widmet sich die deutsche Autorin Tanja Weber den bewegenden Schicksalen dreier Frauen aus verschiedenen Epochen der deutschen Geschichte, die nicht nur durch die einzigartige Landschaft des Stettiner Haffs sondern auch durch ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit miteinander verbunden sind.
Weber gelingt es in ihrem tiefgründigen Roman eindrucksvoll, die Auswirkungen politischer Systeme und prägende gesellschaftliche Einflüsse auf die individuellen Schicksale ihrer Protagonistinnen sowie die Folgen generationenübergreifender Traumata aufzuzeigen.
Der Roman ist hauptsächlich in einem kleinen Dorf am Stettiner Haff angesiedelt, jedoch zu drei unterschiedlichen, einander abwechselnden Zeitebenen und spielt in den Jahren 1936, 1979 und 2024..
Im Mittelpunkt der Geschichte im Jahr 1936 steht die 14-jährige Gine aus Berlin, die während der NS-Zeit zum Landjahr auf einen Gutshof am Haff geschickt wird und dort harte Knochenarbeit verrichten muss. Erschütternd ist es, Gines Leidensweg mitzuerleben, denn neben der Ausbeutung und Herabwürdigungen wird sie Opfer einer schrecklichen Gewalttat, die ungesühnt bleibt und ihr Leben für immer prägt. Vier Jahrzehnte später, im Jahr 1979, lernen wir die 20-jährige Sigrun mit ihrem kleinen Sohn und Ehemann Achim in der DDR-Provinz kennen. Die junge Frau träumt davon, der Enge des SED-Regimes zu entfliehen und ein freies Leben ohne die allgegenwärtige Stasi-Überwachung zu führen. Im Erzählstrang der Gegenwart haben wir Anteil am Leben der jungen Nina, einer Ärztin, die nach einem Burnout aus ihrem stressigen Berliner Pandemiealltag ausbricht und sich mit ihrer Hündin eine Auszeit am Stettiner Haff nimmt. Nach dem zufälligen Fund menschlicher Knochen begibt sie sich auf eine packende Spurensuche, die sie tief in die Vergangenheit führt und schließlich dunkle Geheimnisse ans Licht bringt.
Der lebendige, eindringliche Schreibstil der Autorin ist sehr ansprechend und lässt sich angenehm lesen, sodass wir mühelos in die verschiedenen Epochen und Lebensgeschichten eintauchen können.
Gekonnt verwebt Weber die unterschiedlichen Handlungsstränge mit den Schicksalen der drei Charaktere zu einer mitreißenden und bewegenden Geschichte, die mich mit ihrer Intensität zunehmend in den Bann gezogen hat. Durch den Wechsel der Handlungsstränge und Epochen wird der Spannungsbogen allmählich gesteigert, und durch immer neue spannenden Wendungen finden wir uns schließlich in einem packenden Page Turner wieder.
Ausgezeichnet ist der Autorin die gefühlvolle, vielschichtige Charakterzeichung ihrer Protagonistinnen gelungen, die lebendig und glaubhaft wirken und die mich jede auf ihre Weise mit ihrem Schicksal berühren konnte.
Sehr einfühlsam erzählt die Autorin über bedeutsame Episoden aus dem Leben ihrer starken Frauenfiguren, die in den Fallstricken ihrer Zeit gefangen sind und geeint in ihren Sehnsüchten, Ängsten, dem Wunsch nach Selbstbestimmung und Freiheit sowie ihrem Bestreben, auf ihre Weise alle Widrigkeiten zu überwinden. Ob nun während des totalitären Nationalsozialismus, im rigiden DDR-System oder im fordernden Alltag der Gegenwart - damals wie heute sind Frauen tagtäglich Ungerechtigkeiten, Ausgrenzung, Willkür, sexueller Gewalt, politischer Unterdrückung oder gesellschaftlichen Zwängen ausgeliefert, die tiefgreifende Auswirkungen auf ihre Lebensgeschichten und ein selbstbestimmtes Leben haben.
Die Autorin zeichnet ein detailliertes und überzeugendes Bild der jeweiligen Epochen und versteht es, die allgemeine Stimmung und die jeweiligen Lebensumstände anschaulich in den historischen Kontext einzubetten. Zudem beleuchtet sie sehr eindringlich, wie nachhaltig die Beeinträchtigungen durch die jeweiligen politischen Systeme bzw. gesellschaftlichen Zwänge und Alltagsbelastungen das Leben ihrer Protagonistinnen prägen, die eine Gratwanderung zwischen Anpassung, Resignation oder offenem Widerstand zu beschreiten haben.
Hervorragend haben mir auch die eindrucksvollen, atmosphärisch dichten Natur- und Landschaftsbeschreibungen der Handlungsorte in dieser einzigartigen Gegend gefallen, die eine ganz besondere, unheilvolle Stimmung schaffen. Diese beeindruckende Landschaft des Stettiner Haffs mit ihrer endlosen Weite und Einsamkeit erweist sich als eine Art stumme Zeugin der vergangenen Geschehnisse und Hüterin der lange im Verborgenen bewahrten Geheimnisse der Protagonistinnen, die erst viele Jahre später wieder ans Licht kommen. Zudem zeigt sich das unwirtliche Haff schließlich auch als verbindendes Element der drei nachdenklich stimmenden Erzählstränge, die von der Vergangenheit bis in die Gegenwart reichen und von der Autorin sehr stimmig zusammengeführt werden.
FAZIT
Ein eindrucksvoll erzählter, vielschichtiger und fesselnder Roman, der die Stärke und Widerstandskraft von Frauen im Wandel der Zeiten eindrucksvoll in den Mittelpunkt stellt, tief berührt und zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 14.07.2024

