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Veröffentlicht am 12.05.2024

Seichte, leicht zu lesende Geschichte mit wenig Tiefe

Die Blumentöchter (Die Blumentöchter 1)
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Erst einmal finde ich den Farbschnitt mit seinem perfekten Übergang vom Cover zur Seite richtig gut gelungen! Die Storyline mit den vielen Familienmitgliedern und dem angedeuteten Geheimnis hat mich auch ...

Erst einmal finde ich den Farbschnitt mit seinem perfekten Übergang vom Cover zur Seite richtig gut gelungen! Die Storyline mit den vielen Familienmitgliedern und dem angedeuteten Geheimnis hat mich auch interessiert - ich mag Familiengeschichten. Toll fand ich auch den Stammbaum am Anfang.

Insgesamt lässt sich der Roman extrem flüssig lesen. Das halte ich für positiv, sehe jedoch auch, dass das zumindest für mich an der mangelnden Tiefe des Textes lag. Die Familienmitglieder wurden zu Beginn ein wenig hastig eingeführt und spielten dann keine große Rolle mehr. Das kam mir zu gewollt vor.
Auch mit Dalia wurde ich einfach nicht so recht warm. Ihre Gedanken und Gefühle kamen mir sehr repetitiv und nicht richtig glaubwürdig vor. Manchmal war ich davon regelrecht genervt. Alle anderen Charaktere sind auch eigentlich einfach nur nett. So sehr ich auch liebevolle Beziehungen in Geschichten mag, fehlten mir hier schlicht ambivalente Figuren.

Auch die eher unkritische Basis des Romans entspricht einfach nicht meinem persönlichen Geschmack. Es wird zumindest kurz auf die Armut Mexikos sowie die Unterschiede zwischen Weißen und Indigenen eingegangen, die Autorin schien aber auch kein Problem damit zu haben, die „bedeutsamen Werke der Kolonialkunst“ unkommentiert zu bewundern. Auch die extrem repetitiven Lobpreisungen der schönen Umgebung sowie des leckeren Essens waren für meinen Geschmack einfach zu viel.

Ich denke, für alle, die einen Roman ohne Überraschungen suchen, der z. B. im Urlaub problemlos weggelesen werden kann, ist das hier eine gute Wahl. Mich interessieren an sich auch die Geschichten der anderen Cousinen in den kommenden 4 Bänden. Weil mir der erste Band aber zu wenig Tiefe und Konsistenz hatte, werde ich sie wohl eher nicht lesen.

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Veröffentlicht am 11.05.2024

Was für ein besonderes, emotionales und lehrreiches Buch!

Issa
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In „Issa“ begleiten wir die gleichnamige Protagonistin in den frühen 2000ern parallel zu ihren Ahninnen - beginnend mit ihrer Ur-Ur-Großmutter Enanga etwa 100 Jahre zuvor. Issa ist am Anfang ihrer ersten ...

In „Issa“ begleiten wir die gleichnamige Protagonistin in den frühen 2000ern parallel zu ihren Ahninnen - beginnend mit ihrer Ur-Ur-Großmutter Enanga etwa 100 Jahre zuvor. Issa ist am Anfang ihrer ersten Schwangerschaft und wird von ihrer Mutter quasi dazu genötigt, in die Heimat Kamerun zu fliegen und sich dort spirituellen Ritualen zum Schutz der Schwangeren sowie ihres Kindes zu unterziehen. Dort trifft Issa auf ihre Großmutter Namondo und ihre Urgroßmutter Marijoh.

