Die Umsetzung von Feminismus auf den Punkt gebracht!
The Daily FeministAuf das Buch "The Daily Feminist" von Evelyn Höllrigl Tschaikner bin ich durch die regelmäßigen Posts der Autorin auf Instagram aufmerksam geworden. Es ist eine wunderbare Idee, den Alltag mit vielen, ...
Auf das Buch "The Daily Feminist" von Evelyn Höllrigl Tschaikner bin ich durch die regelmäßigen Posts der Autorin auf Instagram aufmerksam geworden. Es ist eine wunderbare Idee, den Alltag mit vielen, kleinen feministischen Aussagen oder Aktivitäten zu spicken, um ganz nebenbei für eine Änderung in den Gedanken und Handlungen der Masse zu sorgen. Das Buch verspricht 199 konkrete Handlungstipps, um Gleichberechtigung voranzutreiben. Manche überschneiden sich oder sind sich sehr ähnlich, für mich hätte es die Zahl 199 nicht gebraucht. Das Buch an sich bietet aber einen umfangreichen Überblick zur Thematik.
Zitat: „Mutterschaft ist keine Identitätspflicht. Sie ist eine Entscheidung.“ (Evelyn Höllrigl Tschaikner: The Daily Feminist. Seite 167)
Die Autorin:
Evelyn Höllrigl Tschaikner (geboren 1987) studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaften. Inzwischen arbeitet sie als freie Journalistin und Autorin. Auf Instagram findet man sie unter @little.paper.plane, wo sie einen feministischen Blick auf Alltag und Elternschaft wirft. Sie ist Co-Autorin der Bücher "Nachwehen" (2021) und "Mythos Mutterinstinkt" (2023) und lebt mit ihrem Mann sowie ihren Kindern in Wien.
Inhalt:
„Leben in einer männergemachten Welt schlaucht: angefangen bei ungleichen Job- und Gehaltsaussichten über fragwürdige Sprach- und Schönheitsnormen bis hin zu gravierenden Ungerechtigkeiten in Medizin oder Sexualität. Doch wie können wir große Veränderungen anstoßen, wenn dank andauernder Mikroaggressionen im Alltag schlicht die Ressourcen fehlen?
Fundiert und unterhaltsam zeigt Evelyn Höllrigl Tschaikner, was kleine Gesten, alltägliche Handlungen und leicht umsetzbare Strategien bewirken. Eine Form der Revolution im Kleinen, die zeigt: so nicht. Eine ermächtigende Anleitung, die hilft, dagegenzuhalten, wenn der Alltag im Patriarchat mal wieder kickt.“
(Produktbeschreibung)
Gedanken zum Sachbuch:
Die leuchtenden Farben des Covers lassen das Buch aus der Masse hervorstechen. Es wurde auf Bilder oder Motive verzichtet, stattdessen stehen klare Botschaften im Vordergrund und zeigen deutlich, worum es sich bei diesem Buch handelt: einer Anleitung zum Feminismus.
Zitat: „Frauen mögen Männer. Eigentlich. Aber mögen Männer Frauen? Oder mögen sie vor allem weibliche Nutzbarkeit?“ (Evelyn Höllrigl Tschaikner: The Daily Feminist. Seite 212)
Zunächst einmal stimmt die Autorin auf das Thema ein. Sie erklärt, was Alltagsfeminismus ist und beschreibt wie Mikrofeminismus eingesetzt werden kann und was er bewirkt. Und dann geht es auch schon mit den Tipps für den Alltag los. Dabei wird schnell deutlich, dass sich die Themen gegenseitig überlagern und beeinflussen, weshalb wir dann auch immer wieder Überschriften wie „1., 2. & 3. Mikrofeminismus ist…“ haben. Mich hat das im Lesefluss ein wenig gestört, weil ich immer wieder nachgeschaut habe, was Nr. 1, Nr. 2 oder Nr. 3 genau ist. Insgesamt empfand ich die ständige Wiederholung der Zahlen und „Mikrofeminismus ist“ auf Dauer etwas unglücklich. Das sind aber auch nur die Rahmenbedingungen des Buches und schmälern nicht den inhaltlichen Wert dieses Werkes.
