Cover-Bild Juli, August, September
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  • Verlag: Hanser Berlin in Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 17.09.2024
  • ISBN: 9783446281691
Olga Grjasnowa

Juli, August, September

Roman
Auf der Suche nach Wahrheit: Die Geschichte einer modernen jüdischen Familie. „Olga Grjasnowa erweist sich als kluge Chronistin moderner Verirrung.“ Publishers Weekly

Lous zweiter Ehemann ist eine Trophäe – das muss selbst ihre Mutter anerkennen. Sergej ist Pianist und er ist jüdisch, genau wie Lou. Trotzdem ist ihre Tochter Rosa noch nie in einer Synagoge gewesen – eine ganz normale jüdische Familie in Berlin. Aber sind sie noch eine Familie, und was ist das überhaupt? Um das herauszufinden, folgt Lou der Einladung zum 90. Geburtstag ihrer Tante. In einem abgehalfterten Resort auf Gran Canaria trifft der ganze ex-sowjetische Clan aus Israel zusammen, verbunden nur noch durch wechselseitige Missgunst. Gegen die kleinen Bösartigkeiten und die vage Leere in sich trinkt Lou systematisch an und weiß plötzlich, dass die Antwort auf all ihre Fragen in der glühenden Hitze Tel Avivs zu finden ist.
Ein Roman, so aktuell, zynisch und unterhaltsam, wie nur Olga Grjasnowa ihn schreiben kann, über eine Frau, deren Identität sich aus lauter Splittern zusammensetzt, die scheinbar alle nicht zusammenpassen. Bis sie es auf unerwartete Weise doch tun.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.09.2024

Familiengeschichten

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Eine jüdische Familie in Deutschland. Nicht alltäglich, doch das hat nichts mit dem Judentum zu tun, sondern mit dem unsteten Leben Sergejs als Konzertpianist. So wie viele der Deutschen zwar getauft sind ...

Eine jüdische Familie in Deutschland. Nicht alltäglich, doch das hat nichts mit dem Judentum zu tun, sondern mit dem unsteten Leben Sergejs als Konzertpianist. So wie viele der Deutschen zwar getauft sind und Weihnachten feiern, so halten auch sie sich kaum an jüdische Traditionen.
Sich ihrer Vergangenheit bewusst wird Lou erst, als die Familie sich in Gran Canaria trifft, um den 90. Geburtstag der Großtante zu feiern. Die Familie hatte in der Sowjetunion gelebt und ist in den Neunzigern ausgewandert, ein Teil nach Israel und Lous Mutter mit Familie als die Einzigen nach Deutschland. Als Lou die Ereignisse hinterfragen will, bekommt sie keine Antworten. Nur ihre Mutter erzählt von den Entbehrungen ihrer Mutter und deren Schwester im Krieg. Dieses Leben unterschied sich im Wesentlichen kaum von dem der anderen Sowjetbürger.
Ein Zitat möchte ich an dieser Stelle jedoch herausstellen:
„Ich weiß nicht mehr, warum wir das alles tun. Wir geben uns so viel Mühe für eine Religion, obwohl wir nicht an Gott glauben, für eine Vergangenheit an der kaum etwas gut war, für eine Zukunft, die maximal ungewiss ist, und für eine Identität, die wir selbst nicht mehr verstehen.“

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Veröffentlicht am 17.09.2024

Den eigenen Wurzeln nachspüren

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Lou lebt mit ihrem zweiten Ehemann Sergej und ihrer Tochter Rosa in Berlin. Als erfolgreicher Pianist ist Sergej ständig unterwegs, auch Lou führt als Kunsthistorikerin ein nicht gerade häusliches Leben, ...

