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Veröffentlicht am 04.05.2021

Humorvoller Unterhaltungsroman mit Kölner Lokalkolorit und Verbundenheit zur Natur, aber nicht unbedingt eine romantische Liebesgeschichte

Liebe treibt die schönsten Blüten
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Svea ist studierte Biologin, die als Insektenforscherin an ihrer Promotion arbeitet und wohnt mit ihrer besten Freundin Elisabeth in einer WG in Köln. Aufgrund von stressbedingten Nackenschmerzen meldet ...

Svea ist studierte Biologin, die als Insektenforscherin an ihrer Promotion arbeitet und wohnt mit ihrer besten Freundin Elisabeth in einer WG in Köln. Aufgrund von stressbedingten Nackenschmerzen meldet sie sich für ein Faszientraining an der Volkshochschule an, wo sie auf Lars trifft. Für Svea ist es Liebe auf den ersten Blick, aber sie ist zu schüchtern, um eindeutige Signale zu senden und Lars scheint auch augenscheinlich kein Interesse für sie zu hegen. Als Svea wegen der Erkrankung ihres Vaters die Geschäftsführung für seine Gartenbaufirma übernimmt, stellt Svea durch einen Zufall fest, dass Lars bei der Stadt Köln arbeitet und als Referent für die Ausschreibung der Neugestaltung eines öffentlichen Platzes in Köln verantwortlich ist. Für Svea ist es die Gelegenheit zu beweisen, dass sie das Zeug hat, die Firma ihres Vaters erfolgreich zu leiten, aber auch um Lars näher zu kommen...

Der Roman ist aus der Ich-Perspektive von Svea geschildert, so dass man sich sehr gut in die junge Frau hineinversetzen kann. Nach der Trennung von ihrem langjährigen Freund Jens ist sie schon eine Weile Single und hatte bisher kein glückliches Händchen mit Dating-Apps. Auch beruflich kommt sie nicht wirklich weiter, ihr Professor nutzt sie aus und die Promotionsarbeit stockt. Die Übernahme der Geschäftsleitung der Gartenbaufirma stellt sie vor neue Herausforderungen, aber auch neue Sorgen, der sie jedoch mit ihrem Engagement für Flora und Fauna und kreativen Ideen leidenschaftlich begegnet. Nach dem Studium scheint sie ihre Berufung gefunden zu haben, ihre Entwicklung ist authentisch dargestellt. Die Themen Umweltschutz, ökologischer Fußabdruck, Urban Gardening, Klimaerwärmung und Städtebauplanung weisen auf aktuelle, gesellschaftlich relevante Probleme hin und fügen sich ganz selbstverständlich in die Geschichte um Svea ein.

Die Liebesgeschichte dagegen ist etwas zäh und ich empfand es als schwierig, dass sich Svea wie ein Teenager in einen Mann verliebt, ohne ihn zu kennen und ihre Gedanken fast nur noch darauf ausgerichtet sind, ihn von fern anzuhimmeln. So geht es auch lange Zeit nicht wirklich voran, bis es zu einem ersten Kuss kommt, der jedoch auch nichts besiegelt. Dafür dass Svea so auf Lars fixiert war, fehlten mir die Leidenschaft zwischen den beiden und echte Emotionen.

Dennoch ist der Roman kurzweilig geschrieben, unterhält durch seine Leichtigkeit und den Kölner Lokalkolorit, der durch genannte Orte oder Kölner Brauchtum wie ein jeckes Fußballturnier oder Sveas Einsatz als Funkenmariechen lebendig umgesetzt ist. Der Charme der Stadt und die Mentalität der Menschen sind lebensecht und spürbar.
Wer insofern keine romantische Liebesgeschichte erwartet, humorvoll unterhalten werden möchte, ohne auf ein paar ernste Themen verzichten zu wollen und dabei selbst noch ein Faible für Tiere und Pflanzen hat, wird mit diesem frühlingshaft-sommerlichen Roman seine Freude haben.

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Veröffentlicht am 02.05.2021

Abenteuerliche, etwas langatmige Coming-of-Age-Geschichte voller Gewalt und Kriminalität, aber einem hoffnungsvollen Ausblick in die Zukunft

Der Junge, der das Universum verschlang
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Eli Bell wächst in den 1980er-Jahren in Brisbane zusammen mit seinem einem Jahr älteren Bruder August bei seiner Mutter und ihrem Lebensgefährten Lyle auf. Die beiden bewegen sich in einem kriminellen ...

