Cover-Bild Der goldene Handschuh
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19,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Rowohlt
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 256
  • Ersterscheinung: 26.02.2016
  • ISBN: 9783498064365
Heinz Strunk

Der goldene Handschuh

Dieser phantastisch düstere, grell komische und unendlich traurige Roman ist der erste des Autors, der ohne autobiographische Züge auskommt. Ein Strunkbuch ist es trotzdem ganz und gar. Sein schrecklicher Held heißt Fritz Honka – für in den siebziger Jahren aufgewachsene Deutsche der schwarze Mann ihrer Kindheit, ein Frauenmörder aus der untersten Unterschicht, der 1976 in einem spektakulären Prozess schaurige Berühmtheit erlangte. Honka, ein Würstchen, wie es im Buche steht, geistig und körperlich gezeichnet durch eine grausame Jugend voller Missbrauch und Gewalt, nahm seine Opfer aus der Hamburger Absturzkneipe „Zum Goldenen Handschuh“ mit.


Strunks Roman taucht tief ein in die infernalische Nachtwelt von Kiez, Kneipe, Abbruchquartier, deren Bewohnern das mitleidlose Leben alles Menschliche zu rauben droht. Mit erzählerischem Furor, historischer Genauigkeit und ungeheurem Mitgefühl zeichnet er das Bild einer Welt, in der nicht nur der Täter gerichtsnotorisch war, sondern auch alle seine unglücklichen Opfer. Immer wieder unternimmt der Roman indes Ausflüge in die oberen Etagen der Gesellschaft, zu den Angehörigen einer hanseatischen Reederdynastie mit Sitz in den Elbvororten, wo das Geld wohnt, die Menschlichkeit aber auch nicht unbedingt. Am Ende treffen sich Arm und Reich in der Vierundzwanzigstundenkaschemme am Hamburger Berg, zwischen Alkohol, Sex, Elend und Verbrechen: Menschen allesamt, bis zur letzten Stunde geschlagen mit dem Wunsch nach Glück.

Jetzt im Kino, verfilmt von Fatih Akin

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.02.2020

Fritz Honka, Frauenmörder

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Hamburg, in den 1970er Jahren. Fritz Honka, unter anderem als Wachmann tätig, wird zum mehrfachen Frauenmörder. Mit diesem Buch erzählt Heinz Strunk dessen Geschichte – mit Informationen, aus bislang unter ...

Hamburg, in den 1970er Jahren. Fritz Honka, unter anderem als Wachmann tätig, wird zum mehrfachen Frauenmörder. Mit diesem Buch erzählt Heinz Strunk dessen Geschichte – mit Informationen, aus bislang unter Verschluss befindlichen Akten zum Fall Honka aus dem Staatsarchiv Hamburg.

Das Buch hatte ich schon einige Zeit auf meiner „Leseliste“, bin es aber bislang noch nicht angegangen. Nun aber war es an der Zeit und ich habe es endlich gelesen.

Der Schreibstil von Heinz Strunk ist ein sachlicher, informativer, man erfährt viel und es wirkt doch fast immer ein bisschen kühl, was aber zur Thematik passt. Er schildert Einblicke in das Leben und den Alltag von Fritz Honka aus dessen Sichtweise, ebenso aber aus einem ganz anderen Bereich der Gesellschaft. So erzählt er ebenso über das Leben einer hanseatischen Reederdynastie, die in Elbvororten leben, wo das Geld wohnt.

Das Buch ist inhaltlich gut verständlich aber durchaus harter Stoff. Ich habe mehrmals das Buch lieber mal kurz zur Seite gelegt, um tief durchzuatmen, denn was sich Fritz Honka hier überlegt hat, wie er gehandelt hat, das war schon nicht ohne. Auch ist es so, dass man mit einer gewissen Vorahnung während des Lesens versorgt wird. (Generell, wenn man den Fall Honka kennt, dann weiß man ja schon, um was es wie genau geht.) Für sanfte Gemüter ist dies also definitiv kein Buch. Interessant ist es auch zu sehen, wie Fritz Honka scheinbar nicht wirklich großartig mit seinem Gewissen zu kämpfen hat, denn was er tut, ist ja schon heftig. Im Gegenteil, er versucht sich teilweise noch vertraglich abzusichern, irgendwie verrückt.

Überhaupt waren es krasse Einblicke in eine Zeit, in der es – so klingt es zumindest für mich – heftig am Hamburger Berg zuging. Man wird mit auf die Reise von der Reeperbahn zum Hamburger Berg genommen, landet mit im „Goldenen Handschuh“, gegenüber vom „Elbschlosskeller“. Natürlich gibt es dort ganz eigene Regeln, scheinbar war (bzw. ist?) es aber damals relativ leicht, jemanden mitzunehmen, tendenziell wohl eher Frauen, die nichts hatten, indischer Sand. Überhaupt findet man solche Ausdrücke bzw. Bezeichnungen (ebenso wie „Schmiersuff“) immer mal wieder im Buch – die Sprache passt für mich hier auch so dazu, wie man sich es so vorstellt.