Lou lebt mit ihrem zweiten Ehemann Sergej und ihrer Tochter Rosa in Berlin. Als erfolgreicher Pianist ist Sergej ständig unterwegs, auch Lou führt als Kunsthistorikerin ein nicht gerade häusliches Leben, wenngleich ihr Beruf wegen Rosa momentan eher zweitrangig ist, sie also ihre Tage mit Kind gezwungenermaßen daheim verbringt. Wäre da noch das Gerücht um eine Trennung von Sergej, das nicht verstummen will. Ein Gerücht, das immer wieder aufflammt.

Und nun steht der 90. Geburtstag von Lous Großtante Maya an, sie hat in ein Resort auf Gran Canaria eingeladen. Auch Lou und Rosa sollen mit, denn – so meint Lous Mutter – es könnte Mayas letzter Geburtstag sein. Also, werden die Flüge gebucht. Sie sind die ersten, die dort eintreffen, so nach und nach trudelt dann die ganze jüdische Verwandtschaft ein.

Der Roman wird aus Lous Sicht erzählt, untergliedert in diese drei titelgebenden Monate. Der Juli führt zunächst zu Lou, Rosa und Sergej, zu ihrem ganz normalen Alltag. Und auch wenn sie jüdisch sind - mit russischen Wurzeln - so leben sie diesen Glauben nicht, kennen sich mit diesen Ritualen so gar nicht aus. Nun, es geht nach Gran Canaria und später dann fliegt Lou alleine nach Tel Aviv. Hier will sie ihren Wurzeln nachspüren, dabei erfährt sie so einiges aus früheren Tagen, erfährt von ihren Vorfahren und ihrem beschwerlichen Dasein.

Olga Grjasnowa ist ein gut lesbares Buch gelungen, das eine Familie näher beleuchtet und das neben dem Familiären auch die angespannte Weltpolitik thematisiert. Die Hauptprotagonistin Lou ist eine weltoffene junge Frau, die ihre Herkunft hinterfragt. Dabei werden so manche geschönte „Wahrheiten“, die ein Leben lang immer weitergesponnen werden, aufgedeckt. Und das auf eine amüsante Weise, garniert mit so einigen Drinks.

Es ist die Geschichte einer durchaus modernen jüdischen Familie, deren Glauben eher Nebensache ist und die Suche einer Frau nach ihrer Identität. Es ist das etwas andere Leseerlebnis, gut und kurzweilig geschrieben, das mit einem Ende aufwartet, dem ich sehr viel abgewinnen kann.

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Veröffentlicht am 02.09.2024

Eindrucksvoll

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Olga Grjasnowa stammt aus Russland und kam als Kind nach Deutschland.
Der Roman Juli, August, September, ist eine Fantasiegeschichte, aus Russland stammender Juden.
Lou hat eine kleine Tochter. Ihr Mann ...


Olga Grjasnowa stammt aus Russland und kam als Kind nach Deutschland.
Der Roman Juli, August, September, ist eine Fantasiegeschichte, aus Russland stammender Juden.
Lou hat eine kleine Tochter. Ihr Mann ist Musiker und viel unterwegs.
Gemeinsam mit hier Mutter und Tochter fährt sie nach Gran Canaria. Dort feiert eine Tante ihren 90. Geburtstag.
Es kommen alle Verwandte. Die anderen kommen aus Israel. Mit ihrer Tochter
Es gibt einige Missverständnisse und Reibereien zwischen den Verwandten.
Lou will mehr von den Vorfahren erfahren. Dafür fliegt sie gleich noch nach Israel, um im Archiv zu forschen. Die Familienverhältnisse sind eindrucksvoll. Es ist eigentlich auch normal. Die Erinnerungen sind oft verschieden.
Die Autorin schreibt leicht und locker. Der jüdische Glaube wird nur nebenbei erwähnt. So wird es ein unterhaltsamer Roman, den ich gerne gelesen habe.

Veröffentlicht am 28.08.2024

Baruch Haschem - Guten Morgen Israel

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Die kapp 40jährige mehrfach ausgezeichnete deutsche Schriftstellerin Olga Grjasnowa veröffentlicht zum Ende des Sommers 2024 (im September !) nun schon ihren fünften Roman mit dem Titel >>Juli, August, ...