Mit Issas Figur wird eindrücklich der innere Schmerz einer Suche nach der eigenen Identität sowie das von außen zugefügte Leid in Form von Alltagsrassismus in Deutschland gezeichnet. Sie scheint zu weiß für Kamerun und zu Schwarz für Deutschland zu sein. Ihre Reise im Verlauf des Buches mitzuerleben und zu sehen, wie sie ihren Frieden findet, hat mich sehr berührt. Die Erfahrungen ihrer Ahninnen zentrieren sich vor allem um den deutschen Kolonialrassismus sowie das gewaltvolle Patriarchat zu ihren jeweiligen Zeiten, aber auch ganz besonders um weiblichen Widerstand in verschiedenen Formen.
Mirrianne Mahn schafft es auf eine bemerkenswerte Art, die Geschichten aller 5 Figuren miteinander zu verweben, denn schließlich sind sie auch tatsächlich verbunden. Die unbeschreiblichen Gewalterfahrungen von Enenga sowie deren Tochter Marijoh, deren Tochter Namondo und deren Tochter Ayudele (Issas Mutter) resultieren in Strenge und Gewalt, die an die jeweiligen Töchter weitergegeben wird. Die Autorin schafft es meiner Meinung nach an der Stelle geschickt, den Traumata zwar Raum zu geben, Gewalt gegenüber Kindern aber nicht zu beschönigen.

Große Pluspunkte sind für mich der Stammbaum sowie die Landkarte zur Region im Westen Kameruns, in der die Geschichte spielt. Mahn spielt auch mit einem Mix an Sprachen und flicht Worte aus verschiedenen lokalen Sprachen mit ein. Das finde ich einerseits spannend und wichtig, es reißt mich aber trotzdem immer etwas aus dem Lesefluss. Großes Lob daher hier auch für die Umsetzung - Worte, welche im Glossar erklärt werden, sind stets kursiv gedruckt. Dieses einfache Signal hat mir an der Stelle sehr geholfen.

Der Roman hat mir so viel Wissen vermittelt, das ich beschämenderweise nicht hatte. Er enthält vor allem in Issas Erzählperspektive einen angenehmen Humor und eine liebevolle Skepsis den schamanischen Ritualen gegenüber. Ich persönlich habe keinen Bezug zu Spiritualität, fand die Perspektiven darauf aber sehr bereichernd und ausgewogen. Von den Gewalterfahrungen und den deutschen Kolonialverbrechen zu lesen, tut wirklich weh und das sollte es auch. Gleichzeitig war es einfach nur wundervoll zu sehen, wie die Frauen dieser Geschichte miteinander verbunden sind und solidarisch über Generationen hinweg beieinander stehen - auf ganz verschiedenen Wegen. Manche Perspektiven hätten gerade zum Ende hin noch etwas detaillierter sein können, da ich die Figuren dahinter gern näher kennengelernt hätte. Der Punkt lässt sich in meinen Augen aber gut verschmerzen. Ein wirklich großartiges Debüt!

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Veröffentlicht am 06.05.2024

Geschichte mit Sogwirkung, ganz viel Liebe und einem Wermutstropfen

Soul Food
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Das Buch lässt sich wirklich super leicht lesen. Die Kapitel sind alle zwischen 2 und 6 Seiten lang, was einen tollen Sog entwickelt. Als Mensch, der mit längeren Kapiteln manchmal struggelt, fand ich ...

Das Buch lässt sich wirklich super leicht lesen. Die Kapitel sind alle zwischen 2 und 6 Seiten lang, was einen tollen Sog entwickelt. Als Mensch, der mit längeren Kapiteln manchmal struggelt, fand ich das total angenehm und ich konnte das Buch fast in einem Rutsch lesen.

Die Protagonistin Emoni und alle anderen wichtigen Figuren, wie ihre Großmutter und ihre beste Freundin, sind einfach herzensgute Menschen und die Liebe in ihren Beziehungen zueinander ist greifbar. Ich habe beim Lesen ein gutes Gefühl bekommen für die Herausforderungen einer alleinerziehenden Teenager-Mutter, die in einer rassistischen Welt lebt und von Anfang an Geldsorgen hat. Positiv fand ich auch, dass Themen wie die Hintergründe von Kriminalität in ärmeren Vierteln sowie Kolonialismus nebenbei zumindest kurz aufgegriffen wurden.

