Tabuthema Kinderwusch: Die stille Qual der Frauen
Hello BabyEs gibt verschiedenste Möglichkeiten wie man auf ein Buch aufmerksam wird. Manchmal sucht man gezielt nach Büchern von bestimmten Autorinnen und Autoren, weil man die früheren Werke geliebt hat oder sehnsüchtig ...
Es gibt verschiedenste Möglichkeiten wie man auf ein Buch aufmerksam wird. Manchmal sucht man gezielt nach Büchern von bestimmten Autorinnen und Autoren, weil man die früheren Werke geliebt hat oder sehnsüchtig auf eine Fortsetzung einer Reihe wartet. Sehr häufig, vor allem wenn man durch einen Buchladen schlendert, ist es das Cover, das einen neugierig macht. Bei diesem Buch war es eine Diskussion in einem Forum die mich aufmerksam hat werden lassen, denn das Cover hat mich anfänglich nicht angesprochen.
Als ich das Buch dann endlich in der Hand hatte, wollte ich es gar nicht mehr weglegen und habe es auch wirklich innerhalb weniger Stunden fertiggelesen. Die Geschichte hat mich von Anfang an in ihren Bann gezogen und mich nicht mehr losgelassen. Einer der Gründe ist sicherlich, dass ich auch persönliche Erfahrungen mit dem Thema habe. Der andere Grund ist aber, dass die Autorin es wirklich geschafft hat ein faszinierendes Buch zu schreiben.
Besonders spannend finde ich das die Autorin, oder eventuell liegt es auch an der Übersetzung, einen verhältnismäßig neutralen und nüchternen Ton gewählt hat, obwohl das Thema äußerst emotional ist. Der eine oder die andere mag sich daran stören, für mich war das aber kein Widerspruch in sich. Denn trotz des distanzierten Tonfalls wurden die Emotionen sehr gut transportiert.
In der Geschichte begleiten wir sechs Frauen die sich aus den verschiedensten Gründen einer Kinderwunschbehandlung oder genauer gesagt einer IVF-Behandlung unterziehen. Diese teils sehr unterschiedlichen Frauen haben alle eines gemeinsam, nämlich den unerfüllten Kinderwunsch. Die Gründe dafür sind sehr vielfältig und werden von der Autorin Kim Eui-kyung sehr genau beschrieben, so dass man auch ohne Vorwissen alles verstehen kann. Dies gilt auch für die Behandlung an sich und was dafür alles zu tun ist und den Frauen abverlangt wird. Denn es sind in erster Linie die Frauen, die ein Martyrium ertragen müssen, sowohl körperlicher als auch seelischer Natur.
Vor allem die psychische Komponente kommt in diesem Buch deutlich zur Geltung; der gesellschaftliche Druck der vor allem von Seiten der (Schwieger-) Familie auf die Frauen ausgeübt wird. Dies ist meiner Meinung nach auch der meist unterschätze Punkt, wenn es um Kinderwunschbehandlungen geht und vermutlich auch einer der Gründe, warum so wenige Paare offen darüber reden. Denn spannenderweise hat sich die Anzahl der IVF-Behandlungen in den letzten Jahren deutlich erhöht, und dies nicht nur in Südkorea, sondern auch in anderen Ländern, dennoch spricht kaum ein Paar offen und ehrlich darüber. Natürlich handelt es sich um ein sehr privates Thema und ist leider auch mit vielen Schuldgefühlen verbunden, trotzdem plädiere ich dafür, dass damit viel freier umgegangen werden sollte. Ich habe die Hoffnung, dass dadurch das Stigmata das (ungewollt) Kinderlose erhalten ein wenig gemildert wird.
Und ein Stigma bekommt man als kinderlose Frau ab einem gewissen Alter und ja ich muss es noch einmal betonen, als Frau. Denn es ist immer die Frau, die gefragt wird, wann sie denn endlich Kinder bekommen wird. Wobei ich allein diese Frage mehr als nur übergriffig finde, ist es doch gleichzeitig auch die Frage, ob man mit seinem Partner regelmäßig intim ist. So etwas Privates würde aber eher nie jemand fragen, vor allem nicht Arbeitskollegen oder Schwiegereltern.
Ich ziehe meinen imaginären Hut vor der Autorin Kim Eui-kyung, denn sie hat all dies in Worte zu fassen ohne moralischen Zeigefinger oder ohne zu sehr auf die Tränendrüse zu drücken.
Für mich persönlich war dies ein besonderes Lesehighlight, dass ich von Herzen gerne weiterempfehle, und zwar nicht nur Menschen, die dieses Thema in irgendeiner Art und Weise betrifft.