Cover-Bild Der Nachtwächter
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Aufbau
  • Themenbereich: Belletristik - Exil, Migration
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 496
  • Ersterscheinung: 12.07.2021
  • ISBN: 9783351038571
Louise Erdrich

Der Nachtwächter

Roman
Gesine Schröder (Übersetzer)

Pulitzer Prize for Fiction 2021.

Kann ein Einzelner den Lauf der Geschichte verändern? Kann eine Minderheit etwas gegen einen übermächtigen Gegner, den Staat, ausrichten? »Der Nachtwächter«, der neue Roman der mit dem National Book Award ausgezeichneten Autorin Louise Erdrich, basiert auf dem außergewöhnlichen Leben von Erdrichs Großvater, der den Protest gegen die Enteignung der amerikanischen UreinwohnerInnen vom ländlichen North Dakota bis nach Washington trug. Elegant, humorvoll und emotional mitreißend führt Louise Erdrich vor, warum sie zu den bedeutendsten amerikanischen Autorinnen der Gegenwart gezählt wird - und zeigt, dass wir alle für unsere Überzeugungen kämpfen sollten und dabei manchmal sogar etwas zu verändern vermögen.

»Mir stockte der Atem, als ich begriff, was meinem Großvater von seinem Nachtwächter-Schreibtisch aus gelungen war.« Louise Erdrich

»Ein meisterhaftes Epos. Nach der Lektüre ist man tief bewegt und vermisst diese Figuren, als wären sie echte Menschen.« New York Times Book Review

»Mit diesem Roman ist Louise Erdrich auf der Höhe ihrer genialischen Schaffenskraft angelangt.« Washington Post

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.11.2022

Unbedingt lesen!

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September 1953, North Dakota, Reservat des Turtle Mountain Band of Chippewa. Stammesratsvorsitzender Thomas Wazhashk - benannt nach der tapferen Bisamratte - bewirtschaftet tagsüber sein Farmland und arbeitet ...

September 1953, North Dakota, Reservat des Turtle Mountain Band of Chippewa. Stammesratsvorsitzender Thomas Wazhashk - benannt nach der tapferen Bisamratte - bewirtschaftet tagsüber sein Farmland und arbeitet nachts als Wächter der Lagersteinfabrik, deren Ansiedlung am Rande des Reservats den Bewohnern ein bescheidenes, aber stetes Einkommen ermöglicht. Zwischen den Kontrollgängen erledigt er die Post; Briefe an die Verwandten und die Politik, geschrieben in vollendet schönen Schwüngen und gewähltem Ausdruck. Thomas war einst Schüler in Fort Totten, einem jener Internate, in die viele Kinder der Ureinwohner zum Zwecke der Zivilisierung verschleppt wurden. Unsägliches ist ihnen dort widerfahren. Doch was er lernte, vermag sie jetzt vielleicht zu retten, denn den indianischen Nationen droht die Terminierung.
Der Kongress in Washington hat mit der sogenannten House Concurrent Resolution 108 beschlossen, sie zu "emanzipieren", allen US-Bürgern gleichzustellen. Die Reservate sollen aufgelöst, die Ländereien verkauft, die Bewohner - von der Autorin schlicht Indianer genannt - in die Städte umgesiedelt und damit ausgelöscht werden, als hätte es sie nie gegeben.

"Das ist es dann also, dachte Thomas, als er die nüchternen Satzgirlanden der Gesetzesvorlage vor sich sah. Wir haben die Pocken überlebt, die Winchester-Repetierbüchse, die Hotchkiss-Kanone, die Tuberkulose. Wir haben die Grippeepidemie von 1918 überlebt und in vier oder fünf Kriegen für die USA gekämpft. Und jetzt vernichtet uns diese Ansammlung knochentrockener Wörter. Die Veräußerung, das Einstellen, die Terminierung, Obiges, Folgendes, besagte."

Doch der Legende zufolge war es die tapfere Bisamratte, die ihr Leben gab, um die Welt entstehen zu lassen, auf der sie immer noch lebten. Die Bisamratte, die Thomas Wazhashk seinen Namen gab...