Ich persönlich fand es immer schlimm, wenn detailliert beschrieben wurde, wie tote Tiere zubereitet werden. Damit gerechnet habe ich zwar, aber es hätte ja auch nicht unbedingt sein müssen. Dass grundlegende Gedanken zu Tierrechten/Antispeziesismus in Büchern mit einem gewissen gesellschaftskritischen Anspruch trotzdem oft fehlen, ist für mich einfach ein Wermutstropfen.

Insgesamt ist es aber ein tolles Buch über die Suche nach der eigenen Bestimmung im Leben, junge Elternschaft und gegenseitige Unterstützung. Es kommt ohne großartige Romantik und damit auch ohne Spice aus, was ja völlig okay ist. Ein Buch, dass sicher auch für jüngere Menschen gut geeignet ist.

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Veröffentlicht am 02.05.2024

Leider viel zu langatmig mit zwar liebenswerten, aber irgendwie ausdruckslosen Charakteren

Das Fenster zur Welt
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Ich habe das Buch ab der Hälfte nur noch quer gelesen - und ich kann an einer Hand abzählen, wie oft es mir schon so ergangen ist. Nach den ersten ca. 200 Seiten war ich auch ganz kurz davor, das Buch ...

Ich habe das Buch ab der Hälfte nur noch quer gelesen - und ich kann an einer Hand abzählen, wie oft es mir schon so ergangen ist. Nach den ersten ca. 200 Seiten war ich auch ganz kurz davor, das Buch abzubrechen, weil ich mich so sehr gelangweilt habe, dass ich regelrecht wütend wurde. Die Handlung wurde dann für mich aber zumindest noch etwas interessant, sodass ich es gern beenden wollte. Das ging für mich aus verschiedenen Gründen aber trotzdem nur noch mit Querlesen.

Zum einen finde ich das Buch sprachlich mehr als anstrengend. Diese poetische Sprache ist einfach gar nicht meins, aber auch abgesehen davon fand ich es schrecklich zu lesen. Gefühlt ewig währende Absätze, in denen die Perspektiven der Figuren ohne Vorwarnung einfach mittendrin wechseln?! Ein Hin und Her zwischen direkter und indirekter Rede - die Variante der englischen Originalausgabe, in der komplett auf direkte Rede verzichtet wurde, stelle ich mir noch furchtbarerer vor. Vielleicht liegt es an der Übersetzung, aber die Dialoge finde ich überwiegend schlecht geschrieben.
Zum anderen sind die Figuren zwar schon wirklich liebenswert, aber irgendwie total flach. Es wird zwar über ihre Gefühle und Gedanken geschrieben, aber es bleibt auf dieser Ebene und erreicht mich emotional einfach gar nicht. In der zweiten Hälfte konnte ich abschnittsweise bei all den Schicksalsschlägen auch mal was fühlen, aber das ist mir bei dem Seitenumfang wirklich zu wenig. Ich mochte wiederum, dass die Figuren über etliche Ecken miteinander verbunden waren. Das war durch den langatmigen Schreibstil, der mich an einem kontinuierlichen Lesen gehindert hat, aber oft schwer zu greifen. Ich musste dann einige Male zurückblättern, um die Verbindung zu verstehen und sowas kann ich gar nicht leiden.

Und dann passiert auch einfach auf so vielen Seiten nichts? Der Klappentext versprach eine besondere Freundschaft, von Evelyn ist dann aber nach der initialen Begegnung einfach 150 Seiten lang nichts mehr zu lesen und auch generell habe ich eine Verbindung zwischen ihr und Ulysses erst ab der Hälfte gespürt. Da haben andere Beziehungen für mein Empfinden mehr Raum eingenommen. Das ist ja an sich auch kein Problem, aber da haben mir Klappentext und Anfang einfach etwas anderes versprochen. Wie sich die beiden jahrelang jeweils knapp verpassen hat mich kurz mitfiebern lassen, aber dann spielte die Freundschaft in meiner Wahrnehmung direkt wieder eine zu kleine Rolle.

