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Veröffentlicht am 15.04.2024

Gute Idee, an der Umsetzung mangelte es

Scarlet
1

Der Charme eines Buches beginnt für mich tatsächlich immer mit der Danksagung. Kein offizieller Teil des Buches, aber er verrät oft viel über die AutorInnen und ihre Art zu schreiben. Bei Scarlet fand ...

Der Charme eines Buches beginnt für mich tatsächlich immer mit der Danksagung. Kein offizieller Teil des Buches, aber er verrät oft viel über die AutorInnen und ihre Art zu schreiben. Bei Scarlet fand ich die Danksagung witzig und gut zum Thema passend, was mir richtig Lust auf das Buch gemacht hat. Denn auch das Thema fand ich sehr ansprechend. Vampire und die Französische Revolution? Verbunden mit dem Witz der Autorin? Da bin ich dabei.
Kurz zu der Handlung: Wir begleiten Eleanor, ein Dienstmädchen im Haushalt einer Vampirin. Nach einem Besuch von Sir Percy und seiner Frau wird sie in deren Haushalt abgeworben, wo sie sich plötzlich mittendrin in einer Rettungsaktion der ehemaligen Königin Marie Antoinette befindet. Mit der berüchtigten Liga des Scarlet Pimpernel reist sie also nach Frankreich, um die Königsfamilie zu befreien. Neben vielen Hindernissen und unerwarteten Begleitern durchlebt Eleanor auch eine persönliche Entwicklung und wird zu einer starken, eigenständigen Frau, die sich mit Köpfchen aus Problemen winden kann.
Die Idee der Handlung ist ganz gut, jedoch sollte man davor nicht den Klappentext lesen, da in ihm bereits die gesamte Handlung sowie etwaige Plottwists verraten werden. Zudem ist die Zusammenfassung etwas irreführend, da man von dem „uralten Krieg zwischen Zauberern und Magiern“ im Buch nicht viel mitbekommt und dies wohl eher im zweiten Teil stattfinden wird. Dabei hört sich die Handlung, die im Klappentext versprochen wird, spannend an.
Dies bringt mich zu einem Problem, welches dieses Buch hat: Es ist zu kurz. Das Buch hat knapp 400 Seiten, was an sich eine angenehme Länge für das Genre ist, jedoch mangelt es sowohl an World Building als auch an Character Building, was durch vielleicht 100 Seiten mehr mit Erklärungen, mehr Dialogen, Hintergrundgeschichten etc. gelöst hätte werden können.
Diese zwei Punkte sind meine größten Kritikpunkte an dem Buch. Es geht hervor, dass die Autorin viel Wissen über die damalige Zeit hat, doch bis auf die Vorbemerkung, die das Wissen zur Französischen Revolution aufgefrischt hat (was gut war!), bekommt der Leser leider nicht viel über die Situation in Frankreich, die Politik und die Beziehung zwischen England und Frankreich mit. Erst rund 150 Seiten tief, mit der Ankunft der Liga in Frankreich, erfahren wir mehr über die Lage in dem Land nach der Revolution. Dies ist dann relativ gut ausgeführt, jedoch hätte ich mir schon früher mehr Informationen erhofft.
Das Gleiche gilt für die Vampire, die als kleines Extra in die Geschichte eingebaut wurden. Wie die Autorin in ihrer Danksagung sagt, passen Vampire überall hinein. Da stimme ich ihr zwar zu, jedoch müssen sie dennoch in diese Welt passen und es sollten auch gewisse Dinge über die übernatürlichen Wesen erklärt werden. Dies passiert hier leider nicht und so beschäftigten mich gegen Ende des Buches immer noch die Fragen zu Vampiren, die ich mir schon am Anfang des Buches stellte. Selbst wenn man die Vampire als eine Art Metapher sieht, was die Autorin anscheinend gerne macht, so macht selbst die Metapher nicht viel Sinn ☹ Dazu kommen Vampire sehr selten vor, sodass ich fast denke, dass es besser für das Buch gewesen wäre, sie wegzulassen und stattdessen eine historische Neuerzählung der Geschichte von Marie Antoinette nach der Französischen Revolution zu schreiben. Aber vielleicht werden die Vampire im zweiten Band mehr thematisiert.
Wie der Klappentext bereits verrät, gibt es auch Zauberer. Leider fehlt auch hier die Etablierung in die Welt. Mir hätte es gereicht, wenn zum Beispiel mal erwähnt wird, dass es Gerüchte über andere übersinnliche Wesen neben Vampiren gibt. So aber kam die Zauberin, die sich als Stimme in dem Kopf der Hauptfigur manifestiert, aus dem Nichts. Dabei ist das Thema, was in einem Satz abgehandelt wird, sehr interessant! Ein ganzer Krieg, der vor Jahrhunderten stattgefunden hat, im Geheimen vor den Menschen ablief und nach der Auslöschung der Hexen aus den Geschichtsbüchern gestrichen wurde? Die Vampire haben Macht und Land auf unrechte Weise gewonnen, ohne dass jemand weiß, wie das passierte? Bin ich dabei! Leider wurde dieses Thema im ersten Teil nicht mehr vertieft.
