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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.04.2019

Kein Sonderfall

Spiel des Lebens
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Alice Roberts verfügt eine beeindruckende Liste von Fähigkeiten. Sie ist Medizinerin, Anthropologin, Paläopathologin. Autorin und Fernsehmoderatorin. In ihrem neuesten Buch, "Spiel des Lebens", streift ...

Alice Roberts verfügt eine beeindruckende Liste von Fähigkeiten. Sie ist Medizinerin, Anthropologin, Paläopathologin. Autorin und Fernsehmoderatorin. In ihrem neuesten Buch, "Spiel des Lebens", streift sie die Entwicklung von fünf planzlichen Nahrungsmitteln, vier Tierarten und der des Menschen über die Jahrtausende hinweg. Dabei wurde für mich vor allem Folgendes noch einmal ganz klar: Der Mensch, der sich so gern über andere Arten erhebt, ist absolut kein Sonderfall. So wie er andere Arten zähmte, zähmte er letztendlich auch sich selbst. Denn um in immer dichter besiedelten Stadten zu leben, musste er letztendlich sich selbst auf immer mehr Friedfertigkeit selektieren.

Die Kapitel über Tiere (Rinder, Hunde, Pferde, Hühner) und den Menschen waren für mich persönlich faszinierender als die über Weizen, Mais, Kartoffeln, Äpfel und Reis. Die Autorin hat akribisch recherchiert und verwertet neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Bei den Flora-Kapitel wurde es mir zum Teil etwas zu detailreich. Bei den Fauna-Kapitel hätte ich oft gern mehr erfahren und hätte mir manchmal etwas mehr kritischen Geist gewünscht. Bei den Hühnern steigt sie beispielsweise gleich mit den im 20. Jahrhundert erschaffenen Turbo-Masthühnern ein. Hier hätte mir ein kleines Schlaglicht, wie aus Flugsauriern überhaupt Vögel wurden und vor allem eine Reflektion, wie der Mensch mit seinen tierischen Nahrungsquellen umgeht, durchaus gefallen. Auch ein Kapitel über das geheimnisvollste Haustier überhaupt, die Katze, habe ich vermisst.

Interesse an Genetik sollte man mitbringen, denn darüber wird nicht an Einzelheiten gespart. Bei mir ist dieses Interesse vorhanden. Allerdings habe ich mir im Gegensatz zur Autorin noch kein abschließendes Urteil über das biotechnologische Einbringen von Genen über Artgrenzen hinweg durch den Menschen gebildet, denn dieses Thema ist äußerst komplex und noch nicht überschaubar. Dass die Natur dies aber bereits lange tut, stellt die Autorin beeindruckend dar, tragen doch viele von uns Neantertaler-DNA in sich. Alice Roberts sieht diesen Eingriff durch den Menschen positiv und führt hierfür den Goldenen Reis an, einen genetisch vitaminangereicherten Reis, in dem sie eine Lösung von Hungerkrisen sieht. Doch obwohl lange entwickelt, räumt sie selbst ein, dass diese Nahrungsquelle noch gar nicht zum Einsatz kommt. Außerdem schildert sie die zunehmende Bevölkerungsexpolsion und wie der Mensch das Klima seines Planeten nachhaltig verändert und so andere Arten gefährdet. Liegt hier die Lösung wirklich in Goldenem Reis und nicht vielmehr in effektiver Geburtenkontrolle? Damit sich jeder diese Fragen selbst stellen kann, bietet das Buch eine umfangreiche Grundlage.

Veröffentlicht am 21.04.2019

Die Drachen aus dem Nebel

Das Drachentor
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Es handelt sich hier um die Neuveröffentlichung von Jenny-Mai Nuyens zweitem Roman. Dass sie ihn bereits in so jungen Jahren verfasst hat, ist wirklich beeindruckend. Ihr Stil ist bereits sehr ausgereift. ...

Es handelt sich hier um die Neuveröffentlichung von Jenny-Mai Nuyens zweitem Roman. Dass sie ihn bereits in so jungen Jahren verfasst hat, ist wirklich beeindruckend. Ihr Stil ist bereits sehr ausgereift. Die Story punktet mit Komplexität, plastischen Charakteren, Tiefgründigkeit, Reichtum an Fantasie und überraschenden Wendungen.

