Cover-Bild Anschlag von rechts
14,99
inkl. MwSt
  • Verlag: cbj
  • Genre: Kinder & Jugend / Sachbilderbücher
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 22.05.2017
  • ISBN: 9783570174371
Reiner Engelmann

Anschlag von rechts

Nach einer wahren Begebenheit
Mitten unter uns: Rechtsextremismus heute

Irgendwo in einer Kleinstadt mitten in Deutschland treffen sich drei Freunde auf ein Feierabendbier. In den sozialen Netzwerken haben sie sich schon an ausländerfeindlichen Pöbeleien beteiligt. Nun werden sie zu Verbrechern, denn wenige Stunden später werfen sie einen Molotowcocktail in eine Flüchtlingsunterkunft. Die Bewohner, darunter auch Kinder, entkommen nur knapp.

Reiner Engelmann recherchiert die Hintergründe dieser schrecklichen Tat. Er analysiert die Beweggründe und er befragt die Opfer, die sich in Deutschland endlich sicher gefühlt hatten. Dabei wird deutlich: rechtes Gedankengut und Fremdenfeindlichkeit sind in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen und viel zu lange unbeachtet geblieben.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.07.2017

Ein aktuelles Thema, informativ aufgearbeitet

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„Irgendwo in einer Kleinstadt mitten in Deutschland treffen sich drei Freunde auf ein Feierabendbier“... Reiner Engelmann hat in seinem neusten Jugendbuch einen Angriff auf eine Flüchtingsunterkunft als ...

„Irgendwo in einer Kleinstadt mitten in Deutschland treffen sich drei Freunde auf ein Feierabendbier“... Reiner Engelmann hat in seinem neusten Jugendbuch einen Angriff auf eine Flüchtingsunterkunft als wahre Begebenheit aufgegriffen, Hintergründe rechechiert, mit Hilfe von Angehörigen und Anwälten die Beweggründe analysiert und die Opfer befragt. Daraus ist ein beachtliches Buch entstanden, welches für Jugendliche ab 13 Jahren empfohlen wird.

Das Buch ist keine Stimmungsmache, sondern versucht uns Leser schon alleine mit dem thematischen Aufbau in die Situation mit reinzunehmen: in Teil 1 kommen die Opfer zu Wort. 5 Menschen erzählen von ihrer Heimat und ihrer Flucht – mal mehr, mal weniger eindrücklich und ergreifend. 5 Schicksale, die – scheinbar beispielhaft herausgegriffen - aufzeigen, dass Schutzsuchende aus allen möglichen Gründen und sozialen Schichten zu uns nach Deutschland kommen. Was auf den ersten Blick oberflächlich erscheint, ist wohl bewußt so gewählt, denn auf eine Mitleidsmasche wurde verzichtet – zum Wohle des Themas, welches nicht nur mit dem Herzen, sondern vor allem pragmatisch gesehen werden soll.

Teil 2 nimmt sich nun den Tätern an. Wie entsteht die Tat, wie wird sie ausgeführt – ein kurzer Schwenk zu den Opfern in dieser Nacht lässt uns kurz den Gedankengang unterbrechen – was passiert die Stunden danach. Die Täter werden aufgegriffen – 3 unterschiedliche Typen Mensch, die unterschiedlich mit der Verhaftung und dem Tatvorwurf umgehen. Wir erleben drei Anwälte, die erst einmal dem „unbeschriebenen Blatt des Mandanten“ gegenüberstehen und drei Jugendliche, die sich mal mehr, mal weniger schnell öffnen und die wahren Hintergründe preisgeben. Dieser Abschnitt ist spannend, denn auch wir Leser lassen uns erst einmal blenden von einer Entschuldigung in den Medien, schwanken zwischen Sympathie und Antipathie hin und her... und genau diese Entwicklung ist vom Autor so gewollt. Denn sie zeigt, dass nicht immer alles so einfach scheint, wie es sich im ersten Augenblick anfühlt. Weder die Situation der Flüchtenden und Opfer, noch die Situation der Alteingesessenen und Täter.