Zitat: „Das etwas für Frauen dazugehört, sagt mehr über die Gesellschaft aus als über die Frauen.“ (Evelyn Höllrigl Tschaikner: The Daily Feminist. Seite 167)
Die Autorin beschreibt einige kleine Dinge, dir sich leicht umsetzen lassen. Gleichzeitig regen ihre Abhandlungen zu den verschiedenen Themen und ihre Schlüsse aus Interviews und eigenen Beobachtungen zum Nachdenken an. Wo lasse ich mich von außen beeinflussen? Was kann ich an meinem eigenen Verhalten ändern? Welche patriarchalen Gedankengüter schwirren immer noch in meinem Kopf umher?
Die Inhalte dieses Buches sind vielschichtig, es geht um Macht, Raum einnehmen, Worte und Sprache, Privilegien, Aussehen, Medien, Sichtbarkeit, Gesundheit, Emotionale Arbeit, Partnerschaft und Beziehungen, Lust und Sex, Elternschaft, Erziehung, Geld und Konsum, Feminismus im Job, Neue Männlichkeit, Solidarität sowie Female Rage. Die einzelnen Abschnitte beginnen zunächst mit einer grundlegenden Einordnung in die Thematik, gefolgt von einzelnen Tipps (mit den Zahlen 1-199 versehen).
Zitat: „Wer von »Hilfe« spricht, geht davon aus, dass die Zuständigkeit nicht geteilt werden muss. Eine Person trägt die Hauptlast, die andere unterstützt gelegentlich. Wer nur hilft, kann auch jederzeit aufhören. Gleichberechtigung ist kein Selbstläufer, sie braucht bewusste Entscheidungen“ (Evelyn Höllrigl Tschaikner: The Daily Feminist. Seite 157)
Besonders gut gefallen, hat mir, dass sich gegen Ende auch mit dem toxischen Bild der Männlichkeit auseinandergesetzt wird. Denn auch Männer können vom Feminismus profitieren. Es lohnt sich auch für sie, Feminismus zu fördern.
Ich hätte mir allerdings allgemein mehr konkrete Beispiele in Form von Sätzen für die verschiedenen Situationen gewünscht. Ein paar sind hier zwar schon zu finden, aber je mehr man als Feminist:in hier zur Hand hat, desto mehr erreicht man auch. Mit ihrem Buch "50 Sätze die das Leben leichter machen" hat Karin Kuschik das beispielsweise wunderbar vorgezeigt.
Zitat: „Wer früh versteht, dass Selbstbestimmung ein Grundrecht ist, wird es später selbstverständlich einfordern – für sich und andere.“ (Evelyn Höllrigl Tschaikner: The Daily Feminist. Seite 179)
Immer wieder gibt es kleine Dictionary Einträge, die Vokabeln wie Hepeating etc. nochmals kurz erklären. Im Anschluss findet sich ein umfangreiches Quellenverzeichnis, welches mehr Input für eine weitere Lektüre bietet.
Fazit:
"The Daily Feminist" ist ein gutes Einstiegswerk in die Thematik des Feminismus mit einigen Ratschlägen und einzelnen Handlungstipps. Wer sich schon viel mit Feminismus beschäftigt hat, wird nicht unbedingt viel neues erfahren, hat aber die Möglichkeit alles Wissen gebündelt nochmals aufzufrischen.
Zitat: „»Boy math« bedeutet, Frauen vorzuwerfen »Goldgräberinnen« zu sein, obwohl man auf ihre unbezahlte Arbeit angewiesen ist“ (Evelyn Höllrigl Tschaikner: The Daily Feminist. Seite 197)