Im ersten Teil lernen wir zunächst den jungen Alasar kennen, der gemeinsam mit anderen Kriegswaisen in ein Höhlensystem flieht. Die zweite Hauptfigur ist Ardhes, eine Prinzessin der Menschen und Elfen, die Alasar in den Visionen ihres Vaters erblickt. Im zweiten Teil springt die Geschichte plötzlich zu Revyn, den wir bisher ebenfalls nur aus Visionen kennen. Auf der Flucht vor einer schlimmen Kindheit entdeckt Revyn ein seltsames Talent: Er ist in der Lage, mit den Kriegsdrachen seines Volkes zu kommunizieren. Diese wurden bisher brutal unterworfen, doch Revyn gewinnt mühelos ihr Vertrauen.

Mit den Drachen gelingt der Autorin eine wirklich originelle Schilderung. denn sie sind nur halb von dieser Welt und heimgesucht von einer seltsamen Bedrohung, die sie für immer verschwinden lässt. Bald begegnet Revyn der mysteriösen "kleinen Göttin", dem Elfenmädchen Yelanah, die wie er zu den Drachen sprechen kann und sie aus ihrer Knechtschaft befreien will.

Wie die Schicksalsfäden von Alasar, Ardhes, Revyn, Yelanah und den Drachen zusammenhängen, davon sollte man sich unbedingt selbst verzaubern lassen.

Veröffentlicht am 14.04.2019

Das große Warten

Siebzehnter Sommer
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Das Buch zeichnet sich aus durch einen wunderbaren, schwebend-leichten Ton, in dem jede Silbe den Sommer atmet, poetische Naturbeschreibungen und den authentischen Stil einer klassischen Coming-of-Age-Story. ...

Das Buch zeichnet sich aus durch einen wunderbaren, schwebend-leichten Ton, in dem jede Silbe den Sommer atmet, poetische Naturbeschreibungen und den authentischen Stil einer klassischen Coming-of-Age-Story. Dazu kommt noch der schöne, leuchtend organgefarbene Buchschnitt, der genau zu den Haaren der jungen Frau auf den Cover passt. Ihr Haar scheint förmlich zu lodern, genau wie jener heiße Sommer, den Angie in den vierziger Jahren durchlebt, mit siebzehn Jahren. Die Schule liegt hinter ihr, das College ab dem Herbst vor ihr. Sie wird ihre beschauliche Heimatstadt verlassen. Doch am Anfang der Ferien begegnet sie dem attraktiven Jack, einem Bäckerssohn, und verliebt sich zum ersten Mal.

Vieles in diesem sympathischen, 1942 erstmals veröffentlichten Buch ist einfach zeitlos und funktioniert noch heute, wie zum Beispiel die oben beschriebenen Vorzüge des Textes. Manches dagegen kann man heute nur noch schwer nachvollziehen, so zum Beispiel Angies Scheu, ihre Verbindung mit Jack sich selbst und ihrer äußerst lieben Familie einzugestehen, obwohl sie tief empfindet und ihn beinahe täglich mit Wissen ihrer Eltern trifft, oder die Verunsicherung ihrer Gefühle, wenn Jack kleine Lapsi bei den Tischmanieren begeht, die heute niemand mehr bemerken würde. Etwas gestört hat mich hingegen nur dies: Das ganze Buch wirkt wie ein einziges großes Atemholen und Luftanhalten, um dann zum Schluss irgendwie plötzlich zu verpuffen. Zwar findet die Autorin einen runden Abschluss, doch ich hatte Größeres erwartet. Und so bleibt das Ende züchtig wie die gesamte Geschichte.

Veröffentlicht am 13.04.2019

Zurück im Wald

Wilde Horde 2: Pferdeflüstern
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Die wilde Horde reitet wieder durch den Wald! Band 2 schließt beinahe nahtlos an den Vorgänger an, den man meiner Meinung nach vorher gelesen haben sollte.
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Noch immer sind Sommerferien und Zaz darf bei ...

