Der Weg ist das Ziel
Der SalzpfadWenn man mit 50 Jahren auf einmal alles verliert, das Haus, das Einkommen, die Sicherheit für die Zukunft, dann könnte man den Kopf in den Sand stecken. Die Waliserin Raynor Winn und ihr Mann Moth machen ...
Wenn man mit 50 Jahren auf einmal alles verliert, das Haus, das Einkommen, die Sicherheit für die Zukunft, dann könnte man den Kopf in den Sand stecken. Die Waliserin Raynor Winn und ihr Mann Moth machen jedoch genau das Gegenteil. Sie machen sich auf den Weg - und der ist über 1.000 Kilometer lang. Ohne Verpflichtungen und ohne Besitz machen sie sich mit dem, was in zwei Rucksäcke passt auf, um den South West Coast Path mit einem Zelt abzuwandern.
Ich wollte das Buch erst gar nicht lesen. Ich wollte keinem Selbstfindungstrip folgen und mir erklären lassen, wie man das Schicksal am Schlafittchen packt. Umso überraschte war ich dann, als ich die beiden voller Anteilnahme auf ihrer Wanderung begleitet habe. Die kleinen und größeren Abenteuer und Herausforderungen, die Rückschläge und erfreulichen Überraschungen haben mir sehr gefallen. Man erfährt viel über die Landschaft, die Geschichte und die Bewohner*innern dieses Landstrichs, aber auch über andere Wanderer auf dem Küstenpfad. Für jede Woche steht dem Ehepaar Winn die Summe von 48 Pfund staatlicher Unterstützung zur Verfügung. Ein Kraftakt, der mit großem Verzicht einhergeht. Während sich andere ihr Gepäck von Station zu Station bringen lassen und nachts in einem gemütlichen B+B ins weiche Bett fallen, fehlt den Winns selbst das Geld für die offiziellen Campingplätze. Was bleibt, ist manchmal pure Wildnis.
Ein Buch, das natürlich nachdenklich stimmt: Was und wie viel braucht man wirklich? Dennoch kann man ganz wunderbar in die Geschichte tauchen. Es gibt Fotos und eine Karte des Küstenpfades, die man immer wieder anschaut, um zu sehen, wie viel Strecke die beiden schon geschafft haben.
Einen Teil habe ich als Hörbuch gehört. Sehr emotional und voller Empathie gelesen von der Schauspielerin Jutta Speidel.