Wie bereits gesagt, hätten die 100 Seiten mehr auch dem Character Building gutgetan, was, nach dem World Building, mein zweiter Kritikpunkt wäre. Das unzureichende Character Building betrifft dabei nicht alle Charaktere. Neben Eleanor, auch als Nellie bekannt, sind unter anderem Sir Percy, Chauvelin und Fleurette sehr interessante Charaktere, die auch vielschichtig beschrieben wurden, jedoch mangelt es an der Umsetzung der Nebencharaktere. Dies fiel mir besonders auf, als gegen Ende des Buches plötzlich eine Person vorkam, die Eleanor, und damit auch wir, aus der Liga kannten, ich diese Person aber komplett vergessen hatte, da sie einmal in den ersten 100 Seiten vorkam und dann bis zu der Stelle am Ende gar nicht mehr.
Was ich beim Character Building aber gut fand, war die Ausgestaltung der Hauptfigur Eleanor. Wir lernen sie kennen, als sie noch am Hof ihrer Vampirherrin arbeitet. Sie ist eher zurückhaltend, unterwürfig und sieht, bis auf das Nähen, keinen großen Mehrwert in sich. Über das Buch hinweg erfahren wir mehr über Eleanor und ihre Vergangenheit und es wird klar, dass sie sich auch oft ungerecht behandelt gefühlt hat und gerne ihr Leben so leben würde, wie sie will, ohne dass über sie hinwegbestimmt wird. So kommt ihre Verpflichtung für die Liga auch etwas ins Schwanken, als sie sich mit Fleurette unterhält, da die positiven Seiten der Revolution auch sie ansprechen. Diese anfängliche innere Zerrissenheit zwischen bravem Gehorsam aber auch dem Wunsch nach Eigenständigkeit wandelt sich immer mehr in Selbstbewusstsein um und sie merkt, dass sie sich eigentlich auf demselben Niveau wie die anderen Mitglieder der Liga befindet. Ihr erwachendes Selbstbewusstsein bekommt der Leser sehr gut mit. Eleanor sieht die anderen Mitglieder der Liga, vor allem Sir Percy, als Vorbilder und so übernimmt sie erst Floskeln und Verhaltensweisen ebendieser, bis sie schlussendlich zu ihrer eigenen Selbstsicherheit findet. Dabei bleibt sie ihrer aufrechten Art, die von Anfang an durchscheint, immer treu und wird am Ende von der Liga auch dafür belohnt.
Auch die Interaktion zwischen Eleanor und anderen Charakteren, besonders Anima, fand ich sehr gelungen, wobei ich kein Fan der Beziehung zwischen Charles und Eleanor bin, da diese Beziehung auf einer sehr wackeligen Basis ohne Vertrauen basiert. Aber hoffentlich wachsen sie in Band 2 zusammen.
Neben der Entwicklung von Nellie fand ich die Szenen mit Action, Kämpfen oder Bedrohungen am besten. Im Kontrast zu dem restlichen Buch haben mich diese Szenen mitgerissen und ich konnte mich gut in die missliche oder bedrohliche Lage hineinversetzen. Daher fand ich das letzte Drittel auch am fesselndsten, da gefühlt immer etwas passiert und man fiebert richtig bei der Rettungsaktion mit, die nicht ganz so verläuft wie man erwartet.
Leider kann ich das nicht über das gesamte Buch sagen. Bis auf die letzten Szenen verläuft das Buch etwas langatmig und ohne große Wendungen. Ich denke, dass auch hier die 100 Seiten mehr geholfen hätten, da man dann die Charaktere besser kennengelernt hätte und mehr Anteilnahme für die Geschehnisse gehabt hätte.
Alles in allem fand ich das Buch leider nicht so gut und werde daher den zweiten Band auch nicht lesen. Die Idee der Französischen Revolution mit Vampiren und einem Krieg zwischen Vampiren und Hexen, der aus den Geschichtsbüchern radiert wurde, ist gut, jedoch wurde diese Idee leider nicht umgesetzt und so würde ich, anders als im Klappentext vermerkt, diesen Aspekt der Handlung nicht als zentral einstufen. Auch an dem World und Character Building mangelte es leider. Das Buch hätte daher gerne länger sein können, um die Ideen gut auszubauen und dem Leser auch ein Gefühl für die Welt und die Charaktere zu geben. Das Beste an dem Buch waren die bedrohlichen Szenen und die Hauptfigur. Anders als die anderen Charaktere war Eleanor gut ausgebaut, hatte eine interessante Hintergrundgeschichte und eine gute Charakterentwicklung. Für das gesamte Buch gibt es von mir aber insgesamt nur 2,5 Sterne.

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