Kunstvoll und mit viel Wortwitz erzählt
Vor dem FestInhalt:
Im Dorf Fürstenfelde spuken alte Geschichten, verbotene Gedanken und rätselhafte Gestalten durch die Nacht vor dem alljährlichen Annenfest. Die Menschen besinnen sich, erinnern sich, wägen ihre ...
Inhalt:
Im Dorf Fürstenfelde spuken alte Geschichten, verbotene Gedanken und rätselhafte Gestalten durch die Nacht vor dem alljährlichen Annenfest. Die Menschen besinnen sich, erinnern sich, wägen ihre Lebensentscheide und Werte gegeneinander ab. Der Fährmann ist tot, die anderen schlafen. Und die, die wach sind, führen etwas im Schilde. Sie müssen etwas erzählen, loswerden, beenden, richtigstellen. Aber ihnen bleibt nur diese eine Nacht, in der sich Traum und Wirklichkeit vermischen, bevor sie sich am nächsten Tag zum Feiern und gemeinsamen Erinnern treffen.
Meine Meinung:
Einmal mehr durfte ich mich in einem Buch von Saša Stanišić verlieren und diesmal habe ich mich einem Frühwerk (erschienen 2014) gewidmet. Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und dabei vor allem die Beschreibungen der Figuren sehr gerne gemocht. Auch haben mir die eher düstere Grundstimmung und die vielen verschiedenen Perspektiven gefallen. Stanišićs zweiter Roman liest sich nicht ganz so leicht wie "Wie der Soldat das Grammofon repariert" oder "Herkunft", aber er ist mindestens genau so kunstvoll und ausgeklügelt und einfach ein wahres - durchaus ein wenig anspruchsvolles - Lesevergnügen.
Schreibstil und Aufbau:
In der nächtlichen Dunkelheit kommen verschiedene Figuren aus Fürstenfelde zu Wort. Herr Schramm möchte sein Leben beenden, trifft aber bei diesem Unterfangen auf einige rätselhafte Gestalten, Frau Schwermuth kann kaum mehr zwischen Erinnerungen und Wirklichkeit unterscheiden, eine Fähe schleicht durchs Dorf, auf der Suche nach Hühnern und Eiern, um ihre Jungen und sich selbst zu ernähren, der Nachwuchsglöckner steht kurz vor seiner Abschlussprüfung und in Ullis Garagenbar werden Pläne geschmiedet, während Ditzsche sich dazu bereit macht, seine Hühner zu präsentieren. Alle diese Szenen, Schicksale, Erinnerungen und auch Leerstellen verbindet Stanišić gekonnt zu einer ein wenig unheimlichen, spannenden Geschichte, die manchmal wie ein Märchen und dann aber auch wieder wie eine Anekdote aus einem beliebigen Dorf anmutet. Seine Liebe zum Erzählen und zu den Figuren ist dabei stets spürbar und sein kluger Humor und Sprachwitz sorgen immer wieder dafür, dass die Nacht ihren Schrecken verliert.
Meine Empfehlung:
Es bleibt mir nur mehr, eine sehr herzliche Empfehlung für dieses spannende, beeindruckende und vor allem auch sehr unterhaltsame Buch auszusprechen.