Die wilde Horde reitet wieder durch den Wald! Band 2 schließt beinahe nahtlos an den Vorgänger an, den man meiner Meinung nach vorher gelesen haben sollte.
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Noch immer sind Sommerferien und Zaz darf bei Oma Tine auf der Pension Donneracker wohnen. Dass sie einmal zurück nach Hause muss, kann sie sich kaum mehr vorstellen. Zu eng ist mittlerweile die Beziehung zu ihren vier neuen Freunden, deren Pferden, und natürlich der vormals scheuen Stute Monsun. Zaz ist nun ein vollwertiges Hordenmithlied und genießt es, zu Pferd ohne Sattel und Zaumzeug durch den Wald zu galoppieren. Nur im Galopp auf den Pferderücken aufzuspringen, muss sie noch üben.

Die rabiaten Biker aus dem ersten Teil schinen tatsächlich aus dem Wald vertriebern. Aber stimmt das wirklich? Plötzlich finden sich wieder Reifenspuren. Und wer repariert heimlich den Schäferkarren der Horde, den die Biker so ramponiert hatten? Doch das Geheimnis, auf das Zaz und die blinde Fee schließlich stoßen, ist viel größer und stellt vor allem Arpad und seinen Friesen Feuertanz auf eine harte Bewährungsprobe.

Die Hordenabenteuern zu folgen, hat auch mir als erwachsener Pferdefrau wieder viel Spaß bereitet. Toll ist das Werben dafür, dass Pferde keine Sportgeräte, sondern Partner sind, das aus jeder Zeile spricht. Das Buch mit dem zauberhaften Cover hat sich wieder viel zu schnell weggelesen, so dass mir nur bleibt, mich auf Band 3 zu freuen.

Veröffentlicht am 07.04.2019

Doppelgänger

Golden Darkness. Stadt aus Licht & Schatten
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Ich schwanke hier immer noch zwischen vier Sternen und der vollen Punktzahl, denn das Buch hat mir mit seinen ungewöhnlichen Ideen wirklich sehr viel Spaß gemacht. Wie frisch ein Teil der Ideen allerdings ...

Ich schwanke hier immer noch zwischen vier Sternen und der vollen Punktzahl, denn das Buch hat mir mit seinen ungewöhnlichen Ideen wirklich sehr viel Spaß gemacht. Wie frisch ein Teil der Ideen allerdings wirklich ist, kann ich gar nicht beurteilen. Denn die Autorin hat das Setting von Dickens "Eine Geschichte von zwei Städten" in eine Welt der Zukunft versetzt. Dies ist mal ein Klassiker, den ich nicht kenne.

In dieser zukünftigen Welt ist New York geteilt in einen Teil voller reicher Lichtmagier und den dunklen Stadtteil, in dem auch die verachteten Doppelgänger ihr Dasein fristen. Sie zu erschaffen ist verboten, doch es geschieht immer wieder, wenn eigentlich totgeweihte Menschen der Lichtstadt illegal durch Magie vor dem Tode bewahrt werden.

Wir werden mitten hinein geworfen in diese komplexe Welt, und es dauert über 50 Seiten, bis die Protagonistin Lucie mit einigen Erklärungen aufwartet, die dem verwirrten Leser das Dunkel erhellen. Lucies Vater ist zwar ein Lichtmagier, doch sie stammt aus dem dunklen Teil von New York. Liiert ist sie nun mit dem reichen Ethan aus der äußerst mächtigen Sippe der Strykers. Dass ausgerechnet Ethan einen Doppelgänger namens Carwyn hat, ist für Lucie eine unangenehme Überraschung.

Carwyn war für mich das Highlight des Romans. Ich habe mit ihm mitgelitten, doch sein selbstironischer Humor hat mich auch immer wieder zum Schmunzeln gebracht.

Die Handlung schreitet schnell, fast zu schnell voran und wird von Lucie beinahe atemlos erzählt. Auf schmerzhafte Weise muss sie erfahren, dass weder in der Dunkelstadt noch in der Lichtstadt die Dinge so sind, wie sie scheinen und Carwyns und ihre Vergangenheit auf mysteriöse Weise verknüft sind.

Es zeichnet den Roman aus, dass er kein profanes Happy-End bietet. Dennoch hätte ich mir so manches Mal noch etwas mehr Tiefgang erhofft und meine, am Ende einen Logikfehler ausgemacht zu haben.

Trotzdem hält hier der Roman einmal, was der wunderschöne, fast lichtdurchflutete Buchumschlag verspricht. Gerne möchte ich mehr von Sarah Rees Brennan lesen!