Impulsives Erstlingswerk
Das Buch „Introvertierte Weltveränderer“ von Jennifer Häuser betrachtet aktuelle gesellschaftliche Probleme aus dem Blickwinkel einer „Introvertierten“ und entwickelt eigene Lösungsansätze.
Das Buch selbst ...
Das Buch „Introvertierte Weltveränderer“ von Jennifer Häuser betrachtet aktuelle gesellschaftliche Probleme aus dem Blickwinkel einer „Introvertierten“ und entwickelt eigene Lösungsansätze.
Das Buch selbst kommt in der gedruckten Form aufgeräumt daher. Dem gefälligen Cover folgt eine kurze Inhaltsübersicht. Es beginnt mit einer kurzen Einleitung (Seiten 1-3), gliedert sich über die Seiten 4-223 in vier Abschnitte mit jeweils sechs Kapiteln (Abschnitt 2 umfasst 7 Kapitel) und endet mit einem Schlusswort (Seiten 224-225), einer Danksagung (Seite 226) und einem Verzeichnis „Quellen und weiterführende Literatur nach Themen (Seiten 227-229).
Zur guten Lesbarkeit tragen die angenehme Schriftgröße, die gewählte Schriftart, sowie die eingerückten Absätze bei.
Die Druckerschwärze will leider nicht so richtig an dem Papier haften, so dass die Farbe beim Lesen bisweilen verschmieren kann.
An einigen Stellen scheint es zu Satzproblemen (Verschiebungen und Abstand zwischen den Wörtern) gekommen zu sein. Der Satz dürfte auch der Grund sein, warum aus „ck“ bei der Trennung von Wörtern „kk“ geworden ist („schik-ken Autos“, „stek-ken“, „zuk-ken“ vgl. Seiten 38, 39, 135).
Den Schreibstil der Autorin könnte man als „informell“ beschreiben.
Es gibt Schimpfwörter: „Arschloch-Männer“ (S.76),
und diverse weitere Ausbrüche:
(„Zur Hölle“ S. 31, 153; „Bullshit“ S. 199; „es ist pervers“; „Heilige Mutter Gottes“ S. 109; „verdammte Axt“ S. 219)
Anzüglichkeiten: („Introvertierte sind aber auch besser ausgestattet – also nicht körperlich (zwinker, zwinker)“ S. 102; einen „vögeln[den]“ Rasputin; einen glücklich machenden „Orgasmus“ S. 216) und vieles mehr zu lesen.
Das wertet den Text nicht unbedingt auf, macht aber Spaß.
Als befremdlich empfinde ich die „Kampfrhetorik“ des Buches.
Der Text wimmelt nur so vor martialischen Begriffen wie „bekämpfen“, „Hass“, „Feind“, „entmenschlichen“, „ultimative Waffe“, „Verhaltensweisen im Individuum auszumerzen“, „entartet“ und dem verloren gegangenen „Nationalstolz“ wird ein „aggressiver Individualismus“ gegenübergestellt, den „die westliche Gesellschaft betreibt“.
Befremdlich wird diese Kampfsprache auch dadurch, dass die Autorin aus Güstrow (40 km von Rostock) kommt und nach eigener Aussage einst selbst im Block ihres Fußballvereins so erfrischende Parolen wie „Blau-Weiß-Rot bis in den Tod“ gebrüllt hat (S.75).
Braucht es zum Teilen der Erkenntnisse über „Minimalismus, Achtsamkeit, Meditation und gesunder Ernährung“ eine solche Rhetorik?
Dieses Wording hätte es zur Argumentation sicher nicht gebraucht. Beschreibt die Autorin doch das „Teilen von Erkenntnissen“ als einen „Akt der Nächstenliebe“ (S. 209).
Der Grund für diese Ausbrüche dürfte die persönliche Betroffenheit der Autorin als „Introvertierte“ sein. Das Buch ist daher persönlich.
Dabei ist die Grundaussage des Buches eine Grundpositive. Menschen dürfen nicht wegen ihres ruhigeren Temperamentes ins gesellschaftliche Abseits geraten. Ein Schema F gibt es für Menschen nicht. Gleichbehandlung erfordert Ungleichbehandlung. Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Stärken sollten in einer funktionierenden Gesellschaft gleichsam bestmöglich unterstützt und einbezogen werden.
Wie dem auch sei. Ich habe dieses Buch gern gelesen. Vielleicht erlebt es ja eine weitere Auflage und die angesprochenen Punkte können überdacht werden.
Unbedingt bleiben sollte dabei aber bitte der Schreibfehler auf Seite 18:
„Menschen ohne entsprechende Ausbildung fuschen(sic!) in der Psyche von Personen herum, die dafür auch noch Geld bezahlen.“
Der ist einfach zu nett.
Ps: Ich vergebe immer 5 Sterne, da ich einem Autor nicht schaden möchte und ein Buch nicht "bewerte", sondern schlicht meine persönliche Meinung dazu abgebe.