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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.01.2024

Schwirrende Gefahr

Der Stich
12

Das Buch „ Der Stich“ von Thilo Winter bringt ganz viel Spannung und Action mit. Es ist das zweite Werk des Autors. Die Geschichte spielt in Kay West. Es geht um Moskitos, rätselhafte Krankheiten und Todesfälle, ...

Das Buch „ Der Stich“ von Thilo Winter bringt ganz viel Spannung und Action mit. Es ist das zweite Werk des Autors. Die Geschichte spielt in Kay West. Es geht um Moskitos, rätselhafte Krankheiten und Todesfälle, Migration und Flucht, Forschung, Genmanipulation, Geldgier und Macht.

Gleich zu Beginn herrscht ein rasantes Tempo in dem Thriller. Schnelle Wechsel von Zeit und Orten wechseln das Geschehen ab und halten die Spannung hoch. Lesespaß und Unterhaltung sind garantiert.
Die verschiedenen Charaktere werden gut beschrieben. Zum größten Teil sind die Persönlichkeiten „echt“, haben Tiefgang und sind vielfältig.
Daneben liefert Thilo Winter sehr fundierte und gute Hintergrundinformationen. Dies kommt auch im interessanten Schlusswort zur Geltung. Verknüpfungen zwischen Fiktion, Wirklichkeit und drohenden Bedrohungslagen runden das Thrillergefühl ab.

Teilweise greift der Autor, meiner Meinung nach, tief in die Klischeekiste. Zwischendurch sind die Frauenrollen forsch und mutig, flachen dann doch aber immer wieder als schwach und abhängig ab. Das fand ich sehr schade. Es gibt sehr viele verschiedene Persönlichkeiten und Charaktere im Buch. Hier hat es mir den Anschein gemacht, dass der Autor versucht, für jeden Leser eine passende Figur ins Buch zu packen. Einer der Charaktere wird sehr überholt und meiner Meinung nach stark übertrieben dargestellt. Und auch bei gefährlichen Situationen hatte ich so ein bis zweimal das Gefühl, weniger wäre mehr gewesen.

Mein Resümee: Tilo Winters Thriller hat mich größtenteils gut unterhalten. Die Idee zum Buch, die Themen und auch die Umsetzung fand ich persönlich meist sehr gelungen. Die fundierten Hintergrund Informationen haben mir sehr gut gefallen. Ich fand es schade, dass einige Figuren, die durchaus sehr gelungen waren, relativ unspektakulär verschwanden oder keinen Raum mehr erhielten. Leider hat mir einer der Charaktere so gar nicht gefallen, da ich diesen Part als sehr überzogen empfand. Bedauerlicherweise hat dies meine Leselust etwas gemindert. Ansonsten fand ich den Schreibstil des Autors sehr gelungen. Man fühlt sich mitgenommen und in die Geschichte eingetaucht.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 01.01.2024

Eine warme Umarmung

Die Wolkengucker
10

In dem Roman „Die Wolkengucker“ von Kristina Fritz geht es erstmal um das ganz normale Leben und seine individuellen Herausforderungen. Es ist ein Buch über Einsamkeit und Trauer, Abschied und Hoffnung, ...

In dem Roman „Die Wolkengucker“ von Kristina Fritz geht es erstmal um das ganz normale Leben und seine individuellen Herausforderungen. Es ist ein Buch über Einsamkeit und Trauer, Abschied und Hoffnung, Freundschaften und Mut.

Wilma, reiche Witwe, aus gutem Haus, die kürzlich ihre beste Freundin verloren und deren Haushälterin „geerbt“ hat, eröffnet den Wolkenguckerclub, wie sie es sich mit ihrer verstorbenen Freundin versprochen hatte.
Mat, alleinerziehender Vater und trauernder Witwer versucht seiner Tochter ein guter Vater zu sein und stößt dabei immer wieder an seine Kapazitätsgrenzen. Seine Tochter Mia, ist klug und durchsetzungsfähig. Sie hat ihren eigenen Weg gefunden, mit ihrer Situation umzugehen. Sie liebt es, in die Wolken zu sehen, und als eines Tages ein Zettel an einer Laterne hängt, in der ein Treffen des Wolkenguckerclubs angekündigt wird, schafft sie es, ihren Vater davon zu überzeugen, mit ihr dorthin zu gehen.
Fremde, ganz unterschiedliche Menschen begegnen sich, finden zueinander und werden zu Wegbegleiter.