Rundum gelungene Fortsetzung

Kalmann und der schlafende Berg
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MEINE MEINUNG
Nach seinem erfolgreichen Roman „Kalmann“ hat der in Island lebende Schweizer Autor Joachim B. Schmidt mit "Kalmann und der schlafende Berg" eine fesselnde und zugleich herzerwärmende Fortsetzung ...

MEINE MEINUNG
Nach seinem erfolgreichen Roman „Kalmann“ hat der in Island lebende Schweizer Autor Joachim B. Schmidt mit "Kalmann und der schlafende Berg" eine fesselnde und zugleich herzerwärmende Fortsetzung vorgelegt, die uns erneut in die faszinierende Welt seines einzigartigen Protagonisten und legendären Sheriff von Raufarhöfn Kalmann Óðinsson eintauchen lässt.
Wie schon beim Auftakt handelt es sich trotz einiger typischer Elemente aus Krimis und Thrillern wie einem Mord und allerlei packende Entwicklungen nicht um einen Kriminalroman im eigentlichen Sinne, sondern ein interessanter Genre-Mix, der mich mit faszinierenden Charakterstudien, der einfühlsamen Beleuchtung aktueller brisanter Themen sowie einem wundervollen Humor sehr begeistern konnte.
Gekonnt hat Schmidt vertraute Elemente aus dem ersten Roman mit einigen neuen Charakteren und Schauplätzen verwoben, wodurch wir einen tiefgründigen Blick auf Kalmanns Welt und seine persönlichen Beziehungen erhalten.
Neben Gesellschaftskritik macht der Autor in dieser tiefgründigen Geschichte vor allem auch auf aktuelle ökologische und politische Themen insbesondere die Problematik der skrupellosen Umweltverschmutzung aufmerksam.
Vor allem lebt der Roman aber von seinem wundervollen Protagonisten Kalmann, der als Ich-Erzähler im Mittelpunkt der Geschehnisse steht und eher unabsichtlich in abenteuerliche und fatale Verwicklungen hineingezogen wird.
Inspiriert wurde die Fortsetzung von Kalmanns Geschichte von realen zeitgeschichtlichen Ereignissen, insbesondere den Unruhen am Washingtoner Kapitol am 6. Januar 2021, wodurch wir uns in recht unerwartete Gefilde begeben. Aber auch dunkle Familiengeheimnisse lassen uns schließlich tief in die Ära des Kalten Kriegs und geheimdienstlichen Machenschaften im Hintergrund abtauchen.
Angesiedelt ist die Geschichte diesmal nicht nur in dem kleinen, schon etwas heruntergekommenen Fischerdorf Raufarhövn im Nordosten Islands, sondern führt uns weit über die bekannten Grenzen in die weite Welt hinaus. So konnte mich der überraschende Einstieg, bei dem wir Kalmann bei einem Verhör im FBI-Hauptquartier in Washington D.C. begegnen, auf Anhieb fesseln.
Mit der ungewöhnlichen Erzählstimme seines liebenswerten Ich-Erzählers, dem abwechslungsreichen Schreibstil und wundervoll poetischen Passagen wurde ich schnell in die Geschichte hineingezogen. Äußerst faszinierend und oftmals auch sehr amüsant ist es, die Welt mit all ihren komplexen Problemen aus Kalmanns einzigartiger Perspektive zu betrachten.
Mit dem 35-jährigen Außenseiter Kalmann hat Schmidt einen wundervollen, sehr vielschichtig angelegten Charakter geschaffen, der einem rasch ans Herz wächst. Es ist sehr erfrischend, die Geschehnisse ungefiltert aus der ungewöhnlichen Sicht dieses grundehrlichen, gutmütigen, eigenbrötlerischen und geistig etwas beeinträchtigen Manns zu erleben, der allerdings manchmal zu Blackouts und unkontrollierbaren Wutausbrüchen mit meist selbstverletzendem Verhalten neigt. Kalmann sorgt so manches Mal mit seinem unkonventionellen, verschrobenen Verhalten für sehr humorvolle Episoden. Zugleich konnte er mich mit seiner kindlichen Naivität, seinem Gespür für Ungerechtigkeiten, guter Beobachtungsgabe und vor allem einer beeindruckend scharfsinnigen Sicht auf das Leben beeindrucken. Ein besonderes Augenmerk legt der Autor auf Kalmanns Beziehung zu seiner Mutter und arbeitet sehr anschaulich ihre Entbehrungen, den aufopferungsvollen Einsatz bei der Erziehung und ihre grenzenlose Liebe für ihren Sohn heraus. Mit viel Feingefühl behandelt Schmidt auch Kalmanns Verarbeitung von Einsamkeit, Verlust und Trauer und der Suche nach einer Vaterfigur in seinem Leben. Sehr authentisch beschreibt er die Auseinandersetzung mit seiner Gefühlswelt und den emotionalen Reifeprozess seines Protagonisten im Laufe der Handlung.
Das faszinierende Setting mit der einzigartigen, kargen isländischen Landschaft, dem unwirtlichen Wetter sowie die verschrobenen Bewohner von Raufarhöfn wird von Joachim B. Schmidt sehr stimmungsvoll und authentisch eingefangen und bildet eine faszinierende, atmosphärisch dichte Kulisse für diesen Roman.
Der Autor versteht es hervorragend, den Spannungsbogen in der anfangs recht ruhigen Geschichte immer mehr anzuziehen. Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse regelrecht und die fesselnde Handlung gipfelt in einem sehr packenden, actionreichen Showdown, bei dem Kalmann erneut zum Helden von Raufarhövn wird.
Ich bin sehr gespannt, ob Kalmanns Geschichte fortgeführt wird und würde mich sehr über einen dritten Kalmann-Band freuen.
FAZIT
Ein tiefgründiger Roman mit einer fesselnden Geschichte und einem wundervollen Protagonisten! Sehr lesenswert!