Für mich war dies eine unterhaltsame, interessante und sehr spannende Lektüre. Ich hatte intensive Einblicke in die Art und (Denk- bzw. Handlungs)Weise von Fritz Honka, über den ich bislang schon etwas gelesen hatte, seine ganz eigene und spezielle Sicht aber noch nicht kannte. Auch wenn es teilweise schwerer Stoff war, kann ich dieses Buch echt empfehlen und vergebe 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 10.01.2017

Geschichten aus einer Hölle auf Erden

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Wie tief Menschen sinken können, macht sich die/der DurchschnittsbürgerIn meist kaum klar. Ab und zu sieht man solche geschlagenen Existenzen auf der Straße, gelegentlich kreist eine Gruselmeldung durch ...

Wie tief Menschen sinken können, macht sich die/der DurchschnittsbürgerIn meist kaum klar. Ab und zu sieht man solche geschlagenen Existenzen auf der Straße, gelegentlich kreist eine Gruselmeldung durch die Medien, wenn verwahrloste, auch alkoholkranke Menschen aus ihren Wohnungen geholt und in eine Klinik gebracht werden. Man schaudert sich dann wohlig beim Anblick dieser häßlichen, teils abstoßenden Gestalten und ist glücklich über das eigene, im Vergleich dazu doch schöne Leben. Doch was in diesen Menschen vorgeht, wie sie leben und fühlen, bleibt unbekannt, denn wer will schon zu solchen Personen in Beziehung treten?
Heinz Strunk hat es gewagt und das Soziotop der Gaststätte 'Zum goldenen Handschuh' Mitte der Siebziger detailliert beschrieben. Hier finden sich die, die vom Alkohol bereits so zerstört sind, dass ein 'normales' Leben unerreichbar ist. Kriegsveteranen, Verlassene, Behinderte - aber auch Mancher aus der scheinbar so gut situierten Gesellschaft, wo Vieles nur Schall und Rauch ist. Allen gemeinsam ist, dass sie saufen um zu vergessen, um sich besser zu fühlen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Fritz Honka, ein erbarmungswürdiger Mensch, der zeit seines Lebens fast nur grausam misshandelt und verstümmelt wurde. Wenn er nicht arbeitet, säuft er bis knapp zur Bewusstlosigkeit im goldenen Handschuh, sodass es ihm noch gelingt, gelegentlich ein weibliches Wesen abzuschleppen, das noch weiter unten in gesellschaftlichen Skala steht (ja, das geht.) Älter sind sie, häßlich wie die Nacht und bar jeden Selbstvertrauens. Er misshandelt, missbraucht und versklavt sie, um sich selbst eine Stufe höher zu stellen.
Daneben steht die Beschreibung einer alteingesessenen, ehrwürdigen Reedersfamilie, deren Glanz jedoch lange zurückliegt. Mittlerweile herrscht nur noch Gleichgültigkeit und Heuchelei und selbst der materielle Reichtum ist nur noch ein Trugbild. Der Senior ist zerfressen von Hass und Wut und wartet nur noch auf den richtigen Augenblick, um dem Allem Ausdruck zu verleihen. Sein Sohn, in einer gleichgültigen Ehe gefangen, verwaltet in der familieneigenen Reederei nur noch den Mangel und gibt sich im goldenen Handschuh regelmäßig dem Suff hin. Und sein Schwager, ein erfolgreicher lediger Rechtsanwalt, ist ein ebensolcher Alkoholiker wie Fritz Honka, von dem ihn lediglich unterscheidet, dass er ein schöneres Zuhaus und mehr Geld hat und damit besseren Alkohol und schönere Frauen bekommt.
Kein sehr symphatisches Personal, das man in dieser Geschichte vorfindet. Und doch gelingt es Heinz Strunk, Mitgefühl für Fritz und die anderen Stammgäste im goldenen Handschuh zu wecken. Denn letzten Endes wollen sie nichts weiter, als ein bisschen Liebe und Respekt und wären mehr als glücklich, einen Menschen an der Seite zu haben, neben dem sie am Morgen aufwachen könnten. Es ist ein vulgäres, ordinäres und grausames Buch, und trotzdem gibt es immer wieder auch Szenen zum Lachen oder bei denen ich völlig gerührt war.
Auch wenn sich das Ganze liest, als käme es von einem anderen Stern, sollte man sich klarmachen, dass wir sooo weit davon nicht entfernt sind. Wie es sich der Jüngste der Reedersfamilie denkt, als er das erste Mal im goldenen Handschuh ist: 'Wieviel davon steckt auch in mir, in jedem?...Werde ich auch so, wenn ich nur lange genug hier sitze?'

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der goldene Handschuh

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„Der goldene Handschuh“ ist eine Kneipe. Es ist ein dunkles, stinkendes Loch, in dem verlorene Seelen und finstere Gestalten Zuflucht finden und sich unter Gleichgesinnten die Lichter ausschießen. Traurige ...