Die Geschichte der einzelnen Protagonisten wird aus deren Sicht erzählt. Die Autorin schafft es, den Blick liebevoll auf jede und jeden einzelnen mit den individuellen Herausforderungen und Eigenarten zu lenken. Man fühlt sich den Charakteren sehr nah. Es könnten einfach Menschen aus der Nachbarschaft sein, das macht sie so sympathisch. Die Geschichte verläuft weitgehend unaufgeregt, aber nicht ohne Spannungsbogen. Das Thema/Der Titel, erst mal ungewöhnlich, aber im Verlauf sehr stimmig, wurde gut umgesetzt. Der Schreibstil ist wirklich sehr angenehm. Er nimmt einen mit in die verschiedenen Charaktere, ohne aufgesetzt oder allzu konstruiert zu wirken. Ähnlich dazu wirkt das Cover des Buches eher unaufgeregt. Es ist durchaus passend, weckt aber erstmal nicht so stark die Neugierde auf den Inhalt.


Natürlich ist es eine konstruierte Geschichte. Aber sehr empathisch und emotional anrührend, nimmt sie einen mit und lädt ein, ein paar Tränchen zu verdrücken. Allein zu Beginn, der Brief der verstorbenen Freundin Margarete, hat mich emotional sofort erwischt. Und auch, wenn es ein Buch ist, in dem es auch um Abschied und Trauer geht, steht dies nicht plakativ im Vordergrund. Eher zeigt es einen Weg, der Normalität dieser Ereignisse und Möglichkeiten auf, die sich dadurch ergeben können. Für mich macht das Buch Mut, etwas Neues zu wagen, neue Menschen kennen zu lernen und neue Freundschaften finden zu können. Die Geschichte holt einen ab und schenkt einem eine warme Umarmung.


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  • Handlung
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  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 27.11.2023

Verbrechen oder Wahnsinn?

Lügst Du? Wenn die Wahrheit alles zerstört
0

Mira, Ehefrau, Mutter und Partnerin in einer Kanzlei, erleidet einen Burnout und geht für einige Wochen in eine psychiatrische Klinik. Ein bisschen stabiler und voller Sehnsucht, ihrer sechs Monate alten ...

Mira, Ehefrau, Mutter und Partnerin in einer Kanzlei, erleidet einen Burnout und geht für einige Wochen in eine psychiatrische Klinik. Ein bisschen stabiler und voller Sehnsucht, ihrer sechs Monate alten Tochter gegenüber, entlässt sie sich selbst. Doch aus der Überraschung für ihren Mann, dass sie wieder zu Hause ist, wird blanker Horror für Mira. In ihrem Ehebett liegt die beste Freundin, blutüberströmt und tot. Ein Szenario beginnt, in dem es erst nicht ganz klar ist, was wirklich passiert.

In ihrem Thriller lässt Gisela Schmidt die Hauptperson Mira immer wieder in Gedankenströmen, verwirrend handeln. Immer wieder gibt es Rückblicke, die Stück für Stück die Geschichte greifbarer und Vorkommnisse der Vergangenheit einfließen lassen, dies lässt Zusammenhänge verstehen. Im Verlauf der Geschichte kommt es immer wieder zu neuen Wendungen. Neue Möglichkeiten und Verdächtige treten in den Vordergrund, ändern werden vernachlässigt. Die Wahrheit bleibt bis zum Schluss gut versteckt. Und das Ende ist eine wirkliche neue Wendung. Somit ist der Thriller bis zum Ende nicht Langweilig oder vorhersehbar.

Die vielen Gedankengänge von Mira haben mich etwas gestört. Hierbei blieb mir zu wenig Raum für eigene Überlegungen. Es wäre auch schön gewesen, die Gedanken von Mira beispielsweise in Kursiv zu Drucken, um es besser abgrenzen zu können, im Lesefluss. Die Charaktere wurden weitestgehend gut beschrieben und waren daher überwiegend glaubwürdig.Die Thematik des Buchs hat mich von Anfang an neugierig gemacht. Die überraschende Auflösung zum Ende des Buches fand ich gelungen.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 14.11.2023

Hervorragend und sehr besonderes Buch

Du hast mir nie erzählt
0

Worum geht es?
London im Jahr 1997. Lily Miller, 25 Jahre alt, gefangen in psychischen Problemen und Ängsten, musste ihr Studium aufgeben und hält sich mit einem Job über Wasser. Ihre ältere Schwester ...

Worum geht es?
London im Jahr 1997. Lily Miller, 25 Jahre alt, gefangen in psychischen Problemen und Ängsten, musste ihr Studium aufgeben und hält sich mit einem Job über Wasser. Ihre ältere Schwester Maya kümmert sich um sie. Durch einen Brief, eines Notars erfährt sie, dass ein ihr unbekannter Geschäftsmann aus Hongkong, dem Heimatland ihrer verstorbenen Mutter, ihr eine große Summe Geld hinterlassen hat. Einzige Bedingung: Sie muss persönlich nach Hongkong, um dieses Erbe persönlich anzunehmen. Lily kämpft mit sich und ihrer Neugierde und bricht zur Reise in eine ihr unbekannte Kultur und Vergangenheit auf.
Abwechselnd dazu wird die Geschichte von Sook-Yin, Lilys Mutter erzählt. Diese startet 1966 in Kowloon (Hongkong), als sie, verstoßen durch ihren Bruder, nach London geschickt wird. Diese beiden Geschichten nähern sich immer mehr einander an, ergänzen und erklären sich, im Verlauf des Buches.
Lily tritt die Reise in ihre Vergangenheit an und macht sich auf die Suche nach ihren Wurzeln. Stück für Stück erfährt sie mehr über ihre Vergangenheit und reift zu einer selbstbewussten und selbstwirksamen Frau.
Der Roman, „Du hast mir nie erzählt“ von Wiz Wharton, ist eine Geschichte über Liebe, Mut, Trauer und Hoffnung, Migration und Entwurzelung, über kulturelle Unterschiede und das „Nirgendwo richtig hingehören“, Fremdenfeindlichkeit, Verlust von Identität. Und die Auswirkungen davon, die generationsübergreifend weiter wirksam werden können.

