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Veröffentlicht am 06.03.2025

Ich habe diese Geschichte so gefühlt.

Der Schattengarten
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Ich habe diese Geschichte so gefühlt.

Sowohl Christine von Brühl als auch ihren Mann konnte ich verstehen. Die Begeisterung von Christines Mann für ein wildes Waldgrundstück konnte ich nachvollziehen, ...

Ich habe diese Geschichte so gefühlt.

Sowohl Christine von Brühl als auch ihren Mann konnte ich verstehen. Die Begeisterung von Christines Mann für ein wildes Waldgrundstück konnte ich nachvollziehen, aber auch das Entsetzen von der Autorin. Ich habe mit ihr gelitten, beim Schleppen der Gerätschaften, Wasser und Kindersachen über einen steinigen und steilen Weg zum Grundstück. Den Frust bei der Entscheidung für den gravierenden Einschnitt ins Familienleben nicht involviert gewesen zu sein. Ihre Bedenken, ihr zögerliches Verhalten und ihre nur langsam wachsende Liebe zum Grundstück waren für mich nachvollziehbar und verständlich.

Jedoch konnte ich die Begeisterung von ihrem Mann Franz für das Waldgrundstück auch verstehen. Diese Traurigkeit als die, vom Borkenkäfer befallenden, Bäume gefällt werden mussten, fühlte ich direkt und ich erinnerte mich an unsere Borkenkäferbaumfällaktionen. Auch mir blutete das Herz als ein Baum nach dem anderen umkippte, nur weil ein kleiner Käfer sie absterben ließ. Dadurch konnte ich auch nachvollziehen, dass er mit dem "neuen" Bild des Grundstücks haderte. Auch mir ging es so. Das was man sich mal mit großer Freude und Begeisterung gekauft und mit viel Liebe aufgebaut hatte, wurde innerhalb von kürzester Zeit vernichtet. Auch die Geschichte vom Sturm und dem Feuer auf dem Grundstück ließen mir einen leichten Schauer über den Rücken laufen. Erlebt habe ich das, Gott sei Dank noch nicht.

Seine Pflanzaktionen habe ich innerlich gefeiert, denn auch mir ging es so. Dank der Rehe ist fast nichts geblieben und irgendwann setzt die Akzeptanz ein, dass es so sein soll. Wachsen lassen, was wachsen will und diese Pflanzen und Bäume genießen und beim Wachsen beobachten. Was für ein befriedigendes Gefühl.

Es ist ein unterhaltsames Buch über einen Schattengarten, der anfangs nur teilweise gewollt war und am Ende geliebt wurde. Die vielen kleinen Illustrationen unterstützten den gut zu lesenden Text der Autorin und sorgten dafür, dass man sich noch besser in die Geschichte hineinversetzen konnte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.03.2025

Kleiner Einblick in die Wirtschaftswunderzeit

Frühjahrskollektion
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Wer kennt sie noch, die dicken Modekataloge, die man halbjährlich im Briefkasten (bzw. daneben) liegen hatte?

Den bekannten Neckermannkatalog gab es schon in den 60ziger Jahren und genau in diesen Katalog ...

Wer kennt sie noch, die dicken Modekataloge, die man halbjährlich im Briefkasten (bzw. daneben) liegen hatte?

Den bekannten Neckermannkatalog gab es schon in den 60ziger Jahren und genau in diesen Katalog will Lilo ihre Bademode unterbringen. Doch wie kommt man an die richtigen Leute, die dies ermöglichen könnten? Lilo ist eine geschäftstüchtige Frau, die einen Modeladen erfolgreich führt und sehr zielstrebig ihre Ideen verfolgt. Sie entwickelt Bademoden für reife Frauen. Doch schon bald muss sie mit einem unangenehmen Besuch zurecht kommen, der sie an die Vergangenheit erinnert, die sie so gut verdrängt hatte.

Ihrem Mann vermittelt sie eine Stelle bei Neckermann (nicht ganz ohne Hintergedanken). Während sie nach vorn prescht, hadert er mit seinem neuen Job. Er reist in die DDR, um Verträge auszuhandeln oder zu kündigen. Kein leichtes Unterfangen, da sein Gewissen ihn immer wieder blockiert.

Je weiter man in den Roman eintaucht, desto mehr dunkle Flecken tauchen auf der weißen Weste des Ehepaares auf. Auch der Arbeitgeber von Harry steht im Fokus der Ermittlungen.

Die Autorin verwebt fiktive Charaktere mit wahren Begebenheiten und erschafft damit einen Roman, der einerseits unterhält und andererseits etwas Gänsehaut entstehen lässt. Der Schreibstil ist sehr schön und so gleitet man durch die Seiten und kann abtauchen in die 60ziger Jahre, wo das Wirtschaftswunder blühte, aber die Vergangenheit noch nicht aufgearbeitet war.