Eli Bell wächst in den 1980er-Jahren in Brisbane zusammen mit seinem einem Jahr älteren Bruder August bei seiner Mutter und ihrem Lebensgefährten Lyle auf. Die beiden bewegen sich in einem kriminellen Milieu und verdienen sich ihren Lebensunterhalt mit dem Handel von Heroin. Während ihrer Abwesenheit kümmert sich der Ex-Strafgefangene und verurteilte Mörder Slim um die beiden Jungen. Nach einem Trauma in der Kindheit, das zur Trennung der Eltern geführt hat, spricht August nicht mehr, sondern schreibt mit seinem Finger Botschaften in die Luft. Dabei scheint er eine Art hellseherische Fähigkeit zu besitzen.
Als Lyle bei einem Betrug des gefürchteten Drogen-Cartellchefs Tytus Broz erwischt und daraufhin spurlos verschwindet und ihre Mutter eine Gefängnisstrafe verbüßen muss, müssen die beiden Brüder zu ihrem Vater ziehen, der Alkoholiker ist, unter Panikattacken leidet und dem Alltag nicht gewachsen scheint.
Eli vermisst seinen Stiefvater und seine Mutter, gibt alles dafür, sie heimlich im Gefängnis besuchen zu können und träumt davon, ihr ein besseres Leben zu schenken. Er beschäftigt sich seit er denken kann mit der Frage, was einen guten Menschen ausmacht, aber kann ein Junge, der im Umfeld von Kriminalität, Gewalt und Drogen aufwächst, selbst zu einem guten Mann heranwachsenden und dem Sumpf entfliehen, um ein geregeltes Leben zu führen?

Wenn man die Geschichte gelesen hat, ist es kaum zu glauben, dass sie auf realen Erfahrungen des Autors beruht, der tatsächlich in diesem Milieu aufgewachsen und noch bewundernswert ist, wie er diese Kindheit und Jugend überstanden hat und es geschafft hat, nicht auch dem Rausch aus Geldgier und Drogen zu verfallen.

Zu Beginn hatte ich große Schwierigkeiten in den Roman hineinzufinden, da die Schilderungen häufig ins Fantastische, Träume und Vorstellungen der beiden Brüder abdriften, wobei nicht klar wurde, was echte Erinnerungen und was reine Fantastereien waren. Wenn man zu einem späteren Zeitpunkt begreift, was die Jungs bereits in ihrem jungen Leben durchgemacht haben, kann man dieses Abtauchen in ihre eigene Wirklichkeit als Schutzmechanismus besser verstehen.
Die Gewaltszenen sind brutal und erschütternd. In dem Umfeld aus Kriminellen, Rauschgift, Machtkämpfen und Gewalt wird selbst auf heranwachsende Kinder keine Rücksicht genommen. Was August und Eli sehen müssen und was sie am eigenen Leib erfahren, ist schlicht grausam.
Der Roman ist deshalb belastend und schockiert. Doch Eli ist ein Stehaufmännchen, ihn verlässt nie der Mut, er hat stets neue Ideen und geht seinen Weg, ohne erst einmal an die möglichen Folgen zu denken. Er ist noch ein Kind, verhält sich aber gerade zu Beginn des Buches älter als ein 11-, 12- oder 13-Jähriger.

"Der Junge, der das Universum verschlang" ist eine abenteuerliche Coming-of-Age-Geschichte, die autobiografische Elemente enthält, wobei offen bleibt, welche Schilderungen der Fantasie des Autors entsprungen sind. Man kann nur hoffen, einige - denn der Roman ist wahrlich nichts für zartbesaitete Leser*innen und war mir phasenweise auch zu langatmig. Auch wenn die Geschichte weit von der eigenen Lebenswirklichkeit entfernt ist und der Roman einige merkwürdige, fast schon mystische Züge hat, kann man mit der Hauptfigur mitfühlen. Nur durch den tapferen Eli, der sich nicht unterkriegen lässt, ist es kein deprimierendes Buch. Durch den Weg, den er aus Dreck und Organisierter Kriminalität geht, schenkt die Geschichte Mut und Hoffnung, dass trotz einer scheinbar ausweglosen Situation ein anderes, besseres Leben möglich ist und dass ein Lebensweg trotz aller schlechter Voraussetzungen nicht vorgezeichnet ist, sondern dass der eigene Wille ausschlaggebend ist, um selbst zu einem anderen, guten Menschen zu werden.