Manche haben den Humor positiv erwähnt - so wirklich fühle ich auch den nicht. Einige Situationen sind zwar irgendwie absurd und damit lustig, aber dann kommt wieder eine gähnend langweilige Erzählung, die den Humor für mich zerstört. Ich war einfach überwiegend gelangweilt und phasenweise richtig sauer, weil ich nicht verstehe, wie hier gut 520 Seiten gefüllt werden mussten.

Insgesamt finde ich schon, dass die Geschichte Potenzial hat. Wer eine ausschweifende und poetische Sprache wirklich mag, hat vielleicht auch Freude mit dem Buch. Die Figuren fand ich nur sehr bedingt nahbar und das wiederum wirklich schade, weil auch sie grundlegend sehr interessant sind. Die kunstgeschichtlichen Ausführungen zwischendurch fand ich auch total langwierig, das Thema interessiert mich aber auch einfach nicht. Am Ende hätte ich mir wirklich noch deutlich mehr Hintergrund zu Evelyn gewünscht, denn im Laufe der Geschichte wurden ab und zu weitere Aspekte ihres Lebens angedeutet, die dann keinen Raum mehr bekommen haben.

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Veröffentlicht am 01.05.2024

Spitzer Humor und wichtige Themen, aber ich fand es nur durchschnittlich gut

Spitzenreiterinnen
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Jovana Reisinger begleitet in "Spitzenreiterinnen" mehrere Frauen, die sie nach typischen "Frauenzeitschriften" benennt. Dabei bearbeitet sie sehr wichtige Themen wie Abhängigkeit in der Ehe/Beziehung, ...

Jovana Reisinger begleitet in "Spitzenreiterinnen" mehrere Frauen, die sie nach typischen "Frauenzeitschriften" benennt. Dabei bearbeitet sie sehr wichtige Themen wie Abhängigkeit in der Ehe/Beziehung, Einsamkeit und Konkurrenzdruck. Für andere Themen hätte ich mir ausdrücklich eine Inhaltswarnung gewünscht, zumal sie schon wirklich recht explizit behandelt werden (CN: häusliche Gewalt, Fehlgeburt).

Ich bin hin- und hergerissen in meiner Bewertung. Das Buch ist kurz gehalten, bei einem deutlich höheren Seitenumfang hätte ich wahrscheinlich nicht durchgehalten. Denn so spannend die Themen auch sind, die Figurenzeichnung und der verwendete Ton sind schon Gewöhnungssache. Sarkastische Texte mag ich durchaus, hier war es mir an einigen Stellen etwas zu viel bzw. konnte ich die Figuren dadurch nicht wirklich in der Tiefe greifen. Andererseits wurde durch die sarkastische und überspitzte Darstellung der Gedanken in meinen Augen sehr gut herausgestellt, wie absurd ein Leben im Patriarchat sein kann und wie unbegreiflich manche Schutzmechanismen von Betroffenen sind (ohne das kritisieren zu wollen).

Die jeweiligen Enden der Geschichten sind eher offen, das mag ich schlicht nicht so. Allerdings: Feministischer Fortschritt ist auch noch nicht an seinem Ziel angelangt, von daher halte ich es für ein sinnvoll gewähltes Stilmittel. Ich mochte, dass die Figuren um verschiedene Ecken miteinander in Verbindung standen und dass die Männer nie namentlich genannt werden, hätte mir aber eine stärkere Solidarität unter den Frauen gewünscht.

Wer kein Problem mit Sarkasmus hat und etwas Kurzweiliges sucht, bei dem mensch trotzdem ab und zu um die Ecke denken muss, kann dem Buch ruhig eine Chance geben.

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