Mit dem vorliegenden Roman hat Louise Erdrich ihrem Großvater, der Ende 1953 den Protest der Ureinwohner mit einer kleinen Delegation von North Dakota bis in den Kongress nach Washington trug und dabei seine Gesundheit ruinierte, ein literarisches Denkmal gesetzt.
Wie sie das tut, hat zu Recht den Pulitzer Preis verdient. Ihre bild- und detailreichen Schilderungen der indianischen Lebenswelt zeugen von intimer Milieukenntnis, tiefer Liebe und Verwurzelung. Der Roman ist mit vielen wunderschönen poetischen Details - etwa der Geschichte von Thomas' Flickendecke - und zarten lyrischen Bildern ausgestattet, die Gesine Schröder ebenso sanft ins Deutsche übertragen hat. Mir fallen jetzt zur Nachtzeit nicht mehr nur die Augen zu, sondern ich "treibe auf den Flusslauf des Schlafes hinaus".

Obwohl ihre Charaktere, Lebende wie Geister, alle auffallend empathisch sind, zeichnet die Autorin sie keineswegs als idealisierte Heroen, sondern auch als Menschen in Zweifel und Zwiespalt. Sie irren, treffen fragwürdige, aber selten eigennützige Entscheidungen. Die Gemeinschaft, so die Botschaft, ist das einzige, was sie letztlich retten wird. Ein feiner untergründiger Humor durchdringt dabei fast den gesamten Text und lässt vor allem die Dialoge sehr lebendig wirken.

"Es heißt, dass er uns beibringen will, auf eigenen Füßen zu stehen.« Die beiden schauten auf ihre Füße hinunter. »Ich glaub, das sind meine«, sagte Louis. »Tja, ich weiß nicht«, sagte Thomas. »Du weißt was nicht?« »Ob einer von denen jemals sagen wird:Mensch, diese Indianer, die hatten schon was drauf. Die hätten wir nicht ausrotten sollen. Da haben wir was verpasst.« Louis lachte. Thomas lachte. Diese Vorstellung fanden sie beide sehr komisch."

Louise Erdrich hat die historisch verbürgte Handlung mit einer fiktiven Story rund um die starken Frauenfiguren Patrice 'Pixie' Paranteau und ihre Mutter Zhaanat verknüpft. Deren (auch übersinnliche) Suche nach Pixies verschollener Schwester Vera (TW: sexuelle Gewalt) verleiht der Geschichte einen zusätzlichen Spannungsbogen und macht sie auch zu einem Familien- und Entwicklungsroman.

Ich habe das Buch fast atemlos und in einem Rutsch gelesen und wollte am Ende gleich wieder von vorn beginnen, um die Menschen nicht verlassen zu müssen, die einem wie Freunde ans Herz wachsen.
Unbedingte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 02.11.2021

Eine liebevolle Hommage

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Louise Erdrich, Autorin mit Chippewa-Wurzeln, 2021 mit dem Pulitzer 2021 für diesen Roman ausgezeichnet, zeigt in „Der Nachtwächter“ das dunkle Kapitel der „Termination Bill“ auf, die ihren Anfang zu Beginn ...

Louise Erdrich, Autorin mit Chippewa-Wurzeln, 2021 mit dem Pulitzer 2021 für diesen Roman ausgezeichnet, zeigt in „Der Nachtwächter“ das dunkle Kapitel der „Termination Bill“ auf, die ihren Anfang zu Beginn der fünfziger Jahre hat. Verträge, die seit langem Bestand haben, werden gebrochen mit dem Ziel, die Stämme zu zerschlagen, die Ureinwohner von ihrem Land zu vertreiben und in Städte umzusiedeln. Schlussendlich Landraub mit legitimen Mitteln. Druck wird im Wesentlichen über die finanzielle Schiene aufgebaut. Den Stämmen wird der autonome Status aberkannt, die Entschädigungszahlungen für die Besiedlung von Stammesland eingestellt. Die Auswirkungen, die dies hat, sind bis heute deutlich zu sehen: Armut, Alkoholismus, Arbeitslosigkeit, fehlende Perspektiven und nicht zuletzt der Identitätsverlust der Vertriebenen.

