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Veröffentlicht am 21.10.2025

Zuhause ist da, wo man bleibt

Altersruhesitz in Flämingsdorf
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Der Autor, Berliner Architekt westfälischer Herkunft, zieht gemeinsam mit seiner Frau Hanne aufs Land. So weit, so unspektakulär. Ein verfallenes Gehöft, günstig zu erwerben, hat es ihnen angetan. Eigentlich ...

Der Autor, Berliner Architekt westfälischer Herkunft, zieht gemeinsam mit seiner Frau Hanne aufs Land. So weit, so unspektakulär. Ein verfallenes Gehöft, günstig zu erwerben, hat es ihnen angetan. Eigentlich ein Fall für die Abrissbirne, doch der Fachmann fürs Bauen und Bewahren sieht vor allem eins: Potential. Und so wird aus dem Rückzug aus der städtischen Hektik ein aufregender Neuanfang mitten im Leben - in einem dünnbesiedelten Landstrich Brandenburgs. Hier könnte Flämingsdorf liegen – doch Flämingsdorf ist überall.

Mit der Präzision des Architekten schildert Bernhard Bietmann die Jahre des Ankommens, aufwändiger Bauarbeiten, von Begegnungen, vom Lernen und Loslassen. Ein Mensch, der mit Schaufel, Herz und Humor zupackt. Aus morschen Balken wird Zukunft, aus Bauschutt Erinnerung.

Und da ist Hanne – klug, besonnen, manchmal skeptisch, aber immer dabei. Sie ist nicht nur die Partnerin im Leben, sondern auch Halt und fester Boden unter den Füßen. Ihre gemeinsamen Jahre auf dem Hof werden zum Spiegel einer Beziehung voller Geduld und gegenseitiger Achtung, getragen von einem feinen, stillen Lächeln.

Landleben - die Nachbarschaft, in der ein Handschlag mehr gilt als jedes Formular. Das Miteinander, das nicht immer reibungslos ist, aber von Herz und Humor lebt. Und dieses Gefühl, dass man sich aufeinander verlassen kann, wenn es drauf ankommt. Bietmann beschreibt das Dorfleben mit wachem Blick und großer Anteilnahme. Er erzählt von Henry, Harald und den vielen helfenden Händen, von Feiern im Vereinshaus, vom Grillduft im Sommer und vom schweren Abschied alter Freunde. Sein Ton respektvoll – selbst dann, wenn er von Missverständnissen, Behördenärger oder menschlichen Schwächen berichtet.

Bei aller Leichtigkeit bleiben die ernsten Seiten des Lebens nicht ausgespart. Krankheit, Abschied, das Altern selbst – all das hat seinen Platz, ohne Schwermut, mit Würde. Bietmann zeigt, dass ein erfülltes Leben nicht aus Perfektion besteht, sondern aus Hingabe. Dass Glück sich manchmal in kleinen Gesten versteckt: im Duft von Holz, im Brot aus dem eigenen Ofen, im stillen Blick über die Weide.

Sein Schreibstil ist unaufgeregt lebendig. Er malt keine Bilder, er erzählt sie mit dem ruhigen Pulsschlag eines Menschen, der angekommen ist. „Altersruhesitz in Flämingsdorf“ ist mehr als eine Chronik über Sanierung und Hausbau. Es ist ein Bekenntnis zur Lebensfreude, ein Zeugnis von Mut und Gemeinschaftssinn, und ein Dank an all die Menschen, die das Landleben lebenswert machen. Bietmann schenkt seiner Leserschaft keine romantisierte Idylle, sondern Nähe. Er schreibt, wie er baut: solide, ehrlich und mit Liebe zum Detail. Das lehrt Flämingsdorf: Zuhause ist nicht der Ort, an dem man geboren wurde. Zuhause ist da, wo man bleibt – und etwas daraus macht.

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