In Teil 3 bekommen wir einen Einblick in die mediale Welt und den Prozeß mit Urteil – wir erleben den Gedankengang des Richters, die Vertretung der Anwälte und was solch ein Prozeß allgemeingültig deutlich machen kann: „Fremden- und Rassenhass dürfen nicht noch einmal Oberhand gewinnen. Dazu soll dieses Urteil beitragen, aber dazu müssen wir auch alle etwas beitragen. Denn dieses Urteil wird gesprochen im Namen des Volkes, also im Namen aller.“ Es wird sowohl an unsere Offenheit gegenüber der Flüchtenden plädiert, aber auch, die Augen nicht vor denjenigen zu verschließen, die nach einfachen Lösungen wie diesem Anschlag suchen. Wir müssen die „Ängste und Sorgen der Menschen ernst nehmen und dafür brauchen wir Aufklärung, Bildung und vor allem Geduld. Etwas, was sich über Jahre hinweg entwickelt hat, lässt sich nur von heute auf morgen umkehren. Aber wir sollten besser heute als morgen damit beginnen“ (Seite 159, Mitte)

Dazu passt das Nachwort, in welchem Fragen wie „Krieg als Fluchtursache“, „Waffenexporte“ und „Unterdrückung und Verfolgung“, „Klimawandel als Fluchtursache“, „Armut und Ausbeutung“ oder auch das Glossar mit Symbolen und Codes herangezogen werden, eine Diskussion zu entfachen, die sich sehr gut in einer Schulklasse machen würde. Aufgeklärte, politisch offene Lehrer sollten dieses Buch aufgreifen und zusammen mit ihren Schülern erarbeiten. Denn meines Erachtens hat es Reiner Engelmann geschafft, ein die Jugend ansprechendes, äußerst informatives Buch zu gestalten – mit genug Tiefe und doch leicht genug, um nicht die Lust am Lesen und Thema zu verlieren. Ein Buch, welches ich gerne in der Familie und Freundeskreis (mit dem ein oder anderen Oberklassenlehrer) empfehlen werde.

Veröffentlicht am 09.07.2017

Ein Lesemuss Gegen das Vergessen

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„Doch so, wie die Grenzbeamten sie ansahen, wussten alle sofort, hier waren sie nicht willkommen.“ (S.31)

Wenn Menschen ihre Heimat verlassen müssen, hat das meistens wirklich schlimme Gründe. Niemand ...

„Doch so, wie die Grenzbeamten sie ansahen, wussten alle sofort, hier waren sie nicht willkommen.“ (S.31)

Wenn Menschen ihre Heimat verlassen müssen, hat das meistens wirklich schlimme Gründe. Niemand verkauft freiwillig sein Hab und Gut, um in einem fremden Land bei Null anzufangen, ohne dass man die Sprache kennt. Niemand begibt sich in Gefahr, wenn es nicht sein muss. Alle Flüchtlinge, die ihr Land verlassen, um bei uns Asyl zu finden, haben nichts außer dem, was sie am Leib tragen. Sie fliehen vor Terror, Krieg, Gewalt, Hass, Mord und Totschlag, Armut, Krankheiten, Elend und Leid.
Und doch gibt es Menschen hier, die sie nicht willkommen heißen. Die ihnen genau das entgegen bringen, wovor sie geflüchtet sind. Abneigung, Hass, Gewalt. Doch warum tun sie das? Sind die Politiker mit ihren Hassreden Schuld? Die fehlende Bildung in einigen Gebieten? Wodurch sind diese Menschen so voller Hass? Von wem wurden sie so beeinflusst?
Matze, Robert und Beate sind solche Menschen, die genug von diesen Flüchtlingsschwemmen haben. Und sie beschließen, mehr oder weniger, etwas dagegen zu tun. Sie werfen einen Molotowcocktail in ein Asylantenheim. Und dieses Buch durchleuchtet die Tat von allen Seiten.

