“Ein Teil von uns” ist ein Roman der jungen, deutschen Autorin Kira Gembri. Wie auch in ihrem vorherigen Buch “Wenn du dich traust” geht ihr Erfolgsrezept auf: Man nehme ein ernstes Thema (diesmal: Organspende), mische es mit einer romantisch-spritzigen Liebesgeschichte und füge noch eine große Portion Selbstfindung und das Ausbrechen aus alten Mustern hinzu. Fertig ist der Schmöker für junge Erwachsene, der sich sehr unterhaltsam und mit einer angenehmen Prise Humor liest. Jetzt neu als Taschenbuch erschienen! Für Jugendliche ab 14, und besonders auch für ältere Leser.
Seit langer Zeit geht der nun 19-jährige Aaron zur Dialyse. Seine Nieren haben ihre Funktion eingestellt. Manchmal ist er sogar bereits erschöpft, wenn er nur eine Treppe nach oben steigt. So zu tun, als wäre alles perfekt, das gelingt ihm nicht: “Alle Menschen waschen ihre Klamotten, manche waschen Geld und ich wasche eben mein Blut. Kein Thema, oder? Aber nur ein Idiot würde mir dieses Theater abkaufen.” (Zitat aus “Ein Teil von uns” S.9). Lange wartet Aaron schon auf ein Spenderorgan, um endlich wieder ein normales Leben zu haben. Die 19-jährige Antonia, genannt Nia, führt ein von ihren Eltern vorherbestimmtes Leben. Sie soll Anwältin werden — ebenso wie ihre Erzeuger — und lernt fleißig für ihr Studium. Oft ist sie unsicher, aber sie versucht alles richtig zu machen und den hohen Anforderungen ihrer Eltern gerecht zu werden: “Meine Mutter und mein Vater legen beide großen Wert darauf, in jeder Situation Kira Gembri Ein Teil von unsHaltung zu bewahren: Wenn es ein Problem gibt, arbeitet man hart an einer Lösung oder man schweigt darüber. An diese Regel bin ich von früher Kindheit an gewöhnt, aber manchmal komme ich mir gegenüber meinen Eltern trotzdem so vor wie eine Fliege, die an eine Fensterscheibe prallt.” (Zitat S.15) Nur in einem Punkt widersetzt sich Nia ihren Eltern: sie will ihrer kranken Tante, zu der ihre Mutter nach Streitigkeiten keinen Kontakt mehr hat, eine Niere spenden. Doch bei der Operation stirbt ihre Tante an einem plötzlichen Schlaganfall und Nias Spenderorgan wird weitergereicht: an Aaron, der kurz darauf auf das verzweifelte Mädchen trifft. Und unwissentlich ihr gegenüber einen dummen Witz reißt, weil er sie ebenfalls für die Empfängerin eines Organs hält. Als er sich die Hintergründe zusammenreimen kann und sich bei ihr entschuldigen will, blafft Nia ihn nur an: “Wenn wir schon ganz ehrlich sein wollen, kann ich dir auch gleich sagen, dass du nicht die Niere meiner Tante erwischt hast. Jedenfalls nicht die, die in ihr gewachsen ist. Es war meine, die ich ihr unbedingt geben wollte, und jetzt ist sie tot und du trägst meine Niere in dir und…” […] Mühsam ringe ich nach Luft, um meinen Satz zu beenden. “…und ich habe noch nie irgendetwas so sehr bereut wie das.” (Zitat S.54).
Elf Monate später steht Aaron plötzlich wieder vor Nias Haustüre: er, der nun gesund ist und von Tag zu Tag fitter wird, empfindet die Spenderniere wie einen Fremdkörper. Und er hat das untrügliche Gefühl irgendetwas wieder gut zu machen. Also schlägt er Nia einen überraschenden Deal vor. Einen Deal, der sie bis ans Ende der Welt führt, bis nach Australien…
“Ein Teil von uns” bietet vom Cover her gleich einen gewissen Wiedererkennungswert hinsichtlich des vorherigen Titels, der jedoch komplett eine andere Geschichte mit eigenen Hauptfiguren erzählt. Die Perspektiven sind allerdings auch hier wieder kapitelweise abwechselnd gestaltet, was interessante Einblicke in die Gefühlswelt von Nia und Aaron zulässt. Die Charaktere sind authentisch und vollziehen — was mir immer sehr gut an den Büchern gefällt — eine schöne Wandlung. Zum Beispiel lernt Nia eigene Entscheidungen zu treffen, zu sich selbst und ihren Wünschen zu stehen und sich so zu akzeptieren, wie sie ist, fernab von den Vorstellungen ihrer Eltern. Toll sind auch die fetzigen Dialoge und Streitereien zwischen den beiden. Sie sorgen für mühelosen Lesefluss und humorvolle Unterhaltung. Die Autorin verrät auch nicht gleich immer alles. Das fällt besonders zu Beginn des Buches auf. Sie lässt ihre Protagonisten agieren und Dinge sagen, die der Leser nicht sofort versteht. Beispielsweise dachte ich zunächst Laura wäre eine Freundin von Nia, bis herauskommt, dass sie ihre Tante ist. Auch fragte ich mich, was für einen seltsamen Termin Nia hat, von dem ihre Eltern sie dringend abhalten wollen. Dieses Erzählprinzip sorgt für Spannung und für eifriges Miträtseln. Auf jeden Fall wird es nicht langweilig! Und bald dann auch schön romantisch…
Fazit: Die perfekte Lektüre zum Abtauchen!