Die kapp 40jährige mehrfach ausgezeichnete deutsche Schriftstellerin Olga Grjasnowa veröffentlicht zum Ende des Sommers 2024 (im September !) nun schon ihren fünften Roman mit dem Titel >>Juli, August, September<<, der wie die ersten beiden Bücher wieder bei Hanser erscheint.

Es verwundert nicht, dass die in Aserbaidschan geborene Autorin eigene Familienschicksale aufgreift und verarbeitet, wurde sie doch selbst in eine russisch-jüdische Familie geboren, studierte unter anderem auch in Israel und ist mit einem Künstler verheiratet, der freilich kein Pianist ist.

Aber natürlich ist dies keine Autobiografie, denn meisterlich verwebt Grjasnowa ihre intimen Kenntnisse jüdischen Familienlebens in eine fiktive Geschichte, die so leichtfüssig daherkommt, wie nur selten in der Gegenwartsliteratur.

Doch Vorsicht : Leichtigkeit bedeutet nicht Oberflächlichkeit, zu tief sind die Familien in ihrer unheilvollen Vergangenheit behaftet und schwere Kränkungen schwelen nur dürftig unter der Oberfläche und können jederzeit flammend hervorbrechen.

Lou, die Hauptprotagonisten ist in zweiter Ehe mit Sergej verheiratet, einem international erfolgreichen Pianisten, dessen Ruhm und Selbstsicherheit jedoch zu bröckeln scheinen.
Sie beschäftigen - mit hinreichend schlechtem Gewissen - eine Putzfrau, die auch aus dem >>heruntergekommenen russischen Reich<< stammt, versuchen ihrer fünfjährigen Tochter Rosa musikalische Früherziehung beibringen zu lassen und halten - wenn auch überwiegend nur noch mittels Sex - die Ehe zumindest nach aussen intakt.

Den seelischen Traumen der Vergangenheit, die unweigerlich auf allen jüdischen Familien lasten, versuchen sie zu entgehen, indem sie einem Alltag ohne jüdischen Ritualen nachgehen, Kerzen an Chanukka entzünden, aber Besuche der Synagoge an den Feiertagen für entbehrlich halten.

Die Aussicht auf eine Feier zum 90. Geburtstag von Lou's Tante Maya auf Gran Canaria verheisst daher kein unbeschwertes Vergnügen.

Gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer aufgeweckten Tochter Rosa, jedoch ohne ihren Mann, machen sich die drei dennoch auf den Weg, um mit Mutters dominanter Schwester Elena und deren gesamter Familie den Geburtstag von Maya zu begehen, es könnte ja mit ihr die letzte Zusammenkunft sein.

Und natürlich brechen gnadenlos alsbald alte Verwundungen auf, erweist sich der erhoffte Zusammenhalt als trügerische Idylle, zeigen sich die unterschiedlichen Familien in ihrem brüchigen Glanz, obschon unter der Oberfläche nicht mal mehr wie einst die Karriere im Vordergrund steht, sondern bereits eine Nicht-Scheidung als grosser Erfolg gilt.

Die gemeinsamen Schreckenserlebnisse der Familie, insbesondere von Maya und ihrer verstorbenen Schwester, die auch den Namen Rosa trug, werden zu Anekdoten verwoben, die rückblickend die eigene Persönlichkeit durch tiefgreifende Einschnitte in die Realität ungerechtfertigt und unverhältnismässig glorifiziert.
Gesichert bleibt nur die traurige Gewissheit, dass die gesamte Verwandtschaft von Rosa und Maya, alle ihre Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen im Holocaust umgebracht wurden, als die beiden noch selbst Kinder waren und zu den elf Prozent jener jüdischen Kinder gehörten, die in Europa überlebt hatten.
Wie immer in dieser Familie wird über vieles gesprochen, jedoch nicht über Liebe, Geld, Krankheiten und Angst; Gefühle sind tief im Inneren einzementiert.
Brüllen gehört ebenso zu einer normalen Familienkonstellation wie die gegenseitigen Vorwürfe zum Lebensstil, zur Ehe und zur Identität :
>>Wann bist du bloß so deutsch geworden?<<.