Dieses Buch bietet einen Rundumblick. Es beschreibt die Umstände der Flüchtlinge. Warum sie geflohen sind, woher sie kamen und wie sie nach P. gekommen sind. Und am wichtigsten, was sie zu der Flucht aus ihrer Heimat bewogen hat. Ich denke das ist ganz wichtig.
Es beschreibt aber auch, warum Robert, Matze und Beate diese Tat begangen haben. Wer sie beeinflusst hat, was sie dazu bewogen hat, und wie sie sie verübt haben.
Ist dieses Buch eine Wertung? Nein. Ist es neutral geschrieben? Ich denke schon. Es ist eben ein Rundumblick. Da muss jeder selbst entscheiden, was er daraus nimmt. Ich kann nur hoffen, dass dieses Buch einigen Menschen die Augen öffnet. Dass es einen Aha-Effekt gibt und mehr nachgedacht wird. Und dass nicht mehr weggesehen wird bei rechten Anschlägen. Denn sie sind real, präsent, und wahr. Kein Mythos, der von den Flüchtlingen in die Welt gesetzt wird, damit „wir Deutschen“ uns schuldig führen. Genauso wenig, wie sie uns die Arbeitsplätze wegnehmen, alles „in den Arsch geschoben kriegen“, unseren „Sozialstaat ausnutzen wollen“ und dabei nur in Markenklamotten und mit Smartphone rumlaufen. (Tut mir leid, das ist etwas eskaliert.)
Ich hoffe, dieses Buch lässt Menschen nachdenken, bevor sie reden. Aber ich befürchte auch, dass die Menschen, die dieses Buch lesen werden, das sowieso schon tun.
Ich kann es trotzdem nur jedem ans Herz legen. Gerade in Zeiten von G20, den bösen Linksradikalen, den bösen Flüchtlingen, den bösen Menschen.

Veröffentlicht am 25.05.2017

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Inhalt:
Irgendwo in einer Kleinstadt mitten in Deutschland treffen sich frei Freunde auf ein Feierabendbier. In den sozialen Netzwerken haben sie sich schon an ausländerfeindlichen Pröbeleien beteiligt. ...

Inhalt:
Irgendwo in einer Kleinstadt mitten in Deutschland treffen sich frei Freunde auf ein Feierabendbier. In den sozialen Netzwerken haben sie sich schon an ausländerfeindlichen Pröbeleien beteiligt. Nun werden sie zu Verbrechern, denn wenige Stunden später werfen sie einen Molotowcocktail in eine Flüchtlingsunterkunft. Die Bewohner, darunter auch Kinder, entkommen nur knapp.
Reiner Engelmann recherchiert die Hintergründe dieser schrecklichen Tat. Er analysiert die Beweggründe und er befragt die Opfer, die sich in Deutschland endlich sicher gefühlt hatten. Dabei wird deutlich: Rechtes Gedankengut und Fremdenfeindlichkeit sind in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen und viel zu lange unbeachtet geblieben.

Meine Meinung:
Vorab möchte ich sagen, dass ich diesem Buch bzw. dieser Rezension KEINE Bewertung abgebe, weil meine eigentlichen Bewertungen dem Gesamtpaket (darunter z.B. Schreibstil; Cover; Spannung etc. ) gelten. In diesem Fall habe ich mich gegen eine Bewertung entschieden, weil dieses Thema, wie ich finde, jeder sich einmal selbst durch den Kopf gehen lassen sollte, ohne jegliche Beeinflussung meiner möglichen Bewertung oder Meinung. Hierbei handelt es sich nicht um einen Roman. Auf allen anderen Plattformen, wie z. B. lovelybooks , wo es nötig ist eine Bewertung bis zu fünf Sterne abzugeben, hinterlege ich auch fünf Sterne, die allerdings KEINEN WERT haben. Ich bin völlig neutral an das Buch, so wie auch auf die Rezension eingegangen und möchte hiermit nur meine Meinung zu dem Buch abgeben.

