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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.03.2024

Weniger Thriller - mehr Wendungen

Gestehe
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Eins vorweg: Ich mag die Bücher von Henri Faber sehr gerne. „Gestehe“ ist bereits der dritte Thriller des Autors, leider nicht sein bester. Dennoch würde ich ihn weiterempfehlen. Denn schon optisch macht ...

Eins vorweg: Ich mag die Bücher von Henri Faber sehr gerne. „Gestehe“ ist bereits der dritte Thriller des Autors, leider nicht sein bester. Dennoch würde ich ihn weiterempfehlen. Denn schon optisch macht das Buchcover richtig was her und bietet eine Haptik, die für die Bücher von Faber typisch ist. Damit ist „Gestehe“ äußerlich seinen Vorgängern schon mal treu geblieben. Auch wenn ich das Buch nicht als typischen Thriller empfunden habe, hatte es trotzdem viel Spannung zu bieten. Die Geschichte dreht sich um den (etwas) abgehobenen Ermittler Johann Winkler, nur noch Inspektor Jacket genannt. Seit er vor einigen Jahren einen Organhändlerring gesprengt und ein kleines Mädchen vor dem Tod gerettet hat, wird er in Österreich als Held gefeiert. Dort, genauer gesagt in Wien, spielt nämlich die Geschichte, die abwechselnd aus der Perspektive von Jacket, Mo und Er erzählt wird. Mo ist Mohammad Moghaddam und ebenfalls Ermittler wie Jacket bei Leib-Leben. Da er Jacket alles andere als sympathisch findet, missfällt es ihm auch, dass er zufällig mit ihm die Ermittlungen zu seinem ersten Mordfall leiten soll. Gegensätzlicher könnte so ein Duo kaum sein. Jacket, der zumindest nach außen hin absolut von sich selbst überzeugt scheint und seit seiner heroischen Tat, die er auch noch in einem Buch unter dem Titel „Blutnacht“ veröffentlicht hat, eher als Star, denn als Ermittler von sich reden macht, ist das komplette Gegenteil von Mo. Mo hat es aufgrund seiner ausländischen Wurzeln nicht leicht in seinem Job und versucht sich durch seine Genauigkeit und seinen konservativ-spießigen Kleidungsstil als Vorzeige-Österreicher zu geben, was ihm allerdings nicht gelingt.
Faber stellt in seinem Thriller neben den Mordfällen auch gesellschaftskritische Themen in den Vordergrund und macht anhand der Figur von Mo den Alltagsrassismus deutlich, der ihm immer wieder entgegenschlägt.
Bei der Person „Er“ ist lange nicht klar, um wen es sich dabei handelt. Mutmaßlich könnte es sich dabei um den Nachfolgeroman Jackets handeln, denn dieser ist gerade in der Mache. Für mich persönlich hätte es diese Kapitel nicht unbedingt gebraucht, zumindest nicht in der Form. Insgesamt tragen sie dennoch zum Verständnis und Ablauf der Geschichte bei.
Ohne noch mehr vorwegzunehmen sei gesagt, dass „Gestehe“ für die Leser:innen zahlreiche überraschende Wendungen bereithält. Mal mehr, mal weniger nachvollziehbar. Auch die Actionszenen hätte es für meinen Geschmack nicht gebraucht, einfach, weil ich davon kein Fan bin. Aber wer Action mag, kommt in „Gestehe“ auf jeden Fall auf seine Kosten.
Begeistert bin ich von der bereits angesprochenen Gesellschaftskritik, die Faber übt und seinem wortgewandten und humorvollen Schreibstil.
Insgesamt war „Gestehe“ für mich ein Pageturner, den ich nur schwer aus der Hand legen konnte. Besonders das Ende hat mich dann noch mit den teilweise weit hergeholten Wendungen versöhnt, weshalb ich das Buch, wenn auch mit kleinen Abstrichen, weiterempfehlen würde.

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Veröffentlicht am 17.02.2024

Gute Idee - Umsetzung lässt Luft nach oben

Die Influencerin
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„Die Influencerin“ von Rebecca Russ ist ein Thriller, der die Schattenseiten des Berufs anhand der Lifestyleinfluencerin Sarah betrachtet. Bekannt ist sie unter dem Namen @sarahlauft und als ...

