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Veröffentlicht am 16.10.2022

Das "kleine Buchcafé an der Isar" ist der Startpunkt für einen erstaunlichen Lebensweg

Das kleine Buchcafé an der Isar
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Unsere Protagonistin Marlene liebt Literatur und Bücher über alles. Sie hat gerade ihr Masterstudium der Literaturwissenschaft in München mit einem Doktortitel abgeschlossen und lebt zusammen mit ihrer ...

Unsere Protagonistin Marlene liebt Literatur und Bücher über alles. Sie hat gerade ihr Masterstudium der Literaturwissenschaft in München mit einem Doktortitel abgeschlossen und lebt zusammen mit ihrer Freundin Canan in einer winzigen Dachgeschoß-WG.

Marlene fühlt sich in München pudelwohl und sucht nun einen anspruchsvollen, gut dotierten Job, z. B. als Pressesprecherin. Die Suche gestaltet sich jedoch mehr als schwierig. Um ihr Budget aufzubessern nimmt sie erst mal einen schlecht bezahlten Aushilfsjob in einem kleinen Buchcafé um die Ecke an.

Die Inhaberin des Cafés, Lotte, ist auf den ersten Blick betrachtet eine spröde, ruppige ältere Dame; wenn man sie aber genauer kennenlernt, erkennt man in ihr eine liebenswerte Person, die immer direkt sagt, was sie denkt.

Mit Marlene kommen neue Ideen und frischer Wind in den altmodischen, etwas verstaubten Laden: wie z. B. selbstgebackener Kuchen, ein Grußkartenständer vor der Tür, eine Schreibwerkstatt oder ein Facebookaccount. Marlene blüht auf, ist ganz in ihrem Element und findet mit dem Schreiben lehren eine überaus sinnvolle Beschäftigung, bei der sie interessanten Menschen begegnet und sie ein
Stück auf ihren persönlichen Lebenswegen begleitet. Wie z. B. der 17jährigen Amelie, die im Rollstuhl sitzt, und deren Bruder, Johannes, der sie auf vielfältige Weise zu berühren scheint.

Doch diese Liebe kann unmöglich sein; beginnt hier doch eine Kette von unvorhersagbaren Ereignissen und Gefühlen, die ihren eigenen Lebensweg bestimmt, und dabei einige Umwege nehmen lässt.

Das Buch ist wundervoll leicht geschrieben, immer nah am Leser, die ganze Zeit handlungsorientiert, lebensecht und authentisch. Ich kann mich sehr gut in die Protagonistin hineinfühlen: Marlene stammt aus einer erfolgsorientierten Akademikerfamilie. Ihre Mutter gibt ihr zeitlebens das Gefühl, nicht gut genug zu sein; sie hat das Leistungsdenken regelrecht mit der Muttermilch aufgesogen. Mit wenig Selbstwertgefühl ausstaffiert sucht sie ständig nach Bestätigung. Auf der anderen Seite ist sie gefühlvoll, einfühlsam, ehrlich, hilfsbereit; mit einer großen Portion Zivilcourage.
Wird sie es schaffen, ihren ureigenen Lebensweg zu finden und ihre Liebe und ihre Leidenschaften leben zu können? Wir Sie Befreiung erleben; wird sie herausfinden, was sie wirklich glücklich macht und stolz? Oder kann sie nur scheitern und sich niemals so akzeptieren wir sie ist?
Der Leser fühlt so sehr mit ihr und begleitet sie auf ihrem Weg, in ein immer stärker werdenden Sog aus Vorwürfen, Schuld und Sühne.
Wir sie unglücklich mit einem gebrochenen Herzen zurückgelassen; oder wird sie letztendlich ihre ureigene Lebensspur und ihre Liebe finden?

Bis zum Ende bleibt es unheimlich spannend; und unvorhersehbar. Seien Sie gespannt, welche Rolle das Café dabei spielt. Ich mochte dieses wunderbare Buch überhaupt nicht aus der Hand legen. Man kann so unfassbar schön mit Marlene leiden und lieben - und viele ihrer angerissenen Gedanken zu Ende denken. Ich wünsche ganz viel Lesespaß an einem Urlaubstag am Stand, einem Regentag auf der Couch oder einfach mal so.

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