"Anschlag von rechts" besteht aus drei inhaltlichen Abschnitten. In dem ersten Teil geht um fünf verschiedene Fluchten aus einem jeweils anderem Land, verfasst in der Sicht von dem jeweiligen Flüchtling. Wichtig hierbei ist der Anschluss, denn diese Flüchtlinge landen alle in der besagten Stadt P. und waren Opfer des rechtsextremistischem Anschlags.
Ich finde es gut, dass man zuerst einen Einblick in die Geschichte der Opfer bekommt, um dann natürlich besser zu verstehen. Auch hier ist es natürlich jedem Menschen überlassen sich sein eigenes Meinungsbild darüber zu schaffen, denn jeder fühlt und denkt anders als der andere. Dennoch ist es ein guter Einstieg und hinterlässt schon einiges zum Grübeln im Kopf. Da es sich hierbei um ein Kinder- bzw. Jugendbuch handelt, ist das Buch nicht einer Wucht von Fachbegriffen durchzogen. Jeder Fachbegriff, sollte man schon gehört haben und falls nicht, kann man sich schnell ein Bild durch den Zusammenhang machen. Außerdem bekommt man auch einen Einblick in die polizeiliche Lage anderer Länder und auch hier staunte ich nicht nur kurz.
Ich finde nicht so gut, dass die Gefühle nicht sehr stark hervorgebracht werden. Allerdings kann ich das auch auf meine Vorliebe für Liebesromane zurückwerfen, weil diese fast nur aus Gefühlen bestehen. Es könnte also sehr gut sein, dass es so manch anderen nicht so ergeht wie mir.
Der zweite Teil beinhaltet die Tat bzw. den Anschlag. Durch den Einblick in die Köpfe der Flüchtlinge hat man jetzt eine klarere Sicht, wie ich finde. Man bekommt den Hintergrund des Tathergangs beschrieben und darf auch einen Blick in den Tag danach werfen.
Hier finde ich gut, dass man einen kleinen Blick in die Köpfe und Hintergründe der drei Freunde, die den Anschlag ausüben, werfen kann. Hier bildet man sich schon ein eigenes klares Bild. Ich muss auch noch hinzufügen, dass ich den Schreibstil teils leicht provokant empfunden habe, was ich allerdings lobe, denn bei mir hat das den Reiz dazu ausgelöst intensiver über das Thema nachzudenken.
Im dritten Teil findet der Prozess statt. Leider muss ich zugeben, dass man diesen Teil auch hätte an einigen Stellen kürzen können, weil hier einige Wiederholungen stattfinden. Das hat mich dazu gebracht einige Seiten einfach zu überfliegen, weil ich eigentlich nur wissen wollte, wie das ganze denn nun endet und was mit den Angeklagten und den Opfern passiert. Schließlich kommt man zu dem Glossar in dem Symbole, Codes und mehr, die in neonazistischen und rechten Kreisen eine bedeutende Rolle spielen und teilweise strafbar sind, abgebildet sind sind. Die Erklärungen dazu finde ich unglaublich interessant. Nicht nur einmal konnte ich mich an öffentlichem Gebrauch solcher Zeichen erinnern.
Die Idee zu diesem Buch finde ich sehr gut und ich empfehle es ganz klar weiter, denn mir ist aufgefallen, dass sich die Medien nicht so genau ausdrücken können wie diese Geschichte.

buechervertraeumt.blogspot.com

Veröffentlicht am 10.11.2017

Fremdenfeindlichkeit, ein wichtiges Thema in der heutigen Zeit.

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Die Flüchtlingskrise ist ein Thema, welches uns alle betrifft. Es gibt Menschen, die empfinden Angst vor den vielen Asylsuchenden, die ins Land kommen, andere empfinden sogar Hass auf alles Fremde. In ...

Die Flüchtlingskrise ist ein Thema, welches uns alle betrifft. Es gibt Menschen, die empfinden Angst vor den vielen Asylsuchenden, die ins Land kommen, andere empfinden sogar Hass auf alles Fremde. In der Vergangenheit gab es viele Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte. Reiner Engelmann hat in seinem Buch „Anschlag von rechts“ versucht die Hintergründe näher zu beleuchten. Was treibt einen Menschen dazu an, solch eine Tat zu vollziehen und dabei in Kauf zu nehmen, dass Flüchtlinge, die dachten sie seien hier unter uns nun endlich in Sicherheit, wieder in große Angst um ihr Leben versetzt werden. Ein Buch, welches unbedingt im Schulunterricht zum Einsatz kommen sollte.

Reiner Engelmann (geboren 1952) studierte Sozialpädagogik und machte sich in den Bereichen der Leseförderung, der Gewaltprävention und der Kinder- und Menschenrechtsbildung stark. Außerdem organisierte er für Schüler aber auch für Erwachsene regelmäßige Ausflüge nach Auschwitz. Er ist Autor von Anthologien und Büchern zu gesellschaftlichen Brennpunktthemen.