„Die Influencerin“ von Rebecca Russ ist ein Thriller, der die Schattenseiten des Berufs anhand der Lifestyleinfluencerin Sarah betrachtet. Bekannt ist sie unter dem Namen @sarahlauft und als solche auch sehr erfolgreich. Nachdem sich eine ihrer Followerinnen allerdings im zarten Alter von 16 Jahren das Leben genommen hat, wird ihr die Schuld dafür gegeben und sie bekommt Hass und Häme ab. Daraufhin deaktiviert sie ihren Account und es herrscht erst einmal Funkstille. Diese währt allerdings nicht lange, denn schon nach wenigen Wochen erscheint ein Fake Account mir ihren Bildern unter dem Namen @sarahrennt. Von da an wird sie im wahrsten Sinne des Wortes zur Verfolgten. Denn Follower zu haben oder im wahren Leben von einem Follower verfolgt zu werden, sind zwei Seiten der Medaille, und genau das ist es, was Sarah widerfährt. Sein Leben mit Tausenden von Menschen zu teilen, birgt eben auch Schattenseiten, wie in der Geschichte mehr als deutlich wird.
Die Idee dahinter finde ich sehr gut und passt absolut in die heutige Zeit. Allerdings ist die Umsetzung für mich nicht ganz gelungen. Denn es dauert eine ganze Weile, ehe die Leserinnen und Leser überhaupt vom Tod der Followerin Leonie erfahren und damit eben auch den Grund für Sarahs Social-Media-Abstinenz. Die Handlung nimmt erst mal nicht so richtig Fahrt auf und zieht sich etwas in die Länge. Lediglich die Einschübe eines Followers oder einer Followerin, die Sarah regelrecht und das sogar im wahren Leben zu stalken scheint, sorgt für die nötige Spannung. So muss Sarah nicht nur hinnehmen, dass es einen Fake Account unter ihrem Namen gibt, sondern auch, dass sie einige ominöse Präsente nach Hause erhält, die ihr nichts Gutes wollen. Im letzten Viertel der Geschichte beginnt dann langsam die Auflösung der rätselhaften Ereignisse und es kommen sogar noch einige neue und unerwartete Wendungen hinzu. Diese sind meiner Meinung nach der Geschichte aber nicht unbedingt dienlich und wirken teilweise ziemlich weit hergeholt. Leider wird der Plot damit eher überladen, weniger wäre hier mehr gewesen und hätte sicherlich auch für die nötige Spannung gesorgt.

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Veröffentlicht am 14.02.2024

Mehr als nur EIN Monster

Monster (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 11)
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Nele Neuhaus liefert mit „Monster“ erneut einen Kriminalroman voller Spannung und unerwarteter Wendungen ab, wie man es von ihr gewohnt ist. Schon das Cover wirkt sehr ansprechend und passt zu den bisherigen ...

Nele Neuhaus liefert mit „Monster“ erneut einen Kriminalroman voller Spannung und unerwarteter Wendungen ab, wie man es von ihr gewohnt ist. Schon das Cover wirkt sehr ansprechend und passt zu den bisherigen Fällen der Reihe. “Monster“ ist der mittlerweile 11. Fall der Bodenstein und Kirchhoff-Reihe. Wer diese schon länger verfolgt, kennt die beiden Charaktere sowie zahlreiche andere Protagonisten aus dem Umfeld der beiden Ermittler inzwischen ziemlich gut, was es leicht und angenehm macht, sich in die Geschichte einzufinden. Diese beginnt diesmal mit dem Mord an der 16-jährigen Larissa, die erdrosselt aufgefunden wird. Doch dies soll nicht der einzige Todesfall in dem Krimi bleiben. Wie diese aber letztenendes zusammenhängen, bleibt äußerst rätselhaft. Im Fall von Larissa gerät zunächst der afghanische Asylbewerber Farwad M. unter Mordverdacht. Dies schürt in der Öffentlichkeit Hass und Hetze gegen die örtliche Flüchtlingsunterkunft. Ein brisantes und durchaus aktuelles Thema, dem sich Neuhaus damit widmet. Womit sie aber feinfühlig und klug umzugehen weiß. Dies wird allerdings nicht das einzig brisante Thema bleiben, das in „Monster“ Berücksichtigung findet, ebenso die deutsche Rechtsprechung und welche Folgen sie hier mit sich bringt. Definitiv unerwartete, aber wie genau das alles mit dem Mord an Larissa zusammenhängt, würde schon fast zu viel verraten. Denn diesmal geizt der Fall um Pia Sander und Kai von Bodenstein absolut nicht mit überraschenden und teils erschütternden Wendungen. Ich finde sie von der Idee her durchaus gelungen, allerdings in ihrer Umsetzung zu dramatisch und überzogen, weshalb ich dafür definitiv einen Stern abziehen muss. Nichtsdestotrotz ist „Monster“ ein spannender und erschütternder Krimi, der sich dank Neuhaus Schreibstil gewohnt angenehm und flüssig lesen lässt.

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Veröffentlicht am 14.02.2024

Urlaub für die Seele

Die Wundersammler
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So viel kann ich vorwegnehmen "Die Wundersammler" von Hans Rath und Michaela Wiebusch ist ein absoluter Wohlfühlroman, den ich mit viel Freude gelesen habe. Aber worum geht es überhaupt? Soziologiestudentin ...

