Beschreibung
Seit über fünfzig Jahren ist Walter Schmidt, ein Herr der althergebrachten Schule, mit Barbara verheiratet. Eines schönen Morgens kann Barbara jedoch nicht mehr ihren Aufgaben im Haushalt nachkommen. Herr Schmidt ist zum ersten Mal in seinem Leben im Haushalt auf sich alleine gestellt und muss sich um die kleinen Dinge des Lebens kümmern.
Die Schwierigkeiten beginnen bereits beim Kaffee kochen und nehmen mit der Organisation des Einkaufs bis hin zum Wäschewaschen und Saubermachen ihren Lauf. Bei alldem sorgt sich Herr Schmidt zum ersten Mal um seine Ehefrau und ist der Meinung, wenn sie nur wieder genug isst, kommt sie schon wieder auf die Beine, und so versucht er sich mithilfe seines Sohns über die Facebook-Seite eines Fernsehkochs das Kochen beizubringen. Im ungewohnten Austausch mit Anderen findet er Beistand und die Traumfassade gerät ins Wanken…
Meine Meinung
Zugegeben ist »Barbara stirbt nicht« mein erster Roman der erfolgreichen Autorin Alina Bronsky, und damit hat sie meinen Lesenerv sogleich absolut getroffen.
Mit Finesse und einem fesselnd klaren Erzählstil zeichnet Alina Bronsky eine Geschichte mitten aus dem Leben nach und das mit so viel Gefühl und Biss, dass man einfach nicht aufhören kann, Seite um Seite zu verschlingen.
Im Mittelpunkt steht der Rentner Herr Schmidt, welcher seit zweiundfünfzig Jahren mit seiner Barbara verheiratet ist und weder Kaffee kochen noch zu anderweitigen Arbeiten im Haushalt fähig ist. Warum auch? Bis jetzt hat Barbara das alles übernommen, doch als sie eines Morgens nicht mehr wie gewohnt funktioniert ändert sich für Herrn Schmidt einfach alles.
Kaffee machen und Kartoffeln kochen sind nur die leichtesten der Aufgaben, denen sich Herr Schmidt in seiner Unbeholfenheit nun stellen muss. Schritt für Schritt begleitet man den Rentner dabei, wie er sich den Auswirkungen seines Lebens nach alter Schule stellt, denn er gehört einer Generation an, bei der der Mann das Oberhaupt der Familie und die Frau für alle Tätigkeiten im Haushalt und der Kindererziehung zuständig ist.
Absolut begeistert hat mich, wie authentisch Alina Bronsky den raubeinigen und stoffeligen Charakter von Herrn Schmidt geformt und mit Leben erfüllt hat. Zudem beweist die Autorin mit ihrer dargebrachten Szenerie ein Händchen für bewegende und anrührende Dinge, die das Leben ausmacht und lässt dabei unweigerlich den Humor der Situationskomik spielen, wenn sich z. B. Herr Schmidt bei der Bäckereiverkäuferin danach erkundigt, wie man denn einen Rührkuchen hinbekommt.
Hinter den lustigen Anekdoten steckt jedoch eine traurige Ursache, denn tief in sich ahnt Herr Schmidt, dass es um die Gesundheit seiner Barbara nicht gut bestellt ist. Mit einem fast manischen Eifer versucht Herr Schmidt die Jahre seiner Ehe aufzuarbeiten und dabei wird ihm so einiges bewusst – vor allen Dingen aber, was er an seiner Frau überhaupt hat – und ein lange unterdrücktes Familiengeheimnis bahnt sich zurück an die Oberfläche.
»Barbara stirbt nicht« ist ein Roman, bei dem Lachen und Traurigkeit nahe beieinander liegen und durch Alina Bronskys Erzähltalent unheimlich berührt. Das Ende der Geschichte hat mich jedoch kalt erwischt, denn hier lässt die Autorin alles offen und zurückbleiben unzählige Möglichkeiten über das abschließende Schicksal von Herrn Schmidt, den man tatsächlich über die Zeit sehr liebgewonnen hat.
Fazit
Eine berührend-bissige Geschichte über das Älter werden, die durch das Wunder eines Neuanfangs zu begeistern weiß und einer gewissen Komik nicht entbehrt.
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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 25.10.2021