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Veröffentlicht am 17.04.2025

Der Weg ist das Ziel

Der Salzpfad
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Wenn man mit 50 Jahren auf einmal alles verliert, das Haus, das Einkommen, die Sicherheit für die Zukunft, dann könnte man den Kopf in den Sand stecken. Die Waliserin Raynor Winn und ihr Mann Moth machen ...

Wenn man mit 50 Jahren auf einmal alles verliert, das Haus, das Einkommen, die Sicherheit für die Zukunft, dann könnte man den Kopf in den Sand stecken. Die Waliserin Raynor Winn und ihr Mann Moth machen jedoch genau das Gegenteil. Sie machen sich auf den Weg - und der ist über 1.000 Kilometer lang. Ohne Verpflichtungen und ohne Besitz machen sie sich mit dem, was in zwei Rucksäcke passt auf, um den South West Coast Path mit einem Zelt abzuwandern.

Ich wollte das Buch erst gar nicht lesen. Ich wollte keinem Selbstfindungstrip folgen und mir erklären lassen, wie man das Schicksal am Schlafittchen packt. Umso überraschte war ich dann, als ich die beiden voller Anteilnahme auf ihrer Wanderung begleitet habe. Die kleinen und größeren Abenteuer und Herausforderungen, die Rückschläge und erfreulichen Überraschungen haben mir sehr gefallen. Man erfährt viel über die Landschaft, die Geschichte und die Bewohner*innern dieses Landstrichs, aber auch über andere Wanderer auf dem Küstenpfad. Für jede Woche steht dem Ehepaar Winn die Summe von 48 Pfund staatlicher Unterstützung zur Verfügung. Ein Kraftakt, der mit großem Verzicht einhergeht. Während sich andere ihr Gepäck von Station zu Station bringen lassen und nachts in einem gemütlichen B+B ins weiche Bett fallen, fehlt den Winns selbst das Geld für die offiziellen Campingplätze. Was bleibt, ist manchmal pure Wildnis.

Ein Buch, das natürlich nachdenklich stimmt: Was und wie viel braucht man wirklich? Dennoch kann man ganz wunderbar in die Geschichte tauchen. Es gibt Fotos und eine Karte des Küstenpfades, die man immer wieder anschaut, um zu sehen, wie viel Strecke die beiden schon geschafft haben.

Einen Teil habe ich als Hörbuch gehört. Sehr emotional und voller Empathie gelesen von der Schauspielerin Jutta Speidel.

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Veröffentlicht am 17.04.2025

Eine kam nicht zurück

Ins Dunkel
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Ich stelle es mir nicht besonders toll vor, mit einigen Kolleginnen für ein Wochenende im Wald ein Überlebenstraining zu absolvieren. Genau das denkt Alice sicherlich auch, als sie mit vier weiteren Frauen ...

Ich stelle es mir nicht besonders toll vor, mit einigen Kolleginnen für ein Wochenende im Wald ein Überlebenstraining zu absolvieren. Genau das denkt Alice sicherlich auch, als sie mit vier weiteren Frauen durch den australischen Busch wandert und die Richtung nur nach Karte und Kompass bestimmt werden können. Neben Kälte, Blasen an den Füßen und einer extrem nervenden Kollegin aus der Datenverarbeitung hat Alice noch ganz andere Sorgen: Für die Bundespolizei soll sie wichtige Unterlagen aus ihrem Unternehmen besorgen und so einen Prozess wegen Geldwäsche in Gang bringen. Es ist klar, wer am vereinbarten Treffpunkt nicht auftaucht, oder?

Die Geschichte hat mich wirklich gefesselt, ich wollte unbedingt wissen, wie es weiter geht bzw. was passiert ist, denn die Geschichte wird von hinten aufgerollt. Die Handlung beginnt damit, dass die Frauengruppe (es gibt auch eine Männergruppe) reichlich verspätet im Lager ankommt und dass eine Person fehlt. Während die Suchmannschaft unterwegs ist, werden wir immer wieder in Rückblenden Teil der Gruppe, die sich durch die Büsche schlägt und langsam aber sicher die Orientierung verliert.

Kontaktmann von Alice bei der Polizei ist Aaron Falk, der hier bereits in seinem zweiten Fall agiert. Er und seine Kollegin Carmen krempeln das Leben der anderen Wanderteilnehmerinnen ordentlich auf links, denn jede scheint etwas zu verbergen zu haben.

Das Buch kann man so weglesen, auch wenn ich die Bezeichnung Thriller für etwas übertrieben halte. Es geht hier auch viel um das menschliche Miteinander in Extremsituationen. Leider hat mich die (durchaus logische) Auflösung etwas enttäuscht, da hatte ich mehr "Feuerwerk" erwartet.

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Veröffentlicht am 16.04.2025

Krieg im Schatten der Berge

Unter der Drachenwand
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1944 sind viele vom Krieg desillusioniert, so auch Veit Kolbe, der nach einer Verletzung auf Genesungsurlaub nach Mondsee kommt. Hier trifft er auf ein Dorf und seine Bewohner*innen, die Lehrerin Margarete ...

