Cover-Bild Hundswut
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14,00
inkl. MwSt
  • Verlag: HarperCollins Taschenbuch
  • Themenbereich: Belletristik - Krimi: Klassisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 368
  • Ersterscheinung: 20.02.2024
  • ISBN: 9783365006726
Daniel Alvarenga

Hundswut

Roman | erinnert an Andrea Maria Schenkels »Tannöd« | Buch zum Kinofilm mit Christine Neubauer, Konstantin Wecker, Annika Preil, Markus Brandl, Sepp Schauer und Christian Tramitz

»So lange wir nichts anderes wissen, so lange war das ein Wolf!«

In der bayerischen Provinz will man 1932 noch nichts von dem wissen, was in München vor sich geht. Hier nehmen die Bürger die Dinge noch selbst in die Hand. Als bestialische Morde das Dorf erschüttern, gilt es für den Bürgermeister und seinen Gemeinderat, die Gräueltaten schnellstmöglich aufzuklären.
Während man zunächst vermutet, dass ein Wolf im nahen Wald sein Unwesen treibt, verdichten sich bald die Gerüchte, dass es sich um einen menschlichen Täter handeln muss. Dem Hauptverdächtigen, dem Einsiedler Joseph Köhler, soll kurzerhand der Prozess gemacht werden, doch dieser beteuert vehement seine Unschuld.
Spätestens als Dorfpfarrer Hias den mittelalterlichen Hexenhammer zurate zieht, geraten die Ereignisse außer Kontrolle, und nur die Ehefrauen der Dorfoberhäupter können noch versuchen, dem grausigen Wahnsinn ein Ende zu bereiten.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.04.2024

Welch eine literarische Neuentdeckung!

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Ein kleines Dorf in der bayerischen Provinz, 1932. Während die Nazis in München langsam ihre Macht ausbauen, reicht deren Arm noch nicht bis in die abgelegensten Winkel, lösen die Dorfbewohner, allen voran ...

Ein kleines Dorf in der bayerischen Provinz, 1932. Während die Nazis in München langsam ihre Macht ausbauen, reicht deren Arm noch nicht bis in die abgelegensten Winkel, lösen die Dorfbewohner, allen voran die mächtigsten Männer, ihre eigenen Probleme lieber selbst. Als mehrere Jugendliche entsetzlich verstümmelt und ermordet im Wald aufgefunden werden, vermuten sie dahinter zuerst das Werk eines Wolfes. Doch schnell ist auch dem größten Zweifler klar, dass diese Gräueltaten menschlichen Ursprungs sein müssen. Ein Übeltäter ist in dem Köhler Joseph auch schnell gefunden, einem großkopferten Außenseiter, der sich kaum am dörflichen Leben beteiligt und hat er nicht damals Sohn und Frau schon auf kaum erklärbare Weise verloren? Schnell sind alle Skrupel vergessen und eine Hetzjagd beginnt, die das Bild vom Menschen als hoch kultiviertes Wesen Lügen straft, alte Fehden an die Oberfläche schwemmt und auch vor mittelalterlichen Methoden nicht halt macht.

„Das, was da in der Mitte des Platzes an das Rad gebunden war, das, was da schrie und keifte und stank, das war kein Mensch […] Das war ein Dämon, eine Kreatur, ein Teufel, und sie taten das einzig Richtige. Gottes Werk oder nicht, das war ihm egal, glauben sollten die, die es nötig hatten. Toni musste nicht glauben, er wusste.“ S. 344

Daniel Alvarenga ist für mich eine echte Neuentdeckung, ein starker Erzähler, den ich im Blick behalten werde. Der gebürtige Berliner hat sich als Drehbuchautor bereits einen Namen gemacht und legt mit „Hundswut“ nun sein literarisches Debüt vor, das es wahrlich in sich hat. Wer Doris Knechts „Wald“ und Marie Brunntalers „Wolf“ mochte, gerne in das einfache, archaische Leben einer kleinen, auf den ersten Blick fest eingeschworenen Gemeinschaft eintaucht und Interesse an den Dynamiken in einer solchen hat, wird hier voll auf seine Kosten kommen, muss sich allerdings auch auf explizite Gewaltschilderungen einstellen. Und mit dem bayerischen Dialekt sollte man auch keine Probleme haben, der hier ziemlich stark ausgeprägt ist, was der Geschichte besondere Authentizität verleiht, für mich als Nordlicht aber auch eine kleine Herausforderung war.

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Veröffentlicht am 11.03.2024

Erschütternd

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1932 in der bayerischen Provinz. Ein kleines Dorf, wo die Einwohner sich kennen und alles seinen gewohnten Gang geht. Als vier Jugendliche im Wald zu Tode kommen und grausam verstümmelt gefunden werden, ...