Veröffentlicht am 01.03.2025

Leider nicht meine Geschichte

Unentdeckt
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Die Familiengeschichte der Autorin ist nicht einfach. Die Vergangenheit zieht sich wie ein roter Faden durch die Familie. Ururgroßvater Charles Wiener hinterlässt Scham und Schande und die Nachkommen werden ...

Die Familiengeschichte der Autorin ist nicht einfach. Die Vergangenheit zieht sich wie ein roter Faden durch die Familie. Ururgroßvater Charles Wiener hinterlässt Scham und Schande und die Nachkommen werden immer wieder damit konfrontiert bzw. sie stehen selbst vor Fragen, die sie nicht beantwortet bekommen. Der äußere Schein des erfolgreichen Forschers bröckelt immer mehr, sobald man sich mit der Kolonialgeschichte Perus beschäftigt. Charles Wiener war zudem ein untreuer Mensch und scheinbar hat sich auch die Untreue in die Gene der Nachfahren eingeschlichen.

Die Autorin erzählt viel von ihrer Polyamorie, ihrer Untreue und der eigenen Eifersucht. Obwohl sie die Untreue auslebt, kommt sie damit nicht so gut zurecht und ihre Gedanken drehen sich mehr als es gut um diesen Umstand.

Der Schreibstil war anstrengend. Hölzern und sperrig. Die Sätze teilweise so verschachtelt, dass man sie zweimal lesen musste, um herauszufinden, was die Autorin damit zum Ausdruck bringen wollte. Leider ergab sich dadurch kein schöner Lesefluss, sondern eher ein Stolpern durch den Text.

Ich wünschte mir, dass ich in den Lobgesang der anderen Lesenden einstimmen könnte. Aber leider bin ich weder mit der Geschichte, noch dem Schreibstil warm geworden.

Veröffentlicht am 01.03.2025

Leseempfehlung

In der Bucht
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Die Kurzgeschichte "In der Bucht" wurde 1922 erstmals veröffentlicht und doch liest sie sich sehr flüssig und modern. Ich mochte die Geschichte und ihre Charaktere sehr und war erstaunt, was die Autorin ...

Die Kurzgeschichte "In der Bucht" wurde 1922 erstmals veröffentlicht und doch liest sie sich sehr flüssig und modern. Ich mochte die Geschichte und ihre Charaktere sehr und war erstaunt, was die Autorin alles auf nur 128 Seiten einfließen lässt.

Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch.

Dieser Spruch fiel mir als erstes ein, als ich die ersten Seiten der Erzählung gelesen hatte. Der Mann des Hauses geht zur Arbeit und die Frauen streifen direkt ihre Steifheit und Etikette ab und freuen sich auf den gemeinsamen Tag. Es brodelt im Inneren der Frauen. Das strenge Korsett der gesellschaftlichen Normen zickt und sie wollen es immer weniger tragen. Jeder Charakter, der von der Autorin erschaffen wurde, hat seine eigene kleine Geschichte. Beryl setzt sich ab und verbringt ihre Zeit mit einer Frau, die keinen guten Ruf in der Gesellschaft genießt. Und Linda, die Mutter, freut sich, wenn sie ihre Kinder nicht um sich hat und für sich sein kann.

Die Autorin hält der Gesellschaft den Spiegel vor und zeigt, was nicht stimmt. Die festgefahrenen Geschlechterrollen, die Unzufriedenheit der Charaktere (auch der männlichen) und die Übergriffigkeit des männlichen Geschlechts.

Ein kleines wunderschön gestaltetes Buch, was sich zu lesen lohnt.

  • Einzelne Kategorien
  • Erzählstil
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.02.2025

Eismeer und mehr

Mord in Spitzbergen
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Der Titel suggeriert einen Mordfall, aber wer die Autorin kennt, weiß, dass es auch anders kommen kann. Es ist kein Krimi, sondern ein Roman. Neben einer trinkfesten, sehr trinkfesten Protagonistin erfährt ...

Der Titel suggeriert einen Mordfall, aber wer die Autorin kennt, weiß, dass es auch anders kommen kann. Es ist kein Krimi, sondern ein Roman. Neben einer trinkfesten, sehr trinkfesten Protagonistin erfährt man einiges über das Schiff, Spitzbergen und das Eismeer.

Bea ist, trotz ihres Hanges zum Alkohol, ein Charakter, den man so ganz leicht mag. Sie kommt immer irgendwie an und durch und schafft es stets den Kopf über Wasser zu halten. Sie stößt gelegentlich den Menschen vor den Kopf und poltert ab und an durch ihr Leben. Sie wirkt distanziert und recht grob, aber im Inneren sitzt das kleine verletzte Mädchen.

Die Mitreisenden sind ein Querschnitt durch die Gesellschaft und so kann man von außen das Geschehen beobachten und zuschauen, wie Bea sich zwischen den fremden Menschen verhält und wie sie auf die Mitreisenden wirkt.

Anne B. Ragde ist bekannt für ihre Geschichten, die hinter die menschliche Fassade schauen und den Menschen mit all seinen Facetten zum Vorschein bringen.