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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.12.2025

Wenn Gerechtigkeit zur Grausamkeit wird und Moral tödliche Konsequenzen hat.

Der Gourmet
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Dieser Roman ist kein klassischer Serienmörderthriller. Stattdessen entfaltet sich eine düstere, ungewöhnliche Geschichte, die verstört und nichts für schwache Nerven ist. Im Mittelpunkt steht ein Täter, ...

Dieser Roman ist kein klassischer Serienmörderthriller. Stattdessen entfaltet sich eine düstere, ungewöhnliche Geschichte, die verstört und nichts für schwache Nerven ist. Im Mittelpunkt steht ein Täter, der seine Opfer nach gesellschaftlichen Maßstäben auswählt und dabei eine eigene, verstörende Logik verfolgt. Der Autor stellt die unbequeme Frage, wie viel Schuld Menschen auf sich laden können, ohne jemals zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Nicht alles an diesem Buch ist leicht zu ertragen – einige Szenen sind bewusst unangenehm und fordern den Leser heraus. Die Spannung entsteht weniger durch rasante Action als durch das langsame, unerbittliche Offenlegen der Motive. Der präzise, beinahe kalte Stil des Autors verstärkt die beklemmende Atmosphäre und sorgt dafür, dass man den Roman kaum aus der Hand legen kann.

Insgesamt ist Der Gourmet ein intelligenter, nachhallender Thriller, der unter die Haut geht – ein Buch für Thrillerfans, die mehr suchen als bloßen Nervenkitzel.

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Veröffentlicht am 10.12.2025

Ein Roman über ein Dorf, das durch das Theater neuen Mut findet.

Romeo und Romy
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Izquierdo erzählt mit feinem Gespür, großer Empathie und einem warmen Humor von Menschen, die längst aufgegeben schienen – und plötzlich wieder den Mut finden, zu träumen. Die Mischung aus dörflichem Durcheinander, ...

Izquierdo erzählt mit feinem Gespür, großer Empathie und einem warmen Humor von Menschen, die längst aufgegeben schienen – und plötzlich wieder den Mut finden, zu träumen. Die Mischung aus dörflichem Durcheinander, liebenswert verschrobenen Figuren und der verbindenden Kraft des Theaters macht den Roman zu einer berührenden wie heiteren Lektüre.

Besonders eindrucksvoll ist die sensible Beobachtung dieser Charaktere: Menschen mit Ecken und Kanten, geprägt von Lebenserfahrung, Zweifeln und stillen Sehnsüchten.

Die Vorbereitungen für den Theaterbau und der gemeinschaftliche Elan beim Renovieren schenken der Erzählung zahlreiche rührende, oft auch wunderbar komische Momente.

Unvergesslich bleiben vor allem die Szenen, in denen Theateralltag und Dorfwirklichkeit aufeinandertreffen: Missverständnisse, Eitelkeiten und kleine, flüchtige Bündnisse verleihen der Geschichte eine lebendige, fast spielerische Dynamik.

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Veröffentlicht am 09.12.2025

Ein Wohlfühlort

Das Tagebuch im Waschsalon der lächelnden Träume
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Im Herzen des Seouler Stadtteils Yeonnam-dong liegt ein kleiner Waschsalon, unscheinbar und doch voller Geschichten. Zwischen dem rhythmischen Surren der Maschinen und dem Duft frisch gewaschener Wäsche ...

Im Herzen des Seouler Stadtteils Yeonnam-dong liegt ein kleiner Waschsalon, unscheinbar und doch voller Geschichten. Zwischen dem rhythmischen Surren der Maschinen und dem Duft frisch gewaschener Wäsche befindet sich ein grünes, gemeinsames Tagebuch. Jeder, der vorbeikommt, darf darin seine Sorgen, Ängste oder Erinnerungen hinterlassen – und erhält dafür Antworten von Fremden, die vielleicht nur für einen Augenblick im selben Raum verweilen.

Durch dieses Tagebuch knüpft sich ein feines Band zwischen fünf Menschen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Jeder trägt eigene Lasten, eigene Wünsche im Herzen. Und doch finden sie über die anonymen Worte auf den Seiten zueinander.