Erdrichs Großvater wurde im Turtle Mountain Reservat in North Dakota geboren, und seine Geschichte ist Inspiration und Grundlage für diesen Roman, in dessen Zentrum Thomas Wazhushk steht. Nachts bewacht er eine Fabrik, in der tagsüber die Frauen des Turtle-Mountain-Clans arbeiten, unter anderem auch seine Nichte Pixie. Thomas ist ein guter, ein mitfühlender Mensch und will die anstehende Vertreibung mit allen Mitteln verhindern, weshalb er einerseits innerhalb des Reservats versucht, zu informieren und einen Marsch nach Washington zu organisieren, andererseits aber auch viele Nächte damit verbringt, lange Briefe an die Verantwortlichen in Washington zu schreiben, um seinen Stamm vor der Auslöschung, aber auch den Erfahrungen zu bewahren, die Pixie machen muss, als sie in Minneapolis nach ihrer Schwester sucht, die das Reservat verlassen hat und spurlos verschwunden ist.

Es ist ein buntes Kaleidoskop, zusammengesetzt aus unzähligen Einzelschicksalen, Drama und leisem Humor, übernatürlichen Erscheinungen, Mystik und Spiritualität. Eine liebe- und respektvolle Hommage an die Menschen, die trotz aller Widrigkeiten ihre Würde behalten und mit aller Entschlossenheit für ihre Traditionen und ihre Existenz kämpfen. Lesen!

Veröffentlicht am 24.08.2021

Aufrüttelnd

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Das Buch erzählt die Geschichte um den Nachtwächter Thomas, das Leben seiner Familie sowie der anderen Familien im Indianerreservat. Thomas kämpft neben seiner Arbeit gegen ein Gesetz, dass seinen Stamm ...

Das Buch erzählt die Geschichte um den Nachtwächter Thomas, das Leben seiner Familie sowie der anderen Familien im Indianerreservat. Thomas kämpft neben seiner Arbeit gegen ein Gesetz, dass seinen Stamm auslöschen würde. Das Buch wird in Episoden aus Sicht verschiedener Personen erzählt. Der Erzählfluss ist aber in großen Teilen chronologisch.
Louise Erdrich beschreibt bildhaft das Leben im Reservat aber auch der Personen außerhalb. Man erfährt viel über die Bräuche, die Lebensweise und das Spirituelle des Indianerstamms. Normalerweise mag ich es nicht, wenn ein Buch ins Spirituelle abdriftet. Hier passt es aber einfach. Der Autorin kommt ihre Abstammung zu gute. Die Figur des Nachtwächters ist an ihren Großvater angelehnt.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich vergebe 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 05.08.2021

ein verdient preisgekrönter Roman

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In ihrem Roman „Der Nachtwächter“ weckt die bekannte amerikanische Autorin Louise Erdrich nicht nur die Aufmerksamkeit auf eine wichtige Epoche in der Geschichte der Native Americans, sondern ehrt auch ...