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Veröffentlicht am 01.05.2021

Nüchterne, lückenhafte und unstrukturierte Darstellung einer qualvollen Kindheit - die Geschichte bewegte mich trotz aller Tragik nicht.

Girl A
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Alexandra, genannt Lex, und ihre sechs Geschwister haben jahrelang in einem Haus des Grauens gewohnt, bis Lex fliehen konnte und die Polizei ihre Geschwister, zum Teil angekettet, befreien konnte. Ihr ...

Alexandra, genannt Lex, und ihre sechs Geschwister haben jahrelang in einem Haus des Grauens gewohnt, bis Lex fliehen konnte und die Polizei ihre Geschwister, zum Teil angekettet, befreien konnte. Ihr eigenen Eltern hatten sie festgehalten, vernachlässigt und bedroht. Während der Vater sich noch am Tag der Befreiung das Leben nahm, wurde die Mutter zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt.
Als diese im Gefängnis stirbt, wird Lex zur Testamentsvollstreckerin. Gemeinsam mit ihrer fünf Jahre jüngeren Schwester Evie, der sie neben ihrem älteren Bruder Ethan am nächsten stand, beschließen sie, aus dem Haus in der Moor Woods Road in Hollowfield eine Begegnungsstätte zu machen. Dazu ist jedoch die Einwilligung ihrer Geschwister notwendig, weshalb Lex sie aufsucht und um ihre Unterschrift bittet, wobei erst am Ende offenbart wird, dass das nicht mehr bei allen möglich ist.

Der Roman ist aus der Sicht der erwachsenen Lex, die in der Öffentlichkeit als "Girl A" bezeichnet wird, geschildert, die nach ihrer Flucht von einem älteren Ehepaar adoptiert wurde und inzwischen Rechtsanwältin ist. Ihre Geschwister wurden auch adoptiert, aber jedes in einer anderen Familie untergebracht. Ein intensiver Kontakt zwischen den Geschwistern gibt es nicht, ihren jüngsten Bruder Noah kennt sie gar nicht.
Nach dem Tod der Mutter stellt Lex den Kontakt zu allen Geschwistern her, die sie einzeln trifft, um das Erbe - das Horrorhaus und eine Geldsumme - anzutreten. Während der Suche nach den Geschwistern gibt es immer wieder Rückblenden in die Kindheit und das Heranwachsen bei den Eltern, wobei sich der Vater als religiöser Eiferer herausstellte, der gescheitert im Leben, seine Wut an seinen Kindern ausließ.
Dabei war das Leben der Großfamilie in der Anfangszeit nicht außergewöhnlich. Die Kinder konnten zur Schule gehen und waren keiner physischen Gewalt ausgesetzt. Einzig die sonntäglichen Kirchgänge als Familie waren verpflichtend. Erst als der Vater seine Arbeitsstelle verlor und von seinem Mentor in der Kirche massiv enttäuscht wurde, entwickelte er sich zu einem jähzornigen, gewalttätigen Alkoholiker, unterrichtete die Kinder zu Hause und sperrte sie letztlich ein.

Aufgrund des Klappentextes hatte ich eine etwas andere Geschichte, einen Thriller, erwartet. Ich war von einem stärkeren Bezug auf die Vergangenheit und größeren Einblicken in das Leben in dem "Horrorhaus" ausgegangen.
Auch wenn die Kinder Schreckliches erleiden mussten und anhand der erwachsenen Biografien erkennbar ist, dass jedes mit dem Trauma anders umgegangen ist und es auf verschiedene Weise verarbeitet oder verdrängt hat, konnte mich die Geschichte emotional nicht erreichen. Selbst Lex, aus deren Sicht die Geschichte geschildert ist, blieb mir fremd, ihre Geschwister farblos.
Ich empfand die Art der Darstellung der Leidensgeschichte zu nüchtern und in Bezug auf die Eltern zu oberflächlich, da nicht einmal bekannt wurde, welcher Glaubensgemeinschaft sie angehörten und welcher Ideologie sie nachgingen. Auch fehlte dem Roman jegliche Spannung, da der Fokus weg von der Vergangenheit und dem Grauen rückte und in der Gegenwart das Sammeln von Unterschriften im Raum stand. Erst am Schluss, als neue brutale Details offenbart wurden, konnte ich begreifen, warum Lex dabei keinen Versuch unternahm, den Kontakt zu ihren Geschwistern zu intensivieren oder die Chance zu nutzen, ihre gemeinsame Geschichte auch gemeinsam aufzuarbeiten.