Kim Jiyun erzählt diese Begegnungen mit einer ruhigen, behutsamen Stimme, die ein Auge für jene kleinen Momente hat, die im Alltag leicht übersehen werden – und die doch mehr verändern, als man ahnt.

Statt großer Dramen entfaltet sich ein sanftes, tröstliches Buch über Gemeinschaft, über Einsamkeit und die Möglichkeit eines stillen Neubeginns.

Befremdlich wirkte auf mich allerdings der Umgang mit dem äußeren menschlichen Erscheinungsbild: dass Kinder Schönheitsoperationen geschenkt bekommen oder Erwachsene wegen eines kleinen Kratzers sofort zur Laserbehandlung greifen, bleibt mir fremd und schwer nachvollziehbar.

Trotzdem: ein ruhiger, berührender Wohlfühlroman, der lange nachklingt.

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Veröffentlicht am 08.12.2025

Wenn die Toten mehr sagen als die Lebenden

Über die Toten nur Gutes
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Wer die Bücher von Andreas Izquierdo kennt, erwartet meist warmherzige Figuren und feinsinnige Beobachtungen. Ich liebe den Schreibstil und die Bücher des Autors. Umso überraschter war ich über diesen ...

Wer die Bücher von Andreas Izquierdo kennt, erwartet meist warmherzige Figuren und feinsinnige Beobachtungen. Ich liebe den Schreibstil und die Bücher des Autors. Umso überraschter war ich über diesen unerwarteten „Seitensprung“ des Autors, der einen völlig neuen Ton anschlägt: bitterböse, sarkastisch und mit rabenschwarzem Humor.

Der verschrobene Protagonist, der sich plötzlich mit Toten, Altlasten und allerlei skurrilen Situationen herumschlagen muss, ist gleichzeitig absurd, tragikomisch und überraschend ernsthaft.

Bei den makabren Wendungen und bissigen Dialogen ertappt man sich dabei zu lachen, obwohl man gar nicht sicher ist, ob man das eigentlich sollte.
Dieses Buch ist eine frische und fast freche Abzweigung seiner sonstigen Werke. Wer schwarzen Humor liebt, wird hier positiv überrascht.

Ein herrliches Buch des Autors, das einmal mehr zeigt, wie vielseitig der Autor schreiben kann: düster, überraschend witzig, aber unverkennbar Izquierdo.

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Veröffentlicht am 08.12.2025

Leider anders, als erwartet

Das Buch der verlorenen Stunden
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„Das Buch der verlorenen Stunden“ ist ein mutiger Roman voller Magie, Geheimnisse und zwischenmenschlicher Spannungen und mit einer Idee, die fasziniert. Aber der Anspruch, Fantasy, Geschichte, Politik ...

„Das Buch der verlorenen Stunden“ ist ein mutiger Roman voller Magie, Geheimnisse und zwischenmenschlicher Spannungen und mit einer Idee, die fasziniert. Aber der Anspruch, Fantasy, Geschichte, Politik und Liebesgeschichte zu verbinden, führt nicht durchgehend zu einem stimmigen Ergebnis.

Mir fiel sofort die hohe Brutalität auf, die sich wie ein roter Faden durch die Handlung zieht.
Das mag Spannung erzeugen, doch es wirkt schnell übertrieben und unnötig drastisch. Anstatt über psychologische Tiefe zu fesseln, setzt der Roman auf Schockmomente.

Ein weiterer Punkt ist die ausufernde politische Ebene. Während politische Hintergründe in Fantasy ohnehin oft wichtig sind, wirken sie hier stellenweise erdrückend.

Der Mix aus Fantasy, historischem Hintergrund, Liebesgeschichte, Agenten/Spionage sowie magischem Setting wirkt bisweilen etwas aufgesetzt: Manchmal scheint das Buch zu viele Genre-Bausteine auf einmal verwenden zu wollen. Das kann den Eindruck erwecken, das Buch wolle zu viel auf einmal — und nehme dafür Tiefe in anderen Bereichen in Kauf.

Die Grundidee des Buches – die Verbindung von Magie mit persönlichen Verlusten und dem Umgang mit der Vergangenheit – ist spannend. Doch sie wird durch die Kombination aus Härte und politischer Komplexität überlagert.

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