„Der goldene Handschuh“ ist eine Kneipe. Es ist ein dunkles, stinkendes Loch, in dem verlorene Seelen und finstere Gestalten Zuflucht finden und sich unter Gleichgesinnten die Lichter ausschießen. Traurige Schicksale, verhunzte Lebensläufe, gesundheitliche Probleme, Arbeitslosigkeit und die Sehnsucht nach einem geregelten Leben und der Liebe werden hier mit viel Schnaps heruntergespült. Ob am helllichten Tag oder mitten in der Nacht, die Kneipe öffnet ihre Tür immer und für jeden.

Fritz Honka ist so eine verkorkste Gestalt, die im goldenen Handschuh Zuflucht und vermeintliche Freunde findet. Er weiß, wie alle anderen auch, dass wenn er die Kneipe betritt, er „Freunde“ wiedersieht und die Außenwelt ausblenden kann. Honka ist Alkoholiker, er lebt in einer kleinen stinkenden und dreckigen Wohnung und greift hier und da eine Frau auf, die ihn befriedigt und der er als Gegenleistung ein Dach über dem Kopf anbieten kann. Gewalt, Streitereien, Obszönitäten und der Drang nach Sex beherrschen seinen Alltag. Doch tief in seinem Inneren will er ein normales Leben führen, einen Job ausüben, ein geregeltes Einkommen haben und dem Teufelskreis, in dem er sich befindet, entfliehen. Letztendlich kann er der Spirale, die ihn noch tiefer in all das Elend zieht, nicht entkommen und legt auch noch einen Karriere als Frauenmörder hin.

Zwischendurch wird die Geschichte von einer reichen und bekannten Familie eingeschoben, in der einige Familienmitglieder, trotz all dem Geld, Probleme und abartige Neigungen haben, die natürlich ausgelebt werden müssen. Früher oder später landet man auch hier in der berüchtigten Kneipe und säuft sich das Leben schön. An dieser Stelle wird klar, dass die zerstörten und bemitleidenswerten Existenzen nicht nur der Unterschicht angehören, sondern sich auch in der Oberschicht finden lassen. Denn wie sagt man so schön: Geld allein macht nicht glücklich.

Das Buch von Heinz Stunk ist keine leichte Kost. Mir ist beim Lesen, da ich mich versucht habe intensiv in die Situationen hineinzuversetzen, tatsächlich zwischendurch schlecht geworden, denn die Lebensumstände von Honka und all den anderen Handschuh-Besuchern sind alles andere schön. Die Beschreibungen seiner Abartigkeit, seines Alkoholkonsums und seiner Handlungen sind manchmal abstoßend. Der Schreibstil und diverse Zeitsprünge machen das Lesen nicht so einfach, aber die Geschichte wird sehr realistisch beschrieben. Honkas Morde sind eher als Randgeschichte niedergeschrieben. Vielmehr dreht sich die Story um seine Persönlichkeit, seine Neigungen und seine Sehnsüchte. Die polizeilichen Ermittlungen und der Prozess werden erst als Anhang des Buches thematisiert.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der goldene Handschuh

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Eingangs werde ich mich nicht groß mit dem Inhalt befassen, da dieser sicherlich fast allen bekannt ist. In diesem Roman wird das Leben sowie die Morde von Fritz Honka verarbeitet, welcher in den 70er-Jahren ...

Eingangs werde ich mich nicht groß mit dem Inhalt befassen, da dieser sicherlich fast allen bekannt ist. In diesem Roman wird das Leben sowie die Morde von Fritz Honka verarbeitet, welcher in den 70er-Jahren in Hamburg 4 Frauen auf brutalste Weise ermordet hat. Eingangs des Buches wird sich lang mit dem Leben in St.Pauli beschäftigt, was mir "als nicht Deutsche" sehr gut gefallen hat. Es handelt jedoch nicht nur von Honka, sondern beschäftigt sich eingehend mit dem Publikum in der Kiezkneipe "Der goldene Handschuh".

Grundsätzlich fand ich das Buch sehr gut geschrieben und es war leicht und flüssig zu lesen (auch trotz des teilweise starken Akzentes). Die Geschichte hat mich durchaus gefesselt. Irgendetwas hat mir persönlich aber einfach an diesem Buch gefehlt. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass meiner Meinung nach das Ende zu schnell war, aber irgendetwas verwehrt dem Buch aus meiner Sicht den vierten Stern.

Weiters merke ich noch an, dass das Buch dreckig, versaut, krank und pervers geschrieben ist und nicht nur aufgrund von den darin behandelten Morden nichts für schwache Nerven ist. Es behandelt das Leben auf St.Pauli größtenteils aus Sicht der miesesten Unterschicht, also muss man sich schon auf einige herbe Sprüche gefasst machen.

Alles in Allem hat mir das Buch trotzdem gut gefallen, weil ich ein solche auch noch nie gelesen habe und dies für mich einmal "etwas anderes" war!