„Die nationalsozialistische Vergangenheit ist in den Köpfen vieler Menschen Gegenwart.“ (Seite 159)

Dieses Buch beschreibt eine wahre Begebenheit. Es handelt von einem Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim, welches durch drei Täter begangen wurde. Der Autor beleuchtet zunächst einige Geschichten von Asylbewerbern aus Afghanistan, Somalia, Syrien, Pakistan und Simbabwe. Dann beschäftigt er sich mit der Tat an sich, der Untersuchung des Falls und dessen Urteils.

Man könnte meinen, dass bei solch einem Buch die Opfer, also die Asylbewerber, im Vordergrund stehen. Dem ist aber nicht so. Sicherlich beschreibt der Autor die verschiedenen Wege, die diese auf sich genommen haben, um das rettende Land, nämlich Deutschland, zu erreichen. Auch erzählt er, wieso sie aus dem einem oder dem anderen Land fliehen mussten. Allerdings schlägt Herr Engelmann hier einen eher sachlichen, nüchternen und knappen Ton an. Er macht klar, was die Flüchtlinge durchmachen mussten, welche schlimmen Schicksale sie zu uns gebracht haben.
Im zweiten Teil des Buches beleuchtete Engelmann, soweit möglich, die Hintergründe des Brandanschlags und die Vergangenheit der Täter. Hier stellte sich mir oftmals die Frage, ob man wirklich so naiv, unwissend und manchmal auch dumm sein kann. Und es wird deutlich, dass die rechtsextreme Bewegung genau solche unwissenden Menschen, Menschen die sich von der Gesellschaft nicht angenommen fühlen, rekrutiert. Sozialschwache Klassen scheinen leichte Beute zu sein. Viele von ihnen hinterfragen nicht, sie sind einfach Mitläufer. Andere sind mit ihrer Lebenssituation unzufrieden und suchen die Schuld bei anderen, anstatt bei sich selbst.
Interessiert hätte mich hier auch das Alter der Täter. Sind sie noch jung und somit unbedarft und unerfahren, oder haben sie bereits ein Alter erreichen, in welchem sie es eigentlich besser wissen müssten?
Auch die Mütter der Täter kommen zu Wort. Ganz deutlich wird hier, dass sie gesehen haben, wie die eigenen Kinder auf die schiefe Bahn geraten. Sie waren der Sache aber nicht gewachsen, wussten nicht, wie sie sich durchsetzen sollten oder schätzten die Situation nicht richtig ein. Sie sehen ihre Kinder immer in einem anderen Licht, wollen sie beschützen und sehen nur die guten Seiten in ihnen, aber nicht die schlechten oder gar gefährlichen.

„Im Bewusstsein dessen müssen wir die Ängste und Sorgen der Menschen ernst nehmen und dafür brauchen wir Aufklärung, Bildung und vor allem Geduld. Etwas, das sich über Jahre hin entwickelt hat, lässt sich nicht von heute auf morgen umkehren. Aber wir sollten besser heute als morgen damit beginnen.“ (Seite 159)

Im Anhang fasst der Autor die aktuelle Situation nochmals kurz aber präzise zusammen. Wie viele (oder wenige) Menschen kommen tatsächlich in unser Land? Wie viele davon sind Kinder? Welche Anzeichen von Rechtsextremismus sind in Kleidung, Musik oder Symbolik zu finden?

Das Buch war schnell gelesen und besonders der Anhang war sehr interessant. Es ist sicherlich eine gute Lektüre für den Schulunterricht, auch um den Schülern die Angst vor dem Fremden zu nehmen und ihnen klar zu machen, dass die Flüchtlinge nicht freiwillig ihre Heimat verlassen, sondern dazu gedrängt werden. Denn es hieß Leben oder Sterben. Natürlich entscheidet man sich dann für das Leben, vor allem wenn die eigenen Kinder in Gefahr geraten. Doch auch der Weg in die Sicherheit ist lebensgefährlich.
Das Buch ist sehr faktisch und wenig emotional, aber das ist wichtig, da es nicht vorschnell verurteilt, sondern die Hintergründe aufdeckt ohne dabei zu verharmlosen. Das gesprochene Urteil des Richters macht nochmals deutlich, dass dieser Brandanschlag (zum Glück ohne Opfer) keine Lappalie ist, sondern bereits traumatisierte Menschen in tiefe Angst versetzt hat.
Ein Buch, welches auffordert über die eigenen Gedanken zu reden. Reiner Engelmann nimmt klar Stellung gegen Hass und Gewalt, er sieht Flüchtlinge, die Hilfe suchen, als eine Bereicherung für unsere Gesellschaft an.