So viel kann ich vorwegnehmen "Die Wundersammler" von Hans Rath und Michaela Wiebusch ist ein absoluter Wohlfühlroman, den ich mit viel Freude gelesen habe. Aber worum geht es überhaupt? Soziologiestudentin Paula befindet sich über den Sommer im italienischen Molitori, wo sie ihre Doktorarbeit zum Thema Wunder fertigstellen will. So produktiv wie erhofft kommt sie allerdings nicht voran. Zum Glück helfen ihr aber einige ihrer dortigen Begegnungen unerwartet dabei. Allen voran Pater Benedikt, der sich ebenfalls nach Molitori begeben hat, weil er derzeit in einer Sinnkrise steckt und sich fragt, ob er wohl immer noch von Gott berufen ist. Zusammengebracht durch Paulas Sommerfreundin, die Schülerin Franca, beschließen sie sich gemeinsam auf die Suche nach einer Erklärung für die Wunder dieser Welt zu machen. Ein bisschen hoffen sie dabei auch darauf, ihr eigenes Wunder zu erleben. Zu dem Zwecke machen sie sich zu zweit auf eine Reise und klappern alle Anlaufstellen ab, die Paula bereits im Zuge ihrer Doktorarbeit kontaktiert hatte. Dabei begegnen ihnen zahlreiche Menschen, die sich mit dem Thema Wunder auf unterschiedlichste Art und Weise auseinandersetzen. Mit allen führen sie Gespräche über ihre Sicht der Dinge. Denn was genau ist überhaupt ein Wunder? Eine schöne Rolle nimmt auf dieser Reise immer wieder Franca ein, die zwar nicht mit dabei ist, aber regelmäßig mit Paula und Benedikt videochattet, um zu erfahren, wo sie gerade sind und was sie gerade erleben. Dazu gibt sie den beiden immer wieder neue Denkanstöße und Impulse, die sie ermuntern weiterzumachen, besonders wenn es mal wieder Zweifel gibt, ob Wunder überhaupt existieren. Ob dem so ist oder nicht, davon können sich die Leserinnen und Leser in dem Roman am besten selbst ein Bild machen. Das Buch vermittelt durchweg eine schöne Stimmung durch seinen herzlichen Schreibstil, ohne dabei (zu) kitschig zu werden. Oft hatte ich das Gefühl, selbst auf Reisen zu sein und die genannten Orte zu besuchen. Eine schöne und lesenswerte Erfahrung.

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Veröffentlicht am 05.02.2024

Keine leichte Kost

Notizen zu einer Hinrichtung
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"Notizen zu einer Hinrichtung" von Danya Kukafka ist ein Roman, der gemischte Gefühle bei mir hervorgerufen hat und sich am Ende wahrlich nicht als leichte Kost herausgestellt hat. Das sollte ...

"Notizen zu einer Hinrichtung" von Danya Kukafka ist ein Roman, der gemischte Gefühle bei mir hervorgerufen hat und sich am Ende wahrlich nicht als leichte Kost herausgestellt hat. Das sollte den Leserinnen und Lesern vor der Lektüre bewusst sein. Dennoch empfehle ich den Roman, da er Einblicke gibt, die so facettenreich, differenziert, aber auch erschütternd sind, dass sie sowohl packend zu lesen sind als auch zum Nachdenken anregen.
Zum Inhalt: Erzählt wird die Geschichte von Ansel Packer, der für seine verübten Morde mit dem Tod bezahlen muss. Die 12 Stunden bis zu seiner Hinrichtung erzählt Kukafka detailliert und mit zahlreichen Rückblenden. Darin erfährt die Leserschaft, was genau zu Packers entsetzlichen Taten geführt hat. Eine Hauptrolle spielen dabei die wichtigsten Frauen in Ansels Leben, die in einzelnen Kapiteln genauer betrachtet und begleitet werden. Wir erfahren viel über ihre Leben und wie sie Ansel kennengelernt und wahrgenommen haben. Damit erschafft die Autorin ein sehr komplexes Bild der Person, das dennoch in seiner Gesamtheit bis zum Ende rätselhaft bleibt.
Ungewöhnlich an dem Buch ist der Schreibstil der Autorin. Denn in den Kapiteln, die von Ansels Zeit bis zur Vollstreckung der Hinrichtung handeln, spricht sie ihn quasi an und beschreibt die Situation, indem sie beispielsweise sagt: "Du schwingst die Beine über die Pritschenkante, hievst dich von der Matratze." Was mich zunächst verwirrt hat, dann aber trotz der Tragik Ansel Packer etwas Menschliches verliehen hat. Dadurch gelingt es Kukafka, eine kritische Auseinandersetzung mit der Sinnhaftigkeit einer Hinrichtung sowohl aus Opfer- als auch aus Täterperspektive herzustellen. Kein leichtes Unterfangen, aber eins, das zum Nachdenken anregt. Ebenfalls betrachtet sie die gesamte Entwicklung der Mordfälle und Berichterstattung darüber mit einem kritischen Auge und macht in ihrem Roman deutlich, welche Absurdität oftmals mit der Faszination für Täter einhergeht. Ein Punkt, der sich auf die Realität in Form von True Crime-Formaten durchaus übertragen lässt.
Insgesamt handelt es sich bei "Notizen zu einer Hinrichtung" um einen Roman, der außergewöhnlich geschrieben, feinfühlig erzählt, aber auch bedrückend zu lesen ist.

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