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Veröffentlicht am 14.07.2024

Unterhaltsames Porträt der Queen of Crime

Agatha Christie
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MEINE MEINUNG
In ihrer neuen unterhaltsamen Romanbiografie „Agatha Christie - In der Liebe sucht sie nach Hoffnung, mit ihren Krimis erobert sie die Welt“ widmet sich die deutsche Autorin Susanne Lieder ...

MEINE MEINUNG
In ihrer neuen unterhaltsamen Romanbiografie „Agatha Christie - In der Liebe sucht sie nach Hoffnung, mit ihren Krimis erobert sie die Welt“ widmet sich die deutsche Autorin Susanne Lieder dem Leben und Schaffen der weltberühmten englischen Krimiautorin. Hierin zeichnet sie ein vielschichtiges und glaubhaftes Porträt der erfolgreichen "Queen of Crime" und gewährt uns faszinierende Einblicke nicht nur in die frühen Etappen ihrer schriftstellerischen Karriere sondern auch in ihr bewegtes Privatleben.
„Agatha Christie“ fügt sich somit in die lose, im Aufbau Verlag erscheinende Romanreihe „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe" ein, die sich speziell an alle Fans von bekannten historischen Frauenfiguren richtet.
Basierend auf vielfältigem Quellenmaterial hat die Autorin viele aufschlussreiche Informationen zum spannenden Lebensweg dieser bemerkenswerten Frau zusammengetragen. Geschickt hat Lieder viele biografische Fakten mit fiktionalen Elementen und literarischen Ausschmückungen zu einer unterhaltsamen Handlung verwoben und ein lebendiges Bild von Agatha Christies Persönlichkeit und der damaligen Epoche gezeichnet. Wie die Autorin in ihrem ergänzenden und sehr lesenswerten Nachwort anmerkt, hat sie allerdings bedauerlicher Weise gleich zwei bedeutsame und hinlänglich bekannte Episoden aus Christies Biografie nicht in ihren Roman eingearbeitet.
Dank des mitreißenden und abwechslungsreichen Schreibstils der Autorin lässt sich die Romanbiografie sehr angenehmen lesen.
Sehr eindrucksvoll und kenntnisreich portraitiert die Autorin die verschiedenen Lebensphasen in den Jahren von 1908 bis 1928 und lässt uns Anteil nehmen an Christies schriftstellerischer Entwicklung von ihrer jugendlichen Passion, den ersten ernsthaften Versuchen in der Literaturwelt Fuß zu fassen, den Misserfolgen bis hin zur erfolgreichen Krimiautorin.
Zu Beginn erhalten wir faszinierende Einblicke in ihre recht behütete Jugendzeit, ihre Internatszeit und ursprünglichen Ambitionen Pianistin zu werden, ihre Rolle als bemühte, aber enttäuschte Ehefrau und liebevolle Mutter sowie ihre Reisen in ferne Länder.
Mit viel Feingefühl lässt die Autorin uns auch an Christies Gedanken- und Gefühlswelt teilhaben wie ihrer Suche nach Liebe und Geborgenheit aber auch ihren inneren Konflikten und unterdrückten Emotionen. Gekonnt beleuchtet die Autorin Christies komplexe Persönlichkeit aus unterschiedlichen Blickwinkeln und zeigt uns auch ihre weniger bekannte Seiten auf.