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Veröffentlicht am 29.04.2021

Süße Idee für eine leichte, vorhersehbare Liebesgeschichte, Entwicklung und Ende sind aber zu gewollt

Und dann war es Liebe
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Hannah ist mit ihrem Freund Simon von einem romantischen Urlaub in Venedig unterwegs nach Amsterdam, um dort die Hochzeit von Simons Schwester zu feiern. Als der Nachtzug in Genf geteilt wird, befindet ...

Hannah ist mit ihrem Freund Simon von einem romantischen Urlaub in Venedig unterwegs nach Amsterdam, um dort die Hochzeit von Simons Schwester zu feiern. Als der Nachtzug in Genf geteilt wird, befindet sich Hannah versehentlich im falschen Zugteil. Sie kommt in Paris an, während Simon zusammen mit ihrem Gepäck weiter unterwegs nach Amsterdam ist. Dem Franzosen Léo ist derselbe Fehler passiert. Nach einer anfänglichen Abneigung, da Hannah Léo die Schuld dafür gibt, die Durchsagen nicht gehört zu haben, überredet er sie, "sein" Paris zu zeigen, denn der nächste Zug nach Amsterdam fährt erst sechs Stunden später. In der Zeit führt er Hannah durch Paris. Sie kommen an typischen Sehenswürdigkeiten vorbei, aber er zeigt ihr auch unbekannte Ecken, sein Arrondissement, kleine Cafés und Bistros, während sie innige Gespräche führen. Léo bleibt dabei eher verschlossen, aber Hannah erzählt einiges über ihre Beziehung zu Simon, ihre Eltern und ihre beruflichen Aussichten. Durch die intensiven Fragen und sein aufrichtiges Interesse gerät Hannah ins Grübeln, ob sie wirklich das Leben führt, das sie führen möchte und ob Simon der richtige Partner an ihrer Seite ist.

"Und dann war es Liebe" - Der Titel verrät bereits sehr viel und auch die Geschichte ist sehr vorhersehbar geschrieben. Bereits während der Zugfahrt kommt es zu Spannungen zwischen Hannah und Simon und man spürt, dass die beiden nicht so wirklich glücklich miteinander sind. Dann trifft Hannah auf den smarten Franzosen Léo, der ganz anders ist, als der geerdet wirkende, durchgeplante Simon.
Zu Beginn ereignen sich eine ganze Reihe an Pleiten, Pech und Pannen, was zwar unterhaltsam ist, aber auch etwas überzogen wirkte. Hannah ist eine etwas schusselige Person, die unter Minderwertigkeitskomplexen leidet und sich nur allzu gern auf ihren Freund verlässt. Sie traut sich nur wenig zu, hat Angst zu versagen und geht stets den bequemsten Weg. Sie wirkt dabei deutlich jünger, als die 30 Jahre, die sie ist.
Der Trip mit Léo durch Paris ist für Hannah ein Abenteuer. Sie bewegt sich dadurch heraus aus ihrer Komfortzone und geht ein Risiko ein. Sie sieht nicht nur Paris von einer ganz anderen Seite, sondern denkt, angeregt durch die Gespräche mit Léo, über ihr eigenes Leben nach.
Der Roman liest sich leicht und besonders gut haben mir die Szenen gefallen, in denen Léo Hannah die Besonderheiten von Paris zeigt. Die Geschichte ist für mich zu konstruiert gewesen - von der Zugfahrt, über die ganzen Missgeschicke bis hin zu der umfangreichen Städtetour innerhalb weniger Stunden.

Es ist ein Coming-of-Age-Roman über Selbstreflexion und weniger eine romantische Liebesgeschichte, wie ich sie eigentlich erwartet hatte. Die Handlung ist einfach aufgebaut und das Ende von Anbeginn vorhersehbar, so dass der Roman gleichförmig dahinplätschert, ohne dass sich viel ereignet. Abrupt wirkt dagegen, wie die unsichere, abhängige und von Ängsten geprägte Hannah nur in einem Tag zu (neuem) Selbstbewusstsein findet. Die Geschichte ist eine süße Idee, Entwicklung und Ende sind jedoch zu gewollt.