Warum Lou's Mutter vorzeitig die Kanarische Insel verlässt und Lou kurzentschlossen versucht, sich in Tel Aviv ihrer eigenen immerwährenden Unsicherheit zu stellen, wie und wodurch ihr Vertrauen in die eigene Ehe immer heftiger bröckelt, ob sie in Yad Vashem oder auf dem Friedhof in Haifa Antworten auf das Schweigen der noch Lebenden findet - auf all diese Ereignisse kann der Leser im dritten Teil des Buches gespannt sein, welches nach den ersten beiden Kapiteln >>Juli, August<< überraschenderweise nicht mit September übertitelt ist.

Ein unterhaltsamer Roman, welcher konzeptionell ein wenig an die kürzlich gesendete überaus erfolgreiche Fernsehserie >>Die Zweiflers << erinnert, hier jedoch literarisch aufbereitet, komisch, liebenswert, anstrengend, nachdenklich und lesenswert.

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Veröffentlicht am 26.08.2024

Die Suche nach jüdischer Identität

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»Wir geben uns so viel Mühe für eine Religion, obwohl wir nicht an Gott glauben, für eine Vergangenheit, an der kaum etwas gut war, für eine Zukunft, die maximal ungewiss ist, und für eine Identität, die ...

»Wir geben uns so viel Mühe für eine Religion, obwohl wir nicht an Gott glauben, für eine Vergangenheit, an der kaum etwas gut war, für eine Zukunft, die maximal ungewiss ist, und für eine Identität, die wir selbst nicht mehr verstehen.«

Ludmilla, genannt Lou, ist, nachdem ihre erste Ehe abrupt von ihrem Ex-Mann im Alleingang beendet wurde, zum zweiten Mal verheiratet. Diesmal mit einem Pianisten, der die meiste Zeit nicht daheim, sondern auf Tournee ist. Somit bleibt es überwiegend ihre Aufgabe die gemeinsame Tochter Rosa zu erziehen und zugleich die ins Wanken geratene Beziehung aufrecht zu erhalten. Als das Paar eines Tages darauf zu sprechen kommt, wie sie ihr Kind über jüdische Identität aufklären können, ist das der Beginn einer Reihe von aufeinanderfolgenden Ereignissen und einer Spurensuche, tief in den Trümmern der eigenen Vergangenheit.
Gemeinsam mit Rosa, von ihrer Mutter überredet und begleitet, reist sie kurzentschlossen nach Gran Canaria zum 90. Geburtstag ihrer Großtante. Dort fasst sie nach und nach den Entschluss ihrer Vergangenheit, die alle angeht, in Israel nachzuspüren.

Was macht jüdisch sein heute noch aus?
Und wie geht man mit der Vergangenheit um?
Fragen der jüdischen Identität durchziehen den Roman von Olga Grjasnowa, sind sanft in ihm verwoben, geben Denkanstöße und lassen die Lesenden selbst darüber nachdenken.
Aber auch die Vergänglichkeit ist stets gegenwärtig und beschäftigt die Protagonistin sehr. Ihre Ehe scheint zu zerbrechen, jeder interessiert sich dafür und sie will es schlichtweg nicht fassen, sondern verzweifelt bei der Suche nach einem für sie erfüllenden Leben.

Besonders die stilvolle, bewusste Sprache der Autorin, welche schon nach wenigen Sätzen ein intensives, visuelles Lesevergnügen ermöglicht, hält den Leser in dieser besonderen Geschichte gefangen.

Ein aktueller, großartiger Roman, der sich bewusst mit der, die Gegenwart sowie die Zukunft beeinflussenden Vergangenheit auseinandersetzt!

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