1932 in der bayerischen Provinz. Ein kleines Dorf, wo die Einwohner sich kennen und alles seinen gewohnten Gang geht. Als vier Jugendliche im Wald zu Tode kommen und grausam verstümmelt gefunden werden, ist sofort klar. Das muss ein tollwütiger Wolf gewesen sein. Die Hundswut wäre die einfachste Erklärung. Ansonsten müsste es ja einer aus ihrer Gemeinde gewesen sein. Und da käme nur einer in Frage. Der Einsiedler Joseph Köhler. Der Gemeinderat verzichtet auf die Einmischung von Außen und bereitet einen Hexenprozess vor.
Das Cover zeigt eine Berglandschaft mit bedrohlichem Wetter und passt sehr gut. Die Einwohner und die Gemeinschaft des Dorfes werden sehr authentisch beschrieben. Die Handlung beschreibt sehr realistisch, wie schnell Jemand zum Schuldigen erkoren wird. Das Vorgehen der Dorfbewohner wird in erschütternder Brutalität geschildert und regen zum Nachdenken an.

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Veröffentlicht am 30.03.2024

Gerücht ist der Klage Anfang (Sprichwort)

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Es ist eine ländliche Idylle, die anno 1932 im kleinen bayerischen Dorf zu finden ist, alle halten zusammen und sind eine eingeschworene Gemeinschaft, Diese Ruhe und Beschaulichkeit wird regelrecht zerfetzt, ...

Es ist eine ländliche Idylle, die anno 1932 im kleinen bayerischen Dorf zu finden ist, alle halten zusammen und sind eine eingeschworene Gemeinschaft, Diese Ruhe und Beschaulichkeit wird regelrecht zerfetzt, als mysteriöse Morde geschehen. Schnell steht fest, dass ein Wolf sein -Unwesen treibt...aber ist es wirklich ein Tier, das seine Opfer so grausam zurichtet ? Der Gemeinderat muss handeln und das schnell, denn ein Gerücht jagt das nächste....


Es gibt wenige Bücher, die so grausam sind und bis ins Mark erschüttern, doch Daniel Alvarenga spielt sein psychologisches Spiel fast bis zur Perfektion und zeigt seinen Leser:innen, was passiert, wenn sich ein ganzes Dorf wie eine Wand gegen einen einzelnen Menschen stellt. Dabei kehrt der Autor die Machtpositionen einiger erlauchten Dörfler sehr schön aus und zeigt, wie sich dieses Ansehen schnell in manipulative Gesten verwandelt.

Zwischen Furcht und Neugierde, Aberglaube und rationellem Denken mischen sich die Leser;innen unter die Bewohner:innen des Dorfes und werden so ein Teil der Geheimnisträger:innen, die immer tiefer in den Strudel aus menschlichen Abgründen, Verzweiflungstaten und Verunsicherung mit hineingezogen werden.

Die Figuren sind vielschichtig angelegt, vermitteln sowohl ihre Bigotterie als auch ihre manchmal eher einfältige Denkweise sehr glaubhaft und bieten immer wieder einen Nährboden für Ängste und Abgründe. Das gesprochene Wort, einmal in die Welt gesandt und als Gerücht verbreitet, kann nicht zurückgenommen werden und richtet im Verlauf der Handlung mehr Schaden als, als gut für das kleine Dorf ist. Hinter jeder Ecke, jedem Gässchen und jedem Winkel lauern Misstrauen und Verrat und bald können weder Provinzler:innen noch Leser:innen sich sicher sein, wem man noch sein Vertrauen schenkt.

Es geht hart zu im Buch und einige Szenen sind so grausam, dass sich mir ab und zu der Magen dreht...harter Tobak und nichts für zarte Gemüter. Das Grauen bekommt durch die Dorfbewohner;innen eine menschliche, wenn auch sehr verzerrte Fratze und zeigt, wie stark eine Gruppendynamik das eigene Tun und Handeln beeinflusst, wenn der Weg zurück zur Wahrheit unmöglich scheint.

Ein paar Ungereimtheiten bleiben dennoch offen im Raum stehen, die leider keine Auflösung finden und auch die Rolle der Kirche, gerade zum Ende des Buches, erscheint klischeehaft und recht überspitzt dargestellt. Solide 4 Sternchen für einen Krimi, der einem die Haare zu Berge stehen lässt.

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Veröffentlicht am 24.03.2024

Eindrucksvoll packender Psychothriller

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REZENSION – Erst nachdem Daniel Alvarenga (37) die Dreharbeiten seines nach eigenem Script selbst produzierten Kinofilms „Hundswut“ abgeschlossen hatte, schrieb er als „Buch zum Film“ seinen gleichnamigen ...