In ihrem Roman „Der Nachtwächter“ weckt die bekannte amerikanische Autorin Louise Erdrich nicht nur die Aufmerksamkeit auf eine wichtige Epoche in der Geschichte der Native Americans, sondern ehrt auch den Einsatz ihres Großvaters für sein Volk.
Seit dem 19.Jahrhundert wurden die amerikanischen Ureinwohner in Reservaten zusammengedrängt, oft auf zu kleinen Landflächen schlechter Qualität. Dort kämpfen sie ums Überleben, sind gezwungen, sich dem Lebenswandel und den Ideologien der Weißen anzupassen, und versuchen dabei, ihre eigene Identität und ihre Gebräuche aufrechtzuerhalten. Anfang der 1950er Jahre wird vom Kongress ein Gesetz verabschiedet, dass die zugesicherten Anrechte der Native Americans zurücknimmt, sie zur Zahlung von höheren Steuern verpflichten soll und zur Umsiedelung in die Städte bewegen, was einer Auslöschung der Stämme gleichkommt.
Dies betrifft auch den Stamm der Turtle Mountain Band of Chippewa, dessen Vorsitz Louise Erdrichs Großvater zu dieser Zeit innehatte. Im Roman lebt Thomas Wazhashk diese Rolle, er kümmert sich um seine Farm, die Belange seines Stammes und schreibt während seiner Nachtwachen in der Lagersteinfabrik Briefe an öffentliche Stellen und Personen, um für ihre Rechte einzustehen. Als er von dem geplanten Terminierungsgesetz hört, kann er den Inhalt zunächst nicht glauben, setzt sich dann intensiv damit auseinander und organisiert eine Delegation nach Washington, um dort ihr Anliegen zu vertreten.
Neben diesem Hauptthema gibt die Autorin einen Eindruck in das Leben der Chippewa zu dieser Zeit. Der Leser nimmt an den Gedanken und Eindrücken mehrerer Stammesmitglieder teil aber auch einiger Weißer, die im Reservat leben oder dieses besuchen. Es wird eindrucksvoll vermittelt, wie die verschiedenen Personen und unterschiedlichen Generationen mit dem Umbruch in ihrer Gesellschaft umgehen, sich der Lebensweise der Weißen anpassen oder an den Anforderungen scheitern, sich zum christlochen Glauben bekennen und dennoch ihre alten Gebräuche und Ahnen ehren. In vielen Szenen und Gesprächen zeigt sich, wie unterschiedlich die Werte der Weißen und der Chippewa sind, wie anders ihr Blick auf die Welt und ihr Umgang mit der Natur.
Mich hat das Buch sowohl inhaltlich als auch sprachlich beeindruckt. Trotz der vielen Charaktere hatte ich nie den Eindruck, den Überblick zu verlieren. Die Autorin weckt auf sensible Weise Verständnis für das Leben und Denken der Native Americans für das Leid, dass sie erfahren haben, aber sie zeigt auch die Stärken auf, die in der Gemeinschaft einer Familie oder eines Stammes stecken können. Diese wunderbar feinsinnige Geschichte hat mein Interesse geweckt, noch weitere Geschichten dieser Autorin zu entdecken.

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Veröffentlicht am 01.08.2021

"Die Gärten der Himmelsfrau oder globale Ökosysteme"

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Louise Erdrich schreibt in ihrem neuen Roman über den Großvater. Der setzte sich für seine Leute ein und wehrte sich gegen die Enteignung der Ureinwohner Amerikas. Was Einzelne damals zuwege brachten und ...

Louise Erdrich schreibt in ihrem neuen Roman über den Großvater. Der setzte sich für seine Leute ein und wehrte sich gegen die Enteignung der Ureinwohner Amerikas. Was Einzelne damals zuwege brachten und wie schwer ihr Kampf für Gerechtigkeit war, das kommt in
„Der Nachtwächter“ eindrücklich zum Vorschein.

Die Autorin lebt mit der Natur und für sie. Sie beschreibt den Glauben an eine Himmelsfrau und in welcher Weise Pflanzen miteinander kommunizieren. Das Buch ist ein beeindruckendes Zeugnis einer Frau, die ihre Wurzeln bei den Ureinwohnern Amerikas hat. Nein, das bedarf für mich keines Beweises durch wissenschaftlichen Studien, dass Bäume, in welcher Weise auch immer, „Gespräche“ führen. Ihre Weisheit ist legendär und nicht nur bei diesem Thema kann ich viel von den „Indianern“ lernen.

Welchen Einfluss hat die durch Menschenhand arg ausgenutzte Umwelt auf das Klima und das Wachstum der lebenswichtigen Pflanzen? Auch das beschreibt Frau Erdrich sehr deutlich. Das Buch faszinierte mich und das lag nicht nur an den Ausführungen. Die Sprache gefiel mir nämlich ebenfalls sehr gut und hier hat die Übersetzerin Gesine Schröder wirklich ganze Arbeit geleistet. Einzig Ruhe und Konzentration aufs Lesen sollten Interessierte mitbringen. Dann erleben sie nämlich kostbare und lehrreiche Stunden, wobei am Ende des Buches viele Themen zum Nachdenken übrig sind.

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