Fesselnd ist es vor allem mitzuerleben, auf welche Weise persönliche Erfahrungen und gesellschaftliche Umstände Christies schriftstellerische Tätigkeit beeinflussten, als Inspiration dienten und ihr Werk geprägt haben. So widmet Lieder sich auch den faszinierenden Hintergründen der Entstehungsgeschichte von Christies berühmten Ermittlerfiguren Hercule Poirot und Miss Jane Marple, die als treue Begleiter in ihrem Leben lebendig wurden.
Susanne Lieder versteht es hervorragend, Christies Leben und Werk in den historischen Kontext einzubetten, in dem sie bedeutsame historische Ereignisse und auch die vielen alltäglichen Details aus jener Zeit lebendig einfängt. Authentisch und facettenreich zu vermittelt sie uns die damalige Zeit und Stimmung in der britischen Gesellschaft des frühen 20. Jahrhunderts sowie die sich wandelnde Rolle der Frau, so dass man sich gut in Christies Lebensalltag hineinversetzen kann. Anschaulich beleuchtet sie die gesellschaftlichen Normen und Erwartungen der spätviktorianischen Ära, in der Christie groß wurde und ihr Lebensbild nachhaltig prägte. Einen harten Einschnitt in ihre eher privilegierte Kindheit und Jugend markierte der Tod ihres Vaters, der deutliche Auswirkungen auf den sozialen Status hatte und die Familie vor finanzielle Schwierigkeiten stellte. Zudem geht die Autorin in weiteren interessanten Episoden nicht nur auf Christies Erlebnisse während des Ersten Weltkriegs ein, als sie sich zur Krankenschwester ausbilden ließ und später als Apothekenhelferin in einem Kriegslazarett arbeitete, sondern gewährt uns auch Einblicke in die harte Kriegszeit und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft.
Fesselnd sind die detailreichen Beschreibungen von Christies Reisen in die britischen Kolonien und Einblicke in die Kolonialzeit zu lesen, die sie nachhaltig inspiriert und vielfach in ihre Werke Eingang gefunden haben.
Allerdings hat mich das abrupte und vage Ende des Romans im Jahr 1928 etwas überrascht und enttäuscht, denn gerne hätte ich auch noch mehr über ihr späteres Leben und Wirken in den weiteren beinahe fünfzig Jahren erfahren.
Der Autorin ist insgesamt aber eine sehr überzeugende und nuancierte Darstellung von einem bedeutsamen Ausschnitt aus Christies Lebensweg gelungen, in dem wir viel über ihre beeindruckende Persönlichkeit erfahren konnten.
FAZIT
Eine unterhaltsame und kenntnisreich verfasste Romanbiografie über eine der einflussreichsten Krimiautorinnen des 20. Jahrhunderts Agatha Christie, die allerdings nicht ihr gesamtes Leben abgedeckt – mit interessanten Einblicken in ihre faszinierende Persönlichkeit, persönliche Entwicklung und die Entstehung ihrer berühmten Werke und Charaktere.
Nicht nur für Christie-Fans sehr lesenswert!

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Veröffentlicht am 07.07.2024

Berührender Roman

Der Wind kennt meinen Namen
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MEINE MEINUNG

In dem neuesten Roman „Der Wind kennt meinen Namen“ beleuchtet die chilenisch-US-amerikanische Erfolgsautorin Isabel Allende in einer bewegenden, kunstvoll verwobenen historischen Saga die ...