Meine Meinung
„Du hast mir nie erzählt“ ist der erste Roman der Autorin. Sie ist in London geboren und hat selbst chinesisch-europäische Wurzeln. Aus ihren Danksagungen geht hervor, dass die Inspiration zu diesem Buch, dessen Geschichte „…nie als Roman geplant war“, ein, bei einem Umzug, gefundener Karton mit Tagebüchern ihrer Mutter war. In Großbritannien erschien dieser autofiktive Roman unter dem Titel „Ghost Girl, Banana“.
Zu den beiden Hauptakteurinnen:
Sook-Yin (Mutter) ist ein Stehaufmännchen. Sie ist fleißig, mutig, hat keinerlei Unterstützung und kämpft immer wieder ums Überleben. Durch ihre Migration bedingten mangelnden Sprachkenntnisse, die für sie fremden kulturellen Gegebenheiten hat sie es nicht leicht. Ihr begegnen immer wieder rassistische Beleidigungen, aufgrund ihrer Herkunft.
Lily wirkt depressiv. Sie ist nicht nur finanziell abhängig von ihrer älteren Schwester Maya. Auch sie ist immer wieder Opfer von Fremdenhass und Rassismus. Sie fühlt sich verloren und halb -Ausgestattet mit einer „halben Identität“. Lily hat so gut wie keine Kindheitserinnerungen mehr.
Dieses besondere Buch sollte man möglichst nicht nebenbei lesen. Es bedarf, vor allem zu beginn, etwas Aufmerksamkeit, um die vielen bildhaften und stimmungsbildenden Abschnitte aufnehmen und den Wechsel der Zeiten und Orten verstehen zu können. Sich darauf einzulassen beschert den Genuss, der einen abholt und tief mitnimmt, in die Geschichte von Sook-Yin und Lily. Eine weitere Besonderheit ist der stetige Kapitelwechsel zwischen Mutter und Tochter, im Abstand von ca. 20 Jahren. Dieser ergibt Stück für Stück ein Bild aus vielen Puzzleteilen, löst aufkommende Fragen mit teilweise unerwarteten Wendungen auf. Die Autorin lässt historische Ereignisse in ihre Erzählungen einfließen. Das macht das Buch noch realitätsnäher. Es fällt leicht, sich ganz tief in die Charaktere einzufühlen.

Die Besonderheiten des Buches sind beispielsweise die zwei Zeitebenen mit verschiedenen Handlungsorten, der Inhalt aufgeteilt in die Bereiche Mutter und Tochter, einfühlsame Beschreibungen und dadurch bedingt der gute Transfer von Stimmungen, Umgebung und Persönlichkeiten. Das Buch spricht nebenbei viele spannende Themen an (Vertreibung, Migration, Entwurzelung, Verlust von Identität und Identitätsfindung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, Geschlechterrollen im kulturellen Kontext, Trauer, Hoffnung und das Zurechtfinden in einer fremden Welt). Das Buch beschreibt besondere Herausforderungen des Lebens bei beiden Protagonistinnen und wie stark „Zuschreibungen“ wirken können. Wiz Wharton schafft es, all das in die Geschichte zu transportieren.

Fazit
Zu Beginn war ich, durch die vielen bildsprachlichen Eindrücke und dem Schreibstil etwas herausgefordert. Schnell wurde ich „eingesaugt“ in die Handlung und konnte das Buch kaum aus den Händen legen. Emotionen wurden so gut beschrieben und transportiert, dass ich stark mit den Hauptfiguren mitgefühlt habe. Die Hauptfiguren wurden fast „lebendig“. Die Geschichte hatte immer wieder unerwartete Wendungen und blieb bis zur letzten Seite spannend. Das Buch macht deutlich, wie Migration, Entwurzelung und persönliche Zuschreibungen wirken können und wie wichtig die Herkunft und die Familiengeschichte für die eigene Identität sein kann.
Wiz Wharton hat mit ihrem Debutroman bei mir voll „eingeschlagen“. Ich hatte immer das Gefühl mitten in der Geschichte zu sein. Ich hoffe unbedingt auf weitere Werke dieser Autorin.

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