„im Jahr 2015 (waren) insgesamt 65,3 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. […] Rechnet man das auf die Tage eines Jahres um, so machten sich täglich 34.000 Menschen auf die Flucht. Gut die Hälfte von ihnen waren Kinder. […] nur ein geringer Teil (davon erreichte) die Europäische Union, nämlich 14 Prozent.“ (Seite 163)

Veröffentlicht am 20.08.2017

Intensiv aufgearbeitetes Brennpunktthema, gut als Schullektüre geeignet

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Seit der Flüchtlingskrise 2015 gab es eine vierstellige Anzahl von Übergriffen auf Flüchtlingsheime in Deutschland. Fremdenfeindliche Parteien wie die AfD gewinnen immer mehr Wählerstimmen, und in Städten ...

Seit der Flüchtlingskrise 2015 gab es eine vierstellige Anzahl von Übergriffen auf Flüchtlingsheime in Deutschland. Fremdenfeindliche Parteien wie die AfD gewinnen immer mehr Wählerstimmen, und in Städten wie Dresden gehören Protestmärsche Rechtsradikaler mittlerweile zum Alltag.

Reiner Engelmann ist Autor zahlreicher Publikationen zu Brennpunktthemen. Sein neues Jugendbuch basiert auf einer wahren Begebenheit. Der Autor hat mit betroffenen Flüchtlingen gesprochen und durch seine Recherchen interessante Einblicke in die Psyche rechtsradikal motivierter Täter und deren Familienangehörigen gewonnen.

Das Buch ist chronologisch aufgebaut. Nachdem stellvertretend für alle Opfer die Schicksale von fünf Flüchtlingsfamilien vorgestellt wurden, lernt der Leser die drei Täter kennen und wie es zur Tat kommt. Es folgen Vernehmungen, Untersuchungshaft, Prozess und Verurteilung. Im Anhang gibt es noch einen Exkurs über Fluchtursachen sowie ein Glossar über Symbole und Codes aus der neonazistischen Szene

Auch wenn die Gefühle der Flüchtlinge nach dem Anschlag wiedergegeben werden, liegt der Fokus ganz klar auf den Tätern. Man erhält einen Einblick in die Psyche der beiden Männer und der Frau, die die Tat gemeinsam begangen haben. Hierbei kommen auch andere soziale Probleme wie Arbeitslosigkeit und Alkoholismus zur Sprache. Allen dreien gemein ist, dass sie eher ungebildet sind, aus der unteren sozialen Gesellschaftsschicht kommen und nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Sie sind leicht beeinflussbar und anfällig für "Stammtischparolen".

Interessant fand ich auch, dass Familienangehörige zu Wort kommen. So werden die Verhältnisse, in denen die Täter leben, nochmal genauer beleuchtet. Ich hätte mir jedoch gewünscht, dass die Täter keine Stereotypen sind, wie man sie sich vorstellt. Es wäre meiner Meinung nach gut gewesen, auch Täter aus anderen sozialen Schichten und mit höherer Bildung kennenzulernen. Aber gut, die Geschichte orientiert sich eben an einem realen Fall, und ein Großteil der Neonazis stammt nunmal eher aus der unteren Schicht.

Engelmanns Schreibstil ist nüchtern und unaufgeregt. Er nimmt keine Wertung vor und gibt so dem Leser die Möglichkeit, sich selbst eine Meinung zu bilden. Ich wurde so einerseits nicht von den Figuren berührt, aber das fand ich völlig in Ordnung, denn so war es mir andererseits möglich, alle Geschehnisse rein objektiv zu betrachten. Ich persönlich finde das bei einem solch komplexen Thema wichtig.

Das Buch richtet sich an Leser ab 13 Jahren, und ich kann mir "Anschlag von rechts" sehr gut als Schullektüre für Jugendliche vorstellen.