MEINE MEINUNG

In dem neuesten Roman „Der Wind kennt meinen Namen“ beleuchtet die chilenisch-US-amerikanische Erfolgsautorin Isabel Allende in einer bewegenden, kunstvoll verwobenen historischen Saga die vielfältigen menschlichen Schicksale, die durch Verfolgung, Gewalt, Vertreibung und den Verlust der elterlichen Geborgenheit verursacht wurden. Im Mittelpunkt ihres auf verschiedenen Zeitebenen angelegten Romans stehen die beklemmenden Lebenswege von jungen Menschen, die in ihrer Heimat zu verschiedenen Zeiten der Geschichte und auf unterschiedlichen Kontinenten Opfer politischer Willkür wurden. Traumatisiert und entwurzelt sind sie alle auf der Suche nach einem menschenwürdigen Leben in Geborgenheit und Sicherheit. Im ersten Handlungsstrang lernen wir im Wien von 1938 den 5-jährigen jüdischen Violinvirtuosen Samuel Adler und seine Familie kennen. Aufgrund der zunehmenden antisemitischen Repressionen der Nationalsozialisten und der Deportation seines Vaters wird er von seiner verzweifelten Mutter allein im Zuge eines Kindertransports nach England in die vermeintliche Sicherheit geschickt. Seine Eltern wird er niemals wiedersehen. Ein weiterer Handlungsstrang dreht sich um die junge Leticia, die 1981 das grausame Massaker von El Mozote in El Salvador durch Zufall mit ihrem Vater überlebt hat, bei dem die Armee während des Bürgerkriegs rund 900 Menschen ermordete. Gemeinsam mit ihm flüchtet sie in die den Vereinigten Staaten und versucht sich dort ein Leben aufzubauen. In einem weiteren Handlungsstrang lernen wir schließlich die kleine siebenjährige, sehbehinderte Anita kennen, die 2019 mit ihrer Mutter aus El Salvador vor einem gewaltsamen Mann flieht und in eine bessere Zukunft aufbricht. An der Grenze von den amerikanischen Behörden von ihrer Mutter getrennt muss Anita nun mutterseelenallein in einem Heim zurecht kommen – ein Schicksal, das sie mit zahlloser Migrantenfamilien teilt.

Sehr eindringlich schildert Allende die Ängste und vielfältigen schweren Traumata, welche die Kinder durch politische Unterdrückung, gewaltsame Trennung von ihren Bezugspersonen und dem Verlust ihrer Heimat durchleben und ihr weiteres Leben nachhaltig prägen. Ob nun durch die allgegenwärtigen Repressalien der Nationalsozialisten, rechtsgerichteten Todesschwadronen, Drogenkartelle oder sexuelle Belästigungen – sie alle flüchten in der Hoffnung auf ein sichereres Leben und nicht aus finanziellen Anreizen. Geschickt verknüpft Allende die persönlichen Erlebnisse ihrer Protagonisten mit den historischen und politischen Geschehnissen, und scheut sich auch nicht Fehlentwicklungen in der US-amerikanischen Außenpolitik anzuprangern.

Kunstvoll verwebt Allende die mitreißend erzählten, viele Jahrzehnte auseinander liegenden Handlungsstränge allmählich miteinander, lässt die verschiedenen Lebenswege ihrer Charaktere sich kreuzen und erzählt uns schließlich ihre gemeinsame, höchst bewegende Geschichte in der Gegenwart, die uns zum Ausklang des Romans durchaus hoffnungsvoll stimmt.

Allende ist es gut gelungen, die verschiedenen Protagonisten mit ihren facettenreichen Persönlichkeiten einzufangen und mit ihren psychischen Defiziten sowie ihrer Verzweiflung und Hoffnung auf ein besseres Leben glaubwürdig darzustellen. Nachhaltig in Erinnerung bleiben wird vor allem mit das erschütternde Schicksal der kleinen Anita bleiben, die sich in ihren Seelenqualen in eine Fantasiewelt flüchtet. Teilweise hätte ich mir bei einigen Charakteren allerdings etwas mehr Tiefgründigkeit gewünscht.

FAZIT
Ein bewegender und fesselnder Roman über die fatalen Auswirkungen politischer Unterdrückung auf die Schwächsten der Gesellschaft!
Nicht ihr bestes, aber ein bedeutsames und lesenswertes Werk der Autorin, das sehr nachdenklich stimmt!

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