REZENSION – Erst nachdem Daniel Alvarenga (37) die Dreharbeiten seines nach eigenem Script selbst produzierten Kinofilms „Hundswut“ abgeschlossen hatte, schrieb er als „Buch zum Film“ seinen gleichnamigen Roman, der im Februar als sein literarisches Debüt im Verlag HarperCollins erschien. Dies war eine gute Entscheidung. Denn während der Film wohl nur in bayerischen Kinos läuft, ist sein packender Psychothriller nun überall zu lesen. Nur seien allzu zart besaitete Leser gewarnt!
Der seit seiner Jugend in Bayern wohnende Autor schildert einen fiktiven Vorfall aus dem Jahr 1932 in einem kleinen Bergdorf in der tiefsten bayerischen Provinz. Man lebt dort, als sei die Zeit irgendwann stehen geblieben. Mit der Großstadt München will man nichts zu tun haben und schon gar nichts von dem wissen, was die Nazis dort neuerdings treiben. Alles bleibt im Dorf und wird von Bürgermeister Bernhard „Hartl“ Aichinger und Großbauer Georg Steiner geregelt. Dies gilt auch, als eines Tages vier Kinder bestialisch ermordet und zerfleischt im Wald gefunden werden. Eine Meldung nach München kommt für den Bürgermeister nicht in Frage: „Bevor i dene wos meld und dann oan vo dene Nazis im Dorf hob, regel i's liaber selber.“ So beginnt er seine Ermittlung, unterstützt von Großbauer Steiner, Landgendarm Xaver und Gastwirt Lugg.
Anfangs glauben die Dörfler noch, ein Wolf könne für die grausame Bluttat verantwortlich sein. Die Dorfälteste setzt im Waschhaus das Gerücht in die Welt, es sei ein Werwolf: „Wenn di a kranker Wolf beißt, und due überlebst as, dann host du die Hundswuat a. Dann bist du verfluacht und musst wia a Wolf lebm.“ Doch weder einen Wolf noch einen Werwolf, sondern einen Menschen hält der Bürgermeister für den Mörder: „Mir wissn olle ganz genau, das des koa Wolf war! Aa koa tollwütiger! A Wolf jagt, wenn er Hunger hod! A Wolf zerfetzt ned vier Kinder und lassts dann im Wald verrecken. Und a Wolf vergeht si aa ned an am junga Madl, bevor ers umbringt. … Des war koa Viech, des war a Mensch!“
Schon bald gibt es weitere Mordfälle gleicher Brutalität. Ein Mörder muss schnell gefunden werden, um das Dorf zu beruhigen. Als Verdächtigen machen Bürgermeister und Großbauer den ohnehin schon von allen Dörflern misstrauisch beäugten Einsiedler Joseph Köhler aus, der seit dem Tod seines Sohnes und später auch seiner Frau schwermütig ist und mit Tochter Mitzi einsam am Wald wohnt. Man verschleppt ihn in den Bierkeller des Wirtshauses, um ihm den Prozess zu machen. Obwohl Köhler standhaft seine Unschuld beteuert, sind sich die Dörfler schnell einig, den Schuldigen gefunden zu haben. „Nichts hielt eine Gemeinschaft so effektiv zusammen wie der gemeinsame Hass auf jemand anderen.“ Als aber alle Versuche scheitern, Köhler zu einem Geständnis zu bewegen, meint Dorfpfarrer Hias Lechner in ihm einen vom Teufel besessenen Hexer zu erkennen, und zieht den aus dem Mittelalter berüchtigten „Hexenhammer“ zu Rate. Köhler soll nach Kirchenrecht als Werwolf angeklagt und verurteilt werden. Die Stimmung im Dorf nimmt nun eine bedrohliche Wendung: Der Wahn erfasst auch die eigentlich vernünftigen Bewohner und die Gewalt setzt sich durch. Als der Fall für das Dorf endlich abgeschlossen ist, geht das normale Leben weiter, als habe sich niemand schuldig gemacht, „weil es das immer tat, weil es das musste“.
In drastischen Bildern schildert Alvarenga sehr plastisch und authentisch den allmählichen, durch haltlose Gerüchte angefeuerten Gesinnungswandel unter den einfachen, meist ungebildeten Dorfbewohnern, wie sie sich in ihrer Bigotterie vom Pfarrer leicht beeinflussen und zum Äußersten treiben lassen. Sehr glaubhaft, in ihrer Düsternis ungemein realistisch und lebendig wirkt die erschreckende Handlung nicht zuletzt durch die drastischen Dialoge in bayerischer Mundart. Die wirklichkeitsnahe Schilderung macht in ihrer erschütternden Brutalität auch vor den grausamsten Szenen nicht Halt, wovon mancher Leser sich vielleicht abgestoßen fühlen kann. Doch andererseits ist es gerade diese Direktheit in der szenischen Darstellung sowie die psychologisch tiefgreifende Charakterisierung der Personen, wodurch Daniel Alvarengas Debütroman „Hundswut“ so eindrucksvoll ist, seine Leser so fasziniert und packt.