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Veröffentlicht am 27.04.2021

Emotionale, aber nicht rührselige Geschichte mit einer sensiblen Charakterzeichnung um die Frage, ob man einen Menschen jemals richtig kennt

So wie du mich kennst
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Als Karlas Schwester Marie überraschend und viel zu jung im Alter von 32 Jahren bei einem Unfall in New York stirbt, reist Karla nach der Beisetzung in ihrer Heimat, einer Kleinstadt in Nordbayern, nach ...

Als Karlas Schwester Marie überraschend und viel zu jung im Alter von 32 Jahren bei einem Unfall in New York stirbt, reist Karla nach der Beisetzung in ihrer Heimat, einer Kleinstadt in Nordbayern, nach New York, um dort die Wohnung ihrer jüngeren Schwester aufzulösen.
Die beiden standen sich schon als Kinder sehr nahe und auch als Marie Karriere als Fotografin machte und zunächst nach München, Boston und New York zog, haben sie stets die Verbindung gehalten und täglich telefoniert. Karla hat Marie in New York häufig besucht und glaubte, ihrer Schwester wirklich nahezustehen. Als sie nun in Maries Wohnung verstörende Fotos von Maries Nachbarn findet und mit Freunden und Bekannten Maries spricht, tun sich immer mehr Geheimnisse auf. Karla fragt sich zurecht, ob sie ihre Schwester wirklich kannte, weshalb sie ihr nicht alles erzählen konnte und was sie ihr vielleicht darüber hinaus noch verschwiegen hat.

Der Roman wird abwechselnd aus der Perspektive von Karla - die Wochen nach Maries Tod - und Marie - die Monate vor ihrem Tod - geschildert. Dabei gibt es in beiden Erzählsträngen Rückblenden und Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse und Gespräche als Kinder und junge Erwachsene. Man spürt das enge Band, das die Schwestern auch über Tausende Kilometer hinweg verband. Umso spannender ist es herauszufinden, was sie letztlich doch unbemerkt auseinanderdriften ließ.

Die Geschichte handelt zunächst von der Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen. Der Fokus wird jedoch bald auf die Beziehung der beiden unterschiedlichen Schwestern gelegt: Marie, eine erfolgreiche Fotografin, die ihre Heimat verlassen hat, um Karriere zu machen, früh geheiratet hat und vor ihrem Tod bereits vier Jahre geschieden war und Karla, die als Lokaljournalistin zufrieden ist und Bayern nur für ihre Reisen zu Marie verlassen hat. Trotz ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten liebten sie sich innig und konnten ohne die andere nicht sein: "Ich bin nicht ich ohne dich".

Die melancholische Stimmung zieht sich durch den gesamten Roman und liegt nicht nur in der allgemeinen Trauer um Marie begründet. Nach der Trauer und der Wut über Maries Tod ist die Enttäuschung bei Karla vorherrschend, dass Marie ihr bewusst Dinge aus ihrem Leben verschwiegen hat. Es macht sie traurig, dass ihre Schwester offenbar nicht das Gefühl hatte, sich ihr anvertrauen zu können und dass sie damit auch keine Chance hatte, Marie bei Problemen helfen zu können.
Die Verzweiflung und das Ohnmachtsgefühl sind sehr eindringlich beschrieben. So entwickelt man auch Verständnis für Karla, die sich in New York auf der Spurensuche nach ihrer Schwester nicht immer ganz korrekt verhält. Beide Schwestern sind authentische Figuren, wobei man Karla schneller näher kommt, als Marie, von deren Geheimnissen man als Leser auch nur peu à peu erfährt. Die Frage nach den ominösen Fotos als auch die Umstände von Maries Tod sorgen für Spannung, denn nach all den Offenbarungen ist es fraglich, ob der Tod beim Überqueren einer roten Ampel wirklich ein Unfall war.

"So wie du mich kennst" besticht durch eine sensible Charakterzeichnung, lebensnahe Schicksale und die Frage, ob man einen anderen Menschen jemals wirklich kennt. Die Geschichte ist emotional, aber nicht rührselig geschildert und fesselt durch die Geheimnisse, die Marie umgaben und Karlas Suche nach Wahrheit und Gewissheit.

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