1944 sind viele vom Krieg desillusioniert, so auch Veit Kolbe, der nach einer Verletzung auf Genesungsurlaub nach Mondsee kommt. Hier trifft er auf ein Dorf und seine Bewohner*innen, die Lehrerin Margarete und die aus Darmstadt stammende Margot. Urige Menschen bevölkern das Dorf und bald ist Kolbe mitten unter ihnen, schließt vorsichtig Freundschaft mit dem "Brasilianer", dem Bruder seiner ruppigen Zimmerwirtin. Der Krieg rückt jedoch immer näher und Kolbe will auf keinen Fall zurück an die Front, zumal er sich verliebt hat.

Der Roman wird in der Ich-Form erzählt, jedoch gibt es verschiedene Erzähler, die abwechselnd zu Wort kommen und deren Geschichten sich jeweils ergänzen. Den größten Raum erhält Veit Kolbe, der in sein Tagebuch schreibt. Durch Briefe von Margots Mutter aus Darmstadt, des jungen Kurt Ritler an seine Freundin im Verschickungslager in Mondsee und des Juden Oskar Meyer an seine Cousine, wird die Geschichte und die Zeit aus weiteren Perspektiven beleuchtet: Aus der Sicht einer bombardierten Städterin, eines verliebten Schülers, der noch vor dem Abitur eingezogen wird, und der eines verfolgten und fliehenden Juden. Alle schriftlichen Zeugnisse zusammen ergeben ein Bild der damaligen Zeit. Manche Menschen überraschen, andere erfüllen ihre Klischees. Der Autor zeichnet ein Gesamtbild der letzten Kriegsmonate, die bestimmt sind durch Fliegeralarm, Bombardements, Volkssturmbildung, Durchhalteparolen, Hunger und Angst. Ein stellenweise erschütternder Roman über die Sinnlosigkeit und Grausamkeit des Krieges, aber auch durchsetzt von menschlichem Verhalten und der Hoffnung auf Frieden, Glück und Liebe.

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Veröffentlicht am 16.04.2025

Erzählungen

Sommerhaus, später
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Neun Erzählungen enthält dieser Band. Alle so unterschiedlich und doch ist da dieser besondere Ton, der sich durch alle Texte zieht.

Mit einem Sprung steht man mitten im Leben der Protagonist*innen und ...

Neun Erzählungen enthält dieser Band. Alle so unterschiedlich und doch ist da dieser besondere Ton, der sich durch alle Texte zieht.

Mit einem Sprung steht man mitten im Leben der Protagonist*innen und begleitet sie für eine kurze Zeit, für eine Episode. Und doch wird so viel darin erzählt, dass man sich ein Bild machen kann z.B. vom Leben des alten Mr. Tompson, der im Washington-Jefferson-Hotel sein trauriges Dasein fristet. Da ist der Taxifahrer Stein, der lange ohne festen Wohnsitz ein verfallenes altes Landhaus kauft und dessen Traum sich doch nicht erfüllt. Oder der sich im Sommer aufs Land zurückziehende Koberling, dem er selbst und seine kleine Familie genug sind und der sich von plötzlich einnistenden Bekannten belästigt fühlt - oder doch nicht?

Immer gibt es eine kleine Störung, etwas, das die Personen aus ihrem Rhythmus bringt, sei es ein Ereignis oder das Zusammentreffen mit einer anderen Person.

Ich habe die Erzählungen sehr gerne gelesen, weil sie so abwechslungsreich und so - wie soll ich sagen - fein abgestimmt sind. Zarte, oft unterdrückte Stimmungen werden eingefangen und immer bleibt Platz, um sich eigene Gedanken zu den Figuren und ihren Geschichten zu machen.

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Veröffentlicht am 16.04.2025

Antonias Liebe

Eine Liebe, in Gedanken
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Die Ich-Erzählerin verliert ihre Mutter, nicht völlig unerwartet, denn Antonia hatte ein schwaches Herz. Vielleicht ein gebrochenes Herz? Den Tod der Mutter nimmt die Tochter zum Anlass, nach deren erster ...

Die Ich-Erzählerin verliert ihre Mutter, nicht völlig unerwartet, denn Antonia hatte ein schwaches Herz. Vielleicht ein gebrochenes Herz? Den Tod der Mutter nimmt die Tochter zum Anlass, nach deren erster Liebe zu forschen. Edgar hieß der junge Mann, in den Antonia damals unsterblich verliebt war. Erzählungen und zahlreiche Postkarten und Briefe zeugen von dieser Liebe. Warum nur ist Antonia Mitte der 1960er Jahre nicht mit Edgar nach Hongkong gegangen?

In leisen Tönen spüren wir gemeinsam mit der Tochter dieser Liebe nach. Die Autorin wechselt dabei immer wieder von der Gegenwart in die 1960er Jahre und zeigt auf, wie sich junge Menschen im Nachkriegsdeutschland ihre Freiheit und Liebe erkämpfen mussten. Welche Träume sie hatten und welche Enttäuschungen ihnen entgegenschlugen. Antonia konnte Edgar ihr Leben lang nicht vergessen und die Tochter fragt sich, wie wäre das Leben ihrer Mutter verlaufen, wenn die beiden ein Paar geblieben wären. (Haben wir uns nicht alle schon mal diese oder eine ähnliche Frage gestellt? Wie wäre mein Leben verlaufen, wenn ...?)

Antonias Schicksal hat mich berührt, allerdings konnte ich ihre Liebe zu Edgar nicht so nachempfinden, wie ich es mir gewünscht hätte. Er erschien mir schlicht nicht liebenswert genug. Aber es war ja auch Antonias Liebe, wenn auch 50 Jahre nur in Gedanken.

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